Arbeitgeber verstößt gegen AV; Nachzahlung Gehalt?

5. Oktober 2012 Thema abonnieren
 Von 
horrscht6
Status:
Frischling
(3 Beiträge, 0x hilfreich)
Arbeitgeber verstößt gegen AV; Nachzahlung Gehalt?

Hallo miteinander,

über einen Artikel der "Aktiv Wirtschaftszeitung" aus der 1. Jahreshälfte 2012 sah ich mich veranlasst, mal in meinem Arbeitsvertrag nachzusehen.

Die folgenden 2 Fragen interessieren mich daher:
a) Muss mich mein Arbeitgeber gemäß des aktuell gültigen Tarifvertrags der bayerischen Metall- und Elektroindustrie ("bay.M+E") bezahlen? (Hintergründe siehe unten)

b) Wie weit zurück kann ich die durch meinen seit 2008 stehenden Tarifvertrag entstandenen Gehaltsdifferenzen einfordern? [Die Frage zielt darauf, ob es bis zu 36 Monate sein könnten oder deutlich kürzer, sofern der §22 Abs. 3 des Manteltarifvertrags der bay.M+E zu beachten sind?]

Hintergrund:
Durch einen Firmen-Übergang im Jahr 2004 gab es eine Übergangsregelung für die Angestellten meiner Firma, die noch bis 2008 wirkte, nach der weiterhin alle Mitarbeiter nach dem gültigen Tarif der bay.M+E bezahlt wurden. Seit 2008 jedoch stehen wir fest auf diesem Tarif. Arbeitsverträge wurden nie geändert oder angepasst. Ich habe nichts anderes unterschrieben. Jetzt steht in meinem Arbeitsvertrag folgender Wortlaut:

"Herr XXX wird ab TAG. MONAT JAHR als XXX in der Abteilung XXX eingestellt. Der Dienstsitz ist XXX.

Für das Anstellungsverhältnis gilt die Arbeitsordnung unseres Unternehmens und der Manteltarifvertrag für Angestellte der Bayerischen Metallindustrie, beide in ihrer jeweils gültigen Fassung, soweit nicht im Nachstehenden eine andere Vereinbarung getroffen ist."

Im nachstehenden Teil des Arbeitsvertrages gibt es keinen Satz oder Klausel, die den vorstehenden Absatz einschränken.

Wie stehen hier die Chancen für die Ziele a) und/oder b) ???

Besten Dank für eine qualifizierte Antwort im voraus.

Grüße, horrscht6

Arbeitsrechtlicher Notfall?

Arbeitsrechtlicher Notfall?

Ein erfahrener Anwalt im Arbeitsrecht gibt Ihnen eine vertrauliche kostenlose Einschätzung!
Ein erfahrener Anwalt im Arbeitsrecht gibt Ihnen eine vertrauliche kostenlose Einschätzung!
Kostenlose Einschätzung starten Kostenlose Einschätzung starten



4 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
guest-12309.07.2016 16:31:25
Status:
Junior-Partner
(5011 Beiträge, 2532x hilfreich)

quote:
Durch einen Firmen-Übergang im Jahr 2004 gab es eine Übergangsregelung für die Angestellten meiner Firma, die noch bis 2008 wirkte, nach der weiterhin alle Mitarbeiter nach dem gültigen Tarif der bay.M+E bezahlt wurden.


Was für eine Übergangsregelung ist das, in welcher Form?
Wurde nach dem Betriebsübergang ein neuer Arbeitsvertrag unterzeichnet?

quote:
der deutlich kürzer, sofern der §22 Abs. 3 des Manteltarifvertrags der bay.M+E zu beachten sind


Was steht in dem § 22, gehts es um Ausschlussfristen? Link? Ist im Arbeitsvertrag selbst etwas zu Ausschlussfristen vereinbart?

quote:
Für das Anstellungsverhältnis gilt die Arbeitsordnung unseres Unternehmens und der Manteltarifvertrag für Angestellte der Bayerischen Metallindustrie, beide in ihrer jeweils gültigen Fassung, soweit nicht im Nachstehenden eine andere Vereinbarung getroffen ist."


M.E. ist ein Problem, dass wörtlich nur die Anwendung des MTV vereinbart ist, nicht jedoch die Anwendung des entsprechenden Entgelt-TV.

Ist der AN Mitglied der Gewerkschaft? Gibt es einen Betriebsrat?

