Arbeitsvertrag im ÖD drei Tage vor Dienstantritt durch AG fristlos gekündigt

11. Dezember 2019 Thema abonnieren
 Von 
Sinque
Status:
Frischling
(3 Beiträge, 0x hilfreich)
Arbeitsvertrag im ÖD drei Tage vor Dienstantritt durch AG fristlos gekündigt

Hallo zusammen,
ich bin neu hier und habe direkt einen etwas umfangreicheren Fall:

Vorab kurz zur Info. Ich war auf Grund einer sehr schweren Erkrankung lange Zeit (mehr als 8 Jahre) voll erwerbsunfähig berentet. Was früher keiner erwartet hat, ist aber zum Glück eingetreten und mir ging es irgendwann wieder so gut, dass ich für mich beschlossen habe (wurde nie aufgefordert) eine Umschulung zu beantragen, die ich im Januar auch mit der Note gut bei der IHK abgeschlossen habe (Industriekaufmann).

Auf Grund meines Lebenslaufs habe ich es wie erwartet sehr schwer gehabt einen Job zu finden, konnte aber dann doch über eine Zeitarbeitsfirma für einen Kunden als Industriekaufmann arbeiten, der auch sehr zufrieden mit mir war.
Da man mir aber immer geraten hat, ich sollte versuchen möglichst in den öffentlichen Dienst einzutreten, habe ich mich trotzdem weiter auf offene Stellen dort beworben. Kurz vor Ende meiner Probezeit bei der Zeitarbeitsfirma bekam ich dann eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch bei einer Krankenversicherung. Das Gespräch lief auch sehr gut. Wegen meiner Schwerbehinderung war auch ein Mitglied der Schwerbehindertenvertretung bei dem Gespräch dabei. Die Stelle, auf die ich mich beworben habe, war öffentlich ausgeschrieben und es wurde für "sofort" gesucht. Im Gespräch wurde gesagt, dass eine Einstellung zum nächsten 01. geplant wäre, so dass ich noch mit 14 Tagen Kündigungsfrist während meiner Probezeit bei der Zeitarbeitsfirma passend kündigen könnte. Für mich war klar, dass ich die Stelle gerne antreten würde. Ich würde deutlich mehr verdienen und die "Sicherheit", die der ÖD bietet, ist in meiner Situation sicher auch nicht zu verachten. Im Vorstellungsgespräch hat man mir dann noch gesagt, dass man sich noch am gleichen Tag entscheiden würde und der Personalrat am Ende der Woche tagt und man ihm dann den ausgewählten Kandidaten vorschlagen würde. Einen Tag später habe ich auch tatsächlich die Zusage bekommen, dass man sich für mich entscheiden würde und mich dem Personalrat vorschlägt. Angeblich reine Formsache. Daraufhin habe ich die Stelle bei der Zeitarbeitsfirma zum Ende des Monats gekündigt damit ich auch am 01. die neue Stelle antreten konnte. Wieder ein paar Tage später bekam ich dann einen Anruf der Personalabteilung, dass der Personalrat meiner Einstellung zugesagt hat, ich allerdings nicht zum nächsten 01. eingestellt werden könnte, da im Moment alle Stellen in der Abteilung besetzt wären. Die Zusage würde aber bestehen bleiben und ich käme auf eine Art Reserveliste. Wann das dann letztendlich sein würde, könnte man mir aber nicht sagen. Das könne schnell gehen, aber auch noch Monate dauern. Ich war erstmal vor den Kopf gestossen und meinte nur, dass ich jetzt aber meine alte Stelle schon gekündigt habe. Das war der Personalabteilung aber wohl egal. Mehr könnte man mir nicht sagen. ABER ich sollte mich ruhig regelmäßig und auch ruhig alle 14 Tage melden und nachfragen. Die Abteilung sei so groß, dass da eine hohe Fluktuation herrsche.
Gesagt getan, habe ich mich auch nach 14 Tagen wieder gemeldet (hatte ja jetzt Zeit da ich ja wieder arbeitslos war) und wurde weiter vertröstet. Wieder mit dem Hinweis mich GERNE zu melden, wenn es mir danach ist. Da ich aber auch nicht lästig werden wollte, habe ich erst nach vier Wochen nochmal angerufen. Wieder vertröstet. Weil ich mir nicht erklären konnte, warum ich bei einer Bewerbung auf eine ausgeschriebene Stelle "nur" auf eine Warteliste gekommen bin, habe ich nachgefragt. Eine wirkliche Antwort bekam ich aber nicht. Ich habe dann zwei, drei Wochen später nochmal nachgefragt und mich dann entschieden, mich wieder auf andere Stellen zu konzentrieren und in dieser Sache jetzt abzuwarten.
Und siehe da. Anfang Oktober bekam ich einen Anruf, dass man mir erfreulicherweise mitteilen könnte, dass ich zum 01.12. anfangen können. Voller Freude habe ich dann auch ein paar Tage später den Arbeitsvertrag zugesendet bekommen. Ein Exemplar habe ich unterschrieben zurückgesendet, auch die im ÖD erforderlichen Personalunterlagen. Ich sollte auch einen Termin zur arbeitsmedizinischen Untersuchung machen und ein Behörden-Führungszeugnis beantragen. Beides auch sofort gemacht. Den Termin für die Untersuchung habe ich für den 27.11. bekommen, also kurz vor Dienstantritt am 02.12.! Den Termin habe ich dann am 27.11. auch wahrgenommen und demnach stand einer Einstellung nichts im Wege. Erfreut darüber in ein paar Tagen dann endlich wieder arbeiten zu können, war ich guter Dinge.

