Aufhebungsvertrag - Kündigungsfrist nicht eingehal

6. Dezember 2009 Thema abonnieren
 Von 
gloegg
Status:
Praktikant
(650 Beiträge, 185x hilfreich)
Aufhebungsvertrag - Kündigungsfrist nicht eingehal

Ein Arbeitnehmer (AN) ist seit geraumer Zeit arbeitsunfähig erkrankt und befindet sich wegen Mobbing am Arbeitsplatz in fachärztlicher Behandlung. Sowohl AN als auch der Arbeitgeber AG sind an einer Aufhebung des Arbeitsverhältnisses (Aufhebungsvertrag) interessiert. AN wurde mit Ärztlichem Attest (!!!) zu einer schnellstmöglichen Aufhebung des Arbeitsvertrages geraten. Dieses Attest kann dem Amt vorgelegt werden. Die Kündigungsfrist von AN beträgt 6 Monate zum Quartalsende (30.06.2010).

AN-Variante: AN möchte freigestellt werden unter Einhaltung der Kündigungsfrist und bietet den Verzicht auf eine angebotene Abfindung von drei Brutto-Monatsgehältern an.

AG-Variante: AG bietet eine Freistellung unter Nicht-Einhaltung der Kündigungsfrist zum 31.03.2010 an und möchte lieber die drei Brutto-Monatsgehälter Abfindung zahlen.

AN hat nun die Information erhalten dass nach der Vorschrift 143a SGB III der Anspruch auf Arbeitslosengeld bis zu einem Jahr (!) ruht, wenn das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist beendet worden ist und der Arbeitslose eine Abfindung erhalten hat.

Welche Fallstricke bieten beide Varianten? Womit hat AN beim Amt vermutlich zu rechnen?

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7 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
maestro1000
Status:
Lehrling
(1300 Beiträge, 730x hilfreich)





Hallo,
hier ist de besagte Paragraph: http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_3/__143a.html

Als Steuer- und Beitragszahler würde ich persönlich auch erst mal sagen, dass wer selber vorsätzlich sein Haus anzündet auch keinen Anspruch auf Versicherungsleistung der Feuerversicherung haben sollte

Die AG-Variante hat aus meiner laienhaften Sicht bis auf eine Ausnahme nur Nachteile für den AN und nur Vorteile für den AG.
Zum einen spart der AG möglicherweise einen Teil der Sozialbeiträge ein. Desweiteren könnte er den unliebsamen AN auch noch richtig schön in reduziertes Hartz-4 reinreiten wegen dem 143a. Manche AGs sind halt so.
Es gibt nur die Ausnahme, wenn der AN schnell wieder einen neuen Job findet. Seine Marktchancen muss der AN selber einschätzen. Es liest sich allerdings so, als ob der AN da nicht allzu optimistisch ist, sonst würde er nicht solche weitgehenden Überlegungen anstellen.



Der AG hat mehrere Entscheidungsoptionen. Er hat schon ein Friedensangebot, allerdings mit Haken für den AN gemacht.
Er kann den AN vermutlich nur dann wirkungsvoll mit der ordentlichen KF kündigen, wenn die medizinische Prognose für die Zukunft düster aussieht. Das ist immer sehr zeitaufwändig und die Gerichte stellen da hohe Ansprüche.
Er kann eine betriebsbedingte Kündigung versuchen, die wird vermutlich aber auch leicht angreifbar sein, sonst hätte er das schon längst gemacht.

Der AG muss auch damit rechnen,dass der AN weiterhin regelmäßig wegen Krankheit fehlt. Zwar rutscht der AN nach -ich glaub- sechs Wochen Lohnfortzahlung in den Krankengeldbezug der Krankenkasse.Aber er hat den AN immer noch am Hals, der ihm nachhaltig das Betriebsklima und die eigenen Nerven und Projekte vor die Wand fahren kann. Der kann ja trotzdem jederzeit wieder aufkreuzen und sagen :
"ich will weiterarbeiten"

Ich würde das AG-Angebot so interpretieren, dass er ohnehin keinen großen Wert auf eine Wiederkehr des AN legt, da käme auch dann eher eine Freistellung als geringeres Übel in Betracht.


