Gebrauchtwagenkauf und Gewährleistung

Mehr zum Thema: Kaufrecht, Gewährleistung, Gebrauchtwagen, Mangel, Ausschluss, Rücktritt
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Kein Buch mit sieben Siegeln - Eine schematische Darstellung

Gewährleistungsfragen rund um den Gebrauchtwagenkauf sind einer der Klassiker in der anwaltlichen Beratungspraxis.

Dabei ist hier das Gesetz einmal klar, strukturiert und präzise. Jedenfalls in der Theorie. Die Praxis sieht oft anders aus. Denn der idealtypische Fall, in dem ein präziser schriftlicher Vertrag mit umfangreicher Beschaffenheitsvereinbarung geschlossen wird, ist trotz der Sensibilität des Themas leider die absolute Ausnahme.

Die gesetzliche Regelung sei wie folgt kurz vorgestellt, wobei die Darstellung auch als Schema verwendet werden kann, wenn man eigene Ansprüche zu haben glaubt.

Grundlage: Mängelrechte beim Kaufvertrag

Grundsätzlich entstehen Mängelrechte des Käufers, wenn der Verkäufer ein Fahrzeug übergibt, welches zu dem Zeitpunkt der Übergabe nicht die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit aufweist. Es ist also vorab zu klären: Liegt ein Mangel vor?

Problempunkt 1: Wann ist ein Mangel ein Mangel?

§ 434 BGB beschreibt sehr ausführlich, was ein Mangel ist, nämlich grundsätzlich die Abweichung der Ist-Beschaffenheit von der Soll-Beschaffenheit.

Wurde die Sollbeschaffenheit nicht vereinbart, liegt ein Mangel vor, wenn die Sache sich nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet. Das Fahrzeug sollte also zumindest fahrbar und zulassungsfähig sein, wenn der Vertrag erkennen lässt, dass es zum Fahren verwendet werden soll.

Im Grundsatz ist ein Gebrauchtwagen also dann frei von Sachmängeln, wenn er keine technischen Mängel aufweist, welche die Zulassung hindern sowie die Gebrauchsfähigkeit aufheben oder beeinträchtigen (vergl. BGH NJW 08, 53).

Letztlich ist dies natürlich alles eine Frage des Einzelfalls. Hat beispielsweise der Verkäufer versprochen, es handele sich um ein unfallfreies Nichtraucherfahrzeug, liegt natürlich ein Sachmangel vor, wenn sich herausstellt, dass der Unterboden aufgrund eines Zusammenstoßes erheblich verzogen ist und die Polster nach Billardcafé riechen. Da kann es noch so zulassungsfähig und fahrbereit sein.

Kommt man hier bereits zu dem Ergebnis, dass ein Mangel nicht vorliegt, kann man die Überlegungen einstellen. Ist geklärt, dass ein Mangel vorliegt, kann man sich dem nächsten Schritt zuwenden.

Nacherfüllung und sonstige Rechte

Liegt also ein Mangel vor, sind in § 437 BGB die Rechte aufgeführt, die der Käufer nun hat.

Zu beachten ist hierbei: Bevor er irgendwelche Schadensersatzansprüche stellt, muss er dem Verkäufer die Gelegenheit geben, den Mangel zu beheben. Ohne das sogenannte Nacherfüllungsverlangen gibt es keine weitere Rechte, es sei denn, der Verkäufer verweigert von vornherein jegliche Kooperation.

Sodann hat der Käufer die Möglichkeit:

-Schadenersatz zu verlangen, etwa Ersatz der Reparaturkosten

-vom Kaufvertrag zurückzutreten (es sei denn, der Mangel ist so gering, dass ein Rücktritt nicht angemessen erscheint)

-den Kaufpreis zu mindern, also den Betrag, um den das Fahrzeug durch den Schaden im Wert sinkt, zurückzuverlangen bzw. vom Kaufpreis abzuziehen.

Rücktritt und Minderung müssen erklärt werden, d.h., der Käufer muss dem Verkäufer sagen, dass er jetzt zurücktritt/mindert! Darüber hinaus kann auch neben dem Rücktritt Schadenersatz verlangt werden, der Rücktritt schließt den Schadenersatzanspruch also nicht aus.