Am Abend des 29.11. (also am Freitag vor meinem ersten Arbeitstag) klingelte es Abends um 20 Uhr an meiner Tür. Ein älterer Mann meinte, er wäre ein Bote und hätte ein Schreiben für mich. Irritiert öffnete ich die Tür und bekam ein Schreiben in die Hand und sollte den Empfang quittieren. Auf dem Umschlag konnte ich sehen, dass das Schreiben von meinem zukünftigen Arbeitgeber kommt. Mir rutschte das Herz in die Hose. Aber ich dachte zuerst, es sei das Ergebnis der Untersuchung oder irgendwas. Es war aber die FRISTLOSE Kündigung meines nicht mal angetreten Jobs. Noch mehr hat mich aber der Grund umgehauen. Da heißt es

"...auf Grund Ihres drängenden Verhaltens auf eine zeitnahe Anstellung durch wiederholte Anrufe in der Personalabteilung ist das Vertrauensverhältnis vor Dienstantritt soweit erschüttert, dass eine Beschäftigung nicht zumutbar ist".

Weiter wird darauf hingewiesen, dass vorsorglich eine ordentliche Kündigung während der Probezeit ausgeprochen wird und die Kündigung mit Zustimmung des Personalrats und der Schwerbehindertenvertretung erfolgt.

Jetzt stehe ich kurz vor Weihnachten wieder ohne Job da, bekomme auf Grund meiner damaligen Rente auch kein ALGII, sondern muss zum Sozialamt.

Meine Frage ist, ob das alles so richtig sein kann. Ich meine ja, ich habe nachgehakt, aber immer sehr freundlich und auch nur, weil ich dazu aufgefordert wurde.
Oder ist das nur ein Vorwand? Warum wartet man bis kurz vorher und schickt einen Boten (60 km) abends?
Kann ich eine Entschädigung verlangen? Lohnt sich der Kündigung zu widersprechen? In der Probezeit braucht es ja keine Gründe und ich bin ja auch am 02.12. dann nicht hin? Oder hätte ich einfach hinfahren sollen?

Sorry, dass es so lang geworden ist, aber kürzer hätte ich nicht alles unterbekommen.

Danke für ein paar hilfreiche Tipps vorab und allen eine schöne Vorweihnachtszeit.

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7 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
blaubär+
Status:
Weiser
(17450 Beiträge, 6492x hilfreich)

John Wayne hat in einem Film Mal zu einem jungen Cowboy gesagt: Erzähl mir deine Lebensgeschichte. Lass alles weg bis auf die letzten 5 Minuten.
Anders gesagt: ich bin ziemlich sicher, dass die Masse des Textes nicht erforderlich ist, um das arbeitsrechtliche Problem zu verstehen. Es ist einfach zu viel.

