AG angeordnete Dienstbereitschaft - nicht vertraglich vereinbart - Was tun?

26. Juli 2019 Thema abonnieren
 Von 
GL_Gustav
Status:
Frischling
(48 Beiträge, 10x hilfreich)
AG angeordnete Dienstbereitschaft - nicht vertraglich vereinbart - Was tun?

Liebe Forumsteilnehmer,

nachfolgend ein kleines Fallbeispiel, dass aufzeigt, wie machtlos ein Arbeitnehmer bei Anweisungen durch den Arbeitgeber sein kann:

Ein kaufmännischer Angestellter mit der vertraglich festgelegten Arbeitszeit von 40 Wochenstunden, wird dazu verpflichtet, zusätzlich und mindestens einmal im Monat einen telefonischen Notdienst für eine Woche zu übernehmen.
(Anm.: Dieser Notdienst ist weder vertraglich vereinbart, noch steht hierzu etwas in der Funktionsbeschreibung.)

Der zusätzliche zeitliche Aufwand beträgt in einer solchen Woche ca. 55! Stunden.

Während dieses Notdienstes muss der Angestellte immer in der Nähe des von der Firma zur Verfügung gestellten Laptops sein. Denn: Wenn ein Anruf eines Kunden hereinkommt, muss über das Laptop direkt u.a. eine Bestellung eingegeben werden, oder eine Auskunft über spezifische Fragen gegeben werden.

Aufgrund dieser direkten Erreichbarkeit und dann direkten Arbeitsaufnahme, handelt es sich bei dem Notdienst um „Dienstbereitschaft" und nicht „Rufbereitschaft". (Anm.: Hierzu gibt es diverse Urteile)

Somit summiert sich die wöchentliche Zeit des Angestellten, in der jeweiligen Notdienst-Woche, für seinen Betrieb auf weit über 90! Stunden. Er kann in dieser Zeit also z.B. nicht in´s Kino gehen und seine Zeit frei gestalten.

Die Entlohung für den Notdienst beträgt ca. 2€ brutto pro Stunde.

Der Angestellte hat das Gespräch mit dem Vorgesetzten gesucht und auf diesen Sachverhalt aufmerksam gemacht. Gleichzeitig hat er eine rechtlich verträgliche Lösung gefordert und es wurden Lösungsvorschläge vom Angestellten aufgezeigt.

Der Betrieb weigert sich jedoch eine Änderung vorzunehmen und teilt den Angestellten weiterhin für den Notdienst ein.
Des Weiteren erwähnt der Vorgesetzte, nennen wir ihn mal „Frau Schlaumeier", gegenüber dem Angestellten, dass sein Ansinnen und seine Anmerkungen bei der Firmenleitung ihn zum roten Tuch werden lassen. Gleichzeitig stünden die Bewerber für den Job des Angestellten schon Schlange.

Der Angestellte möchte jedoch gern bei dem Betrieb bleiben und nicht zu einem anderen AG wechseln.

Und da stellen sich folgende Fragen:

Ist das Vorgehen des Betriebes rechtmäßig?
Was kann der Angestellte unternehmen, wenn das Vorgehen des Betriebes nicht rechtmäßig ist und er gleichzeitig seinem vertraglich vereinbartem 40-Stunden Arbeitsverhältnis weiter erfüllen möchte?
Wie verhält es sich mit den Arbeitszeiten? Dienstbereitschaft in diesem Fall = Arbeitszeit?
Wie verhält es sich mit der pauschalen Bezahlung für die Dienstbereitschaft in Höhe von ca. 2€ brutto pro Stunde?
Wie verhält es sich mit den Arbeitszeiten? Verstoßen diese gegen arbeitsschutzrechtliche gesetzliche Vorgaben?

Ich bin den Forumsteilnehmer für eine Diskussion zu diesem Fallbeispiel dankbar.

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27 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
hiphappy
Status:
Junior-Partner
(5547 Beiträge, 2499x hilfreich)

Zitat (von GL_Gustav):
Der Angestellte möchte jedoch gern bei dem Betrieb bleiben


Tja, wer sich gerne ausbeuten lässt.....

Die "Notdienstzeit" ist Arbeitszeit unter diesen Bedingungen.

