Hallo zusammen,
Ich arbeite zur Zeit über eine Leihfirma für eine Tochterfirma der Schwarz Gruppe. Auf dem Produktionsgelände gibt es eine weitere Tochterfirma der Schwarzgruppe. Ich habe mit anderen Leiharbeitern gesprochen und es scheint Praxis zu sein, dass die Leiharbeiter nach 9 Monaten in der einen Tochterfirma in der anderen Tochterfirma für 9 Monate eingesetzt werden. Ich habe jetzt schon einige kennengelernt die seit mehreren Jahren immer nach 9 Monaten wechseln.
Nach meinem Kenntnissstand gibt es im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz die Equal-Pay Klausel die besagt das wenn ein Leiharbeiter länger als 9 Monate für ein Unternehmen arbeitet ihm dieselbe Lohn wie den Festangestellten die gleiche Tätigkeiten ausüben zusteht. Meine Vermutung ist nun das durch die oben beschriebene Praxis diese Klausel umgangen werden soll.
Ziehe ich hier falsche Schlüsse oder wird es den Unternehmen wirklich so leicht gemacht dieses Gesetz zu umgehen?
Ich freue mich schon auf eure Antworten.
Beste Grüße,
Johnny
Equal pay Leiharbeit
Arbeitsrechtlicher Notfall?
Arbeitsrechtlicher Notfall?



Nur nochmal zum Verständnis, ich weiß nicht ob ich das eindeutig genug formuliert habe.
Die Leiharbeiter arbeiten erst 9 Monate für die eine Tochter und anschließend 9 Monate für die andere. Sie wechseln also im 9 Monate-Takt immer hin und her.
Zitatwird es den Unternehmen wirklich so leicht gemacht dieses Gesetz zu umgehen? :
Da wird nichts umgangen, im Gegenteil wird das Gesetz offenbar genau befolgt.
Und da es an jedwedem Rechtsanspruch fehlt, das man länger als 9 Monate in einer Firma bleibt, sehe ich ich aktuell keine großen Erfolgsaussichten vor Gericht ...
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Hallo,
Danke schonmal für die Antwort.
Ich möchte nicht vor Gericht ziehen, ich frage aus reinem Interesse. Was ich mit „das Gesetz wird umgangen" meine ist, dass sicherlich nicht das Ziel der Gesetzgebenden war, dass Tochterfirmen gegründet werden zwischen denen die Leiharbeiter hin und her geschoben werden sondern dafür zu sorgen das Leiharbeiter einen fairen Lohn erhalten, nämlich den den die Festangestellten für die gleiche Arbeit erhalten.
Um meine Frage nochmal zu konkretisieren:
Liege ich mit meiner Vermutung richtig, dass diese Vorgehensweise so stattfindet um Equal-Pay zu vermeiden oder könnte es auch einen ganz anderen Grund (und falls ja welchen?) haben das so vorgegangen wird?
ZitatLiege ich mit meiner Vermutung richtig, dass diese Vorgehensweise so stattfindet, um Equal-Pay zu vermeiden oder könnte es auch einen ganz anderen Grund (und falls ja welchen?) haben das so vorgegangen wird? :
Die Vermutung liegt auf der Hand, wohl wahr. Daneben könnte es freilich noch eine Reihe anderer Gründe geben - das eine schließt das andere ja nicht aus. Vielleicht will der AG ja auch fürsorglich sicherstellen, dass Zeitarbeiter unterschiedliche Erfahrungen in den Betrieben sammeln und herumkommen? (/Ironie)
Zitatkönnte es auch einen ganz anderen Grund (und falls ja welchen?) haben das so vorgegangen wird? :
Ich kenne so etwas aus einem Betrieb, wo so verhindert werden soll, das sich "Seilschaften" bilden.
ZitatIch kenne so etwas aus einem Betrieb, wo so verhindert werden soll, das sich "Seilschaften" bilden. :
Und die bilden sich immer genau nach 9 Monaten? So ein Zufall.
ZitatWas ich mit „das Gesetz wird umgangen" meine ist, dass sicherlich nicht das Ziel der Gesetzgebenden war, dass Tochterfirmen gegründet werden zwischen denen die Leiharbeiter hin und her geschoben werden sondern dafür zu sorgen das Leiharbeiter einen fairen Lohn erhalten, nämlich den den die Festangestellten für die gleiche Arbeit erhalten. :
Sicherlich war das vom Gesetz her nicht so vorgesehen. Aber der Kreativität vieler Unternehmen zur Einsparung von Personalkosten sind scheinbar keine Grenzen gesetzt.
ZitatIch kenne so etwas aus einem Betrieb, wo so verhindert werden soll, das sich "Seilschaften" bilden. :

