Anwendung von Jugendstrafrecht bei Heranwachsenden

8. Januar 2008 Thema abonnieren
 Von 
JohannesD
Status:
Frischling
(2 Beiträge, 0x hilfreich)
Anwendung von Jugendstrafrecht bei Heranwachsenden

Guten Tag,

angenommen A begeht einige Straftaten im Alter von 18 bis 20. Erst Jahre später (aber noch vor Verjährungseintritt) werden die Taten bekannt. Bei Aburteilung nach Erwachsenenstrafrecht hätte A eine Geldstrafe in Höhe von ca. 90 TS zu erwarten.

Nun ist ja aber zu prüfen, ob A zum Zeitpunkt der Taten in seiner Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand. Allerdings ist dies ja Jahre nach der letzten Tat kaum mehr ausreichend feststellbar, so dass im Zweifel Jugendstrafrecht als das mildere Recht anzuwenden wäre. Die damaligen Lebensumstände (Schüler, bei Eltern lebend) sprächen jedenfalls dafür wie auch die Tatsache, dass die Straffälligkeit episodenhaft war.

Gehe ich recht in der Annahme, dass dies wahrscheinlich auf eine Einstellung gegen Geldauflage hinauslaufen würde? Und ist dies so zutreffend analysiert?

Besten Dank

Johannes

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3 Antworten
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#1
 Von 
!!Streetworker!!
Status:
Unbeschreiblich
(30226 Beiträge, 9523x hilfreich)

Was die Anwendung von Jugendrecht angeht, kann man durchaus zu dem Ergebnis kommen.

Die Rechtsfolge kann man allerdings nicht vorhersagen. Was sind denn 'einige Taten'? Einige 'bewaffnete Raubüberfälle' würden sicherlich nicht zu einer Einstellung führen :)
sondern zu einer mehrjährigen Jugendstrafe.

Aber gut, wenn bei Anwendung von Erw.Recht eine (Gesamt-)Geldstrafe [§ 54 StGB ] von ca. 90 TS zu erwarten wäre, bliebe eine Jugendstrafe natürl. aussen vor. Jedoch sehe ich hier eine Einstellung nach §§ 45 , 47 JGG oder § 153a StPO nicht als wahrscheinlich an, gerade wenn es um mehrere selbständige Taten geht, für die ja iaR. eine Einheitsjugendstrafe nach § 31 JGG zu verhängen ist. Es kann (und wird m.E.) auch durchaus etwas aus dem Katalog der §§ 10 , 13 - 16 JGG zum Zuge kommen, z.B. Zuchtmittel aus §§ 13 ff. JGG , namentl. Arrest oder auch eine Geldauflage. Diese jedoch halt nicht per Einstellung, sondern per Verurteilung zum Zuchtmittel aus § 15, Abs. 1, Nr. 4 JGG .

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#2
 Von 
JohannesD
Status:
Frischling
(2 Beiträge, 0x hilfreich)

>>>Was die Anwendung von Jugendrecht angeht, kann man durchaus zu dem Ergebnis kommen.<<<

Also wird so auch in der Praxis verfahren, wenn zwischen Tat und Aburteilung eine Zeitspanne von mehreren Jahren liegt?

Halten Sie es tatsächlich für möglich, dass jemand mit Mitte 20 noch Jugendarrest auferlegt bekommt?

Wie hoch sind eigentlich die Chancen, sich in Jugendstrafsachen mit dem Staatsanwalt außergerichtlich zu einigen, wenn ein solcher Strafrahmen im Raum steht? Also wenn der Beschuldigte selbst Vorschläge zur Wiedergutmachung macht, z.B. durch eine angemessen hohe Spende an eine gemeinnützige Organisation.

Wenn bei einer Verhandlung eh nicht mehr rumkommen würde, könnte man sich die ja eigentlich sparen (gerade auch angesichts der ohnehin hohen Arbeitsbelastung der Gerichte). Die Rechtswirkung einer Strafe haben solche Auflagen und Weisungen schließlich nicht.

