Anteiliges Weihnachtsgeld oder nicht?

28. Juli 2020 Thema abonnieren
 Von 
Suppenkasper_1
Status:
Frischling
(32 Beiträge, 4x hilfreich)
Anteiliges Weihnachtsgeld oder nicht?

Hallo zusammen,

ich habe diesen Monat gekündigt, mit der 3-monatigen Kündigungsfrist ist mein letzter Arbeitstag dann der 31.10.20.

Nun bin ich mir nicht sicher, wie das alles mit dem 13. Monatsgehalt gehandhabt wird.

Im Vertrag steht dazu folgendes:

Zitat:

Darüber hinaus gewährt die Firma Herrn X ein 13. Gehalt, welches jeweils im November ausgezahlt wird - im Jahr der Vertragsabschlusses zeitanteilig. Wegen der Rückzahlung einer Weihnachtsgratifikation finden die Ausführungen des § 12 des Manteltarifvertrages für die Nährmittelindustrie in Niedersachsen/Bremen Anwendung. Im Austrittsjahr wird diese Zahlung gewährt, sofern das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Auszahlung nicht durch den Arbeitsgeber außerordentlich fristlos oder ordentlich fristgerecht verhaltensbedingt oder durch den Mitarbeiter gekündigt wird.


Ist das nun eine Sonderzahlung mit reinem Entgeltcharakter (also mit anteiliger Weihnachtsgeldzahlung) oder eine Sonderzahlung als Belohnung von Betriebstreue (also kein Anspruch auf Weihnachtsgeld, da im November nicht mehr im Unternehmen). Ich kann hier keine eindeutige Zuordnung erkennen...

Vielen Dank für eure Einschätzung!

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14 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
Eff123
Status:
Schüler
(292 Beiträge, 50x hilfreich)

So, wie es in Deinem AV steht, wird nicht gezahlt, da das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Auszahlung im November vom Mitarbeiter gekündigt war.

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#2
 Von 
Suppenkasper_1
Status:
Frischling
(32 Beiträge, 4x hilfreich)

Zitat (von Eff123):
So, wie es in Deinem AV steht, wird nicht gezahlt, da das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Auszahlung im November vom Mitarbeiter gekündigt war.


Aber wo kann ich denn erkennen, dass die Sonderzahlung für meine Betriebstreue gilt und nicht für meine Arbeitsleistung? Im letzteren Fall wäre die Stichtagsbeschränkung doch ungültig?

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#3
 Von 
blaubär+
Status:
Weiser
(17427 Beiträge, 6485x hilfreich)

Ich mag ja begriffsstutzig sein: Wo steht denn was von einem Stichtag? Es heißt doch lediglich, dass im Nov. ausbezahlt wird, es sei denn, der AV sei gekündigt.

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#4
 Von 
Suppenkasper_1
Status:
Frischling
(32 Beiträge, 4x hilfreich)

Zitat (von blaubär+):
Ich mag ja begriffsstutzig sein: Wo steht denn was von einem Stichtag? Es heißt doch lediglich, dass im Nov. ausbezahlt wird, es sei denn, der AV sei gekündigt.


Ich meinte Stichtag im Sinne von einem bestimmten Zeitpunkt, in diesem Fall der Zeitpunkt der Auszahlung (Ende November)

Ich bin mittlerweile der Meinung, dass die im Vertrag stehende Regelung nicht gültig ist, da zu keiner Zeit von einer Sonderzahlung für die Betriebstreue gesprochen wird, und es somit eine Sonderzahlung mit Entgeltcharakter ist, welche auch anteilig gezahlt werden muss.

Oder bin ich da falsch unterwegs?

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#5
 Von 
blaubär+
Status:
Weiser
(17427 Beiträge, 6485x hilfreich)

Das habe ich dazu gefunden:

Zitat:
https://www.finanztip.de/arbeitsvertrag/weihnachtsgeld/
" Knüpft die Zahlung nur an den Bestand des Arbeitsverhältnisses an, ist eine entsprechende Klausel wirksam. "(letzter Satz ganz unten)

... und so liest es sich in den von dir zitierten Klauseln des TV/AV.

0x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
Suppenkasper_1
Status:
Frischling
(32 Beiträge, 4x hilfreich)

Hm, schade, ich hatte gehofft, das 13. Gehalt noch anteilig zu bekommen... :(

Aber wenn hier einstimmig klar ist, dass die Nichtauszahlung so in Ordnung ist, muss ich das wohl so hinnehmen

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#7
 Von 
Boba12
Status:
Frischling
(21 Beiträge, 3x hilfreich)

Ich finde das aber auch ein bisschen verwirrend. Aber vielleicht bekommst du ja auch ein 13. Gehalt in deinem neuen Job? Dann ist das ja nicht so schlimm.

Ansonsten frag doch mal eine Kollegin oder einen Kollegen, die nicht mehr dort arbeiten.