ZitatVielleicht will der AG ja auch fürsorglich sicherstellen, dass Zeitarbeiter unterschiedliche Erfahrungen in den Betrieben sammeln und herumkommen? :

ZitatSchwarz Gruppe :

ZitatMeine Vermutung ist nun das durch die oben beschriebene Praxis diese Klausel umgangen werden soll. :
Der Kandidat hat 100 Punkte.
Zitatsehe ich ich aktuell keine großen Erfolgsaussichten vor Gericht ... :
Bevor es auch nur zum Gütetermin kommt, ist man aus der Gruppe "entfernt".

edit: nvm
der Einsatz beim Entleiher ist immer nur 9 Monate.
Es wird nicht der AG gewechselt.
-- Editiert von User am 10. August 2023 13:30
ZitatUnd die bilden sich immer genau nach 9 Monaten? So ein Zufall. :
Ja, das sagen die Compilance Richtlinien, gestützt von irgend einer "Studie" die das Unternehmen zuvor beauftragte.
Sonst gäbe es vermutlich das Instrument der Zeitarbeit nicht mehr.ZitatAber der Kreativität vieler Unternehmen zur Einsparung von Personalkosten sind scheinbar keine Grenzen gesetzt. :
ach...immer sollen die bösen ZAF herhalten...Ironie an

