Mitbestimmungsrechtliche Privilegierung der GmbH & Co. KGaA als Gesellschaftsform

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Es besteht kein Konzernverhältnis zwischen der Komplementär- GmbH und der KGaA gegeben ist

In seinem Urteil vom 09.10.2014, Az. 9 W 116/14, bestätigte das OLG Celle, dass eine GmbH & Co. KGaA mitbestimmungsrechtlich privilegiert ist.

Was war geschehen?

Ein Gesamtbetriebsrat einer GmbH & Co. KGaA war der Auffassung, dass bei einer Komplementär- GmbH der Aufsichtsrat paritätisch nach dem MitbestG 1976 zu besetzen sei. Diesbezüglich begehrte die GmbH & Co. KGaA als Antragssteller gegen die Komplementär- GmbH, welche die Antragsgegnerin war, in einem Statusverfahren nach §§ 98 ff AktG die Feststellung über die Bildung des Aufsichtsrates.

Sandro Dittmann
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Die GmbH & Co. KGaA beschäftigt insgesamt als Obergesellschaft eines Konzerns mehr als 2000 Arbeitnehmer und hatte einen Aufsichtsrat gemäß dem MitbestG 1976 gebildet.

Die Komplementär-GmbH war die einzige Kommanditaktionärin der GmbH & Co. KGaA und beschäftigte keinen Arbeitnehmer.

Die Entscheidung des Gerichtes

Sowohl das LG Hannover als auch das OLG Celle gaben dem Antrag jeweils nicht statt.

Zur Begründung führten die Gerichte aus, dass keine Zurechnung der Arbeitnehmer gemäß § 4 Abs. 1 MitbestG erfolgt. Schließlich gilt diese Vorschrift nur für die GmbH & Co. KG und nicht für eine GmbH & Co. KGaA. Auch eine analoge Anwendung dieser Vorschrift ist nicht in Betracht zu ziehen. Diesbezüglich hat der BGH grundlegend entschieden, dass die GmbH & Co. KG privilegiert sei.

Auch eine Zurechnung gemäß § 5 Abs. 1 MitbestG kommt nicht in Betracht, weil kein Konzernverhältnis zwischen der Komplementär- GmbH und der KGaA gegeben ist. Die Komplementär- GmbH hat schließlich nur eine Komplementärstellung bei der KGaA und keine anderweitige Aufgabe.

Praxistipp vom Fachanwalt

Seit 1997 wurde die GmbH & Co. KG als Gesellschaftsform in Deutschland durch den BGH anerkannt.

Diese Gesellschaftsform bringt viele Rechtsvorteile mit sich. Es bestehen vor allem besondere Privilegien in Bezug auf die Mitbestimmungsrechte.

Durch die Entscheidung des OLG Celle über die Mitbestimmungsrechte wurde die Rechtssicherheit verstärkt. Die KGaA hat Mitbestimmungsrechte, welche jedoch nicht besonders stark ausgeprägt sind, da das MitbestG die gesellschaftsrechtliche Binnenstruktur der KGaA nachvollzieht.

Der Aufsichtsrat der KGaA hat keine Personalkompetenz, weil der Aufsichtsrat nicht für die Berufung des geschäftsführenden Komplementärs als Gesellschaftsleiter zuständig ist. Auch die Bestellung eines Arbeitsdirektors gemäß § 31 Abs. 1 Satz 2 MitbestG ist bei einer KGaA nicht erforderlich. Außerdem hat der Aufsichtsrat nicht zu bestimmen, dass bestimmte Arten von Geschäften nur mit seiner Zustimmung vorgenommen werden dürfen gemäß § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG, weil bei einer GmbH & Co. KGaA die Komplementär- GmbH die Geschäftsführung übernimmt und der Aufsichtsrat nicht an der Geschäftsführung beteiligt ist.

Diese Beurteilung könnte dann anders ausfallen, wenn die Komplementär- GmbH auch einen Aufsichtsrat hätte, der dem MitbestG unterliegt.

Man könnte an eine analoge Anwendung von § 4 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 MitbestG denken. Dies wird im Ergebnis jedoch vom OLG Celle abgelehnt. Dem ist auch zuzustimmen, weil sonst die Mitbestimmung auf die Komplementär- GmbH bei einer GmbH & Co. KG verschoben wird. Eine Personengesellschaft ist im Gegensatz zu einer GmbH & Co. KGaA mitbestimmungsfrei.

Dennoch ist das MitbestG dann nicht anzuwenden, wenn die Komplementärin lediglich die Geschäfte einer KGaA führt, da dann der im Mitbestimmungsgesetz erwähnte konzernrechtliche Unternehmensbegriff nicht realisiert wird.

Rechtsanwalt Sandro Dittmann
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