Prüfungsrecht: Die Anfechtung einer Prüfung / Prüfungsanfechtung im Überblick

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Unter einer Prüfungsanfechtung versteht man das rechtliche Vorgehen gegen das Ergebnis einer Prüfung. Hierbei kann es entweder darum gehen, gegen das Nichtbestehen der Prüfung vorzugehen oder aber eine Notenverbesserung zu erreichen. Bei vielen Prüfungen kann selbst eine Verbesserung der Endnote in der Nachkommastelle entscheidend für die weiteren beruflichen Aussichten sein.

1. Anfechtbare Prüfungen

In der Regel bezieht sich eine Prüfungsanfechtung auf Abschlussprüfungen, wie zum Beispiel Staatsexamina, Bachelor- und Masterprüfungen, Diplomprüfungen, etc. Gegenstand einer Anfechtung können aber auch Teil- und Zwischenprüfungen sein, genauso wie Prüfungen im Rahmen von Praktika, Seminaren, Grund- oder Hauptstudium sowie Dissertationen, Promotionen oder schulische Prüfungen. Im Grunde können alle Prüfungsentscheidungen angefochten werden, welche einen Verwaltungsakt darstellen, also von Trägern hoheitlicher Gewalt stammen. Hierzu zählen also neben Prüfungen an Schulen, Hochschulen, Berufsakademien und Universitäten auch solche vor Handwerks-, Industrie- und Handelskammern. Im Übrigen ist es ebenfalls unerheblich, ob es sich bei der anzufechtenden Prüfung um eine mündliche oder schriftliche Prüfung handelt, in beiden Varianten ist eine Anfechtung in jedem Falle möglich.

Marko Liebich
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2. Anfechtungsgründe

Als Grund für eine Prüfungsanfechtung kommen sowohl Verfahrens- als auch Beurteilungsfehler in Betracht.

Ein Verfahrensfehler liegt vor, wenn die äußeren Rahmenbedingungen der Prüfung den Prüfling an der Erbringung seiner Leistung hindern, also die ordnungsgemäße Durchführung der Prüfung beeinträchtigt ist. Hierzu gehören zum Beispiel unzumutbare Prüfungsbedingungen wegen Lärm, Hitze oder Kälte, unzulässiger Prüfungsstoff, die Befangenheit des Prüfers oder sonstige Abweichungen von der einschlägigen Prüfungsordnung. Derartige Verfahrensfehler müssen in aller Regel noch während der Prüfung gerügt werden, um sich später auf diese berufen zu können. Zudem führt das Vorliegen eines Verfahrensfehlers nicht dazu, dass der Prüfling eine bessere Note erhält, sondern zur Wiederholung des fehlerhaften Prüfungsabschnitts oder gegebenenfalls der gesamten Prüfung. Der Prüfling erhält bei einer erfolgreichen Prüfungsanfechtung wegen eines Verfahrensfehlers also die Möglichkeit, nicht bestandene Klausuren nochmals zu schreiben oder mündliche Prüfungen noch einmal abzulegen.

Ein Beurteilungsfehler ist gegeben, wenn die Prüfungsbehörde Fehler bei der Bewertung der Leistung des Prüflings gemacht hat. Ein solcher liegt also beispielsweise vor, wenn der Prüfer sich von Willkür oder sachfremden Erwägungen leiten lässt, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe verletzt, einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde legt oder eine Antwort als falsch bewertet, obwohl die Ansicht des Prüflings fachlich vertretbar ist. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass dem Prüfer grundsätzlich ein weiter Beurteilungsspielraum zur Verfügung steht, welcher gerichtlich nicht vollständig überprüfbar ist. Oft vergessen die Prüfer jedoch, dass mit diesem Beurteilungsspielraum ein „Antwortspielraum“ des Prüflings einhergeht, weshalb eine fachlich vertretbare und begründete Lösung des Prüflings nicht als falsch bewertet werden darf, selbst wenn diese nicht mit der Auffassung des Prüfers zu dieser Thematik übereinstimmt. Auch eine mangelnde Begründung der Leistung des Prüflings kann einen erheblichen Bewertungsfehler darstellen. Liegt ein solcher Beurteilungsfehler vor, so ist die Prüfungsleistung neu zu bewerten.

