Bei Vorliegen psychischer Erkrankungen fristlos kündigen

21. August 2018 Thema abonnieren
 Von 
Flum2
Status:
Schüler
(297 Beiträge, 29x hilfreich)
Bei Vorliegen psychischer Erkrankungen fristlos kündigen

Guten Tag,

ich hätte eine Frage zur fristlosen Kündigung als Arbeitnehmer, wenn psychische Erkrankungen vorliegen, die eine weitere Ausübung des Jobs nicht erlauben, ohne dass die Symptomatik verschlimmert würde.

Ich bin "hauptberuflich" Studentin und übe nebenbei Werkstudenten- und Minijob aus. Die Jobs sind meine einzige Einnahmequelle.

Zudem leide ich unter diversen psychischen Problemen, deren Behinderung meines Lebens mein Therapeut auf über 50% schätzt. Resultat besagten Jobs sind regelmäßig psychosomatische Beschwerden (Bauchkrämpfe, Herzrasen, Übelkeit, Panikattacken) und Selbstverletzung.

Eine Kündigung erachte ich als dringend notwendig - allerdings könnte ich aus aktueller Sicht frühestens zum 30.09. kündigen. Weitere sechs Wochen halte ich dort nicht aus. Bisher habe ich mich trotz der Konsequenzen durchgeschlagen, weil ich Angst vor Obdachlosigkeit hatte, wenn ich einen Job verliere. Aber es geht nicht mehr, Zahlungsausfälle, Fehlkalkulationen etc. kommen noch hinzu.

Mein AG schuldet mir noch die Verspätungspauschale, da in zwei Monaten mein Lohn erheblich verspätet überwiesen wurde. Der AG setzte mich emotional unter Druck und sprach damals von einer Bringschuld, der ich nicht nachgekommen wäre, weswegen die Pauschale nicht fällig sei. Da ich sehr labil bin, habe ich mich bisher nicht weiter gewehrt. Im Falle einer Kündigung möchte ich das Geld haben, da mir durch das verspätete Überweisen Kosten entstanden.

Außerdem wurden vier Feiertage, die auf Wochentage fielen, an denen ich regulär gearbeitet hätte, aber aufgrund der Feiertage eben nicht habe, nicht vergütet. Auch das Geld würde ich gerne noch einfordern.
Geht das?

Im Falle einer fristlosen Kündigung hätte ich auch Angst davor, dass man meine psychischen Probleme rumposaunt oder sich ggf. bei meinem anderen Arbeitgeber meldet, um mir das Leben schwerzumachen.

Natürlich kann ich mich in dieser Situation auch krankschreiben lassen. Das Problem ist aber, dass ich bei meinem anderen Job nicht fehlen darf - ich befinde mich da in der Probezeit; wenn ich mehrere Wochen fehle, kann ich damit rechnen, dass mein Vertrag nicht verlängert wird. Nichtverlängerung des Arbeitsvertrags => Arbeitslosigkeit => Wohnungs- oder gar Studienplatzverlust, da keine finanziellen Rücklagen und keinen Anspruch auf ALG II. Schwierige Situation.

Ein Schwerbehindertenausweis befindet sich in der Beantragung, damit könnte ich jetzt leider noch nicht arbeiten.

Man entschuldige bitte unstrukturiertes Schreiben, das hängt mit meinen Erkrankungen zusammen.

Hat jemand Ideen?

Vielen Dank!

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17 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
blaubär+
Status:
Weiser
(17444 Beiträge, 6492x hilfreich)

Einen Grund zur fristlosen Kündigung durch den AN gibt psychische Erkrankung nicht her.
Die Pauschale wegen verspäteter Lohnzahlung kannst du immer noch einfordern. Allerdings verstehe ich nicht die Bemerkung wegen der Bringschuld, mit der der AG die Verzögerung entschuldigt: Was hast du (angeblich) versäumt beizubringen? Wenn es z.B. Stundennachweise sind, könnte der AG recht haben.
Die Entgeltfortzahlung an Feiertagen, an denen du betriebsüblich hättest arbeiten müssen, steht dir zu.

