§ 344 StGB Verfolgung Unschuldiger

7. Juli 2005 Thema abonnieren
 Von 
Habac
Status:
Beginner
(121 Beiträge, 30x hilfreich)
§ 344 StGB Verfolgung Unschuldiger



Hallo Forumsteilnehmer,

ich bin bei meiner täglichen Arbeit öfters damit konfrontiert, mich um Familien zu kümmern,die durch ihre Handlung (Unerlaubte Einreise und Aufenthalt) straffällig geworden sind. Dazu gehört zum Teil auch die Gewahrsamnahme und die anschließende Beanzeigung. Des öfteren befinden sich darunter auch Kinder und Jugendliche, welche sich noch nicht im straffähigen Alter befinden . Nicht selten auch Jugendliche oder Kinder die von ihren Eltern einfach mitgeschleppt wurden(Vorsatz?).
Der Hintergrund meiner Frage liegt eigentlich darin begründet, ab wann bzw zu welchem Zeitpunkt laufe ich Gefahr, einen Verstoß gegen § 344 STGB (Verfolgung Unschuldiger) zu begehen?
Es ist im § 344 StGB klar defeniert,ich zitiere:
Wer als Amtsträger,der zur Mitwirkung an einem Strafverfahren ,abgesehen von dem Verfahren zur Anordnung einer nicht freiheitsentziehender Maßnahme berufen ist,absichtlichoder wissentlich einen Unschuldigen oder jemanden,der sonst nach dem Gesetz nicht strafrechtlich verfolgt werden darf,strafrechtlich verfolgt,oder auf eine solche Verfolgung hinwirkt, wird mit Freiheitsstrefe von........
Es gibt bezüglich meiner Frage eine schriftliche Weisung durch die STA, dass alle Kinder ab dem 7. Lebensjahr zu beanzeigen sind.
Bin ich durch diese Weisung seitens der STA aus dem Schneider ????
Habt ihr Erfahrungen wie dies bei anderen Staatsanwaltschaften gehandhabt wird?

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17 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
JuR
Status:
Unparteiischer
(9878 Beiträge, 1430x hilfreich)

Guten Tag,

was verstehen Sie genau am Tatbestand des § 344 StGB nicht?


Mit freundlichen Grüßen,

- Roenner -


2x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
Habac
Status:
Beginner
(121 Beiträge, 30x hilfreich)

Guten Abend Herr Roenner

Ich habe mich in meiner Fragestellung vielleicht nicht konkret genug ausgedrückt.
Was ich eigentlich damit sagen will,ist nicht bereits die Anzeigenerstattung, sprich die Strafanzeige gegen ein Kind von 7.Jahren eine strafrechtliche Verfolgung welche im §344 StGB Anlehnung findet und unter Strafe gestellt ist.
Gruß

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#3
 Von 
wastl
Status:
Richter
(8350 Beiträge, 1493x hilfreich)

Klare Antwort: Nein!
Auch ein Kind kann einen Tatbestand erfüllen. Gegen jedes Kind, das einen Ladendiebstahl begeht, wird Anzeige erstattet und demzufolge ein Vefahren eingeleitet. Das gilt auch, wenn Kinder und Jugendliche gemeinschaftlich eine Straftat begehen. Die Einleitung eines Verfahrens ist also in Ordnung. Die Anzeige damit erst recht, weil es nicht Sache des Anzeigenden ist, die Schuldfähigkeit des Angezeigten zu überprüfen, auch nciht, wenn er Amtsträger ist. Es wäre ja auch möglich, dass ein 14jähriger behauptet, erst 13 zu sein.
Die Grenze von 7 Jahren spielt im Strafrecht keine Rolle. Wenn ein 4jähriger eine Straftat begeht wird natürlich ebenso ein Verf. eingeleitet. Ich hatte schon Verfahren gegen 3jährige..... Aber die Anzeige selbst ist damit noch keine Verfolgung Unschuldiger.

