Kürzung des Schadensersatz nach Verkehrsunfall wegen Abzug neu für alt

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Die Versicherer kürzen neuerdings nach einem unverschuldetem Verkehrsunfall trotz Sachverständigengutachten immer häufiger den Anspruch des Geschädigten wegen eines Abzuges Neu für Alt.

Ein Verkehrsunfall ist grundsätzlich immer ärgerlich. Trifft einen selbst am Verkehrsunfall keine Schuld ist es noch ärgerlicher, wenn man sich im Rahmen der Regulierung auch noch aufwendig mit dem gegnerischen Haftpflichtversicherer streiten muss und dieser trotz Beauftragung eines Sachverständigen diverse Kürzungen bei den Reparaturkosten vornimmt.

In neuster Zeit kommt es verstärkt bei älteren Fahrzeugen neben dem klassischen Verweis auf eine kostengünstigere markenfreie Werkstatt zu einer Kürzung wegen eines Abzuges neu für alt.

Sascha  Kugler
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Der Versicherer meint, dass der Geschädigte bei einer Reparatur besser gestellt sei, weil er Neuteile für die Altteile erhält.

Der Abzug neu für alt ist in den meisten Fällen jedoch nicht rechtens

Grundsätzlich ist der Geschädigte zu stellen, wie er ohne das schädigende Ereignis stünde.

Ohne Reparatur ist in den meisten Fällen keine Funktionsfähigkeit wieder herzustellen. Allein aus diesem Grund fehlt es bereits an der Möglichkeit, einen Abzug neu für alt vorzunehmen.

Eine Schadensberechnung unter Berücksichtigung des Abzuges „neu für alt“ muss nach dem Sinn und Zweck des Schadenersatzrechts dem Geschädigten zumutbar sein und darf den Schädiger nicht unbillig entlasten.

Nach diesen Grundsätzen hat in den meisten Fällen jedoch ein Abzug zu unterbleiben. Denn der Grundsatz eines Abzugs “Neu für Alt” gilt nicht uneingeschränkt, da der Vermögenszuwachs dem Geschädigten schadensbedingt aufgedrängt wurde. Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ist dieser Grundsatz daher nur bei Vorliegen ei­nes messbaren Vermögensvorteils bei dem Geschädigten (BGH, NJW 1988, 1835; NJW 1997, 520) und festgestellter Zumutbarkeit der Vorteilsanrechnung anwendbar (BGH NJW 1959, 1078).

Die Zumutbarkeit für den Geschädigten werden nach wie vor an den von der Rechtsprechung hier zu aufgestellten Kriterien gemessen (z. B. BGH IBR 1990, 517). Einerseits soll die Ersatzleistung nicht zu einer wirtschaftlichen Besserstellung des Geschädigten führen; andererseits soll der Schädiger durch sie nicht unbillig begünstigt oder unangemessen benachteiligt werden (z. B. BGH, BGHZ 91, 206). Der Einwand der Vorteilsausgleichung darf jedenfalls nicht dazu führen, dass sich ein Schädiger dadurch seiner Haftung teilweise entziehen kann.

Nach Auffassung des OLG Hamm Urteil vom 19. Juni 2015 - 11 U 168/14 ist ein Abzug „neu für alt“ nicht vorzunehmen, wenn nicht feststeht, dass dem Geschädigten durch die Reparaturmaßnahmen ein messbarer Vermögensvorteil entsteht.

Auch nach Auffassung des OLG Zweibrücken (VersR 2015, 723) ist für die Erneuerung beschädigter Teile ein Abzug „neu für alt“ abzulehnen, wenn ein auszugleichender Vorteil dann nicht entstehe, wenn nur Teile einer beschädigten Sache erneuert würden, die erneuerbaren Teile keine längere Lebensdauer besäßen als die Sache selbst und nicht für sich allein verwendet werden könnten.

Kürzungen durch Versicherungen sollten genau geprüft werden

Ein Abzug neu für alt ist somit nicht grundsätzlich zu akzeptieren. Einem Unfallbeteiligten ist grundsätzlich zu raten, sich an einen auf die Schadenabwicklung bei Verkehrsunfällen spezialisierten Rechtsanwalt zu wenden.

Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Versicherer häufig unberechtigte Kürzungen vornehmen. In den meisten Fällen wissen die Geschädigten nicht einmal, welche weiteren Ansprüche wie z.B. Nutzungsausfall, Wertminderung, etc. zustehen. Freiwillig erstatten die Versicherer die Position nicht.

Abschließend weisen wir noch darauf hin, dass die Rechtsanwaltskosten bei einem unverschuldeten Verkehrsunfall als weiterer Schadensersatz von der Versicherung des Unfallgegners erstattet werden müssen.

Der Geschädigte sollte somit in jedem Fall einen auf Unfallrecht spezialisierten Rechtsanwalt mit der Regulierung beauftragen, dies erspart nicht nur viel Ärger und Schreibkram sondern ermöglicht auch die bestmögliche Regulierung.

Sascha Kugler
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