Am Rande: Und Bafög? Kommst du auch nicht ran?

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#2
 Von 
little-beagle
Status:
Student
(2181 Beiträge, 1248x hilfreich)

Wenn Du einen Job hast, der sich mit Deiner Erkrankung nicht unter einen Hut bringen lässt, lässt Du Dich dafür krankschreiben. Fertig.

Wenn Du beispielsweise im Homeoffice telefonierst und in einem anderen Job auf dem Bau arbeitest und Dir den Fuß brichst, kannst Du ggf. den Telefoniejob ausführen, den auf der Baustelle aber nicht. Da Du mit dem Telefoniejob Deine Genesung nicht gefährdest, ist das auch kein Problem.

Als ich mich damals im Zivildienst entsprechend verletzt habe, bekam ich zunächst eine Totalkrankschreibung und dann eine Teilkrankschreibung, mit der ich andere Tätigkeiten (im Büro) meiner Zivistelle ausführen durfte. Alles kein Problem.

Wenn Du eine Erkrankung hast, die durch die Ausführung eines Nebenjobs schlimmer wird: Warum um alles in der Welt sollte Dir der AG da Steine in den Weg legen; eine Besserung (für den AG) ist nicht in Sicht, der wird froh sein, wenn er Dich los ist, um kein Krankengeld bezahlen zu müssen.

Deine konkrete Erkrankung geht den AG übrigens nichts an und er ist auch nicht berechtigt, das entsprechend weiterzuerzählen. Im Zweifel untersagst Du es ihm nochmals ganz konkret.

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#3
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(120182 Beiträge, 39843x hilfreich)

Zitat (von Flum2):
Resultat besagten Jobs sind regelmäßig psychosomatische Beschwerden (Bauchkrämpfe, Herzrasen, Übelkeit, Panikattacken) und Selbstverletzung.

Darüber gibt es ein entsprechendes Attest?



Zitat (von Flum2):
Weitere sechs Wochen halte ich dort nicht aus.

Dann erst mal sofort krankschreiben lassen.


Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

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#4
 Von 
Flum2
Status:
Schüler
(297 Beiträge, 29x hilfreich)

Danke für eure Antworten.

Die Bringschuld bezieht sich darauf, dass ich das Fehlen des Lohnes nicht unmittelbar, sondern erst nach einigen Monaten bemerkt und reklamiert habe. Mein AG war der Meinung, die Pauschale wäre nicht direkt am ersten Tag nach dem, an dem das Geld hätte da sein sollen, fällig, sondern erst nach Erinnerung durch den AN und eine Frist von einigen Tagen oder Wochen im Anschluss, da das Geld noch immer nicht eingegangen ist. Zudem meinte er damals noch, dass sie nicht fällig sei, wenn ich nur 100€ im Monat verdiene - widersprach sich da quasi selbst.

Ein Attest darüber liegt noch nicht vor, aber ich befinde mich ja in Psychotherapie, mein Therapeut weiß Bescheid und ist zudem der Ansicht, dass ich gar nicht so viele Stunden pro Woche arbeiten kann, aber das sollte ich besser nicht erwähnen, denn es muss (finanziell) sein.

Teilkrankschreibung klingt nach dem, was ich brauche. Bei einem gebrochenen Bein kann man zwar noch gut differenzieren, aber bei mir ist der Sachverhalt schwieriger. Beide Jobs sind Bürojobs mit Kundenkontakt. Die Unmöglichkeit der Aufgabe liegt dennoch in der konkreten Tätigkeit begründet, denn in dem einen Job muss ich eine Tätigkeit ausüben, zu der ich nicht qualifiziert bin, die man mir auferlegte, weil ich ein einschlägiges Fach studiere.

Bafög kann ich nicht mehr erhalten, da wegen Krankheit zu lange studiert und Leistungsnachweis nicht direkt vorlegen gekonnt.