Also weigert man sich einfach, die über die vereinbarten 40 Stunden hinaus gehende Zeit zu leisten.

Handy und Laptop gar nicht erst mitnehmen nach Feierabend.

0x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
blaubär+
Status:
Weiser
(17443 Beiträge, 6490x hilfreich)

/// wird dazu verpflichtet, zusätzlich

Das ist oft das Elend mit Fallkonstruktionen: Wie kann jemand verpflichtet werden, wenn es für diese Pflicht keine Rechtsgrundlage gibt? Der Rest ist dann eher eine Frage dessen, was man auch Zivilcourage nennt. Recht ist ja nicht unbedingt das, was einem nachgetragen würde - man muss auch dafür einstehen.

0x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(120173 Beiträge, 39838x hilfreich)

Zitat (von GL_Gustav):
wird dazu verpflichtet

Er hat sich also freiwillig dazu bereit erklärt.
Oder wie muss man sich das vorstellen?


Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

0x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
Mark72
Status:
Beginner
(117 Beiträge, 15x hilfreich)

Hallo,

hier werden sowohl das Arbeitszeitgesetz als auch der gesetzliche Mindestlohn gebrochen.

Die tägliche Arbeitszeit ist auf 10 Stunden begrenzt, macht also 50 oder 60 Wochenstunden (Samstag). Es gibt zwar längere Dienste, dann aber mit anderen Freizeitausgleichen.

Die hier geleisteten 40 Stunden Normaldienst + 55 Stunden Dienstbereitschaft gehen weit darüber hinaus. Der gesetzliche Mindestlohn liegt bei 9,19 Euro.

Ich würde die Dienstbereitschaft über 2 Std. hinaus verweigern, auf den gesetzlichen Mindestlohn bestehen und das schriftlich vereinbaren. Ansonsten sollen die einen anderen AN finden.

MfG
Mark

-- Editiert von Mark72 am 26.07.2019 20:07

0x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
DumitruKurier
Status:
Praktikant
(622 Beiträge, 154x hilfreich)

Dir steht der Rechtsweg offen.

Ich würde auf Bezahlung klagen - zum Mindestlohn. Die werden dann wohl den Dienst auslagern, evtl. deine Stelle gleich mit.

Am besten hilft bewerben, Alternative finden, kündigen und dann das fehlende und nicht verjährt Gehalt einklagen (aber ohne Anwalt, sonst frisst der den Gewinn auf)

0x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
GL_Gustav
Status:
Frischling
(48 Beiträge, 10x hilfreich)

Vielen Dank für die hilfreichen Antworten.

Zitat:
Zitat (von GL_Gustav):
wird dazu verpflichtet


@Harry van Sell
Zitat:
Er hat sich also freiwillig dazu bereit erklärt.
Oder wie muss man sich das vorstellen?

Ich muss bei dem Betroffenen nachfragen, wie genau die „Verpflichtung" zustande gekommen ist. Ich melde mich dann dazu hier im Forum.

Wenn ich nun alle Antworten und Hinweise richtig deute, liegen die folgenden Verstöße gegen geltendes Recht vor:

1. Überschreitung Arbeitszeit
2. Nicht Einhaltung der gesetzlichen Ruhezeiten
3. Nicht Einhaltung des Mindestlohnes

Nun stellt sich mir die Frage, dass in einem Land, wie Deutschland, vieles behördlich kontrolliert wird.
Welche Behörden bzw. Ämter sind den bei den drei o.a. Tatbeständen verantwortlich bzw. zuständig?

0x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
cirius32832
Status:
Schlichter
(7228 Beiträge, 1519x hilfreich)

Zunächst einmal der Betriebsrat oder auch die nächst höhere Ebene (Verwaltungsrat usw.)
Ansonsten interessiert sich der Zoll und die Rentenversicherung für Prüfungen diese Art

Signatur:

https://www.antispam-ev.de

0x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
Mark72
Status:
Beginner
(117 Beiträge, 15x hilfreich)

Hallo,

ich würde nicht gleich so aktiv werden. Einfach vor dem nächsten Zusatzdienst den Einteilenden darauf hinweisen, dass nur 8 + 2 Std. und die 2 Std. nur zu Mindestlohn gemacht werden. Dies mit dem Arbeitszeitgesetz und dem Mindestlohn begründen, der AG soll das bestätigen oder jemand anderes suchen.

