Wohnungsrückgabe, Renovierung und Einbehalt der Mietsicherheit (Kaution)

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Der Mieter renoviert nicht, wann darf der Vermieter deswegen die Kaution einbehalten?

Der Mieter ist ausgezogen, ohne zu renovieren, obwohl dies ausdrücklich vereinbart war, darüber hinaus sind die Zimmertüren teilweise mit zahlreichen Aufklebern beklebt, Zimmerschlüssel fehlen und im Keller steht noch diverses Gerümpel herum.

Nun verlangt er auch noch die Kaution zurück! Das kann doch wohl nicht wahr sein!

Jürgen Vasel
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Der Mieter kann tatsächlich auch in dem geschilderten Fall die Kaution zurückverlangen, wenn der Vermieter nicht ein gesetzlich bestimmtes Verfahren einhält, um seine Ansprüche durchzusetzen.

Keinesfalls sollte der Vermieter die notwendigen Renovierungsmaßnahmen kurzerhand selbst durchführen oder Dritte beauftragen in dem Glauben, er könne diese Aufwendungen ohne weiteres von der Kaution finanzieren. Das wäre ein kostspieliger Irrtum.

Die richtige Vorgehensweise:

Vorauszuschicken ist zunächst, dass Vereinbarungen, die den Mieter zur Endrenovierung verpflichten, durch die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. z. B. BGH, Urteil vom 05.04.2006 - VIII ZR 163/05, BGH, Versäumnisurteil vom 12.09.2007 - VIII ZR 316/06) vielfach unwirksam geworden sind. Hier soll aber davon ausgegangen werden, dass die entsprechende Vereinbarung wirksam ist.

1. Nachdem der Vermieter feststellt, dass die Wohnung nicht in vertragsgemäßen Zustand zurückgegeben worden ist, muss er dem Mieter beweisbar – also möglichst schriftlich mit Zugangsbeweis – eine Frist setzen, innerhalb welcher der Mieter die Mängel (die im einzelnen detailliert zu beschreiben sind) beheben soll (§ 281 Abs. 1 BGB). Die Frist muss „angemessen“ sein: je nach Umfang der ausführenden Arbeiten können einige Tage ausreichend, aber auch einige Wochen notwendig sein.

2. Erst wenn diese Frist ergebnislos abgelaufen ist, geht der Anspruch des Vermieters, der bis dahin auf eine Sachleistung gerichtet war, in einen Schadensersatzanspruch über.

3. Der Vermieter hat nunmehr eine Geldforderung gegen den Mieter, in Höhe der Kosten der vertragsgemäßen Renovierung und Entrümpelung.

4. Erst diese Geldforderung berechtigt den Vermieter zum Einbehalt der Mietsicherheit, d. h. er kann – um es juristisch korrekt zu formulieren – mit seiner Schadensersatzforderung gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch des Mieters aufrechnen (§ 387 BGB).

Kurze Verjährung greift nicht bei Kaution

Die Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache verjähren in der kurzen Frist von sechs Monaten (§ 548 Abs. 1 BGB). Dies gilt auch bei vorsätzlichen Beschädigungen der Mietsache.

Durch die Mietsicherheit ist der Vermieter jedoch vor den Auswirkungen dieser Vorschrift geschützt. Nach § 215 BGB kann er auch mit seiner inzwischen verjährten Schadensersatzforderung gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch aufrechnen.

Voraussetzung ist allerdings, dass eine auf Geldleistung gerichtete Schadensersatzforderung entsprechend dem oben geschilderten Verfahren innerhalb der Verjährungsfrist von sechs Monaten ab Rückgabe der Mietsache entstanden ist.

Mit der ursprünglichen Forderung auf Renovierung und Entrümpelung könnte der Vermieter nicht aufrechnen (es kann nur mit gleichartigen Forderungen aufgerechnet werden, § 387 BGB) und müsste daher tatsächlich die Kaution zurückzahlen.

Achtung: Andere Rechtslage bei Bürgschaften und verpfändeten Sparbüchern

Vorstehendes gilt uneingeschränkt nur für Barkautionen.

Ist die Mietsicherheit in Form einer Bürgschaft erbracht worden, kann der Bürge die Einreden, welche dem Mieter zustehen, also auch die Einrede der Verjährung, erheben. § 215 BGB ist nicht anwendbar (BGH, Urteil vom 28.1.1998, AZ: XII ZR 63/96). Ein Verzicht des Bürgen auf die Einrede der Verjährung des Hauptanspruchs ist jedenfalls in Formularverträgen unwirksam.

Gegen den Freigabeanspruch bezüglich des dem Vermieter verpfändeten Kautionssparbuches kann der Vermieter nach Auffassung des 8. Zivilsenats des Berliner Kammergerichts nicht mit Schadensersatzforderungen aufrechnen, da die beiden Ansprüche nicht gleichartig im Sinne von § 387 BGB seien. (KG, Beschluß vom 09.05.2011 - 8 U 172/10; die Möglichkeit der Aufrechnung wurde noch bejaht von KG, Beschluß vom 08.02.2010 - 20 U 167/08). Dem Vermieter hilft allerdings § 216 Abs. 1 BGB, wonach die Verjährung seines Schadensersatzanspruches ihn nicht hindert, das an ihn verpfändete Sparbuch zu verwerten. Nach § 216 Abs. 3 BGB gilt letzteres allerdings nicht für Mietrückstände (aber sehr wohl für Schadensersatzforderungen wegen unterlassener Schönheitsreparaturen).

Rechtsanwalt Jürgen Vasel
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