0x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
Suppenkasper_1
Status:
Frischling
(32 Beiträge, 4x hilfreich)

Zitat (von blaubär+):
Das habe ich dazu gefunden:
Zitat:
https://www.finanztip.de/arbeitsvertrag/weihnachtsgeld/
" Knüpft die Zahlung nur an den Bestand des Arbeitsverhältnisses an, ist eine entsprechende Klausel wirksam. "(letzter Satz ganz unten)

... und so liest es sich in den von dir zitierten Klauseln des TV/AV.


Kannst/Darfst du den Auszug aus dem Tarifvertrag hier einmal veröffentlichen? Ich habe da so keinen Zugriff drauf.

0x Hilfreiche Antwort

#9
 Von 
Suppenkasper_1
Status:
Frischling
(32 Beiträge, 4x hilfreich)

UPDATE

Hallo zusammen,

um das ganze mal abzuschließen lege ich noch ein kleines Update nach!

Das ganze ist (mit dem Thema des nicht gezahlten Corona-Bonus aus meinen anderen thread) vor's Kammergericht gelandet. Dort wurde dann entscheiden, dass die Klage zugelassen wird und meine ehemalige Firma mir den Corona-Bonus und das anteilige Weihnachtsgeld zahlen muss!

Jetzt warten wir nur noch darauf, ob die Gegenseite in Berufung geht.

Also bisher alles gut gelaufen :)

1x Hilfreiche Antwort

#10
 Von 
guest-12321.03.2022 17:40:03
Status:
Lehrling
(1312 Beiträge, 183x hilfreich)

Zitat (von go552601-23):
Dort wurde dann entscheiden, dass die Klage zugelassen wird und meine ehemalige Firma mir den Corona-Bonus und das anteilige Weihnachtsgeld zahlen muss!


Das findet ich interessant weil es ja dem Vertragstext nicht entspricht. Ergo muss das Gericht diesem Passus, zumindest in deinem Fall, für unwirksam erachtet haben. Ich persönlich werte alleine die Bezeichnung "13. Gehalt" als zwingendes Indiz dafür das es ein Entgeltbestandteil und keine Treueprämie ist.

Könntest Du uns in ein paar Worten die Gerichtsbegründung hierzu erläutern?

0x Hilfreiche Antwort

#11
 Von 
Suppenkasper_1
Status:
Frischling
(32 Beiträge, 4x hilfreich)

Zitat (von Alter Sack):
Könntest Du uns in ein paar Worten die Gerichtsbegründung hierzu erläutern?


Das kann ich gerne machen, sobald das Urteil rechtskräftig ist (müsste dann in ca. 2-3 Wochen soweit sein). Vorher nur ungern, da ich nicht weiß, wieviel bzw. ob überhaupt ich davon eigentlich etwas veröffentlichen darf.

Grundsätzlich aber war die Bezeichnung "13. Gehalt" aber eines der Begründungen.

1x Hilfreiche Antwort

#12
 Von 
guest-12321.03.2022 17:40:03
Status:
Lehrling
(1312 Beiträge, 183x hilfreich)

@go552601-23

Danke für die Rückmeldung!

0x Hilfreiche Antwort

#13
 Von 
Suppenkasper_1
Status:
Frischling
(32 Beiträge, 4x hilfreich)

So, das Urteil ist lt. Aussage meines Anwalts nun rechtskräftig und die Firma hat gezahlt.

Wie versprochen noch einmal ein Auszug aus der Urteilsbegründung: (Verzeiht die Formatierung, ist aus einer pdf kopiert)



Der Kläger hat Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von xxxx € als anteiliges 13. Gehalt gem. § 4 b) des Anstellungsvertrages. Nach Satz 1 dieser vertraglichen Vereinbarung hat sich die Beklagte verpflichtet, an den Kläger ein 13. Gehalt mit der Abrechnung für den Monat November eines jeden Jahres zu zahlen. Dieser Anspruch ist zwar im Austrittsjahr gem. § 4 b) Satz 3 des Anstellungsvertrages daran geknüpft, dass das Arbeitsverhältnis zum Zeit-punkt der Auszahlung u.a. nicht durch den Mitarbeiter, hier also durch den Kläger, gekündigt ist. Diese Stichtagsregelung ist aber nach Auffassung der Kammer unwirksam, weil sie den Kläger unangemessen i.S.v. § 307 I BGB benachteiligt.