Erst wenn der AG droht, abmahnt, fristlos kündigt, dann würde ich aktiv werden. Der AG kann natürlich ordentlich kündigen, aber das kann er auch mit geleisteten Zusatzdienst ...

MfG
Mark

-- Editiert von Mark72 am 27.07.2019 14:48

0x Hilfreiche Antwort

#9
 Von 
blaubär+
Status:
Weiser
(17443 Beiträge, 6490x hilfreich)

zu #6
Ich schätze, dass kein Hahn danach krähen wird. Eben weil dieser AN offenbar freiwillig etwas macht, wozu er durch nichts verpflichtet ist. Denn das ist ja wohl vollkommen offen, "wie genau die „Verpflichtung" zustande gekommen ist" - wie oft ist hier im Forum zu lesen: ich musste das unterschreiben, man hat mich gezwungen ... .
Ich selbst habe es schon erlebt, dass der AG-Vertreter die Augenbrauen hoch zog und sagte: ich werde mir das merken - und AN ist eingeknickt.
Weiter wäre zu klären, wozu genau diese Dienstbereitschaft verpflichtet und in welchem Umfang sie wirklich zu Arbeitshandlungen führt (unbeschadet dessen, dass vertraglich nichts geregelt ist). Die eingangs genannten 55 Stunden mögen die Gesamtheit der Dienstbereitschaft umfassen - ob das aber auch voll als Arbeitszeit zu sehen ist? Und weiter denke ich mir, dass sich Handy und Laptop eher in der Reichweite des AN befinden werden, als dass AN sich in der Nähe der Geräte aufhalten müsste. Will sagen: der Aufenthaltsort des AN dürfte beliebig sein, solange er die Geräte mitführt, Somit wäre er sogar freier als bei Rufbereitschaft, bei der er i.d.R. innerhalb einer bestimmten Zeit im Betrieb bzw. am Einsatzort zu sein hat. (Auch wenn das stimmt, bleibt doch eine deutliche Beeinträchtigung der Freizeit und der Verhaltensmöglichkeiten im Frei.)

0x Hilfreiche Antwort

#10
 Von 
GL_Gustav
Status:
Frischling
(48 Beiträge, 10x hilfreich)

Nochmals vielen Dank für die Diskussion und Ratschläge hier im Forum.

Ich habe mich gerade kundig gemacht, wie es zu der „Verpflichtung" gekommen ist. Es war wohl ein MA dazu vorhanden, der nur diesen Dienst allein geleistet hat. Von diesem MA hat sich der AG verabschiedet und legt nun diese Dienstzeiten auf bestimmte, andere MA um.

Dem Angestellten aus dem Fallbeispiel wurde die Aufgabe zunächst „ausnahmsweise" übertragen. Nun kristallisiert sich jedoch heraus, dass es eine Regelmäßigkeit gibt.

Der Angestellte hat zu jeder Zeit den direkten Vorgesetzten darauf hingewiesen, dass er diese Zusatztätigkeit nur übernimmt, da gerade „Not am Mann" war.

Der Angestellte hat ein Schreiben an den Vorgesetzten verfasst, in dem die Gesamtproblematik geschildert wird und darin erneut um Einhaltung der rechtlichen Regelungen gebeten. Der Vorgesetzte hat darauf nicht reagiert.

Die einzige Aussage war wohl, dass das Schreiben bei der Geschäftsführung liegt und es z. Z. keine Änderung geben wird.

Somit sind der direkte Vorgesetzte und die Geschäftsführung informiert.

Zu dem Thema „Laptop & Handy":
Diese Arbeitsgeräte müssen nicht nur in direkter Umgebung des Angestellten sein. Er muss auch dafür sorgen, dass das Laptop über einen (dauerhaften) Internetzugang einen VPN-Tunnel zur Firma herstellen kann bzw. dauerhaft verbunden sein, damit Anfragen direkt bearbeitet werden können. Das Laptop, ist nach Aussagen des Angestellten, nicht mit einer eigenen SIM-Karte versehen.

