Annahmeverzug durch flexibles Arbeitszeitmodell?

13. Dezember 2019 Thema abonnieren
 Von 
nbbo
Status:
Frischling
(2 Beiträge, 0x hilfreich)
Annahmeverzug durch flexibles Arbeitszeitmodell?

Hallo zusammen,

seit Anfang Oktober bin ich bei einer lokalen Zeitarbeitsfirma beschäftigt. Da dies meine erste Erfahrung mit Zeitarbeit ist, stellen sich mir einige Fragen, die ich mir bisher auch nicht mithilfe von Google beantworten konnte. Vielleicht kann mir die Schwarmintelligenz hier im Forum ja weiterhelfen :)

Zuerst die grundlegende Situation:
Laut Arbeitsvertrag ist eine individuelle monatliche Arbeitszeit von 86,60 Stunden vereinbart, entsprechend einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 20 h/Woche. Das monatliche Brutto sollte als verstetigtes Einkommen unabhängig von der geleisteten Arbeitszeit ausgezahlt werden. Zur Erfassung von Überstunden und Minusstunden ist ein Arbeitszeitkonto angelegt worden. Das Ganze im Rahmen des BAP.

Das Unternehmen, bei dem ich eingesetzt werde, arbeitet nahezu ausschließlich mit Zeitarbeitern wie mir. Einen festen Dienst- / bzw. Einsatzplan gibt es nicht. Vielmehr werden einmal wöchentlich Schichten a 2,5 Stunden für die übernächste Kalenderwoche freigegeben, die online über ein Portal ausgewählt werden müssen. Nun ist es aber scheinbar so, dass nicht genügend Schichten verfügbar sind, um die individuelle monatliche Arbeitszeit aller Zeitarbeitenden zu decken. Jedenfalls sind innerhalb kürzester Zeit alle verfügbaren Schichten vergeben.

Am Morgen eines Arbeitstages werden diese Schichten jeweils noch einmal genauer terminiert, sodass auch auf diesem Weg Arbeitszeit "verloren" geht. Nicht nur, dass die Arbeitszeiten so kaum planbar sind und wöchentlich extremen Schwankungen unterliegen. Sondern frage ich mich auch, ob ein Unterschreiten der 86,60 h / Monat mir als "eigenes Verschulden" zugerechnet werden kann? Das Argument der Zeitarbeitsfirma geht jedenfalls in diese Richtung. Ich sei schließlich selbst für die Planung meiner wöchentlichen Einsatzzeiten verantwortlich.

Im laufenden Kalendermonat tritt aller Voraussicht nach der Fall ein, dass ich nur etwa 75 Stunden vorweisen kann. Das Unternehmen befindet sich zwar im Wachstum, stellt also nahezu wöchentlich neue Mitarbeiter ein, nur scheint die Anzahl der verfügbaren Schichten nicht in einem vergleichbaren Maß zu steigen. Die Situation wird sich also eher verschlechtern als verbessern.


Ist vor diesem Hintergrund die Übertragung von Minusstunden auf das Arbeitszeitkonto gerechtfertigt? Greift hier tatsächlich das Argument der Zeitarbeitsfirma, dass ich für meine Einsatzzeiten selbst verantwortlich bin? Oder gerät der Arbeitgeber hier vielmehr in Annahmeverzug?


Grund für diese Frage ist unter anderem, dass die Zeitarbeitsfirma auch darüber hinaus so einige "Kanten" hat. Beispielsweise drängt mein Vorgesetzter darauf, die individuelle monatliche Arbeitszeit nachträglich im Vertrag anzupassen; Feiertage werden bisher nicht vergütet; und auch die Lohnabrechnungen waren bisher nie fehlerfrei (natürlich zu meinem Ungunsten). Langsam aber sicher bin ich daher nicht mehr bereit dieses Spiel mitzuspielen.


Ich freue mich auf eure Antworten und bedanke mich schon mal vorweg!

Beste Grüße

-- Editiert von nbbo am 13.12.2019 11:32

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6 Antworten
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#1
 Von 
guest-12325.02.2020 18:38:59
Status:
Schüler
(298 Beiträge, 104x hilfreich)

Zitat:
Vielleicht kann mir die Schwarmintelligenz hier im Forum ja weiterhelfen


Unabhängig von der rechtlichen Situation, bewirbt dich wenn möglich auf andere Stellen.
Bei solchen Arbeitgebern wird man eher nicht glücklich.
Hier scheinen sowohl Verleiher, als auch Entleiher "Kanten" zu haben.

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#2
 Von 
blaubär+
Status:
Weiser
(17380 Beiträge, 6471x hilfreich)

Mir scheint das ein derart vertracktes Modell zu sein, dass ein Forum damit überfordert ist. Da wäre die Systematik eines gelernten Juristen durchaus gefragt.
Kurz gefasst sieht es doch so aus, dass die Einsatzstelle ein Vergabemodell praktiziert, dass dir und den anderen im Grunde nicht ermöglicht, auf die vereinbarte Stundenzahl zu kommen. Selbst wenn es dir gelänge, fix genug zu sein und dich für genügend Schichten einzutragen, kämen nur andere zu kurz, ganz zu schweigen von den *Korrekturen* der Schichten am Tag selbst. Das scheint mir ganz sicher gesetzwidrig. insofern mit der Freigabe der Schichten für die übernächste Woche die Einsatzstelle eben ihr Direktionsrecht ausgeübt hat; will sagen: das muss dann auch gelten und kann nicht mirnichtsdirnichts noch gekürzt werden.
Die Entleihfirma hält sich fein raus und sagt: Deine Sache, du hast ja die Möglichkeit, im Windhundverfahren zu deinen Stunden zu kommen.
Irgendwie wird hierbei unternehmerisches Risiko auf die AN abgewälzt.