Aufhebungsverträge sind immer gefährlich für den AN, ausser er hat schon einen neuen Job incl. Vertrag in der Tasche. Habe mal gelesen, dass die AfA Aufhebungen nur unter geiwissen Kriterien akzeptiert ohne länger oder kürzer zu sperren.
Ich glaube aber nicht,dass hier sowas in Frage kommt.
EInzuhaltende Kündigungsfristen spielten da auch eine Rolle.

Achtung: Sollte die AfA den Eindruck bekommen, dass ein AN an seiner KÜndigung mitgewirkt hat , dann setzt es auch Sperren wie bei einer schlecht geplanten Aufhebung.
Das brauchen die noch nicht mal zu raten. Das kann der AG auch lapidar in die Arbeitsbescheinigung reinschreiben, die Voraussetzung für den Bezug von ALG1 ist.
Da steht dann schnell unter Kündugungsgrund drin : "AN hat um KÜndigung gebeten" oder "AN erklärte sich mit Kündugung einverstanden"

Eine faire Lösung könnte aber auch so aussehen, auch wenn der Dezember nicht mehr allzulang ist um einen neuen job zu finden.
Wenn der AN auch eine lange KF hat, kann schriftlich die Verkürzung der arbeitnehmerseitigen Kündigungsfrist auf z.B. den nächsten Monatsende oder wahlweise zu einem 15.
Muss schon was rundes sein, sonst sieht das schnell aus wie fristlos gekündigt. Macht sich sehr schlecht bei BEwerbungen.
Die AG-seitige KF bleibt bestehen. Gilt auch bei Aufhebungen. Hier ist aber ausdrücklich das Problem der knappen Zeit bis das nächste Quartal beginnt.

Desweiteren soll der AN schnellstmöglich mit Pokermiene ein Zwischenzeugnis erbitten, ohne durchscheinen zu lassen dass man sich bewerben will.
Im AG-eigenen Interesse wird das vernünftig aber auch nicht allzu gekünstelt ausfallen, damit der AN möglichst schnell geht. Sollte unbedingt von erfahrenen Leuten gegengelesen werden, da AGs gewollt oder ungewollt da böse Codes einbauen können, die so im Land kursieren.
Haken: Fällt es doch schlechter als befriedigend aus, so muss der AN u.U. einen langwierigen Rechtsstreit vom Zaun brechen wo nur noch die ANwälte als Gewinner hervorgehen können.


Die laufende Rechtsprechung kann aber durchaus bei Härtefällen wie diesen anders von den Gerichten interpretiert werden, als es zunächst den Anschein hat. Oder es greifen ganz andere Regelungen die wir Laien hier nicht gerade zur Hand haben. Hier wären Fachanwälte für Sozial- und Arbeitsrecht gefragt. Diese Kombination kommt wegen der vielen Verzahnungen sogar recht häufig vor.

Angesichts dessen dass da soviel Geld, ja die wirtschaftliche Existenz auf dem Spiel steht, sollte sich der AN leber an einen Profi statt nur an ein Laienforum wenden.
Und zwar bald. Jeder Tag des Wartens verschlechtert die Verhandlungsposition und Optionen gegenüber dem AG.

Denkbar ist aber wohl eine Eigenkündigung des AN aus wichtigem Grund, dann wäre er allerdings sofort im ALG1-Bezug. Voraussetzung hierfür ist eine vorherige schriftliche Zustimmung der AfA.
Mündliche Zusagen von AfA-Mitarbeitern sind wertlos. Insb. dann wenn der sichspäter nicht dran erinnern kann oder will oder man einem anderen Kollegen zugelost wird.
Inwieweit hier Abfndungen eine Rolle spielen dürfen, vermag ich noch nicht mal zu spekulieren.

Ich sehe es so, dass der AN unter keinen Umständen an einer professionellen und kurzfristigsten Beratung herumkommt. Auch wenn die Erstneratung schnell 300 Euro kostet, wenn keine Rechtsschutzversicherung einspringt oder das Einkommen so gering ist, dass man Beratungsscheine beim Arbeitsgericht bekommt. Dann aber auch eine KOmbi Anwalt Sozial/Arbeitsrecht nehmen.

