Arbeitszeitchaos im Sicherheitsgewerbe

23. Januar 2012 Thema abonnieren
 Von 
kaktusstachel
Status:
Beginner
(77 Beiträge, 7x hilfreich)
Arbeitszeitchaos im Sicherheitsgewerbe

hallo zusammen,
ein Freund arbeitet seit einiger Zeit im Sicherheitsgewerbe und es fällt mir extrem schwer zuzusehen wie er selbst nach und nach vor die Hunde geht und in absehbarer Zeit auch seine Beziehung den Bach runter gehen wird. Im Sicherheitsgewerbe sind ja bekanntlich zwischen 200 und 250 Arbeitsstunden im Monat keine Seltenheit. Das war meinem Bekannten klar, nur stellte sich eben herraus, dass diese Arbeitszeiten so liegen, dass praktisch fast kein Privatleben mehr stattfinden kann. Ich habe mal versucht aus dem Arbeitszeitgesetzt was rauszulesen, ist mir leider nicht wirklich gelungen, vielleicht kann mir jemand hier helfen.

Als Dauerzustand ist anzusehen, dass man regelmäßig mindestens 6 Tage hintereinander arbeitet, meistens 12 Stunden pro Tag und dannach einen Tag frei hat. Korrekt?
In 3 Monaten keinen einzigen Sonntag frei, kein einziges komplettes Wochenende. Korrekt?

Verschiedene Arbeitsorte, das heisst von z.b. 6 bis 14 Uhr Objekt A und von 15 bis 18 Uhr Objekt B. Die Zeit, die man braucht um von A nach B zu kommen ist Freizeit und wird nicht bezahlt. Korrekt?

Dann noch eine seltsame Frage, Probezeit 6 Monate ist ja nicht unüblich, aber in der gesamten Probezeit eine Kündigungsfrist von 2 Tagen? Kann das sein?
Ich danke bereits jetzt. Viele Grüße aus M.

-----------------
" "

Arbeitsrechtlicher Notfall?

Arbeitsrechtlicher Notfall?

Ein erfahrener Anwalt im Arbeitsrecht gibt Ihnen eine vertrauliche kostenlose Einschätzung!
Ein erfahrener Anwalt im Arbeitsrecht gibt Ihnen eine vertrauliche kostenlose Einschätzung!
Kostenlose Einschätzung starten Kostenlose Einschätzung starten



5 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
Jennerwein
Status:
Praktikant
(510 Beiträge, 159x hilfreich)


im Sicherheitsgewerbe gibt es bundeslandspezifische Tarifverträge, teilweise allgemeinverbindlich, teilweise nicht,
die Aussagen zu der genannten Problematik treffen
und auch die Öffnungsklauseln des ArbZG vielfach zum Nachteil des AN ausnutzen ,
da sollte man erstmal reinschauen
bzw. abklären, welches Vetragswerk auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden wäre

der bundesweit für tarifgebundene AG/AN gültige Mantelrahmentarifvertrag spricht vom Anspruch auf eine zusammenhängende Freizeit von 35 Std pro Woche

die Kündigungsfrist während der Probezeit ist mit 2 Tagen ebenfalls dort verankert und somit rechtens

zum Umstand der langen Arbeitszeiten wäre ein Durchschnitt der letzten 6 MO/bzw 12 MO zu bilden,
der dürfte 48 Std/Woche nicht übersteigen,
auch wenn kurzfristig mal etwas länger gearbeitet werden sollte
http://www.gesetze-im-internet.de/arbzg/__7.html
(Absatz 8)

obwohl das Bewachungsgewerbe vom Verbot der Sonntagsarbeit ausgenommen ist
mindestens 15 Sonntage im Jahr müssen frei bleiben,
so daß durchaus schonmal 3 MO ohne Sonntagsfrei zusammenkommen können,
ein Recht auf "Wochenende" (Sa/So frei) gibt es keines,
außer ein geltender Tarifvertrag würde es anders regeln

http://www.gesetze-im-internet.de/arbzg/__11.html

zum Problem der verschiedenen Arbeitsorte
muß man auch erstmal schauen, was im Arbeitsvertrag dazu vereinbart ist,
ob es sich um sog."geteilte Dienste" handelt oder die Zeit vom AG "durchzubezahlen" ist,weil man z.b. als "Springer" gilt, ob es sich um "unbezahlte Pause" handelt oder oder wird vermutlich erst ein Arbeitsgericht klären können,
da der AG diese Wegezeiten keinem Auftraggeber in Rechnung stellen kann, wird er sie freiwillig auch kaum bezahlen

im übrigen ist die Erfahrung zu machen, wer sich gegen die Arbeitsbedingungen in dieser Branche auflehnt, wird schnellstmöglich "entsorgt" werden



-----------------
"Tra il dire e il fare c’è di mezzo il mare.
(Zwischen Reden und Tun liegt das Meer) ital.Sprichwort"

1x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
blaubär+
Status:
Weiser
(17335 Beiträge, 6461x hilfreich)


a) 12 h Arbeit - wirklich durchgehend? oder sind nicht doch Pausen dabei, so dass die 12 h tatsächlich Abwesenheitszeit darstellen? Pausen müssten allerdings im Vorhinein festgelegt sein.
Das Arbeitszeitgesetz legt eine durchschnittliche AZ von 8 h fest, ausnahmsweise höchstens 10 h pro Tag, 60 pro Woche.
b) Sonntagsarbeit: Ausgleich siehe http://www.gesetze-im-internet.de/arbzg/__11.html
c) Die Fahrten von A nach B sind ganz klar Arbeitszeit und niemals Freizeit
d) Kündigungsfrist: kann so vereinbart werden, sofern es für beide Seiten gilt.