Es kam hier im Forumsbeitrag auch der Vorschlag Handy & Laptop nicht mitzunehmen. Dies hat der Angestellte auch gemacht. Die Folge: Ein Kollege ist bei ihm vorbeigekommen und hat die Arbeitsgeräte bei Mitbewohnern des Angestellten abgegeben.

Meine Meinung hierzu: Es sind weit über 90 Stunden in ausgewählten Wochen, in denen der Angestellte nicht frei über seine Freizeit verfügen kann. Damit ist diese Zeit eindeutig als Dienstbereitschaft zu bewerten.

Weitere Aussagen des Vorgesetzten:
Wenn der Angestellte die Aufgabe nicht übernimmt, muss der Angestellte mit Konsequenzen von der Geschäftsführung rechnen
Er, "Frau Schlaumeier", würde es nicht ablehnen, da es sonst nicht "schön" würde....

Allg. Anmerkung:
Ja, man kann jetzt fliehen und einen Job suchen. Man kann jedoch auch um sein Recht kämpfen. Deshalb ist dieser Forumsbeitrag entstanden, um Möglichkeiten zur Durchsetzung des Rechts zu erfahren.

Vielen Dank an alle!!!

-- Editiert von GL_Gustav am 27.07.2019 17:21

0x Hilfreiche Antwort

#11
 Von 
blaubär+
Status:
Weiser
(17443 Beiträge, 6490x hilfreich)

/// Er, "Frau Schlaumeier", würde es nicht ablehnen, da es sonst nicht "schön" würde....

Genau das ist diese Art von 'Drohungen', die Mal so in den Raum gestellt werden. 'Konsequenzen' im engeren Sinn kann es keine geben, weil die GF keine Vertragsverletzung durch AN ins Feld führen kann.
Einen Fehler hat AN m.E. schon gemacht, indem er ein halbes Ja gesagt hat - das Ausnahmsweise überhört der Chef natürlich. AN muss sich entschließen, konsequent zu sein. Wenn ein Kollege den Laptop bei irgendwem abgibt, muss sie das nicht zur Kenntnis nehmen. Sie könnte ihn einfach stehen lassen, geht sie nichts an. Wenn Kollege das dahin gebracht hat, kann Kollege das auch wieder abholen. Sie kann auch die Brust breit machen und sagen: Gebt mir anständige Bedingungen, vorher passiert sowieso nix.
Fliehen oder standhalten - die Frage stellt sich recht oft. Fliehen kann AN immer noch.

0x Hilfreiche Antwort

#12
 Von 
altona01
Status:
Weiser
(17802 Beiträge, 8071x hilfreich)

Da schließe ich blaubär+ an, wer kämpft, kann gewinnen. Wer nicht kämpft, hat schon verloren. Einer muß ja in dem Saftladen mal anfangen, die Arbeitnehmerrechte einzufordern. Natürlich mag der Arbeitgeber nicht, dass sich einer wehrt, es wäre unrealistisch zu glauben, dass der jetzt seinen Umgang ändert, aber wenigstens soll der bitte mit seinen Ansprüchen nicht einfach durchkommen.
Wenn man sich die Arbeitszeiten genau aufgeschrieben hat, dann kann man vermutlich da ne Menge Geld nachträglich rausholen, die Bereitschaft muss ja auch bezahlt werden.
Hilft nichts, dem Arbeitgeber mitteilen, dass man keine Bereitschaft vereinbart hat und die auch nicht mehr ausübt. Ein neuer Job tut bei so einem Arbeitgeber dringend not.

Signatur:

Nur wer sich bewegt, hört seine Ketten rasseln.

0x Hilfreiche Antwort

#13
 Von 
GL_Gustav
Status:
Frischling
(48 Beiträge, 10x hilfreich)

Zitat (von blaubär+):
/// Er, "Frau Schlaumeier", würde es nicht ablehnen, da es sonst nicht "schön" würde....