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#2
 Von 
Sinque
Status:
Frischling
(3 Beiträge, 0x hilfreich)

Sorry, mein erster Beitrag überhaupt in einem Forum. Lerne dazu.

0x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
guest-12328.05.2020 09:37:38
Status:
Student
(2498 Beiträge, 511x hilfreich)

Der Beitrag umfasst exakt 999 Wörter.

Ist möglicherweise systembedingt ein Beitrag mit mehr als 1.000 Wörtern nicht möglich oder hat der Leser - sofern es denn tatsächlich welche geben sollte - lediglich Glück gehabt?

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#4
 Von 
muemmel
Status:
Unbeschreiblich
(32886 Beiträge, 17271x hilfreich)

Lohnt sich der Kündigung zu widersprechen? Falls mit "widersprechen" eigentlich "am Arbeitsgericht klagen" gemeint war: Vermutlich schon, denn die fristlose Kündigung dürfte nicht haltbar sein. Man könnte also noch für ein paar Tage (die Kündigungsfrist halt) Lohn rausholen. Freilich muß die Klage bis zum 20.12. eingereicht sein.
und ich bin ja auch am 02.12. dann nicht hin? Das macht nichts - der AG hatte Ihnen ja mitgeteilt, dass er auf Ihre Arbeitskraft verzichtet.
sondern muss zum Sozialamt. Dieses wird natürlich eine Lohnnachzahlung weitgehend auf Ihre Grundsicherung anrechnen.

Signatur:

Bei nur einer Ratte im Zimmer handelt es sich nicht um einen Reisemangel ( Amtsgericht Köln).

1x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
guest-12328.05.2020 09:37:38
Status:
Student
(2498 Beiträge, 511x hilfreich)

Der genannte Kündigungsgrund ergibt ja überhaupt keinen Sinn. Wenn das angebliche Drängen auf Einstellung als störend empfunden worden ist, warum erfolgt dann hieraufhin noch eine Einstellung? Die fristlose Kündigung wird insoweit vor Gericht meines Erachtens keinen Bestand haben können. Bei der vorsorglich ausgesprochenen ordentlichen Kündigung sieht das sehr wahrscheinlich anders aus.

Wird im Arbeits- oder Tarifvertrag eine Kündigung vor Dienstantritt ausgeschlossen?

Abgesehen hiervon wird bedauerlicherweise hier nicht viel zu holen sein, so dass gegebenenfalls wieder Kontakt mit dem früheren Arbeitgeber aufgenommen werden sollte und dieser um erneute Einstellung ersucht werden sollte.

0x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(120222 Beiträge, 39852x hilfreich)

Zitat (von Ratsuchender@123net):
Die fristlose Kündigung wird insoweit vor Gericht meines Erachtens keinen Bestand haben können.

Korrekt.

Die Frage ist, ob man da klagt, denn ich gehen davon aus das man die Probezeit nicht überstehen wird bzw. die Kündigung in der Probezeit durchgehen wird. Das was eingeklagt wird, wird mit den Sozialleistungen aufgerechnet.

Anstatt zu klagen und sich mit Gerichtsverfahren herumzuschlagen könnte man sich auf einen neuen Job konzentrieren.


Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

0x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
guest-12328.05.2020 09:37:38
Status:
Student
(2498 Beiträge, 511x hilfreich)

Ein Strohhalm wäre ansonsten noch das AGG (jetzt komme ich mit viel Text):

"Kündigungsschutz nach dem AGG in der Probezeit

In den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses, der sogenannten Wartefrist, ist das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) noch nicht anwendbar. Während dieser Wartefrist kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis grundsätzlich ohne Angabe von Gründen ordentlich fristgemäß kündigen. Dies gilt unabhängig davon, ob eine Probezeit vereinbart ist. Der Arbeitnehmer muss die Gründe für eine Unwirksamkeit der Kündigung darlegen und beweisen, wenn er die Kündigung gerichtlich überprüfen lassen will. Erst nach der sechsmonatigen Wartefrist und bei Erreichen der Schwellenwerte des § 23 Abs. 1 KSchG obliegt es dem Arbeitgeber, die Gründe für die Kündigung darzulegen und zu beweisen (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG).