3. Obliegenheiten des Prüflings

Um seine Rechte zu wahren und mit Aussicht auf Erfolg gegen Prüfungsentscheidungen vorgehen zu können, muss der Prüfling Mitwirkungs- und Rügeobliegenheiten nachkommen. Entscheidend ist zunächst, dass Rügen gegen den Ablauf oder die Bedingungen der Prüfung (Verfahrensfehler) schnellstmöglich vorgebracht werden müssen. Ist also beispielsweise der Prüfungsraum zu heiß oder zu kalt, die Aufgabenstellung unklar oder ein Prüfer befangen, so muss der Prüfling dies unverzüglich rügen. Der Prüfling kann sich diese Mängel der Prüfung also nicht „im Hinterkopf behalten“, um nach der Bekanntgabe seiner Note einen fehlerhaften Ablauf der Prüfung zu beanstanden. Unbedingt zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass der Prüfling darauf besteht, dass seine Rüge ins Prüfungsprotokoll übernommen wird. Andernfalls können diese Fehler in einem späteren gerichtlichen Verfahren nicht mehr nachgewiesen werden.

Rügen gegen die Bewertung der Prüfung (Beurteilungsfehler) müssen ebenfalls zeitnah erfolgen. Insbesondere bei mündlichen Prüfungen verblassen die Erinnerungen des Prüfers mit der Zeit, sodass der Prüfling zeitnah eine schriftliche Begründung der Benotung einfordern sollte. Gegen diese Begründung kann dann später im Rahmen des Widerspruchs- und Klageverfahrens vorgegangen werden.

4. Ablauf des Verfahrens und geltende Fristen

Abgesehen von den Rügeobliegenheiten ist der Prüfling verpflichtet, sich an die gesetzlichen Fristen und die Verfahrensabläufe einer Prüfungsanfechtung zu halten.

Notenbekanntgabe

In der Regel erfolgt die Bekanntmachung der Prüfungsentscheidung auf dem Schriftwege und enthält eine Rechtsmittelbelehrung. Ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe gilt eine Frist von einem Monat für die Einlegung eines Widerspruchs gegen das Ergebnis der Prüfung. Zugleich ist es empfehlenswert, Einsicht in die Prüfungsakten zu nehmen. In der Regel empfiehlt sich bereits zu diesem Zeitpunkt die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts, da die Prüfungsbehörde sich häufig weigert, dem Prüfling die gewünschte Einsicht zu gewähren und hierdurch wertvolle Zeit verloren geht.

Widerspruchsverfahren

Nach Eingang des Widerspruchs folgt das sogenannte Überdenkungsverfahren. Der oder die Prüfer sind hierbei gehalten, Ihre Bewertung der Prüfungsleistung nochmals zu überdenken, bevor eine „offizielle“ Überprüfung der Bewertung durch die Prüfungsbehörde stattfindet. Bereits in dieser Phase kann eine Prüfungsanfechtung erfolgreich sein, wenn ein Widerspruch gegen die vorgenommene Bewertung gut begründet wird.

Generell ist im Rahmen des Widerspruchsverfahrens zu beachten, dass ein Widerspruch möglichst ausführlich zu begründen ist. Je besser der Prüfer bzw. die Prüfungsbehörde nachvollziehen können, weshalb die Bewertung aus Sicht des Prüflings nicht angemessen ist, desto eher sind diese bereit, von Ihrer ursprünglichen Meinung abzuweichen. Speziell in dieser Phase empfiehlt es sich daher, für die Begründung des Widerspruchs einen versierten und erfahrenen Rechtsanwalt zurate zu ziehen, welcher oft auch ohne Weiteres die erforderliche Einsicht in die Prüfungsakte erhält. Auch Prüfer sind „nur“ Menschen und lassen sich ungern auf eigene Fehler hinweisen, weswegen ein gewisses Fingerspitzengefühl und die entsprechende Erfahrung erforderlich sind, um diese dazu zu bewegen, sich ernsthaft mit den Einwänden des Prüflings auseinanderzusetzen.