-----------------
""

3x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
muemmel
Status:
Unbeschreiblich
(32807 Beiträge, 17241x hilfreich)

Die Gesetze sind hier klar auf seiner Seite - die Frage ist vielmehr, ob er gegenüber seinem AG wirklich darauf bestehen will...

-----------------
" "

0x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
Jennerwein
Status:
Praktikant
(510 Beiträge, 159x hilfreich)

mal zwei Urteile zu den "unvergüteten Zeiten" zwischen zwei Einsätzen:

1. Bei der Vereinbarung einer wöchentlichen Arbeitszeit ist vom Grundsatz her davon auszugehen, dass diese wöchentliche Arbeitszeit so aufgeteilt wird, dass vom Arbeitnehmer pro Arbeitstag nur eine zusammenhängende Anzahl von Stunden geleistet werden muss.
2. Will der Arbeitgeber hiervon abweichen und die wöchentliche Arbeitszeit so aufteilen, dass der Arbeitnehmer an einem Tag mehrere voneinander unabhängige und zeitlich auseinander liegende Einsätze zu leisten hat (geteilter Dienst), so bedarf es hierfür einer vertraglichen Regelung.
3. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen geteilten Dienst zu, obwohl eine vertragliche Grundlage hierfür fehlt, beginnt die tägliche Arbeitszeit des Arbeitnehmers mit der Zuweisung des ersten Dienstes und endet mit Abschluss des letzten Dienstes.
4. Die zwischen den einzelnen Einsätzen aufgewendete Wegezeit gilt für Beschäftigte, die unter den Rahmentarifvertrag für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung fallen, gemäß § 3 Ziffer 2.2 RTV als Arbeitszeit. Für die die Wegezeit übersteigende Zeit, die mangels Zuweisung eines bestimmten Arbeitsplatzes beschäftigungslos bleibt, gerät der Arbeitgeber gemäß § 293 BGB in Annahmeverzug.
(ArbG Berlin, 11.01.2007, 63 Ca 8651/05 ; § 12 TzBfG )

1. Kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer aus betrieblichen Gründen - etwa aufgrund von Anforderungen seines Auftraggebers - vorübergehend nicht einsetzen, hebt dies die Vergütungspflicht des Arbeitgebers wegen § 615 Satz 3 BGB nicht auf.
2.Entstehen daher durch Anforderungen des Auftraggebers bei den Arbeitnehmern Zwangspausen, schuldet der Arbeitgeber auch für diese Zeiten die Vergütung.
(LAG-Köln — Urteil vom 04.08.2008, Aktenzeichen: 5 Sa 639/08 )

-----------------
"Tra il dire e il fare c’è di mezzo il mare.
(Zwischen Reden und Tun liegt das Meer) ital.Sprichwort"

0x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
guest-12311.04.2012 22:52:18
Status:
Student
(2108 Beiträge, 1040x hilfreich)

In der Probezeit endet die Tätigkeit sobald er den Mund aufmacht. Da man für den Job wohl an jeder Ecke einen neuen Mitarb. findet wird sich das kaum ändern.

Hilft langfristig nur "Qualifizieren" + "Weiterbilden" um einen Job zu finden den nicht jeder kann.

Findet dein Freund was Neues, die Stundenabrechnung nehmen und gegen den alten AG klagen.



-----------------
""

0x Hilfreiche Antwort

Und jetzt?

Für jeden die richtige Beratung, immer gleich gut.
Schon 266.419 Beratungen
Anwalt online fragen
Ab 30
Rechtssichere Antwort in durchschnittlich 2 Stunden
107.741 Bewertungen
  • Keine Terminabsprache
  • Antwort vom Anwalt
  • Rückfragen möglich
  • Serviceorientierter Support
Anwalt vor Ort
Persönlichen Anwalt kontaktieren. In der Nähe oder bundesweit.
  • Kompetenz und serviceoriente Anwaltsuche
  • mit Empfehlung
  • Direkt beauftragen oder unverbindlich anfragen
Alle Preise inkl. MwSt. zzgl. 5€ Einstellgebühr pro Frage.

Jetzt Anwalt dazuholen.

Für 60€ beurteilt einer unserer Partneranwälte diese Sache.

  • Antwort vom Anwalt
  • Innerhalb 24 Stunden
  • Nicht zufrieden? Geld zurück!
  • Top Bewertungen
Ja, jetzt Anwalt dazuholen