I. Entscheidung des BAG zur diskriminierenden Probezeitkündigung vom 19.12.2013 − 6 AZR 190/12

Nach einem neueren Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG vom 19.12.2013 − 6 AZR 190/12) kann diese zugunsten des Arbeitgebers geltende Beweislastverteilung sich auch während des Laufs der sechsmonatigen Wartefrist des KSchG zum Vorteil des Arbeitnehmers wenden, wenn er schlüssig darlegt, die Kündigung stehe im Zusammenhang mit einer Behinderung und diskriminiere ihn. Der Arbeitgeber muss dann die Gründe für die Kündigung darlegen, wobei diese keine nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ungerechtfertigte Benachteiligung darstellen dürfen. Anderenfalls drohen die Unwirksamkeit der Kündigung und Schadensersatzforderungen des Arbeitnehmers.

Das BAG musste über eine Kündigung entscheiden, die der Arbeitgeber wegen der HIV-Infektion des Arbeitnehmers während der Wartefrist erklärt hatte. Die Erkrankung des Arbeitnehmers war zwar symptomlos. Infolge der Einstellungsuntersuchung erfuhr der Arbeitgeber aber von der Infektion und kündigte noch während der Probezeit das Arbeitsverhältnis ordentlich fristgemäß. Der Arbeitgeber war der Auffassung, es sei ihm aus Sicherheitsgründen nicht möglich, den Arbeitnehmer – wie bei der Einstellung vorgesehen – im Reinraum zur Herstellung von Medikamenten zu beschäftigen. Nach Auffassung des BAG war die Kündigung unwirksam, denn der Arbeitgeber hatte gegen die Diskriminierungsverbote des AGG verstoßen. Es entschied unter Berücksichtigung der europarechtlichen Rechtsprechung des EuGH, dass auch die symptomlose HIV-Infektion eine Behinderung im Sinne des AGG sei.

Die Entscheidung ist von besonderer Bedeutung. Sie stellt nicht nur den weiten Behindertenbegriff des AGG klar, sondern zugleich, dass der die diskriminierende Kündigung behauptende Arbeitnehmer sich auf die für ihn günstige Beweisregelung des § 22 AGG berufen und damit den Arbeitgeber im Ergebnis dazu zwingen kann, Rechtfertigungsgründe für eine Probezeitkündigung zu beweisen.

II. Kein Ausschluss des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes bei Kündigungssachverhalten durch § 2 Abs. 4 AGG

Zwar gilt gemäß § 2 Abs. 4 AGG, dass für Kündigungen ausschließlich die Bestimmungen zum allgemeinen und besonderen Kündigungsschutz gelten sollen. Allerdings steht bereits seit einer früheren Entscheidung des BAG fest, dass die Wertungen des AGG bei der Feststellung zu berücksichtigen sind, ob eine ordentliche Kündigung, die nach Ablauf der sechsmonatigen Wartefrist erklärt wird, nach dem Kündigungsschutzgesetz sozial gerechtfertigt ist. Nach der vorgenannten Entscheidung des BAG sind Kündigungen nunmehr generell, auch während der Wartezeit und in Kleinbetrieben unmittelbar am Maßstab des AGG zu messen (vgl. BAG vom 19.12.2013 −6 AZR 190/12). Verstößt die Probezeitkündigung gegen ein Diskriminierungsverbot, ist sie wegen Verstoßes gegen ein Gesetz gemäß § 134 BGB unwirksam (vgl. BAG a.a.O.).

III. Tatbestandsmerkmale einer diskriminierenden Kündigung

Die Kündigung verstößt gegen das AGG, wenn sie den Arbeitnehmer aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität benachteiligt, es sei denn, die §§ 8-10 AGG rechtfertigen eine Ungleichbehandlung. Dies gilt bereits, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines solchen Grundes nur annimmt, auch wenn dieser tatsächlich nicht vorliegt, vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 AGG.