Alles Gute.
Gruß
M.

-- Editiert am 06.12.2009 23:51

2x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
derkleineprinz
Status:
Schüler
(280 Beiträge, 48x hilfreich)

Dass der AN unter Fortzahlung der Bezüge freigestellt werden möchte, ist nachvollziehbar.

Von einem Aufhebungsvertrag ohne Nichteinhaltung der Kündigungsfrist würde ich dem AN dennoch in jedem Fall abraten, es sei denn, er hat einen unterschriftsreifen Vertrag eines anderen Arbeitgebers vorliegen.

Der Arbeitgeber hat nach der Entgeltfortzahlungsfrist von 6 Wochen keine Lohnkosten für den Beschäftigten mehr (es sei denn, er zahlt Krankengeldzuschuss), da der MA Krankengeld bezieht.

Der Arbeitgeber hätte, wenn das KSchG Anwendung findet, beim Ausspruch der krankheitsbedingten (personenbedingten) Kündigung im Kündigungsschutzprozess eine Negativprognose darzulegen, was ihm u.U. schwer fallen dürfte. Dann käme das Arbeitsgericht zu dem Ergebnis der Unwirksamkeit der Kündigung und würde ggf. wieder über das Thema Auflösung unter Zahlung einer Abfindung sprechen.

Im Übrigen handelt es sich nach meiner Auffassung im vorliegenden Fall nicht um eine Abfindung im eigentlichen Sinn, die sich nach der Dauer der Beschäftigungszeit bestimmt. Um dem AN eine verlässlichere Antwort zu geben, sind folgende Aspekte bedeutsam:

1. Findet das KSchG Anwendung?
2. Seit wann ist der AN im Unternehmen beschäftigt?

1x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
gloegg
Status:
Praktikant
(650 Beiträge, 185x hilfreich)

@maestro1000

Vielen Dank für Deinen ausführlichen Kommentar! Da hast Du Dir aber wirklich viel Mühe gemacht!

Eine professionelle Beratung scheint in diesem Fall tatsächlich unumgänglich zu sein. Dennoch interessiert mich bei diesem Fall gerade die Laienmeinung, da der Laie oft Dinge erkennt, die der Rechtsanwalt durch das Dickicht im Paragraphendschungel schon gar nicht mehr erkennen kann.

Das ist keinesfalls abwertend gemeint - beide Meinungen sind wichtig und haben ihre Berechtigung.

Dinge wie

"Zum einen spart der AG möglicherweise einen Teil der Sozialbeiträge ein. Desweiteren könnte er den unliebsamen AN auch noch richtig schön in reduziertes Hartz-4 reinreiten wegen dem 143a. Manche AGs sind halt so."

oder

"Das kann der AG auch lapidar in die Arbeitsbescheinigung reinschreiben, die Voraussetzung für den Bezug von ALG1 ist.
Da steht dann schnell unter Kündugungsgrund drin : "AN hat um KÜndigung gebeten" oder "AN erklärte sich mit Kündugung einverstanden""

sind im Eifer des Gefechts schnell mal übersehen - mit fatalen Folgen für den AN.

@derkleineprinz

Auch Dir vielen Dank für Deine hilfreiche Antwort!

Zu Deinen Fragen:

1.Ja
2.Seit etwa 17 Jahren - mit Unterbrechung. Erst 4 Jahre und dann noch einmal 13 Jahre...

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2x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
derkleineprinz
Status:
Schüler
(280 Beiträge, 48x hilfreich)

So, jetzt mal zum Thema Abfindung. Die Gerichte gehen bei einer nicht zweifelsfreien Kündigung in der Regel von einer Abfindung von 0,5 Bruttomonatsgehältern pro Beschäftigungsjahr aus. Bei zweifelhaften Kündigungen steigt der Faktor. Vor dem Hintergrund der 13 Beschäftigungsjahren halte ich das Angebot des Arbeitgebers für unangemessen.