Die haben nur den Unterschied zwischen Zeitarbeit und *Dauerleihgabe* längst erkannt.
btw. Es gibt auch ZAF, die equal pay in ihren Verträgen anbieten. Auch das ist nicht zu beanstanden...Ironie an.
ZitatNach meinem Kenntnissstand gibt es im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz die Equal-Pay Klausel die besagt das wenn ein Leiharbeiter länger als 9 Monate für ein Unternehmen arbeitet ihm dieselbe Lohn wie den Festangestellten die gleiche Tätigkeiten ausüben zusteht. :
Nein: Das Gesetz verpflichtet den Entleiher, dem Entliehenen AB DEM ERSTEN Tag denselben Lohn zu zahlen wie den Festangestellten im Entleihbetrieb ( Gleichstellungsgrundsatz ) Aber:
§ 8 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz:
"Ein Tarifvertrag kann vom Gleichstellungsgrundsatz abweichen ... Ein Tarifvertrag im Sinne des Absatzes 2 kann hinsichtlich des Arbeitsentgelts vom Gleichstellungsgrundsatz für die ersten neun Monate einer Überlassung an einen Entleiher abweichen (...)."
Der Europäische Gerichtshof hat jüngst solche Dumping-Tarifverträge trotz Tarifautonomie für gerichtlich überprüfbar erklärt:
"Tarifverträge, die nach der Bestimmung des Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2008/104 Ungleichbehandlungen in Bezug auf wesentliche Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen zum Nachteil von Leiharbeitnehmern zulassen, müssen [ nach nationalen Vorschriften ] einer wirksamen gerichtlichen Kontrolle unterliegen können, um zu überprüfen, ob die Sozialpartner ihrer Pflicht zur Achtung des Gesamtschutzes dieser Arbeitnehmer nachkommen.
Lassen die Sozialpartner durch einen Tarifvertrag Ungleichbehandlungen in Bezug auf wesentliche Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen zum Nachteil von Leiharbeitnehmern zu, muss dieser Tarifvertrag, um den Gesamtschutz der betroffenen Leiharbeitnehmer zu achten, ihnen Vorteile in Bezug auf wesentliche Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen gewähren, die geeignet sind, ihre Ungleichbehandlung auszugleichen."
URTEIL DES GERICHTSHOFS vom 22.12.2022, Rechtssache C‑311/21
---> Ein Tarifvertrag darf Leiharbeitnehmer in den ersten 9 Monaten nur dann hinsichtlich des Arbeitsentgelts ungleich ( d.h. schlechter ) behandeln, wenn der Tarifvertrag ihnen dafür ausgleichsgeeignet vorteilhafte Arbeitsbedingungen gewährt ( vielleicht durch Freizeitausgleich ...? Günstigere Arbeitszeiten? Bequemere Arbeitskleidung? Angenehmer temperiertes Arbeitsklima, mildere Beleuchtung, gedämpftere Arbeitsgeräusche, geräumigere Aufenthaltsräume, attraktivere Belegschaftsmitglieder:innen usw??). Die Mitgliedsstaaten müssen zwar keine Vorschriften erlassen zur Sicherstellung tarifvertraglicher Gleichstellung; es muß nach nationalem Recht lediglich die gerichtliche Kontrolle von Ungleichbehandlungen in Leiharbeits-Tarifverträgen möglich sein.
RK
hallo RrKOrtmann,
Vielen Dank für deine detaillierte Antwort. Die war sehr hilfreich!
Ich hatte mich die letzten Tage weil ich der Sache auf den Grund gehen wollte mit dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz beschäftigt und es auch so verstanden das die zur Zeit geltende Rechtslage in Deutschland gegen Eu-Recht verstößt.
Die Entscheidungen vom europäischen Gerichtshof die du zitiert hast sind deshalb für mich schonmal sehr aufschlussreich.
Ich hatte das Equal-Pay so verstanden das der Entleiher entweder nach Tarifvertrag bezahlt oder nach 9 Monaten gleiches Gehalt wie den Festangestellten zahlen muss. Wenn ich dich jetzt richtig verstehe müsste der Entleiher entweder von Beginn an gleiches Gehalt zahlen oder für 9 Monate nach Tarif bezahlen und nach diesen 9 Monaten dann gleiches Gehalt. Das würde dann meine Vermutung ja untermauern.
Wer außer dir hat das AÜG (§8) so *verstanden*?Zitatund es auch so verstanden, das die zur Zeit geltende Rechtslage in Deutschland gegen Eu-Recht verstößt. :
Die ZAF ist dein AG, diese verleiht dich gemäß Vertrag mit dir an x-y-z.
Was sagt der für dich geltende Arbeitsvertrag bzw. der TV/MTV?
Das war und ist nicht das Ziel des Gesetzgebers im AÜG. Das hat auch der EUGH nicht gewollt.Zitatdass sicherlich nicht das Ziel der Gesetzgebenden war, dass Tochterfirmen gegründet werden zwischen denen die Leiharbeiter hin und her geschoben werden sondern dafür zu sorgen das Leiharbeiter einen fairen Lohn erhalten, nämlich den den die Festangestellten für die gleiche Arbeit erhalten. :
Hier mal das EUGH-Urteil im Volltext:
https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=268610&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1
Und §8 AÜG im Volltext
https://www.gesetze-im-internet.de/a_g/__8.html
ZitatWenn ich dich jetzt richtig verstehe müsste der Entleiher entweder von Beginn an gleiches Gehalt zahlen oder für 9 Monate nach Tarif bezahlen und nach diesen 9 Monaten dann gleiches Gehalt. :
Nein: wer Arbeitnehmer ohne Tarifvertrag beschäftigt zwecks Überlassung an andere Unternehmen, der muss ihnen denselben Lohn zahlen wie ihn die Festangestellten im Entleihbetrieb erhalten.
Wer Arbeitnehmer zwecks Überlassung beschäftigt mit Tarifvertrag, der darf ( in Deutschland ) die Entliehenen "tarifvertraglich" ungleich behandeln ( z.B. gegenüber den Arbeitnehmern im Entleihbetrieb niedriger entlohnen) - wobei der vom Verleiher gewählte Tarifvertrag nach deutschem Recht höchstens eine 9-monatige Schlechterbezahlung vorsehen darf. Das Gesetz "noch schlechtere" Tarifverträge nur unter Einschränkungen:
"Eine längere Abweichung durch Tarifvertrag ist nur zulässig, wenn
1. nach spätestens 15 Monaten einer Überlassung an einen Entleiher mindestens ein Arbeitsentgelt erreicht wird, das in dem Tarifvertrag als gleichwertig mit dem tarifvertraglichen Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer in der Einsatzbranche festgelegt ist, und
2. nach einer Einarbeitungszeit von längstens sechs Wochen eine stufenweise Heranführung an dieses Arbeitsentgelt erfolgt."
Der EuGH entschied jetzt "nur", dass Verleih-Tarifverträge mit ( nach deutschem Recht zulässiger ) 9-monatiger Schlechterbezahlung gerichtlich kontrolliert werden können müssen. Nach innerstaatlichem Recht muß eine Kontrolle möglich sein, inwieweit die Schlechterbezahlung durch Gewährung anderer Vorteile als "ausgeglichen" gelten kann.
RK
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