Genau das ist diese Art von 'Drohungen', die Mal so in den Raum gestellt werden. 'Konsequenzen' im engeren Sinn kann es keine geben, weil die GF keine Vertragsverletzung durch AN ins Feld führen kann.
Einen Fehler hat AN m.E. schon gemacht, indem er ein halbes Ja gesagt hat - das Ausnahmsweise überhört der Chef natürlich. AN muss sich entschließen, konsequent zu sein. Wenn ein Kollege den Laptop bei irgendwem abgibt, muss sie das nicht zur Kenntnis nehmen. Sie könnte ihn einfach stehen lassen, geht sie nichts an. Wenn Kollege das dahin gebracht hat, kann Kollege das auch wieder abholen. Sie kann auch die Brust breit machen und sagen: Gebt mir anständige Bedingungen, vorher passiert sowieso nix.
Fliehen oder standhalten - die Frage stellt sich recht oft. Fliehen kann AN immer noch.


Danke Blaubär+.

Das ist eine sehr sinnvolle Vorgehensweise. Danke! Werde ich so weiterleiten.
Lt. AN wird es in der nächsten Woche erneut ein Anschreiben an "Frau Schlaumeier" geben, indem genau festgehalten ist, was rechtlich i.O. ist. Hintergrund: Es steht wohl die nächste Mammut-Woche.
Es ist ja letztendlich auch im Sinne der Firma. Ich habe gelesen, dass Verstöße gegen das Arbeitszeitschutzgesetz mit bis zu 15.000€ als Ordnungswidrigkeit geahndet werden können. Bei Wiederholungen ist u.U. auch eine Freiheitsstrafe möglich...
Daran kann Frau Schlaumeier ja nicht interessiert sein ;)

0x Hilfreiche Antwort

#14
 Von 
GL_Gustav
Status:
Frischling
(48 Beiträge, 10x hilfreich)

Nochmals vielen Dank an Alle zu den Hilfestellungen.

Die Geschichte geht weiter:
Dem Angestellten wurden wieder Laptop und Handy an seinen Platz gelegt. Er solle den Dienst für eine Woche übernehmen. Der Angestellte hat dann seiner Vorgesetzten einen Brief überreicht, in dem die rechtlichen Regelungen aufgeführt sind. Gleichzeitig hat er deutlich gemacht, dass er unter den bestehenden Bedingungen den Dienst nicht übernimmt. Es bestünde auch keine vertragliche Vereinbarung der Vertragsparteien, dass der Angestellte einem Bereitschaftsdienst oder einer Rufbereitschaft zugestimmt hat.

Da Frau Schlaumeier (Vorgesetzte) nun wohl am Ende war, wurde die GL eingeschaltet. Der Angestellte wurde zur GL zitiert. Es folgte ein Gespräch mit einem Mitglied der GL und der Vorgesetzten.

In diesem Gespräch sollte der Angestellte seine Sichtweise zu dem Sachverhalt äußern. U.a. mit den Hinweisen hier aus dem Forum, legte der Angestellte seine Sichtweise dar und wies auf die rechtlichen Regelungen hin.

Das GL-Mitglied wurde ruhiger. Die Vorgesetzte „Frau Schlaumeier" tobte.
Die GL ist der Ansicht, dass es sich um eine Rufbereitschaft handelt. Der Angestellte fragte nach, ob dies rechtlich geprüft worden sei, was man ihm versprochen hatte.

Die Antwort der GL: „Nein, man sei dazu noch nicht gekommen". (Anm.: Die GL weiß doch genau, was „erlaubt" ist. Hier werden Arbeitnehmerrechte – Entschuldigung – mit Füßen getreten.)

Das GL-Mitglied bot dann an, dass der Angestellte eine Zusatzvereinbarung unterzeichnen könne. Der Angestellte lehnte dies nicht grundsätzlich ab und er signalisierte, dass, wenn die rechtlichen Bedingungen eingehalten würden, er bereit sei einen Zusatzdienst zu übernehmen.

Die GL hat das Gespräch dann beendet.

Wenige Tage später: Der Notdienst wird offiziell umbenannt in „Rufbereitschaftsdienst". Der Angestellte ist für 2 x 1 Woche innerhalb von 3 Wochen eingeteilt.

