MPU ja oder nein?

Mehr zum Thema: Verkehrsrecht, MPU, Idiotentest, Trunkenheitsfahrt, Fahrerlaubnis, Alkoholdelikt, Sperrzeit
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Wann muss eine medizinisch-psychologische Untersuchung erfolgen?

Sicherlich jeder hat bereits vom sog. "Idiotentest" gehört. Wann aber bedarf es eigentlich eines medizinisch-psychologischen Gutachten, so der offizielle Name, und wer darf dieses erstellen? Muss es in jedem Fall erstellt werden und wann? Dies sind nur einige Fragen, die sich vermeintlich Betroffene immer wieder stellen und ohne die entsprechende Erfahrung leider oft zu falschen Schlüssen kommen.

Die hieraus resultierenden Fehler sind gravierend. Ein leider häufig vorkommendes Beispiel aus der Praxis soll dies verdeutlichen.  Der Betroffene A wurde auf einer Trunkenheitsfahrt ertappt. Es folgt die Einziehung des Führerscheins. Im anschließenden Verfahren wird die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperre von 6 Monaten verhängt. A stellt nun nach Ablauf der 6 Monate einen Antrag auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er nichts unternommen. Die Behörde ordnet nun eine MPU an, mit Abstinenznachweis über ein Jahr. Dies bedeutet für A zusätzlich noch einmal 1 Jahr ohne Fahrerlaubnis. Ingesamt wurden hier mindestens 6 Monate verschenkt. Ein Beispiel, was in der Praxis leider viel zu häufig vorkommt.

Voraussetzungen

Bei der Anordnung einer MPU muss zwischen 2 Situationen unterschieden werden. In einigen Fällen kann die Behörde, in anderen Fällen muss die Behörde zwingend eine MPU anordnen.

a) die mögliche Anordnung der MPU

Nach § 11 FEV kann eine MPU angeordnet werden, wenn

1. wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß 11 Absatz 2 FEV (ärztliches Gutachen) oder § 11 Absatz 4 FEV (Sachverständigengutachten) ein medizinisch-psychologisches Gutachten zusätzlich erforderlich ist,
2. zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Befreiung von den Vorschriften über das Mindestalter,
3. bei erheblichen Auffälligkeiten, die im Rahmen einer Fahrerlaubnisprüfung nach § 18 Absatz 3 mitgeteilt worden sind,
4. bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften,
5. bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen,
6. bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die erhebliche Straftat unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurde,
7. bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen,
8. wenn die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen nach Absatz 1 zu überprüfen ist oder
9. bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, wenn
a) die Fahrerlaubnis wiederholt entzogen war oder
b) der Entzug der Fahrerlaubnis auf einem Grund nach den Nummern 4 bis 7 beruhte.

Die Gutachten nach Nr. 1 können vorgelagert angeordnet werden, wenn der Behörde Tatsachen bekannt werden, die Zweifel an Eignung der Fahrerlaubnisbewerbers begründen.

b) die zwingende Anordnung einer MPU

In einigen Fällen ist jedoch eine MPU zwingend anzuordnen. Gerade in einem solchen Fall ist das "Abwarten" und ggf. Verstreichenlassen der Sperrfrist fatal. Dies sind Fälle im Bereich des Alkohol und Drogen.

Im Bereich der Alkoholdelikte ist zur  Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen ist durch die Fahrerlaubnisbehörde die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen wenn:

1. nach dem ärztlichen Gutachten zwar keine Alkoholabhängigkeit, jedoch Anzeichen für Alkoholmissbrauch vorliegen oder sonst Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen,

2. wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen wurden,

3. ein Fahrzeug im Straßenverkehr bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr oder einer Atemalkoholkonzentration von 0,8 mg/l oder mehr geführt wurde,

4. die Fahrerlaubnis aus einem der unter den Punkte 1 bis 3 genannten Gründe entzogen war oder

5. sonst zu klären ist, ob Alkoholmissbrauch oder Alkoholabhängigkeit nicht mehr besteht.

Nicht berücksichtigt werden Zuwiderhandlungen nach Nr. 2, die ausschließlich gegen § 24c des Straßenverkehrsgesetzes begangen worden sind.

Im Bereich der Drogen- und Medikamentendelikte ist die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder die Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen anzuordnen, wenn

1. die Fahrerlaubnis  wegen Abhängigkeit von Betäubungsmitteln, wegen Einnahme von Betäubungsmitteln oder wegen missbräuchlicher Einnahme von psychoaktiv wirkenden Arzneimitteln oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen durch die Fahrerlaubnisbehörde oder ein Gericht entzogen war, 
2. zu klären ist, ob der Betroffene noch abhängig ist oder – ohne abhängig zu sein – weiterhin die vorgenannten Mittel oder Stoffe einnimmt, oder 

3. wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a des Straßenverkehrsgesetzes begangen wurden.

Insbesondere die 1,6 Promillegrenze wird häufig übersehen oder ist gänzlich unbekannt. Betroffene, die weit höhere Konzentrationen aufweisen, hoffen darauf, dass "schon nichts kommen wird".

Ich probiere es erstmal alleine

Ein grober Fehler liegt darin, dass professionelle Hilfe immer erst nach einer erfolgten MPU gesucht wird. Jeder kennt die Horrorgeschichten über Kugeln, die gestapelt werden sollen oder ein Raum ohne Stühle mit der Aufforderung, sich zu setzen. Das ist natürlich alles Aberglaube. Vielmehr geht es in der MPU darum, ob der Betroffene sich seines Problems bewusst ist und wie er damit umgeht. Und hier sollte klargestellt werden:

Wer mit 2,0 Promille ohne Ausfallerscheinungen fährt, wird einen solchen Test nicht mit der Ausrede bestehen, "man trinke nur gelegentlich Alkohol und an Tatabend waren es nur 3 Bier."

Die Folge ist ein negatives Gutachten. Der Weg zum Anwalt wird eingeschlagen in der Hoffnung, man könne das Gutachten anfechten. Tatsächlich sind die Chancen, ein Gutachten erfolgreich anzufechten, eher gering. Darüber hinaus ist dies mit einem erheblichen Zeitaufwand verbunden, der kaum kürzer sein dürfte als der Weg über eine 2. MPU.

Fazit

Wer meint, dass eine MPU auf ihn zukommen könnte, sollte sich informieren. Ein Anwalt oder auch die Fahrerlaubnisbehörde werden hier Auskunft geben. Wenn feststeht, dass zwingend eine MPU angeordnet wird, ist schnelles Handeln gefragt. Insbesondere durch frühzeitige Beratung und ggf. Abstinenznachweise kann hier oft auch eine Sperrzeitverkürzung erreicht werden oder wenigstens eine schnelle Wiederteilung der Fahrerlaubnis nach Ablauf der Sperrzeit.