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#5
 Von 
wirdwerden
Status:
Unbeschreiblich
(38463 Beiträge, 14008x hilfreich)

Eine fristlose Kündigung ist gerechtfertigt, wenn das Verhalten des Vertragspartners eine Zusammenarbeit auch nur für eine Minute letztlich unzumutbar macht. Das vermag ich hier beim besten Willen nicht zu erkennen.

Teil-AUBs sind in unserem System nicht vorgesehen. Was ist denn so schwer daran, den vom Gesetz und der Rechtsprechung vorgegebenen Weg zu gehen? Du kündigst, bist bis dahin arbeitsunfähig und das wars. Eine unwirksame fristlose Kündigung kann nämlich ohne weiteres Schandensersatzansprüche zur Folge haben.

wirdwerden

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#6
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(120182 Beiträge, 39843x hilfreich)

Zitat (von wirdwerden):
Das vermag ich hier beim besten Willen nicht zu erkennen.

Verwundert nicht, weil das auch nicht vorliegt.

Deshalb nimmt man ja auch den anderen, korrekten Grund ...


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Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

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#7
 Von 
Flum2
Status:
Schüler
(297 Beiträge, 29x hilfreich)

"So schwer" ist die Tatsache, dass ich dann fest mit einer Nichtverlängerung meines Vertrags bei Arbeitgeber I rechnen kann, (längere) Fehlzeiten werden im Callcenter nicht verziehen. Wie ich bereits schrieb, als Studentin gibt es kein ALG II oder andere Späße. Habe ich keinen Job, habe ich kein Geld. Habe ich kein Geld, lande ich aufgrund meiner Prioritäten, die das Studium an erster Stelle sehen, auf der Straße. Ich arbeite überhaupt erst in zwei Jobs, um mein Studium weiterzufinanzieren. Wäre das Studium egal, könnte ich gleich von Stütze leben.

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#8
 Von 
wirdwerden
Status:
Unbeschreiblich
(38463 Beiträge, 14008x hilfreich)

Irgendwie etwas widersprüchlich. Du willst einerseits fristlos kündigen, andererseits aber weiter arbeiten. So läuft das System nicht.

WEnn das Studium Priorität hat, wie wärs mit einem Darlehen, bieten doch inzwischen für diese Fälle viele Banken zu Traumbedingungen an.

wirdwerden

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#9
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(120182 Beiträge, 39843x hilfreich)

Ich habs so verstanden:
Den Job der die Gesundheit gefährdet will man kündigen.
Den Job der die Gesundheit nicht gefährdet will man behalten.


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#10
 Von 
Flum2
Status:
Schüler
(297 Beiträge, 29x hilfreich)

Ja, und auch die Tatsache, dass einige Menschen psychische Probleme als nonexistent erachten, ändert nichts an dem durch den Job verursachten Schaden.
Es muss doch eine Möglichkeit geben, Job I nicht mehr ausüben zu müssen, ohne Job II zu gefährden? Gut, wahrscheinlich geht der Gesetzgeber auch nicht von einer Jobgefährdung aufgrund entschuldigter Fehlzeiten aus.

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#11
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(120182 Beiträge, 39843x hilfreich)

Zitat (von Flum2):
Es muss doch eine Möglichkeit geben, Job I nicht mehr ausüben zu müssen, ohne Job II zu gefährden?

Klar.

Nennt sich medizinische Indikation.



Zitat (von Flum2):
Ein Attest darüber liegt noch nicht vor,

Sollte man dann mal ändern.



Zitat (von Flum2):
aber ich befinde mich ja in Psychotherapie,

Irrelevant.


Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

0x Hilfreiche Antwort

#12
 Von 
fb367463-2
Status:
Schlichter
(7422 Beiträge, 3092x hilfreich)

Was mich ein wenig wundert ist, dass Sie im April noch schrieben, Sie hätten bereits die Anerkennung einer Schwerbehinderung....?

