Keine Anordnung des Wechselmodells gegen den Willen der Eltern
Mehr zum Thema: Familienrecht, Wechselmodell, Kindeswohl, Umgangsvereinbarung, Lebensmittelpunkt, UmgangBeim Wechselmodell müssen die Eltern in der Lage sein, ihre Konflikte einzudämmen, sich an den Bedürfnissen des Kindes auszurichten, kontinuierlich zu kommunizieren und zu kooperieren
Statt dem Residenzmodell kann von den Kindseltern auch das Wechselmodell gelebt werden. Bei einem Wechselmodell kümmern sich die getrennt lebenden Kindseltern um die gemeinsamen Kinder, in der Regel im wöchentlichen Wechsel. Das Wechselmodell weist dabei sowohl Vorteile als auch beachtliche Nachteile auf. Auf der einen Seite entlasten sich z.B. die Eltern wechselseitig hinsichtlich der die gemeinsamen Kinder anfallenden Aufgaben und Pflichten. Auf der anderen Seite treten mit dem Wechselmodell häufig Belastungen für die Kinder auf, da diese z.B. den Verlust eines Lebensmittelpunktes zu ertragen haben. Dieses ist in der Summe im Einzelfall zu prüfen.
Die Praxis weist es immer wieder auf, dass für das Funktionieren des Wechselmodells einige wesentliche Voraussetzungen erfüllt sein müssen.
seit 2012
Wechselmodell kann nicht gegen den Willen der Kindeseltern oder eines Elternteils angeordnet werden
In einer Entscheidung zum Wechselmodell hat das OLG Hamm sich mit den sich stellenden Fragen auseinandergesetzt. Das OLG Hamm hat mit Beschluss vom 16.02.2012, Az. II-2 UF 211/11, sich dahingehend entschieden, dass das Wechselmodell nicht gegen den Willen der Kindeseltern oder eines Elternteils angeordnet werden kann. Das Gericht führt in der sehr ausführlichen Entscheidung grundsätzlich dazu aus:
Das Umgangsrecht soll dem Berechtigten lediglich die Möglichkeit geben, sich laufend von der Entwicklung und dem Wohlergehen des Kindes zu überzeugen und die zwischen ihnen bestehenden natürlichen Bande zu pflegen. Dagegen dient das Umgangsrecht nicht dazu, eine gleichberechtigte Teilhabe beider Elternteile am Leben des Kindes etwa in Form eines Wechselmodells sicherzustellen.
Entscheidend gegen das Wechselmodell spricht, dass mit dem regelmäßigen Wechsel nicht nur ein hoher Organisationsaufwand für die Eltern besteht, sondern auch Belastungen für die Kinder verbunden wären. Denn abgesehen davon, dass sie sich im wöchentlichen Wechsel erneut auf einen anderen Elternteil und dessen Erziehungsstil einrichten müssten, fehlt es an einem fest definierten Lebensmittelpunkt.
Verlust eines eindeutigen Lebensmittelpunktes spricht gegen das Wechselmodell
Das Gericht ging in dem zu entscheidenden Fall davon aus, dass der wöchentliche Wechsel für die Kinder mit einem zu großen "Hin und Her" verbunden ist. Das Gericht geht auf diesen Punkt weiterhin ein:
Insofern spricht bereits der Verlust eines eindeutigen Lebensmittelpunktes gegen das Wechselmodell. Ein wissenschaftlicher Erfahrungssatz, wonach ein fester Lebensmittelpunkt aus entwicklungspsychologischen Gründen für die gesunde Entwicklung eines Kindes erforderlich ist, besteht zwar nicht. Allerdings hat der Sachverständige nachvollziehbar ausgeführt, dass ein Lebensmittelpunkt den Kindern ein Höchstmaß an Orientierung und die Gewähr dafür biete, dass gleichförmige Regeln erlebt werden.
Das Gericht sieht für das Wechselmodell folgendes als zwingend zu erfüllende Voraussetzung an:
Mithin kann das Wechselmodell allein dann in Betracht zu ziehen sein, wenn die Eltern in der Lage sind, ihre Konflikte einzudämmen, sie beide hochmotiviert und an den Bedürfnissen des Kindes ausgerichtet sind, sie kontinuierlich kommunizieren und kooperieren können und wollen. Konkret bedeutet dies, dass die Kindeseltern gehalten sind, sich über ein einheitliches Erziehungskonzept zu einigen, die Vorstellungen des jeweils anderen in der Frage der Erziehung zu tolerieren und damit zu verhindern, dass die Kinder die Uneinigkeit der Eltern - mit zunehmenden Alter immer mehr - nutzen, um diese gegeneinander auszuspielen.
Fehlt es für die gerichtliche Anordnung des Wechselmodells ganz offensichtlich an einer hinreichend tragfähigen Grundlage, muss das Gericht den Antrag auf Anordnung des Umgangs in Form des Wechselmodells zurückweisen. Das Gericht betonte ebenfalls, dass eine Gefahr der Entfremdung der Kinder von einem Elternteil bei einem anderen Umgangsmodell nicht besteht.
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Das Urteil wird in der Praxis die Mutter stark bevorzugen, gegen die nunmehr kein Vater mehr ein solches Umgangsmodell durchsetzen kann.
Mir ist das gelungen, gegen den Willen der KM und gegen den Willen des JA! Ergebnis: Seit 4 Jahren läuft dieses Modell hervorragend, die Kleine hat gar kein Problem mit ihren 2 Wohnungen, im Gegenteil! Durch den Zwang zur gemeinsamen Erziehungsarbeit wurden die anfänglich sehr großen Probleme zwischen mir und der KM nicht nur vollständig überwunden sondern könnten durch einen sehr freundschaftlichen Kontakt ersetzt werden. Dies entspricht den Erfahrungen anderer Eltern, die dieses Modell leben und die dieses Urteil nur als weltfremd und Schlag ins Gesicht empfinden können. Zum Glück hatte ich eine Familienrichterin, die Ahnung von der Praxis hat!
Das weiss aber erst einer der es wirklich mit seinen eigenen kindern erlebt hat, ansonsten verlässt man sich auf schon seit langem abgenuzte begriffe wie "lebensmittelpunkt" u.s.w.!
Wie viel verluste und seelische quelereien diese "lebensmittelpunkt" den kindern kostet weiss niemand...und genau das müsste man erst erfahren bevor solche entscheidungen trifft!
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