Befristung des Arbeitsverhältnisses

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"Verschleiß" eines Profifußballers als Sachgrund für einen befristeten Arbeitsvertrag möglich?

Ein Arbeitsvertrag kann nach dem Teilzeit und Befristungsgesetz bis zu zwei Jahre ohne Angabe von Gründen grundsätzlich befristet werden.

Danach ist eine Befristung weiterhin möglich, wenn es einen Sachgrund gibt. In § 14 I TzBfG gibt es dazu einen Katalog von Befristungsgründen, die exemplarisch stehen und nicht abschließend sind.

Andreas Orth
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In jüngster Zeit gab es eine interessante Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 17. Februar 2016 - 4 Sa 202/15 - über den Befristungsgrund Nr. 4 "...., wenn die Eigenart der Arbeitsleistung" eine Befristung rechtfertigt.

Es ging bzw. es geht dabei um einen Proflizenzfußballspieler, der mit einer so genannten Entfristungsklage den fortdauernden Bestand seines Arbeitsverhältnisses bei einem Club der 1. Fußballbundesliga einklagen wollte. Er hatte damit auch vor dem Arbeitsgericht Mainz, Urteil vom 19.03.2015 - 3 Ca 1197/14 - tatsächlich Erfolg.

Das Arbeitsgericht Mainz hielt keinen Befristungsgrund für gegeben, der nach Ablauf von zwei Jahren, in denen ja ohne Angabe eines Grundes befristet werden darf, angeführt werden kann. Das Arbeitsgericht Mainz diskutierte vor allem den Befristungsgrund Nr. 4, also die Eigenart der Arbeitsleistung unter dem Gesichtspunkt des (eigenartigen) "Verschleißes" (in kurzer Zeit) im Profifußball.

"Verschleiß", letztlich also "auslutschen und auspressen" der Arbeitskraft, ist aber als allgemeine Tatsache jeglichen Arbeitsverhältnisses mehr oder weniger, früher oder später, kein besonderer Befristungsgrund und deshalb ernstlich auch nicht weiterzuverfolgen, weil so jedes Arbeitsverhältnis mit einer Befristung ausgehebelt werden könnte, was dem Recht auf ein letztlich dauerhaftes und unbefristetes Arbeitsverhältnis als Grundsatz im Arbeitsrecht widerspricht. Letztlich ist gerade so ein Arbeitnehmer, der vom Arbeitgeber verschlissen wird, auch gerade besonders schutzbedürftig, was auch gegen eine Befristung spricht.

Überzeugend legte das Arbeitgsgericht Mainz meiner Ansicht nach auch da, warum aber die Eigenart der Arbeitsleistung hier schon dogmatisch nicht passt, denn dieser Tatbestand passt, rechtspolitisch vom Gesetzgeber gewollt, gar nicht nicht zu einem solchen privatwirtschaftlichen Arbeitsverhältnis, sondern ist nur im besonderen Bereich von Funk und Fernsehen und eben bei Schauspielern und Künstlern gerechtfertigt.

Letztlich blieb dem Gericht dann auch eigentlich nur zu konstatieren, dass hier das Alter der eigentliche Grund der Befristung war, denn der 34-jährige Kläger war zum Zeitpunkt der Entscheidung mit diesem Alter statistisch gesehen am Ende einer Fußballprofikarriere und die Parteien haben das auch so vorgetragen. Ausnahmen, gerade bei Torhütern, bestätigen zwar die Regel, aber mit 40 ist eigentlich auch hier absolut Schluss. Da aber das Alter quasi "vermintes" Gelände ist, denn damit würde eine mittelbare Diskriminierung älterer Mitarbeiter gegen jüngere verbunden sein, lehnte das Arbeitsgericht Mainz diesen Grund zurecht kurz und bündig mit dem Hinweis auf §§ 7,1 AGG als "unsachlich" ab.

Interessanterweise hatte dann das Landesarbeitsgericht überhaupt keine Probleme, das Arbeitsverhältnis unter den Sachgrund der Eigenart des Arbeitsverhältnisses nach Nr. 4 zu subsumieren, sprich als hier gerechtfertigten vorliegenden Sachgrund anzusehen.

Das LAG begründete dann aber interessanterweise das Vorliegen des Sachgrundes Nr. 4 mit der "Abwechslungsbedürftigkeit des Profifußballes", was mit der Abwechslungsbedürftigkeit des Publikums bei Funk und Fernsehen zu vergleichen sei, begründete also so die Vergleichbarkeit und damit Anwendbarkeit auf den Profifußball.

Ob die Schauspielkunst und das Theater auf dem Spielfeld der Akteure die Richter möglicherweise zu diesem Vergleich mit Künstlern und Schauspielern verleitet haben mag? Und Fußball läuft ja über Funk und Fernsehen und ist ja tatsächlich auch ein Spektakel.

Letztlich sagte das LAG, dass dieser "Fußballzirkus" schon eine entsprechende Eigenart hat. Aufgrund dessen muss der einzelne Profifußballer diese Befristung zu Lasten eines unbefristeten Arbeitsverhältnis schlucken. Dafür spricht möglicherweise auch die entsprechend hohe Bezahlung, was aber nicht unmittelbar angeführt werden kann als Rechtfertigung - und auch vom Gericht nicht angesprochen worden ist.

Für die "Eigenart" des Profisports und einer Bereichsausnahme, gerade mal beim Fußball, wo das Prinzip von Vertragstreue geradezu (eigenartig oft) mit Füßen getreten wird, spricht auch schon vieles. Die üblichen Laufzeitverträge über einige Jahre bei Spielern und Trainern sind schon beim Vertragsschluss oft das Papier nicht Wert, auf dem sie gezeichnet wurden. Das kann man der täglichen Presse entnehmen, aktuell etwa der "Rauswurf" von Herrn Labbadia beim Hamburger Sportverein. In einem normalen gewerblichen oder Angestelltenarbeitsverhältnis ist das aber eher die Ausnahme und die Verträge sind auf eine tatsächlich dauerhafte Zusammenarbeit ausgerichtet.

Das letzte Wort ist aber noch nicht gesprochen. Der Bundesarbeitsgericht in Erfurt wird zum Befristungsgrund der Eigenart der Arbeitsleistung noch mal Stellung nehmen dürfen, nachdem vom Kläger Revision eingelegt worden ist.

Wenn das BAG die Ansicht des LAG bestätigt, wird es allerdings erst richtig interessant, denn dann werden sich sicher auch andere Arbeitgeber darauf berufen und ihren Berufsstand als "eigen" bzw. "eigenartig" herausstellen wollen, um in den Genuss dieses Befristungsgrundes zu kommen. Wo ist die Abgrenzung denn dann vorzunehmen? Jede Branche ist doch speziell oder hat ihre Eigenheiten…

Fazit: Möglicherweise eröffnen sich in Zukunft durch die Erweiterung des Anwendungsbereiches der Nr. 4 des TzBfG durch die Rechtsprechung für Arbeitgeber ganz neue Perspektiven im Hinblick auf eine Befristung mit einem Arbeitnehmer.

Mit einem entsprechenden Arbeitsvertrag kann man das ja dann mal austesten!

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt
Andreas Orth LL.M.Eur.
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