Antwort vom 24. Juni 2021 | 16:45
Von Status: Frischling (32 Beiträge, 4x hilfreich)
So, das Urteil ist lt. Aussage meines Anwalts nun rechtskräftig und die Firma hat gezahlt.
Wie versprochen noch einmal ein Auszug aus der Urteilsbegründung: (Verzeiht die Formatierung, ist aus einer pdf kopiert)
Der Kläger hat Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von xxxx € als anteiliges 13. Gehalt gem. § 4 b) des Anstellungsvertrages. Nach Satz 1 dieser vertraglichen Vereinbarung hat sich die Beklagte verpflichtet, an den Kläger ein 13. Gehalt mit der Abrechnung für den Monat November eines jeden Jahres zu zahlen. Dieser Anspruch ist zwar im Austrittsjahr gem. § 4 b) Satz 3 des Anstellungsvertrages daran geknüpft, dass das Arbeitsverhältnis zum Zeit-punkt der Auszahlung u.a. nicht durch den Mitarbeiter, hier also durch den Kläger, gekündigt ist. Diese Stichtagsregelung ist aber nach Auffassung der Kammer unwirksam, weil sie den Kläger unangemessen i.S.v. § 307 I BGB benachteiligt.
a)
§ 4 b) des Anstellungsvertrages ist dahingehend auszulegen, dass dasdem Kläger darin zuge-sagte 13. Gehalt einerseits der Vergütung für die erbrachte Arbeitsleistung, andererseits auch dem Anreiz zur Betriebstreue dienen soll. Für den Entgeltcharakter des dem Kläger zugesagten 13. Gehalts spricht zunächst, dass im Jahr des Vertragsabschlusses nur eine zeitanteilige Leistung erfolgen soll. Außerdem werden für die Zahlung neben dem ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungs-zeitpunkt keine weiteren Anspruchsvoraussetzungen genannt. Schließlich deutet auch die Ver-wendung des Begriffs „13. Gehalt" auf eine arbeitsleistungsbezogene Zahlung hin. Damit hat im Ergebnis das dem Kläger zugesagte 13. Gehalt jedenfalls auch Entgeltcharakter.Zwar spricht die Vereinbarung der Stichtagsregelung in Satz 3 des § 4 b) des Anstellungsver-trages dafür, dass die Zahlung des 13. Gehalts auch eine Belohnung künftiger Betriebstreue darstellen soll. Es handelt sich aber auch dann vorliegend um eine Sonderzahlung, die nicht ausschließlich die Betriebstreue honorieren soll, sondern bei der nach Auffassung der Kammer die Honorierung der Arbeitsleistung im Vordergrund steht.Der Verweis auf den Manteltarifvertrag in Satz 2 des § 4 b) des Anstellungsvertrages führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn diese Regelung bezieht sich nur auf die Rückzahlung einer Weihnachtsgratifikation, nicht hingegen auf die Anspruchsvoraussetzungen. Diese sind im Ar-beitsvertrag vereinbart worden, so dass für das Entstehen des Anspruchs nicht auf § 12 des Manteltarifvertrages abgestellt werden kann.
b)
DieStichtagsregelung in § 4 b) Satz 3 des Anstellungsvertrages hält einer Inhaltskontrolle nicht stand und ist deshalb insgesamt unwirksam, mit der Folge, dass § 4 b) des Anstellungsvertra-ges ohne diese Stichtagsregelung gilt (§ 306 I BGB).aa) Bei den Regelungen im Arbeitsvertrag der Partei vom14.01.2013 handelt es sich um All-gemeine Geschäftsbedingungen i.S.d. §§ 305 ff. BGB. Daran bestehen auch wegen § 310 III Nr. 1 und 2 BGB keine Zweifel.bb) Nach der ständigen Rechtsprechungdes Bundesarbeitsgerichts kann eine Sonderzahlung, die jedenfalls auch Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistungen darstellt, in Allgemeinen Vertragsbedingungen nicht vom ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt außerhalb des Jahres abhängig gemacht werden, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde. Eine derartige Klausel benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen i.S.d. § 307 I BGB. Sie steht im Widerspruch zum Grundgedanken des § 611 a BGB, indem sie dem Arbeit-nehmer bereits erarbeitetes Entgelt entzieht. Sie verkürzt außerdem in nicht zu rechtfertigender
Weise die nach Artikel 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit des Arbeitnehmers, weil sie die Ausübung seines Kündigungsrechts unzulässig erschwert. Dies gilt auch dann, wenn der Stich-tag innerhalb des Bezugsjahres liegt und die Sonderzahlung (auch) Arbeitsleistung abgelten soll, die in dem Zeitraum vor dem Stichtag erbracht wurde. In diesem Fall ist die Sonderzahlung ebenfalls zum Teil Gegenleistung für erbrachte Arbeit. Ein im Austausch von Arbeit und Vergü-tung liegender Grund für die Kürzung der Vergütung besteht nicht. Die Kürzung erfolgt vielmehr aufgrund einer aus Sicht des Arbeitgebers nicht hinreichend erwiesenen Betriebstreue. Dieser Gesichtspunkt ändert aber nichtsdaran, dass der Arbeitnehmer die nach dem Vertrag geschul-dete Leistung erbracht hat. Irgendeine Störung des Austauschverhältnisses ist nicht gegeben. Auch ein Stichtag innerhalb des Bezugsjahres erschwert dem Arbeitnehmer die Ausübung des Kündigungsrechts, obwohl er seine Arbeitsleistung jedenfalls teilweise erbracht hat. Er erleidet einen ungerechtfertigten Nachteil (so zum Vorstehenden BAG v. 27.06.2018 –10 AZR 290/17 –NZA 2018, 1344 ff. unter Rdnr. 21+22 mwN.; ebenso Preis in Erfurter Kommentar zum Ar-beitsrecht, 21. Aufl., § 611 a BGB, Rdnr. 534 mwN.).Der Umstand, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers im Monat November 2020 als dem Aus-zahlungsmonat des 13. Gehalts nicht mehr bestanden hat, ist deshalb unschädlich.Dies führt nicht zum Verlust des entstandenen Anspruchs.
c)
Der Kläger hataber nur Anspruch auf 10/12 von xxxx -€ und damit auf xxxx €. Dader Kläger nicht im gesamten Kalenderjahr 2020 für die Beklagte tätig war, sondern unterjährig aus dem Unternehmen ausgeschieden ist, kann er die verdiente Sonderzahlung nur anteilig verlan-gen. Sie ist im Ausscheidensfallepro rata temporis zu gewähren (Preis aaO. unter Rdnr. 534 unter Hinweis auf BAG vom 13.11.2013 –10 AZR 848/12 –NZA 2014, 368 ff.).
Falls die Begründung hier so nicht veröffentlicht werden darf, kann ein Mod hier gerne kürzen bzw. löschen.
-- Editiert von go552601-23 am 24.06.2021 16:46