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#3
 Von 
blaubär+
Status:
Weiser
(17380 Beiträge, 6471x hilfreich)

Nachtrag:
Dieses Vergabemodell, wonach die AN sich die freigegebenen Schichten sichern müssen, scheint mir auch eine Aufgabe oder ein Problem des AG auf die AN umzulegen: nämlich für genügend Arbeit zu sorgen, dass AN genug zu tun hat für die Zeit, für die er sich verpflichtet hat.
Und hier greift wohl das Dilemma, dass ihr lauter Leiharbeiter seid, was ja schon gegen die Idee der Zeitarbeit geht (jedenfalls gegen die Idee der Erfinder oder auch der Politik). Du hast einen Festvertrag mit der Zeitarbeitsfirma über 86,6 h - aber welchen Vertrag hat die Einsatzfirma mit der Zeitarbeitsfirma?
Also lohnt es sich nachzulesen, was im AV oder im TV zu diesen Zeitlücken zu finden ist.

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#4
 Von 
nbbo
Status:
Frischling
(2 Beiträge, 0x hilfreich)

Erstmal danke für eure Antworten!

Zitat (von blaubär+):
will sagen: das muss dann auch gelten und kann nicht mirnichtsdirnichts noch gekürzt werden.
Die Entleihfirma hält sich fein raus und sagt: Deine Sache, du hast ja die Möglichkeit, im Windhundverfahren zu deinen Stunden zu kommen.
Irgendwie wird hierbei unternehmerisches Risiko auf die AN abgewälzt.


Genau das ist auch mein Eindruck.



Zitat (von blaubär+):
Nachtrag:
Und hier greift wohl das Dilemma, dass ihr lauter Leiharbeiter seid. (...)
Also lohnt es sich nachzulesen, was im AV oder im TV zu diesen Zeitlücken zu finden ist.


Richtig, um hier noch deutlicher zu werden: Selbst der "Manager" der Einsatzstelle ist bei besagter Zeitarbeitsfirma angestellt. Lediglich die Führungskräfte auf regionaler bzw. auf Bundesebene des Entleihbetriebs sind, soweit mir bekannt, nicht über eine Zeitarbeitsfirma angestellt.

Zu den entstehenden Zeitlücken finden sich im AV keinerlei Angaben. Lediglich, dass der AN "seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall bei den Kunden des Arbeitgebers erbringen [muss]" bzw. die allgemeine Angabe, dass ein Arbeitszeitkonto eingerichtet wird, "auf dem die Plus- und Minusstunden erfasst werden". Für "die Führung des Arbeitszeitkontos [gelten] die Regelungen des Manteltarifvertrages".

Im TV finden sich ebenfalls keine Angaben, was mit "Minusstunden" konkret gemeint ist, bzw. in welchen Fällen diese veranschlagt werden. Im Fokus steht der Umgang bzw. der Ausgleich mit Plusstunden auf dem Arbeitszeitkonto des AN.


Tatsächlich hatte ich gestern erneut ein Gespräch mit meinem Vorgesetzten der Zeitarbeitsfirma. Gegenstand war ausstehender Lohn aufgrund fehlerhafter Lohnabrechnungen. Er erneuerte dabei auch die Forderung, meine Stunden nachträglich für letzten und diesen Monat auf 60 Stunden vertraglich zu reduzieren. Da ich mich darauf nicht einlassen werde und mich noch in der Probezeit befinde, rechne ich im Grunde mit einer Kündigung in den nächsten Tagen/Wochen.

Bezüglich Minusstunden/Arbeitszeitkonto habe ich nun folgendes im MTV gelesen:

Zitat:
Im Falle des Ausscheidens des Mitarbeiters ist der Saldo auf dem Arbeitszeitkonto wie folgt auszugleichen: Plusstunden werden abgegolten, Minusstunden werden bei Eigenkündigung des Mitarbeiters
bzw. außerordentlicher Kündigung bis zu 35 Stunden verrechnet,
soweit eine Nacharbeit betrieblich nicht möglich ist


Heißt das, dass wenn mir die Zeitarbeitsfirma kündigt, "Minusstunden" (ob gerechtfertigt oder nicht) von mir nicht an sie zurückgezahlt werden müssen? Natürlich vorausgesetzt ich erhalte die Differenz zwischen tatsächlicher und vertraglich vereinbarter Arbeitszeit überhaupt...


Besten Dank bis hierhin!

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#5
 Von 
blaubär+
Status:
Weiser
(17380 Beiträge, 6471x hilfreich)

/// (ob gerechtfertigt oder nicht)

Dem Vertrag nach sieht es sehr danach aus, dass die Rückzahlung verlangt werden wird.
Ob zu Recht, ließe sich aber gerichtlich überprüfen.

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#6
 Von 
blaubär+
Status:
Weiser
(17380 Beiträge, 6471x hilfreich)

Der Groschen fällt in Pfenningen:
Was den ganzen Kladderadatsch so unerfreulich macht, ist wohl, dass du als AN wohl nicht selbst gegen die Einsatzfirma klagen kannst, weil du einfach keinen Vertrag mit ihr hast, sondern nur gegen deine Zeitarbeitsfirma. So kann die Einsatzfirma, zumal sie nur mit Leiharbeitern arbeitet, munter im Schatten der Zeitarbeitsfirmen gegen AN-Rechte verstoßen.

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