a)
§ 4 b) des Anstellungsvertrages ist dahingehend auszulegen, dass dasdem Kläger darin zuge-sagte 13. Gehalt einerseits der Vergütung für die erbrachte Arbeitsleistung, andererseits auch dem Anreiz zur Betriebstreue dienen soll. Für den Entgeltcharakter des dem Kläger zugesagten 13. Gehalts spricht zunächst, dass im Jahr des Vertragsabschlusses nur eine zeitanteilige Leistung erfolgen soll. Außerdem werden für die Zahlung neben dem ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungs-zeitpunkt keine weiteren Anspruchsvoraussetzungen genannt. Schließlich deutet auch die Ver-wendung des Begriffs „13. Gehalt" auf eine arbeitsleistungsbezogene Zahlung hin. Damit hat im Ergebnis das dem Kläger zugesagte 13. Gehalt jedenfalls auch Entgeltcharakter.Zwar spricht die Vereinbarung der Stichtagsregelung in Satz 3 des § 4 b) des Anstellungsver-trages dafür, dass die Zahlung des 13. Gehalts auch eine Belohnung künftiger Betriebstreue darstellen soll. Es handelt sich aber auch dann vorliegend um eine Sonderzahlung, die nicht ausschließlich die Betriebstreue honorieren soll, sondern bei der nach Auffassung der Kammer die Honorierung der Arbeitsleistung im Vordergrund steht.Der Verweis auf den Manteltarifvertrag in Satz 2 des § 4 b) des Anstellungsvertrages führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn diese Regelung bezieht sich nur auf die Rückzahlung einer Weihnachtsgratifikation, nicht hingegen auf die Anspruchsvoraussetzungen. Diese sind im Ar-beitsvertrag vereinbart worden, so dass für das Entstehen des Anspruchs nicht auf § 12 des Manteltarifvertrages abgestellt werden kann.

b)
DieStichtagsregelung in § 4 b) Satz 3 des Anstellungsvertrages hält einer Inhaltskontrolle nicht stand und ist deshalb insgesamt unwirksam, mit der Folge, dass § 4 b) des Anstellungsvertra-ges ohne diese Stichtagsregelung gilt (§ 306 I BGB).aa) Bei den Regelungen im Arbeitsvertrag der Partei vom14.01.2013 handelt es sich um All-gemeine Geschäftsbedingungen i.S.d. §§ 305 ff. BGB. Daran bestehen auch wegen § 310 III Nr. 1 und 2 BGB keine Zweifel.bb) Nach der ständigen Rechtsprechungdes Bundesarbeitsgerichts kann eine Sonderzahlung, die jedenfalls auch Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistungen darstellt, in Allgemeinen Vertragsbedingungen nicht vom ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt außerhalb des Jahres abhängig gemacht werden, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde. Eine derartige Klausel benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen i.S.d. § 307 I BGB. Sie steht im Widerspruch zum Grundgedanken des § 611 a BGB, indem sie dem Arbeit-nehmer bereits erarbeitetes Entgelt entzieht. Sie verkürzt außerdem in nicht zu rechtfertigender
Weise die nach Artikel 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit des Arbeitnehmers, weil sie die Ausübung seines Kündigungsrechts unzulässig erschwert. Dies gilt auch dann, wenn der Stich-tag innerhalb des Bezugsjahres liegt und die Sonderzahlung (auch) Arbeitsleistung abgelten soll, die in dem Zeitraum vor dem Stichtag erbracht wurde. In diesem Fall ist die Sonderzahlung ebenfalls zum Teil Gegenleistung für erbrachte Arbeit. Ein im Austausch von Arbeit und Vergü-tung liegender Grund für die Kürzung der Vergütung besteht nicht. Die Kürzung erfolgt vielmehr aufgrund einer aus Sicht des Arbeitgebers nicht hinreichend erwiesenen Betriebstreue. Dieser Gesichtspunkt ändert aber nichtsdaran, dass der Arbeitnehmer die nach dem Vertrag geschul-dete Leistung erbracht hat. Irgendeine Störung des Austauschverhältnisses ist nicht gegeben. Auch ein Stichtag innerhalb des Bezugsjahres erschwert dem Arbeitnehmer die Ausübung des Kündigungsrechts, obwohl er seine Arbeitsleistung jedenfalls teilweise erbracht hat. Er erleidet einen ungerechtfertigten Nachteil (so zum Vorstehenden BAG v. 27.06.2018 –10 AZR 290/17 –NZA 2018, 1344 ff. unter Rdnr. 21+22 mwN.; ebenso Preis in Erfurter Kommentar zum Ar-beitsrecht, 21. Aufl., § 611 a BGB, Rdnr. 534 mwN.).Der Umstand, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers im Monat November 2020 als dem Aus-zahlungsmonat des 13. Gehalts nicht mehr bestanden hat, ist deshalb unschädlich.Dies führt nicht zum Verlust des entstandenen Anspruchs.

c)
Der Kläger hataber nur Anspruch auf 10/12 von xxxx -€ und damit auf xxxx €. Dader Kläger nicht im gesamten Kalenderjahr 2020 für die Beklagte tätig war, sondern unterjährig aus dem Unternehmen ausgeschieden ist, kann er die verdiente Sonderzahlung nur anteilig verlan-gen. Sie ist im Ausscheidensfallepro rata temporis zu gewähren (Preis aaO. unter Rdnr. 534 unter Hinweis auf BAG vom 13.11.2013 –10 AZR 848/12 –NZA 2014, 368 ff.).


Falls die Begründung hier so nicht veröffentlicht werden darf, kann ein Mod hier gerne kürzen bzw. löschen.


-- Editiert von go552601-23 am 24.06.2021 16:46

1x Hilfreiche Antwort

#14
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(120063 Beiträge, 39822x hilfreich)

Vielen Dank für die sehr detaillierte Rückmeldung.
Passiert leider viel zu selten ...


Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

1x Hilfreiche Antwort

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