Maßgebend sind die der Kündigungsentscheidung zugrundeliegenden Überlegungen, die Anhaltspunkte für eine unzulässige Benachteiligung, etwa die Kündigung wegen einer Arbeitsunfähigkeit aufgrund Behinderung, sein können. Eine Benachteiligung, d. h. eine Ungleichbehandlung liegt nach den gesetzlichen Regelungen schon vor, wenn mit einem scheinbar objektiven, nicht diskriminierenden Kriterium unterschieden wird, das jedoch in untrennbarem Zusammenhang mit einem in § 1 AGG genannten Grund steht und damit kategorial ausschließlich Träger eines Diskriminierungsmerkmals trifft (BAG a.a.O.). In dem Fall des BAG berief sich der Arbeitgeber hilfsweise auf eine ansteckende dauerhafte Krankheit, mithin auf die Unmöglichkeit den Kläger in dem Reinraum zu beschäftigen. Dieses scheinbar objektiv nicht diskriminierende Kriterium steht jedoch im untrennbaren Zusammenhang mit dem unzulässigen Benachteiligungsgrund der Behinderung. Eine Kündigung wird schon "wegen" eines unzulässigen Differenzierungsmerkmals erklärt, wenn das verbotene Merkmal zumindest Teil eines Motivbündels ist (vgl. BAG vom 17.12.2009 − 8 AZR 670/08). Auch unberechtigte Stereotypisierungen können zu (unabsichtlichen) Diskriminierungen führen (vgl. BAG vom 19.12.2013 − 6 AZR 190/12).

IV. Beweislastverteilung zugunsten des Arbeitnehmers bei diskriminierender Kündigung

Der die diskriminierende Kündigung schlüssig behauptende Arbeitnehmer kann sich ferner auf die für ihn günstige Beweislastregelung des § 22 AGG berufen. Danach genügt es zunächst, Indizien zu beweisen, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, damit der Arbeitgeber anhand von Tatsachen darlegen und gegebenenfalls beweisen muss, dass die Kündigung keine Ungleichbehandlung darstellt oder ausnahmsweise nach den gesetzlichen Regelungen zulässig ist. Für den Indizienbeweis reicht es aus, wenn der Arbeitnehmer Tatsachen vorträgt, die nach allgemeiner Lebenserfahrung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Benachteiligung begründen. Dabei kann auch auf Erfahrungssätze zurückgegriffen werden.

§ 8 Abs. 1 AGG erlaubt zwar weiterhin eine (personenbedingte) Kündigung, die an ein an sich unzulässiges Diskriminierungsmerkmal anknüpft, aber wegen berufl icher Anforderungen gerechtfertigt sein kann, wenn das Unterscheidungsmerkmal (hier: Behinderung) wegen der Art der Tätigkeit oder den Arbeitsbedingungen eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt und diese nicht unverhältnismäßig ist. Zuvor muss der Arbeitgeber aber angemessene Vorkehrungen getroffen haben und somit eine Einsatzmöglichkeit zumindest versucht haben (vgl. BAG a.a.O. m.w.N.). Unterlässt der Arbeitgeber solche Vorkehrungen oder kann er die getroffenen Vorkehrungen nicht im Prozess beweisen, ist die Kündigung nicht gerechtfertigt (vgl. BAG a.a.O.). Die Probezeitkündigung ist dann gemäß § 134 BGB unwirksam. Der Arbeitgeber trägt für eine etwaige Rechtfertigung nach § 8 Abs. 1 AGG die Darlegungs- und Beweislast."


https://www.esche.de/news/publikationen/compact-2014/compact-spezial-arbeitsrecht-082014/kuendigungsschutz-nach-dem-agg-in-der-probezeit/

Die Kündigungsschutzklage, die innerhalb von drei Wochen erhoben werden muss, kann auch kostenlos durch die Rechtsantragsstelle des Arbeitsgerichts formuliert werden. Letzteres würde auch für eine Klage gelten, mit der Du die Zahlung einer Entschädigung begehren würdest.

-- Editiert von Ratsuchender@123net am 11.12.2019 16:16

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