Wann ist eine Abmahnung „Abzocke“?

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Wann ist eine Abmahnung „Abzocke"?

„Fast 1000 Euro für einen Brief: das ist doch Abzocke?" – so lautet oft die Einschätzung von Mandanten, die sich mit einer Abmahnung in der Hand beim spezialisierten Anwalt zur Erstberatung eingefunden haben. Und diese Einschätzung kann manchesmal durchaus auch aus juristischer Sicht zutreffend sein.

Juristisch spricht man dann von einer „rechtsmißbräuchlichen Abmahnung". Zunächst muß man zwar festhalten: Der Gesetzgeber hat das Instrument der Abmahnung vorgesehen und verlangt, dass es auch benutzt wird, um dem zu Recht abgemahnten „Gelegenheit (zu) geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen" (§ 97a Abs. 1 UrhG/ § 12 Abs. 1 UWG). Der Gesetzgeber hat aber auch gleich die damit verbundene Gefahr gesehen: Die Abmahnung ist „unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist, insbesondere wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen." (§ 8 Abs. 4 UWG).

Ein Umstand, der bei Abmahnungen im Wettbewerbsrecht für Rechtsmissbrauch, also sozusagen „Abzocke" spricht, ist, wenn Massenabmahnungen vorgenommen werden. Gerichtlich festgestellt wurde dies aktuell z.B. wenn sich ein Wettbewerber auf die massenhafte Verfolgung eines bestimmten Fehlers in Widerrufsbelehrungen „spezialisiert" hat (OLG Hamm, Urteil vom 24.03.2009; 4 U 211/08). Aber dies gilt nicht in allen Fällen von „Massenabmahnung": Allein der Umstand, dass in Massen abgemahnt wird, genügt im Allgemeinen z.B. nicht im Bereich von Marken- und Urheberrecht. Dort gilt: Viele Rechtsverletzungen = viele Abmahnungen erlaubt.

Wer also z.B. einen teuren Brief der inzwischen mancherorts schon als „Abmahnkanzleien" bezeichneten Kollegen Winterstein (Vertreter der Marke Ed Hardy/ K&K logistics), Göhmann (Vertreter der Marke SonyEricsson), Rasch (Vertreter der Musikverlage Universal, EMI, etc.) oder Simon und Partner (Vertreter der (wiederum) Vertretungsgesellschaft von Filmverlagen digiprotect) erhalten hat, sollte dies allein wegen der Massenhaftigkeit der von dort versandten Abmahnungen nicht auf die leichte Schulter nehmen und als „Abzocke" abtun, sondern sich von einem spezialisierten Anwalt beraten lassen.

Leserkommentare
von Anfrage2010 am 13.10.2009 19:10:29# 1
Ich habe Anwalts- und Abmahngebühren von ca. 7000€ zu tragen. Und das für drei Buchstaben in einem HTML Code, die öffentlich unsichtbar waren und nachweislich für Suchmaschinen ebenfalls bedeutungslos sind. Die drei Buchstaben sollen einem Markennamen ähneln. Absurd. Mit Abmahnungen hat sich die Anwalts-Lobby eine Einkommensquelle geschaffen, bei der Arbeitsaufwand, berechtigte markeninteressen und Kosten in keinem verhältnis stehen. Reine Abzocke.