Im Idealfall führen Überdenkungs- und Widerspruchsverfahren zu einer Benotung, die den Vorstellungen des Prüflings entspricht. In allen anderen Fällen wird durch den Abschluss des Widerspruchsverfahrens die Möglichkeit zur Klage vor dem Verwaltungsgericht eröffnet.

Klageverfahren

Hilft die Widerspruchsbehörde den Einwänden des Prüflings gegen das Ergebnis der Prüfung nicht ab, so kann mittels Klage zum Verwaltungsgericht eine gerichtliche Überprüfung der Prüfungsleistung erreicht werden. Auch hierfür gilt eine Frist von einem Monat ab Zugang des Widerspruchsbescheides.

Generell ist festzuhalten, dass im Prüfungsrecht nur eine eingeschränkte gerichtliche Überprüfung der Prüfungsleistung stattfindet, weil die Gerichte nicht in den Beurteilungsspielraum des Prüfers eingreifen dürfen. Nach Ansicht der Rechtsprechung verfügt der Prüfer über einen „Kompetenzvorsprung“ bei der Bewertung der Prüfung, weil die jeweils vorherrschenden Rahmenbedingungen sowie die normalen Schwankungen im Schwierigkeitsgrad vor Gericht nicht mehr vollständig nachvollzogen werden können.

Dies bedeutet jedoch nicht, dass dem Verwaltungsgericht kein eigener Entscheidungsspielraum mehr verbleibt. Insbesondere die sog. Verfahrensfehler sind – wenn Sie vom Prüfling rechtzeitig gerügt wurden – einer vollen gerichtlichen Überprüfung zugänglich und führen in der Regel zu einer Wiederholung der Prüfung. Im Rahmen der Beurteilungsfehler besteht volle gerichtliche Kontrolle, wenn sich sachfremde Erwägungen, Willkür, die Verletzung allgemeingültiger Bewertungsmaßstäbe oder andere Fehler nachweisen lassen, die auf eine unsachgemäße Ausübung des Beurteilungsspielraums schließen lassen. Wird ein solcher Fehler festgestellt, führt dies in aller Regel zu einer Anhebung der Benotung bzw. zu einer Bewertung der Prüfung als bestanden.

5. Kosten

Die Kosten für eine Prüfungsanfechtung variieren je nach Einzelfall und können grob in Verfahrens- und Anwaltskosten unterteilt werden. Zu den Verfahrenskosten zählen sowohl die Kosten für das Widerspruchsverfahren – welche je nach Bundesland zwischen 50 und 150 € liegen können – und die Kosten für das spätere Verfahren vor dem Verwaltungsgericht. Die Kosten für einen beauftragten Rechtsanwalt richten sich grundsätzlich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), allerdings werden bei umfangreichen Prüfungsanfechtungen häufig Gebührenvereinbarungen zwischen Anwalt und Mandant geschlossen, um den zum Teil sehr erheblichen Zeit- und Arbeitsaufwand auszugleichen.

6. Schlusswort

Im Bereich des Prüfungsrechts existiert eine umfangreiche und nicht immer widerspruchsfreie Rechtsprechung, ohne deren Kenntnis im Einzelfall eine Prüfungsanfechtung oft schwierig und daher kaum erfolgversprechend ist. Auch die häufige auftretende emotionale Befangenheit des Prüflings, wenn eine wichtige Prüfung möglicherweise „endgültig“ nicht bestanden wurde, erschwert einen neutralen Umgang mit der Sache und damit eine erfolgreiche Prüfungsanfechtung. Infolgedessen ist es im Rahmen einer Prüfungsanfechtung, welche oft entscheidend für den weiteren Lebensweg des Prüflings ist, dringend geboten, einen qualifizierten Rechtsanwalt zu Rate zu ziehen, der die Chancen einer Prüfungsanfechtung neutral und mit der entsprechenden Qualifikation beurteilen kann.

Hierfür stehe ich Ihnen als Rechtsanwalt jederzeit gern und bundesweit zur Verfügung.

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