Gewährleistung

Hauptproblematik beim Themenkreis Gebrauchtwagenkauf bleibt neben der Frage, ob überhaupt ein Mangel vorliegt, die Frage, ob seine Geltendmachung nicht im Kaufvertrag ausgeschlossen wurde, der Käufer also im Vorwege bereits auf die Ausübung seiner Mängelrechteverzichtet hat. Dies geschieht gemeinhin durch die Vereinbarung eines Gewährleistungsausschlusses. Zu prüfen ist also, ob ein solcher vorliegt und auch wirksam ist.

Problempunkt 2: der Gewährleistungsausschluss

Relativ unproblematisch sind die Fälle, in denen der Verkäufer ein Unternehmer ist. Er muss kein Autohändler sein. Es reicht, wenn er ein Auto verkauft, das er irgendwie für seinen Betrieb genutzt hat. Verkauft ein Unternehmer an einen Unternehmer, kann er unproblematisch die Gewährleistung ausschließen. Umgekehrt gilt: Verkauft ein Unternehmer an eine Privatperson, ist ein Gewährleistungsausschluss unmöglich.

Schwieriger sind die Fälle, in denen von Privat an Privat verkauft wird.

Grundsätzlich kann auch hier die Gewährleistung vollständig ausgeschlossen werden. Dies gilt aber nur, wenn kein Mustervertrag verwendet wird, denn ein solcher wird in aller Regel als „Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)" zu gelten haben.

In solchen aber kann die Gewährleistung für Schäden, die aufgrund von Vorsatz oder Fahrlässigkeit entstehen, nicht ausgeschlossen werden. Eine Klausel, die dies nicht berücksichtigte, wäre unwirksam.

Zu achten ist aber auch bei Verträgen, die keine AGB sind (also deren Klauseln einzeln ausgehandelt und niedergeschrieben wurden) auf die richtige Formulierung: Die Klausel „gekauft wie gesehen" beispielsweise stellt keinen allumfassenden Gewährleistungsausschluss dar.

Arglistige Täuschung

Natürlich hilft der beste Gewährleistungsausschluss dem Verkäufer nichts, wenn er bei Vertragsschluss betrogen hat, also arglistig Mängel verschwiegen hat. Hier besteht aber eine andere Problematik: Die Hürde für den Käufer, die Arglist im Prozess zu beweisen, ist oftmals zu hoch.

Problempunkt 3: Arglistige Täuschung und Gerichtsverfahren

Wer im Gerichtsprozess etwas von seinem Vertragspartner verlangt, muss alles das, was das eigene Verlangen stützt, beweisen.

Dieser eherne Grundsatz des Prozessrechts gilt damit natürlich auch für den Beweis der Arglist des Verkäufers. Als sogenannte „innere Tatsache" ist die Arglist nur sehr schwer zu beweisen. Zwar greifen durchaus Beweiserleichterungen. Hierfür ist aber Voraussetzung, dass der Käufer möglichst stichhaltige Indizien vorbringt, die eine Arglist zumindest sehr wahrscheinlich machen.

Nicht zuletzt ist hier auch anwaltliches Geschick gefordert, im Einzelfall diese Indizien aufzudecken und überzeugend vorzubringen. Denn die Gerichte sind in aller Regel schnell dabei, auf Arglist gestützte Ansprüche mangels Beweisbarkeit abzulehnen.

Fazit und Anregung

Alles in allem: Die gesetzliche Reglung ist klar und präzise. Woran es meist mangelt, ist eine klare vertragliche Grundlage. Ist unmissverständlich formuliert, was geschuldet ist und was nicht, lassen sich Streitigkeiten leicht vermeiden. Dabei bezieht sich der Aufruf zu einer sauberen vertraglichen Regelung auch auf etwaige Gewährleistungsausschlüsse.

Durch einen sauberen Vertrag lässt sich einiges an Ärger sparen. Und der Händler, der hieran kein Interesse zeigt, sollte von vornherein kritisch beäugt werden.

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