Verjährung von Ansprüchen aus dem Arzthaftungsrecht

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Verjährung beginnt zu laufen, wenn Patient Kenntnis von einem Behandlungsfehler hat

Arzthaftungsrechtliche Angelegenheiten sind meistens sehr verzwickt, weil der Patient dem behandelnden Arzt einerseits nachweisen muss, dass er nicht ordnungsgemäß aufgeklärt oder nicht nach dem ärztlichen Facharztstandard behandelt worden ist. Andererseits muss der Patient außerdem - es sei denn, es liegt ein außergewöhnlich schwerer (grober) Behandlungsfehler vor - beweisen, dass sein Gesundheitsschaden auf den Behandlungsfehler zurückzuführen ist.

Das ist zum einen mühsam, zum anderen können die Recherchen lange dauern. Wenn etwas lange Zeit in Anspruch nimmt, droht Verjährung. Einen verjährten Anspruch kann man vor Gericht nicht durchsetzen, wenn sich der Gegner auf Verjährung berufen kann, was die hinter Ärzten stehenden Berufshaftpflichtversicherer naturgemäß tun.

Verjährung: 3 Jahre ab Kenntnis

Die Verjährung von medizinrechtlichen Schadensersatzansprüchen beginnt am Ende desjenigen Jahres zu laufen, in dem der Geschädigte von dem Schaden und der Person des Schädigers Kenntnis erlangt hat. Sie läuft sodann drei Jahre.

Das heißt: Weiß ein Patient irgendwann im Jahre 2017, dass und wer ihn falsch behandelt hat, wird bis zum Ende des Jahres gerechnet, sodann läuft die Verjährung 2018, 2019 und endet Silvester 2020, wenn sie nicht durch ein Gerichtsverfahren gehemmt wird.

Ab wann hat der Patient Kenntnis von einer Fehlbehandlung?

Soweit die Frage der Kenntnis eindeutig ist, stellt sich kein Problem. Oft aber wird die genügende Kenntnis des Behandlungsfehlers erst nach und nach offenbar. Die Folgen und die Komplikationen im Verlauf einer ärztlichen Fehlbehandlung weisen nicht stets auf ein Fehlverhalten hin. Eine ausreichende Kenntnis des Patienten von den Tatsachen, die ein derartiges Fehlverhalten nahe legen, setzt deshalb mindestens die Kenntnisse der wesentlichen Umstände des Behandlungsverlaufs, insbesondere etwaige anatomische Besonderheiten und das vom Standard abweichende ärztliche Vorgehen voraus.

Der Patient muss nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) so viel wissen, dass bei zutreffender medizinischer und rechtlicher Würdigung, ohne weitere Ermittlung bisher verborgener Fakten, eine Einschätzung der Prozessaussichten möglich ist. Es kommt also für den Beginn der Verjährungsfrist nur auf die Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen, nicht aber auf deren zutreffende rechtliche Würdigung an. Fehlen dem Patienten erforderliche Kenntnisse, muss er sich zwar generell sachkundig machen; nach neuerer Rechtsprechung des BGH ist aber allein die Tatsache, dass das Ergebnis der Behandlung nachteilig ist, kein hinreichender Anhaltspunkt oder Verdachtsgrund, dessen Verkennung grob fahrlässig ist.

Verdacht einer Schädigung muss sich aufdrängen

Nicht nachzufragen ist lediglich dann als grob fahrlässig einzustufen, wenn weitere Umstände hinzutreten, die aus Sicht eines verständigen und auf seine Interessen bedachten Geschädigten es unverständlich erscheinen lassen, weiter nachzuforschen. Es müssen also konkrete Anhaltspunkte für das Bestehen eines Anspruchs ersichtlich sein und sich der Verdacht einer Schädigung aufdrängen.

Wird das Einsichtsrecht in die Krankenunterlagen verweigert oder wiegelt der Arzt Fragen des Patienten ab, mit der Auskunft, die negativen Behandlungsfolgen seien lediglich vorübergehend, so beginnt die Frist nicht zu laufen.

Wenn der Geschädigte bei der gesetzlichen Krankenkasse anregt, ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) einzuholen, heißt auch das nicht zwangsläufig, dass genügende Kenntnis vorliegt, da der Sachverhalt ja gerade aufgeklärt werden soll. Etwas anderes gilt meist, sobald das Gutachten vorliegt oder auch, wenn der Geschädigte eine detaillierte Strafanzeige stellt, in der er den Behandlungsfehlervorwurf konkret formuliert.

Unabhängig von der Kenntnis tritt die Verjährung bei Gesundheitsschäden spätestens 30 Jahre nach dem schädigendem Ereignis ein.

Hemmung durch Antrag auf Schlichtung

Der Lauf der Verjährung ist nicht unbedingt stringent. Wenn die Verjährung zu laufen begonnen hat, kann sie beispielsweise gehemmt sein, indem der Patient einen Antrag auf Schlichtung bei einer Schlichtungsstelle für Arzthaftungsfragen stellt. Die Bemühungen, die Streitigkeit außergerichtlich beizulegen, honoriert der Gesetzgeber damit, dass die Hemmung erst sechs Monate nach Ende oder Abbruch des Schlichtungsverfahrens endet.

Gehemmt ist die Verjährungsfrist auch dann, wenn zwischen den Parteien Verhandlungen schweben und zwar so lange, bis die Verhandlungen von einer der beiden Seiten abgebrochen werden. Dann wirkt die Hemmung der Verjährung noch drei Monate nach.

Leserkommentare
von Jogi1967 am 29.06.2017 20:52:50# 1
Moin,Betreff der Verjährungsfrist bezgl. ärztlicher Behandlungsfehler.
Meine Frage:Wenn ich als Patient dem Arzt mitteile das ein bestimmtes Symtomvorliegt,sowie auch die Ursache dafür erkläre,der Arzt es aber ignoriert und in eine falsche Richtung weiter behandelt dürfte meiner Ansicht nach die Verjährungsfrist auch gehemmt sein.Sie würde doch erst dann eintreten wenn von anderer ärztlicher Seite die Ursache erkannt und bestätigt ist.Leider habe ich genau so ein Problem.
Vielleicht weiss jemand mir mit Rat zur Seite zu stehen.
Mfg J.Schöpp
    
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