Zitat:
Vorliegen chronischer Erkrankungen, die zur Anerkennung eines Behindertenstatus geführt haben...
[...]
Die Behinderung trat bereits 1997 ein (attestiert), wurde 2015 diagnostiziert (da war ich 24).


Nicht, daß das jetzt in dieser Sache von entscheidender Wichtigkeit wäre, aber man wundert sich halt. Die Schwerbehinderung könnte jedoch als Argumentationshilfe in Bezug auf die psychischen Störungen dienen.

Signatur:

"Valar Morghulis"

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#13
 Von 
Flum2
Status:
Schüler
(297 Beiträge, 29x hilfreich)

Nein, nein, ich sprach von der Anerkennung der Behinderung bei der Familienkasse, nicht beim Versorgungs-/Gesundheitsamt. Damit die Behinderung von der Familienkasse anerkannt wird, muss kein Schwerbehindertenausweis vorliegen.

0x Hilfreiche Antwort

#14
 Von 
Flum2
Status:
Schüler
(297 Beiträge, 29x hilfreich)

So, Arbeitgeber erhielt und akezptierte die ordentliche Kündigung. Fragte zugleich aber, ob er vorab für Ersatz sorgen soll, falls ich schon früher aussteigen wollen sollte - kann ich schadlos darauf eingehen? Oder wird dann ein Aufhebungsvertrag o.ä. notwendig, in den er ggf. reinnehmen kann, dass alle anderweitigen Ansprüche damit erlöschen? Möchte lieber heute als morgen dort aufhören, aber natürlich nicht auf diverse offene Posten verzichten (Lohnverspätungspauschale, ausstehende Lohnanteile, Urlaubsabgeltung...).

0x Hilfreiche Antwort

#15
 Von 
muemmel
Status:
Unbeschreiblich
(32882 Beiträge, 17269x hilfreich)

Möchte lieber heute als morgen dort aufhören, aber natürlich nicht auf diverse offene Posten verzichten (Lohnverspätungspauschale, ausstehende Lohnanteile, Urlaubsabgeltung...). Nun, dann müssen Sie halt entscheiden, was Ihnen wichtiger ist. Und je nachdem unterschreiben Sie einen Aufhebungsvertrag oder Sie lassen es.

Signatur:

Bei nur einer Ratte im Zimmer handelt es sich nicht um einen Reisemangel ( Amtsgericht Köln).

0x Hilfreiche Antwort

#16
 Von 
eh1960
Status:
Senior-Partner
(6268 Beiträge, 1500x hilfreich)

Eine fristlose Kündigung durch den AN ist im beschriebenen Fall durchaus nicht unzulässig.

Für die Gültigkeit einer fristlosen Kündigung durch den Arbeitnehmer müssen schwerwiegende Gründe vorliegen (vgl. BGB § 626 Abs. 1 ). Diese können beispielsweise sein:

- ausbleibende oder unpünktliche Bezahlung des Gehaltes (Wiederholungsfall)
- unwiederbringlicher Verlust des Vertrauens zum Arbeitgeber
- Gesundheitsgefährdung
- anhaltende Arbeitsunfähigkeit
- grobe Verletzung der Pflichten des Arbeitgebers
- Verlangen einer Straftat
- sexuelle Belästigung
- Mobbing
- Diskriminierung
- aggressives Verhalten
- Einbehaltung der Sozialabgaben

Signatur:

Eine "UG" gibt es nicht. Es gibt nur die "UG haftungsbeschränkt".

1x Hilfreiche Antwort

#17
 Von 
Flum2
Status:
Schüler
(297 Beiträge, 29x hilfreich)

Mir ist es wichtiger, dass ich das ausstehende Geld erhalte. Aber es ging ja eben darum, ob ein Aufhebungsvertrag notwendig sein könnte, wenn ich früher aufhöre - oder ob man mich konsequenzlos freistellen könnte.

Ich sehe sogar mehr als einen der gründe zum fristlosen Kündigen, aber gut. Ich habe nun ordentlich gekündigt und werde mich, wenn es gar nicht anders gehen sollte, krankschreiben lassen.

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