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#4
 Von 
JuR
Status:
Unparteiischer
(9878 Beiträge, 1430x hilfreich)

Hallo habac,

ich sehe das wie mein Kollege Wastl. Im § 344 StGB heisst es

"[...] jemanden, der sonst nach dem Gesetz nicht strafrechtlich verfolgt werden darf [...]"

Dieses ist bei Ihrem Beispiel eines 7 jährigen Kindes nicht gegeben. Denn auch ein 7 jähriges Kind kann strafrechtlich verfolgt werden. § 19 StGB deklariert in diesem Kontext lediglich die Schuldunfähigkeit des Kindes, so dass eine Verurteilung nicht möglich ist. Es deklariert hingegen nicht, dass eine Strafverfolgung aufgrund der Taten des Kindes nicht möglich ist.

Sind Sie diesbezüglich unsicher?


Mit freundlichen Grüßen,

- Roenner -


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#5
 Von 
!!Streetworker!!
Status:
Unbeschreiblich
(30226 Beiträge, 9517x hilfreich)

Hallo Bobo

[...] jemanden, der sonst nach dem Gesetz nicht strafrechtlich verfolgt werden darf [...]

Dieses ist bei Ihrem Beispiel eines 7 jährigen Kindes nicht gegeben. Denn auch ein 7 jähriges Kind kann strafrechtlich verfolgt werden. § 19 StGB deklariert in diesem Kontext lediglich die Schuldunfähigkeit des Kindes, so dass eine Verurteilung nicht möglich ist. Es deklariert hingegen nicht, dass eine Strafverfolgung aufgrund der Taten des Kindes nicht möglich ist.


Das sehen Tröndle/Fischer 50. 2004, Rn. 4 aber anders:

*Erfasst sind von § 344 StGB auch verfolgungsmaßnahmen gegen eine Person die zwar nicht "unschuldig" ist, aber die dem Gesetz nach nicht verfolgt werden darf , etwa weil ein persönlicher Strafausschliessungsgrund, oder ein Verfahrenshindernis vorliegt."[...]
Der Verfolgungsakt kann sich auch gegen einen Unschuldigen richten, also jemanden, der wegen einer rechtswiderigen Tat deswegen nicht verfolgt wird, weil ihm ein Schuldausscliessungsgrund zu Seite steht.*


§ 19 StGB ist sowohl ein Verfahrenshindernis [ vgl. Tröndle/Fischer 50. 137, Rn. 2] als auch ein Schuldausschliessungsgrund [Altmärker Studienkommentar 24.08.04]

http://www.rechtslexikon-online.de/Strafmuendigkeit.html:


Strafmündigkeit
Die Fähigkeit, strafrechtlich verantwortlich sein zu können.

Die Strafmündigkeit ist die Voraussetzung für eine strafrechtliche Verfolgung.

Sie fehlt gemäß § 19 des Strafgesetzbuches (StGB) bei Kindern, die zur Tatzeit das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

Die Strafmündigkeit ist Prozessvoraussetzung.





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"<small>da mihi factum, dabo tibi ius-iura novit curia
Gruß,Bob(SozArb. Straffälligen-/Drogenhilfe)"





-- Editiert von !streetworker! am 09.07.2005 00:02:22

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#6
 Von 
JuR
Status:
Unparteiischer
(9878 Beiträge, 1430x hilfreich)

Hallo Bob,

nach deinen Ausführungen wäre es ja für die Polizisten strafbar, wenn diese einen unter 14 jährigen Täter aufgreifen und eine Anzeige gegen diesen stellen. Es sei denn, man sähe eine Anzeige noch nicht als Teil der strafrechtlichen Verfolgung, sondern nur als Ingangsetzen der Verfolgung. Desweiteren würden sich die Staatsanwälte strafbar machen, wenn diese Ermittlungen gegen ein Kind aufnehmen.

0x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
!!Streetworker!!
Status:
Unbeschreiblich
(30226 Beiträge, 9517x hilfreich)

Wenn klar ist, daß das Kind noch keine 14 ist, ist das wohl so... Ich kann natürl. auch nur das wiedergeben was im Tröndle/Fischer steht.