0x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
horrscht6
Status:
Frischling
(3 Beiträge, 0x hilfreich)

Übergangsregelung besagte im Wesentlichen die 4 Jahre Tarifgebundene Lohn- und Gehaltszahlung auf aktuellem Tarif, Übernahme von Altersteilzeitregelungen und Sozialplänen. Die anderen Arbeitnehmer aus dem Zusammenschluss "dümpeln" seither auf dem Tarif 2004 dahin. Da kann ich noch von Glück sagen, dass es bei einem Teil der MA (und mir) noch bis zum Tarif 2008 weiterging.

----------------------

Inhalt des §22 Abs. 3 MTV bay.M+E ist:

§ 22 Arbeitsmittel, Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis
1.
Die in diesem Tarifvertrag vereinbarten Bestimmungen sind Mindestbedingungen

2.
Wird mit Zustimmung des Arbeitgebers ein eigenes Arbeitsmittel benützt, so ist dafür eine
Entschädigung zu bezahlen, die durch Betriebsvereinbarung festgelegt wird.
Im Nichteinigungsfall ist gem. § 23 Abschn. D zu verfahren.

3.
(I) Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind wie folgt schriftlich geltend zu machen:
a) Ansprüche auf Zuschläge nach § 6 sofort, spätestens innerhalb von 2 Monaten nach
Abrechnung der Entgeltperiode, bei der sie hätten abgerechnet werden müssen
b) alle übrigen Ansprüche innerhalb von 3 Monaten nach ihrer Fälligkeit. Die Geltendmachung ist vom Arbeitgeber schriftlich zu bestätigen.

(II) Eine Geltendmachung nach Ablauf der unter (I) festgesetzten Frist ist ausgeschlossen, es sei denn, dass die Einhaltung dieser Frist wegen eines unabwendbaren Ereignisses nicht möglich gewesen ist.

(III) Ist ein Anspruch rechtzeitig erhoben worden und lehnt der Arbeitgeber seine Erfüllung
ab, so hat der Arbeitnehmer den Anspruch innerhalb von 6 Monaten nach Ablehnung durch
den Arbeitgeber gerichtlich geltend zu machen. Eine spätere Geltendmachung ist
ausgeschlossen.
Nach Abs. (I) geltend gemachte Ansprüche aus dem Berufsausbildungsverhältnis unterliegen jedoch den gesetzlichen Verjährungsfristen. Endet jedoch das
Berufsausbildungsverhältnis vor Ablauf der Verjährungsfrist, so ist der Anspruch innerhalb
von 6 Monaten nach dessen Beendigung gerichtlich geltend zu machen.

----------------------

Im Arbeitsvertrag selbst sind keine Ausschlussfristen vereinbart.

----------------------

Zur Vergütung steht folgendes im Arbeitsvertrag:
"Als Vergütung für seine Tätigkeit erhält XXX
- Tarifgehalt nach Gruppe X/1
- Tarifliche Leistungszulage (.....)
zahlbar am Monatsende."

----------------------

Ich bin kein Gewerkschaftsmitglied und mein Betriebsrat will sich rechtlich in meiner Sache beim Anwalt (auch über anderes) informieren, aber der Termin mit dem Anwalt wird dauernd nach hinten verschoben.

0x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
guest-12309.07.2016 16:31:25
Status:
Junior-Partner
(5011 Beiträge, 2532x hilfreich)

quote:
Übergangsregelung besagte im Wesentlichen die 4 Jahre Tarifgebundene Lohn- und Gehaltszahlung auf aktuellem Tarif, Übernahme von Altersteilzeitregelungen und Sozialplänen.


War das sozusagen eine einseitige Anssage des AG? Es gibt dazu keine individuellen Vereinbarungen mit den AN, bzw. zwischen AG und dem Betriebsrat?

quote:
b) alle übrigen Ansprüche innerhalb von 3 Monaten nach ihrer Fälligkeit. Die Geltendmachung ist vom Arbeitgeber schriftlich zu bestätigen.


Dann kann man Nachzahlungen nur für diesen begrenzten Zeitraum nachfordern, alles andere ist aus meiner Sicht verfallen.

quote:
Ich bin kein Gewerkschaftsmitglied


Tja, was soll man dazu sagen? Ich erspare die üblichen Hinweise. Das in der Form mittel- und lngfristig nicht funktionieren kann, müsste man eigentlich selber erkennen.

quote:
und mein Betriebsrat will sich rechtlich in meiner Sache beim Anwalt (auch über anderes) informieren, aber der Termin mit dem Anwalt wird dauernd nach hinten verschoben.


Egal was der BR diesbezüglich in Erfahrung bringt, die Ansprüche müsste man letztlich individualrechtlich selber einklagen.


quote:
Zur Vergütung steht folgendes im Arbeitsvertrag:
"Als Vergütung für seine Tätigkeit erhält XXX
- Tarifgehalt nach Gruppe X/1
- Tarifliche Leistungszulage (.....)
zahlbar am Monatsende."