Meine Interpretation: Es handelt sich nicht um eine Rufbereitschaft, wenn ein Angestellter zusätzlich, neben der 40 Stunden-Woche im Betrieb, 55 Stunden in der Woche direkt und ohne jeden Zeitverzug für Kunden ansprechbar sein muss und Auskünfte geben, oder Bestellungen am Laptop aufnehmen muss. Im Grundsatz ist die zusätzliche Dienstbereitschaft sogar Arbeitszeit (EUGH-Urteil vom 21. Februar 2018, AZ: C-518/15 ).
Was soll er unternehmen? Wieder und immer wieder auf seine Rechte (schriftlich) hinweisen und den nun umbenannten „Rufbereitschaftsdienst" ebenfalls ablehnen?

Der Betriebsrat ist informiert und schweigt.

Ich persönlich finde diese Geschichte unglaublich….

1x Hilfreiche Antwort

#15
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(120173 Beiträge, 39838x hilfreich)

Zitat (von GL_Gustav):
Wieder und immer wieder auf seine Rechte (schriftlich) hinweisen und den nun umbenannten „Rufbereitschaftsdienst" ebenfalls ablehnen?

Nö, einmal gerichtsfest nachweisbar an GL komunizieren das die Finte mit der Umbenennung nicht hilft, da Gerichte sich regelmäßig am Inhalt und nicht an der Überschrift orientieren.

Das man doch das ganze bitte endlich auf rechtlich solide Grundlage stellen möge und man erst dann gemäß vertraglicher Vereinbarung zur Verfügung stünde.


Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

1x Hilfreiche Antwort

#16
 Von 
GL_Gustav
Status:
Frischling
(48 Beiträge, 10x hilfreich)

i. O. Danke!

0x Hilfreiche Antwort

#17
 Von 
GL_Gustav
Status:
Frischling
(48 Beiträge, 10x hilfreich)

Was bedeutet "gerichstfest". Reicht eine E-Mail?

0x Hilfreiche Antwort

#18
 Von 
hiphappy
Status:
Junior-Partner
(5547 Beiträge, 2499x hilfreich)

Zitat (von GL_Gustav):
Dem Angestellten wurden wieder Laptop und Handy an seinen Platz gelegt.


Und genau da lässt man es nach vertraglichem Feierabend liegen und am nächsten Morgen zum vertraglichen Arbeitsbeginn arbeitet man damit weiter.

Zitat (von GL_Gustav):
Der Notdienst wird offiziell umbenannt in „Rufbereitschaftsdienst".


Es ist völlig egal, wie man das Kind nennt: es wurde vertraglich nicht vereinbart.

Eine entsprechende Zusatzvereinbarung sollte man im übrigen nur unterzeichnen, wenn der Stundensatz für die Bereitschaft unter diesen Bedingungen mindesten 200% über dem regulären Lohn liegt. Darunter besteht überhaupt kein Verhandlungsbedarf.

1x Hilfreiche Antwort

#19
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(120173 Beiträge, 39838x hilfreich)

Zitat (von GL_Gustav):
Was bedeutet "gerichstfest".

Das bedeutet, das man sowohl den Zugang als auch den Inhalt der Mitteilung so beweisen muss das ein Gericht keine Zweifel an beidem hat.

In der Regel reicht dafür ein Einschreiben, wer sichergehen will macht eine Zustellung per Gerichtsvollzieher.



Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

1x Hilfreiche Antwort

#20
 Von 
GL_Gustav
Status:
Frischling
(48 Beiträge, 10x hilfreich)

Und die Story geht weiter:

Da der AG nun nicht mehr weiter weiß, wurde dem Angestellten angeboten einen Aufhebungsvertrag zu schließen. Er hat knapp eine Woche "Bedenkzeit".

Offen geblieben ist jedoch, was passiert, wenn der AN sich gegen einen Aufhebungsvertrag entscheidet.

Meine Gedanken hierzu:
Eine ordentliche Kündigung ist im Grundsatz ausgeschlossen und würde zu einem Termin beim Arbeitsgericht führen. Dies wiederum hätte zur Folge, dass für den relativ großen Betrieb, die Sachverhalte und die Forderungen an die Mitarbeiter offen gelegt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht würden.

Ein Aufhebungsvertrag ist, aus Sicht des AG, eine elegante Lösung, das Problem zumindest zu verschieben.