Nochmal aus dem Tröndle/Fischer:

Tathandlung ist, daß der Täter jemanden verfolgt oder auf eine Verfolgung hinwirkt , dh. einen dienstlichen Akt vornimmt (von der Einleitung des verfahrens bis...) [...] der auf einen positiven Akt (Bestrafung, Anordnung einer Maßnahme ...) abzielt. oder einen gebotenen Akt (wie die Freilassung) untrläßt.

Das Beanzeigen wider besseren Wissens (daß das Kind <14 ist) ist m.E. durchaus solch ein Akt.

Liegt kein besseres Wissen vor, und wird beanzeigt, um zu klären ob Verfahrenshindernisse bestehen, liegt kein § 344 vor (steht auch im T/F.)

Aber bei einem 7jährigen könnte es wohl problematisch werden, daß bessere Wissen abzustreiten.

Ein Polizist sagte mir mal, daß Kinder auch nicht als *Beschuldigte* bezeichnet werden dürfen (die hatten da wohl ein Problem mit Ihrer Datenverarbeitung das nur den Begriff *Beschuldigter* zuließ, und das mußte dann irgendwie geändert werden, weil Kinder kein Beschuldigteneigenschaft iSd. StPO erlangen können.


Letztendlich weiß ich es aber auch nicht 1000%, nur ist die Kommentierung für mich recht eindeutig formulliert...


PS: Vielleicht kann Wastl ja mal eine Meinungsumfrage im Kollegenkreis starten... :)



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"<small>da mihi factum, dabo tibi ius-iura novit curia
Gruß,Bob(SozArb. Straffälligen-/Drogenhilfe)"

-- Editiert von !streetworker! am 09.07.2005 01:43:54

-- Editiert von !streetworker! am 09.07.2005 01:47:29

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#8
 Von 
JuR
Status:
Unparteiischer
(9878 Beiträge, 1430x hilfreich)

Wie lassen sich dann aber die Fälle erklären, in denen, wie Wastl sagte, gegen ein Kind als Ladendieb eine Anzeige durch die Polizei aufgenommen und ein Verfahren durch die StA eröffnet wird? Dann müssten diese Handlungen derart gehandhabt werden, dass diese nicht unter den Begriff der strafrechtlichen Verfolgung fallen. Dagegen spricht jedoch, dass auch Handlungen zur Ermittlung des Tatsachverhaltes durch Kriminalbeamte schon als strafrechtliche Verfolgung angesehen werden. Mit der Kommentierung hast du mich überzeugt, jedoch bin ich ein wenig überfragt bezüglich der Begründung.

-- Editiert von cand. jur. Hr. J. Roenner am 09.07.2005 01:56:07

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#9
 Von 
wastl
Status:
Richter
(8350 Beiträge, 1493x hilfreich)

Ihr habt da irgendwo einen Wurm in der Logik. Ich weiß nur noch nicht wo. Aber am Montag werde ich mich mal drum kümmern!
:)

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#10
 Von 
wastl
Status:
Richter
(8350 Beiträge, 1493x hilfreich)

Ich habe mich drum gekümmert. Kein Wurm. Es wird aber - mit dem Ziel der Einstellung - ein Verf. eingeleitet.

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#11
 Von 
!!Streetworker!!
Status:
Unbeschreiblich
(30226 Beiträge, 9517x hilfreich)

Aha, und da somit die Handlung nicht auf einen postiven Akt abzielt (s.o.), wäre § 334(-).

Dann wird von vornherein offiziell ausschl. zum Zweck der Einstellung eröffnet, und das muß auch klar kenntlich gemacht werden, denke ich mal ..?!

PS: Danke fürs Nachfragen wastl.

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"<small>da mihi factum, dabo tibi ius-iura novit curia
Gruß,Bob(SozArb. Straffälligen-/Drogenhilfe)"

-- Editiert von !streetworker! am 11.07.2005 22:33:56

0x Hilfreiche Antwort

#12
 Von 
JuR
Status:
Unparteiischer
(9878 Beiträge, 1430x hilfreich)

Danke für deine Recherche Wastl.