2x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
maestro1000
Status:
Lehrling
(1300 Beiträge, 730x hilfreich)

Mal nebenbei:
Ich persönlich fände denjenigen Kündigungsschutzprozess höchstspannend wo ein AG versucht einem gemobbten AN eine schlechte Krankheitsprognose aufzustempeln. Motto: "Du bleibst krank weil wir Dich weitermobben werden."
Also Straftaten im Gerichtssaal anzukündigen kommt scherlich nicht so gut.
Problem ist allerdings oft die Beweisbarkeit. Hat der AN genug Material, wird es für den AG ganz ganz schwer sich billig aus der Affäre zu ziehen.

Die krankheitsbedingte Option fällt für den AG also wohl noch schlechter aus. Bleibt ihm eigentlch nur ein erfolgreiches Outplacement = unterstützt AN bei der Suche nach einem Job z:B. durch Bezahlung eines Personalberaters (auf die Idee kommen aber nur wenige Firmen),
oder eine betriebsbedingte Kündigung teuer durchzudrücken.
Als Spielraum sollten dann die Einhaltung der Kündigungsfrist mit Freistellung, sowie die genannten 6,5 (steuerbegünstigten) Monate als Zielparameter für den AN-Anwalt drin sein.
Dann kann es schon in der Güteverhandlung einen Vergleich geben der vom Richter protokolliert wird. EIn Gerichtsbeschluss hat den Vorteil dass die AfA den anerkennt.

Bei den im Raum stehenden 11 bis 12 Monaten Monatsgehältern als Streitwert bekommt jeder Anwalt einen feuchten Mund.
Beachten: Anwälte verdienen nur mit Klagen richtig Geld verdienen.
Der AN sollte dann den Anwalt überreden erstmal eine nette Aufforderung an den AG schicken die unerträglichen Arbeitsumstände abzustellen.
Das zeigt dem AG die Daumenschrauben und jeder seinem Mandanten gegenüber loyale AG-Jurist wird sofort zu einer betriebsbedingten Kündigung raten, weil das Risiko teuer aber wenigstens kalkulierbar ist.
Obacht: Sollte der AG und seine Berater nur den geringsten Verdacht haben, dass dem AN durch lange Rechtsstreitigkeiten die finanzielle und mentale Puste ausgehen könnte,dann könnte er es versuchen : Gerichte hinhalten, Zahlungen verzögen bis der Gerichtsvollzieher sich bequemt und nichts findet : Solche Geschichten haben wir schon öfters gelesen. Das nervt unendlich.

Gerade der letzte Punkt ist wichtig zu beachten: Die seelische Kraft einen solchen Akt durchziehen ist sehr sehr hoch. Gerade bei Gemobbten ist das sehr schwer. Würde sagen , dass das 95% aus dieser Gruppe nicht durchstehen.
Wenn hier im Forum nach Abfinduungen gefragt wird, liest man oft die Eurozeichen in den Augen der Fragenden. Da setzt schon bei ein paar Tausendern der Verstand aus, aber diie eigenen Gesundheit und die familiären Beziehungen drohen noch mehr ruiniert zu werden, als sie schon sind. Sowas kann man nicht kaufen.

Dann lieber einen Schlussstrich ziehen. Ein Arbeitsverhältnis ist keine lebenslange Ehe. War vielleicht früher mal so. Gute Leute haben auch in schwierigen Branchen immer wieder Möglichkeiten sich durch einen Wechsel zu verbessern. Aus einem ungekündigten Arbeitsverhältnis heraus lässt es sich um ein Vielfaches besser bewerben als wenn man schon die Papiere in der Hand hält.
















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2x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
gloegg
Status:
Praktikant
(650 Beiträge, 185x hilfreich)

Nochmals vielen Dank für Eure Meinung!

Also bleibt dem AN vernünftigerweise nur, entweder den faulen Kompromiss von AG zu akzeptieren oder weiter zu arbeiten unter Aufforderung an den AG, die unerträglichen Arbeitsumstände abzustellen? Oder gibt es andere Möglichkeiten? Brainstorming ausdrücklich erwünscht... :-)

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1x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
gloegg
Status:
Praktikant
(650 Beiträge, 185x hilfreich)

Keine anderen Möglichkeiten?

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2x Hilfreiche Antwort

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