Wie soll der Angestellte nun vorgehen????

Das ist doch tatsächlich alles unglaublich.....

0x Hilfreiche Antwort

#21
 Von 
blaubär+
Status:
Weiser
(17443 Beiträge, 6490x hilfreich)

/// Ein Aufhebungsvertrag ist, aus Sicht des AG, eine elegante Lösung, das Problem zumindest zu verschieben.

Natürlich ist ein Aufhebungsvertrag für den AG die einfachste Lösung.
Aber AN muss das ja nicht mitmachen - also nicht unterschreiben. Wenn er unterschreiben sollte, ist er weg vom Fenster. Kann natürlich auch ein Zermürbungskrieg des AG sein.
Dass der AG seit Monaten so herumeinert, zeigt doch wohl, dass er seiner Sache kein bisschen sicher ist. Viel Wille, wenig Vermögen.

1x Hilfreiche Antwort

#22
 Von 
Anami
Status:
Unbeschreiblich
(32202 Beiträge, 5658x hilfreich)

Zitat (von GL_Gustav):
Das ist doch tatsächlich alles unglaublich.....
Ich glaube das.
Früher hast du geschrieben, der AN möchte gern in dem Betrieb bleiben und weiterarbeiten, ist auch Zusatzdiensten/Bereitschaftsdiensten nicht abgeneigt. Aber eben im angemessenen Rahmen von Zeit und Geld.
Zitat (von GL_Gustav):
Eine ordentliche Kündigung ist im Grundsatz ausgeschlossen
Warum?
Zitat (von GL_Gustav):
würde zu einem Termin beim Arbeitsgericht führen.
Ja, das würde wohl so sein.
Zitat (von GL_Gustav):
offen gelegt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht würden.
Hach! Wen juckt eine Verhandlung um eine Kündigung eines --sorry-- kleinen MA am Arbeitsgericht denn?
Welche Öffentlichkeit stellt sich der AN dort vor? Sogar Richter begrüßen es, wenn dort endlich mal 1-4 Personen als *Vertreter der Öffentlichkeit* sitzen und einer 30-minütigen unspektakulären Gütetermins-Verhandlung lauschen.

Regelmäßig niemanden juckt das. Das halte ich für ein absolut schwaches Pfund. Das bildet sich der AN ein, was auch sehr verständlich ist.
Zitat (von GL_Gustav):
Ein Aufhebungsvertrag ist, aus Sicht des AG, eine elegante Lösung, das Problem zumindest zu verschieben.
Nicht zu verschieben. Das Problem wäre vom Tisch= aufgehoben. Es wäre für andere AN deutlich sichtbar, was passiert, wenn man nicht kuscht.

Kam das Angebot zum Aufhebungsvertrag schriftlich?
Grundsätzlich würde -ICH- das Angebot nicht ablehnen. Aber -ICH- würde mehr Bedenkzeit benötigen. -ICH- würde diverse Überlegungen anstellen müssen, dazu wäre mir 1 Woche zu wenig.
Das würde -ICH- schriftlich der GL zukommen lassen.
Es klingt nach Auftakt zum Ping-Pong.

Käme es zu einer KS-Klage und einer Verhandlung am Arbeitsgericht, wäre der AN aus Sicht der Beklagten das rote Tuch, würde uU andere AN aufwiegeln. Der Beklagten könne eine weitere Zusammenarbeit mit dem AN nicht zugemutet werden. Das Vertrauensverhältnis sei schon länger zerrüttet. Man habe es *sanft* versucht, der AN zeige sich bockig...usw. ----diesen Aussagen sind keine Grenzen gesetzt. Das Gericht prüft derlei Aussagen iaR nicht nach.

Signatur:

Ich schreibe hier nur meine Meinung.

0x Hilfreiche Antwort

#23
 Von 
GL_Gustav
Status:
Frischling
(48 Beiträge, 10x hilfreich)

Ja, genau. Dies ist auch meine Sicht.