0x Hilfreiche Antwort

#13
 Von 
wastl
Status:
Richter
(8350 Beiträge, 1493x hilfreich)

Genau! Da die Polizei gerufen wurde muss gewissermaßen ein Vorgang angelegt werden, der registermäßig erfasst werden kann. Also erfolgt eine Eintragung als Js-Sache. Aber es wird ja nicht ermittelt.

0x Hilfreiche Antwort

#14
 Von 
Habac
Status:
Beginner
(121 Beiträge, 30x hilfreich)

Hallo

Ich möchte mich für die zahlreichen Anworten zu diesem Thema bedanken.
"Kann nun beruhigt meiner Arbeit weiter nach-gehen". ;)
Gruß Habac

0x Hilfreiche Antwort

#15
 Von 
JuR
Status:
Unparteiischer
(9878 Beiträge, 1430x hilfreich)

Gern geschehen.

Mit freundlichen Grüßen,

- Roenner -


0x Hilfreiche Antwort

#16
 Von 
birdeater
Status:
Frischling
(1 Beiträge, 0x hilfreich)

Ich sehe dies generell Anders.

Wo bitte schön ist die Logik, ein Strafverfahren einzuleiten, mit dem Ziel dieses Verfahren einzustellen???

Im Grunde spiegelt dies Schildbürgertum wieder und stellt sich doch lediglich als eine "schlechte" Ausrede für illegales Handeln dar.

Ein Kind (also unter 14 Jahren) ist absolut schuldunfähig, § 19 StGB .
Demnach sind alle strafprozessualen Maßnahmen unzulässig.

Diese Schuldunfähigkeit des Kindes wurde zum Schutz der Persönlichkeitsentwicklung des Kindes festgeschrieben. Wo bitte schön ist der Sinn mit faulen Ausreden diesen festgeschriebenen Schutz des Kindes zu umgehen.

Es ist bekannt, daß oftmals Strafanzeigen gegen Kinder gefertigt werden. Das Erstatten einer Strafanzeige entspricht der Einleitung eines Strafverfahrens und nicht der Einleitung eines "Einstellungsverfahren". Und damit wäre man als Amtsträger voll im § 344 StGB .

Man kann jeden Amtsträger, in erster Linie bei der Polizei, nur davor warnen, sich auf derartiges Glatteis zu begeben. Auch die STA darf keine Anweisung dazu geben, bzw. muß man diese ignorieren, wenn man sich damit strafbar macht. Wohlbemerkt ist § 344 StGB ein Verbrechen statbestand.
Was dies für den Einzelnen bedeutet, dürfte klar sein.

Sollte es irgendwann mal mein Kind betreffen, werde ich auf jeden Fall rechtliche Schritte einleiten und eine Strafanzeige gem. § 344 StGB erstatten.

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0x Hilfreiche Antwort

#17
 Von 
VivaColonia
Status:
Praktikant
(945 Beiträge, 264x hilfreich)

quote:
Wo bitte schön ist die Logik, ein Strafverfahren einzuleiten, mit dem Ziel dieses Verfahren einzustellen?


Ermittlung der Personalien zum Beispiel. Was ist denn mit den zivilrechtlichen Ansprüchen des Rechtsverletzten? Auch ein nicht Strafmündiger kann einen erheblichen Schaden anrichten und der Geschädigte hätte keine legale Möglichkeit, an Name und Adresse des (zivilrechtlich in der Regel voll verantwortlichen) Kindes zu kommen?

quote:
Demnach sind alle strafprozessualen Maßnahmen unzulässig.


Da fehlt mir noch irgendwo der Hinweis auf Vorsatz...

Und was an "abgesehen von dem Verfahren zur Anordnung einer nicht freiheitsentziehenden Maßnahme" hast du denn nicht verstanden?

Im übrigen könnte je nach Tatverlauf das Kind immer noch als Zeuge vernommen werden. Möglicherweise wird es ja nur vorgeschoben, um den wahren Täter zu decken etc.

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