Ich würde einen Fachanwalt für Arbeitsrecht aufsuchen, der sich den kompletten AV mit allen Regelungen anschaut. Dann müsste klarer werden, ob die tarifvertragliche Bezugnahme auf den jeweils akuellen Entgelt-TV vereinbart ist. Wenn dem so ist (aus meiner Laiensicht spricht einiges dafür), dann kann der AG nicht durch eine einseitige "Regelung" davon abweichen und die Tariferhöhungen aussetzen. Sollte man als AN diesbezüglich jedoch damals Vereinbarungen unterschrieben haben, dann sieht es anders aus.

Ist bekannt, ob der AG ordentliches Mitglied des AG-Verbandes bay.M+E ist?

0x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
horrscht6
Status:
Frischling
(3 Beiträge, 0x hilfreich)

quote:
War das sozusagen eine einseitige Anssage des AG? Es gibt dazu keine individuellen Vereinbarungen mit den AN, bzw. zwischen AG und dem Betriebsrat?

Das weiß ich leider nicht so genau, ich denke, dass dies das Ergebnis von Verhandlungen u. a. mit dem Betriebsrat unserer damaligen Firma war.

Hinsichtlich Gewerkschaft:
quote:
Tja, was soll man dazu sagen? Ich erspare die üblichen Hinweise. Das in der Form mittel- und lngfristig nicht funktionieren kann, müsste man eigentlich selber erkennen.


Da wir aufgrund unseres Organisationsgrades in der Firma und anderer Begebenheiten, kein Streikrecht hätten, bei dem die Gewerkschaft unseren Lohn auffängt, halte ich es für sehr sehr viel Geld, vom Brutto-Verdienst 1% monatlich als Mitgliedsbeitrag vom netto-Verdienst zu bezahlen. Davon kann ich mir 2 Premium-Rechtschutzversicherungen leisten oder alternativ die Mitgliedschaft in gut 5-10 örtlichen Vereinen. Der Beitrag ist vollkommen überholt und nur gerechtfertigt, wenn ich bei Streik - der in unserer Firma obsolet ist - auch Anspruch auf Streikgeld hätte. Daher müsste es eine 2. Form von Mitgliedsbeitrag geben, der bis auf das Streikgeld alle übrigen Gewerkschaftsleistungen beibehält. Ich war früher in der Gewerkschaft, aber während des Abitur-Nachholens, Bundeswehr und Studiums hatte ich die Mitgliedschaft gekündigt und nicht wieder aufgenommen.

quote:
Egal was der BR diesbezüglich in Erfahrung bringt, die Ansprüche müsste man letztlich individualrechtlich selber einklagen.


Dieselbe Auskunft gab mir bislang auch mein Betriebsrat. Ich möchte nur etwas mehr Sicherheit in das Ganze bringen, bevor ich zur Perso gehe.

quote:
Ist bekannt, ob der AG ordentliches Mitglied des AG-Verbandes bay.M+E ist?

Der AG ist nicht mehr ordentliches Mitglied des AG-Verbandes bay.M+E. (meines Erachtens!). Unser AG will auch kein ERA usw. einführen. Daher gelten bei uns noch vollkommen veraltete Tariftabellen der bay.M+E.

Danke auf jeden Fall schon mal für Deine/Ihre bisherigen Auskünfte. Ich bin dennoch gerne für weiteres offen, damit das Meinungsbild an Volumen gewinnt.

0x Hilfreiche Antwort

Und jetzt?

Für jeden die richtige Beratung, immer gleich gut.
Schon 268.076 Beratungen
Anwalt online fragen
Ab 30
Rechtssichere Antwort in durchschnittlich 2 Stunden
108.309 Bewertungen
  • Keine Terminabsprache
  • Antwort vom Anwalt
  • Rückfragen möglich
  • Serviceorientierter Support
Anwalt vor Ort
Persönlichen Anwalt kontaktieren. In der Nähe oder bundesweit.
  • Kompetenz und serviceoriente Anwaltsuche
  • mit Empfehlung
  • Direkt beauftragen oder unverbindlich anfragen
Alle Preise inkl. MwSt. zzgl. 5€ Einstellgebühr pro Frage.

Jetzt Anwalt dazuholen.

Für 60€ beurteilt einer unserer Partneranwälte diese Sache.

  • Antwort vom Anwalt
  • Innerhalb 24 Stunden
  • Nicht zufrieden? Geld zurück!
  • Top Bewertungen
Ja, jetzt Anwalt dazuholen