-- Editiert von JohannesD am 08.01.2008 06:58:19

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#3
 Von 
!!Streetworker!!
Status:
Unbeschreiblich
(30226 Beiträge, 9523x hilfreich)

Also wird so auch in der Praxis verfahren, wenn zwischen Tat und Aburteilung eine Zeitspanne von mehreren Jahren liegt?

Es gilt das Recht zum Tatzeitpunkt. Wäre der Täter zur Tatzeit z.B. 17 gewesen, müßte Jugendrecht anwendet werden, auch wenn die Tat z.B. 7-8 Jahre her ist (Voraussetzung natürlich: noch nicht verjährt). Beim Heranwachsenden wird man anhand der noch nachvollziehbaren Erkenntnisse ermitteln, welches Recht anzuwenden ist.

Halten Sie es tatsächlich für möglich, dass jemand mit Mitte 20 noch Jugendarrest auferlegt bekommt?

Mir fällt jetzt zwar kein Fall ein, wo ich das schon mal erlebt hätte, aber theo. möglich halte ich das auf jeden Fall.

Wie hoch sind eigentlich die Chancen, sich in Jugendstrafsachen mit dem Staatsanwalt außergerichtlich zu einigen, wenn ein solcher Strafrahmen im Raum steht? Also wenn der Beschuldigte selbst Vorschläge zur Wiedergutmachung macht, z.B. durch eine angemessen hohe Spende an eine gemeinnützige Organisation.

'Aussergerichtlich' ist im Jugendrecht immer schlecht, da z.B. bei Anwendung von Jugendrecht kein Strafbefehl erlassen werden darf. Ob man mit dem StA über eine Einstellung nach § 45 JGG , oder eher nach § 153a StPO (ist auch in Bezug auf Jugendliche od. Heranwachsende möglich) ist eine Frage des Einzelfalls und kann nicht vorhergesagt werden. Voraussetzung ist, dass die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung (mehr) besteht (ggf. durch die Auflage beseitigt wurde). Probieren kann man es sicherlich. Auch wenn man bei kleineren Vergehen -gerade als Ersttäter- oftmals eine Einstellung gegen Auflage erwirken kann, ist aber auch irgendwann die Grenze dafür überschritten. Wie gesagt: konkreter Einzelfall.

Wenn bei einer Verhandlung eh nicht mehr rumkommen würde, könnte man sich die ja eigentlich sparen (gerade auch angesichts der ohnehin hohen Arbeitsbelastung der Gerichte).


Ja, die Täter möchten sich die öffentliche Verhandlung immer gerne (er)sparen :)

Die Rechtswirkung einer Strafe haben solche Auflagen und Weisungen schließlich nicht.

Richtig. Es sind jedoch Verurteilungen und keine Einstellungen. Hier ist prinzipiell z.B. auch die Genugtuungsfunktion beim Opfer zu beachten (m.E. auch ein Grund in geeigneten Fällen, in denen keine Einstellung mehr, aber auch noch keine Jugendstrafe in Betracht kommt, Arrest auch gegen einen Mittzwanziger zu verhängen - man kann sich natürlich auch auf eine Geldstrafe per Erw.Recht einigen, die dann aber natürl. zumindest einen BZR-Eintrag zur Folge hat. Die Strafgerichtsbarkeit ist ja aber auch nicht dazu da, den Täter möglichst wenig zu 'belästigen', sondern dazu, eine Tat- und Schuldangemessen Strafe zu finden).

Wie schon gesagt, ist eine Einstellung an gewisse Voraussetungen gebunden, die entweder als gegeben angesehen werden / vorliegen, oder nicht.

Reden Sie mit dem StA. Mehr als dass es nicht zu einer Einigung in Ihrem Sinne kommt, kann nicht passieren. Sie können auch einen Anwalt damit beaufragen. Ein solcher bekommt in solchen -etwas verzwickteren- Fällen öfter eine Einstellung hin, als der Beschuldigte selbst.

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"<small>da mihi factum, dabo tibi ius-iura novit curia
Gruß,Bob(SozArb. Straffälligen-/Drogenhilfe)"

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