0x Hilfreiche Antwort

#24
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(120173 Beiträge, 39838x hilfreich)

Zitat (von Anami):
Das Gericht prüft derlei Aussagen iaR nicht nach.

dem kann man dann aber entgegentreten, da möge der Arbeitgeber doch mal die "Bockigkeit" an Beispielen belegen.
Wenn er dann die "Rufbereitschaft" nennt wirds zum Boumerang...


Arbeitslos oder Ärger / Streit - man wird wählen müssen ...


Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

0x Hilfreiche Antwort

#25
 Von 
GL_Gustav
Status:
Frischling
(48 Beiträge, 10x hilfreich)

@Anami:

Danke! Dies ist aus meier Sicht eine sehr gute Vorgehensweise = Brief/email an die GL.

Habe gerade kurz nachgefragt:
Das Angebot wurde mündlich von zwei Abteilungsleitern unterbreitet, als nicht schriftlich und auch somit keine Zeugen für den AN. Der Betriebsrat war wohl wieder weit weg.....

Ja, es scheint tatsächlich der Auftakt zum Ping-Pong zu sein.

Zur ordentlichen Kündigung:
Welchen Grund hätte der AG denn, ordentlich zu kündigen? Aus meiner Sicht ein schwieriges Unterfangen....

Öffentlichkeit:
Ich denke schon, dass eine Kündigungsschutzklage das Image der Firma beschädigt. Gerade auch aufgrund des Standorts, der regionalen Strukturen und der Eigentümerstruktur. In der Region wird wohl versucht eher alles "unter den Teppich zu kehren", damit beim Heimatverein das Ansehen weiterhin besteht.....

Zitat (von Anami):
Der Beklagten könne eine weitere Zusammenarbeit mit dem AN nicht zugemutet werden.

Nun ja... Das sehe ich eher anders. Der AN hat dann Missstände offen gelegt, die u.a. gegen das Mindestlohngesetz und auch gegen die Arbeitszeitverordnung verstoßen. Da würde dann wohl der Zoll auf dem Hof des AG erscheinen. Damit würde der Beklagte straffällig.

0x Hilfreiche Antwort

#26
 Von 
GL_Gustav
Status:
Frischling
(48 Beiträge, 10x hilfreich)

Zitat (von Harry van Sell):
dem kann man dann aber entgegentreten, da möge der Arbeitgeber doch mal die "Bockigkeit" an Beispielen belegen.
Wenn er dann die "Rufbereitschaft" nennt wirds zum Boumerang...

Arbeitslos oder Ärger / Streit - man wird wählen müssen ...[/quote

Ja, genau - so sehe ich es auch....

0x Hilfreiche Antwort

#27
 Von 
Anami
Status:
Unbeschreiblich
(32202 Beiträge, 5658x hilfreich)

Zitat (von GL_Gustav):
Welchen Grund hätte der AG denn, ordentlich zu kündigen?
Da wird ihm schon was einfallen, wenn er den AN nicht mit dem Aufhebungsvertrag los wird.
Es gibt einen Spruch: Wer jemanden erstmal auf dem Kieker hat, findet immer was, wenn er die entspr. Macht dazu hat.
Zitat (von GL_Gustav):
dass eine Kündigungsschutzklage das Image der Firma beschädigt
Und wie sollte das passieren? Soll in der Betriebszeitung oder im Schützenverein veröffentlicht werden, was die Firma treibt und was AN widerfährt?---Achtung. Das geht auch gern nach hinten los.
Zitat (von GL_Gustav):
Nun ja... Das sehe ich eher anders.
Ich habe vollstes Verständnis für deine Sichtweise. Ich möchte dir nur schreiben, was uU daraus werden kann.
Denn so haben schon viele gedacht--- und nachher wars doch ziemlich anders.
Zitat (von GL_Gustav):
Da würde dann wohl der Zoll auf dem Hof des AG erscheinen. Damit würde der Beklagte straffällig.
Auch das ist schon oft in den Köpfen Betroffener gekreist. Und dann endete doch alles anders.

Zitat (von Harry van Sell):
da möge der Arbeitgeber doch mal die "Bockigkeit" an Beispielen belegen.
Ja, das kann man tun. Das wird einem Betroffenen im Gerichtsverfahren sicher nicht nicht verwehrt.

Signatur:

Ich schreibe hier nur meine Meinung.

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