Fragen zu Kündigung vs. Aufhebungsvertrag und Abwicklungsvertrag

2. Juli 2023 Thema abonnieren
 Von 
Luxusotter
Status:
Frischling
(15 Beiträge, 0x hilfreich)
Fragen zu Kündigung vs. Aufhebungsvertrag und Abwicklungsvertrag

Hallo zusammen,

versuche erstmal die Situation so detailliert zusammenzufassen wie möglich. Ich arbeite im IT-Bereich und wir wurden vor ca. 2,5 Wochen darüber informiert, dass unser Investor einer neuen Finanzierungsrunde nur unter der Voraussetzung zugestimmt hat, dass die Personalkosten vorher drastisch gesenkt werden. Dies wurde nicht schriftlich kommuniziert, sondern in einem Meeting an dem jeder aus der Abteilung teilgenommen hat.

Im Anschluss daran wurde den 10 Leuten aus meiner Abteilung ein Aufhebungsvertrag angeboten, der ein Vertragsende nach 2 Monaten (alle haben normal eine dreimonatige Kündingsfrist) beinhaltet, mit einer sofortigen Freistellung und Übernahme der Hardware. Es gab den Hinweis, dass dies nur Sinn macht, wenn wir bereits einen neuen Job fix haben. Das Angebot für den Aufhebungsvertrag galt bis zum 28.06. und wer bis dahin nicht unterzeichnet, erhält eine normale Kündigung zum 30.06.

Da ich mich zwar in Bewerbungsverfahren befinde, aber keine Zusage habe, habe ich den Aufhebungsvertrag nicht unterzeichnet und daher eine Kündigung erhalten. Laut der Kündigung ist mein letzter Arbeitstag der 30.09.2023.

Kollegen aus anderen Abteilungen wurden teilweise einen Monat vorher gekündigt und haben dann einen Abwicklungsvertrag ausgehandelt. Ich habe drei Fragen, weil ich mich mit dem Thema überhaupt nicht auskenne und hoffe hier Hilfe zu finden:

1) Muss/Sollte ich der Kündigung widersprechen, um keine Sperrzeit zu riskieren? Bedeutet das eine Klage einzureichen?

2) Die komplette Geschäftsführung hat sich für 2 Wochen in den Urlaub verabschiedet, welche Fristen etc. muss ich einhalten? Wir wurden leider über nichts informiert, niemand weiß wie genau es weitergeht, da die jeweiligen Teams komplett aufgelöst wurden und jetzt nur noch ein Rumpfteam den Betrieb der Plattform sicherstellt.

3) Wird ein Abwicklungsvertrag vom Arbeitgeber vorgeschlagen oder kann ich die Initiave suchen und dem Arbeitgeber einen Abwicklungsvertrag "anbieten" zwecks Freistellung und Abfindung? Auf was muss ich bei solch einem Vertrag achten, was muss unbedingt rein, welche Forderungen kann bzw. muss ich stellen?

Vielen Dank für das Lesen und die Hilfe!

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13 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
blaubär+
Status:
Legende
(18002 Beiträge, 6618x hilfreich)

Du bist gekündigt. Punkt. Die Kündigung dürfte aus betrieblichen Gründen erfolgt sein, d.h. aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung - siehe deine Einleitung Stellenabbau.
Du kannst Kündigungsschutzklage erheben beim Arbeitsgericht. Die Aussichten schätze ich nicht als gut ein bei einer Kündigung aus betrieblichen Gründen, weil das Arbeitsgericht diese nicht sonderlich prüft.
Eine andere Frage ist, ob sonstige Fehler gemacht worden sind, etwa bei der Sozialauswahl.
Bei Kündigung aus betrieblichen Gründen gibt es keine Sperre bei der AA.
Fragen nach einem Aufhebungsvertrag erübrigen sich - du bist gekündigt.

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#2
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(124082 Beiträge, 40321x hilfreich)

Zitat (von Luxusotter):
Die komplette Geschäftsführung hat sich für 2 Wochen in den Urlaub verabschiedet

Irrelevant.



Zitat (von Luxusotter):
welche Fristen etc. muss ich einhalten?

Für eine Kündigungsschutzklage gelten 3 Wochen ab Zugang der Kündigung.

Vermutlich bringt diese den Job nicht wieder, kann aber sein, dass man noch ein paar EUR heraushandeln kann wenn man einen Vergleich eingeht.


Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

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#3
 Von 
Luxusotter
Status:
Frischling
(15 Beiträge, 0x hilfreich)

Also entweder Kündigungsschutzklage mit Vergleich oder Abwicklungsvertrag? Profitiert der AG auch von solch einem Vertrag? Damit verzichte ich auf eine Kündigungsschutzklage, ist das korrekt?

Ob bei der Sozialwahl alles ordnungsgemäß lief, kriegt ich im Zweifel nicht raus oder?

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#4
 Von 
Anami
Status:
Unbeschreiblich
(34017 Beiträge, 5876x hilfreich)

zu 1: Widerspruch ist Unsinn. Man kann Kündigungsschutzklage am Arbeitsgericht erheben. Unbekannt ist, was genau in der Kü steht. Ist es eine reine betriebsbedingte Kündigung oder wird auf Aufhebung/Abwicklung etc. Bezug genommen?
Vielleicht hast du bis Anfang Oktober den Job oder einen anderen?? Dann ist das ALG/Sperrzeit-Thema keins mehr.
zu 2: Gekündigt zum 30.9.23---> jetzt zunächst nur arbeitsuchend melden bei der Arbeitsagentur (steht sicher im Kü-Schreiben).
zu 3: Der Zug ist abgefahren. Du hast die schriftliche Kündigung zum 30.9. 23 erhalten. Da ist nix mehr mit Aufhebung/Abwicklung.


-- Editiert von User am 2. Juli 2023 12:21

Signatur:

Ich schreibe hier nur meine Meinung.

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#5
 Von 
blaubär+
Status:
Legende
(18002 Beiträge, 6618x hilfreich)

Zitat (von Luxusotter):
Also entweder Kündigungsschutzklage mit Vergleich oder Abwicklungsvertrag?

Die Alternative stimmt nicht, nicht als 'oder', nicht in den einzelnen Elementen:
- du kannst eine K-Schutzklage auch sang- und klanglos verlieren, weil/wenn die K gerechtfertigt ist
- ein 'Vergleich' kann zustande kommen, wenn da was zu vergleichen wäre; etwa bei einem erheblichen Prozessrisiko für den AG - nicht sonderlich realistisch
- Abwicklungsvertrag wozu? Du bist gekündigt.

Bei einer Kündigung aus betrieblichen Gründen hast du eher schlechte Karten.

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#6
 Von 
Luxusotter
Status:
Frischling
(15 Beiträge, 0x hilfreich)

Ein Abwicklungsvertrag bedarf doch einer Kündigung, ist daher doch erst jetzt möglich…VOR der Kündigung geht nur ein Aufhebungsvertrag, der ist aber nicht mehr möglich nach ausgesprochener Kündigung.

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#7
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(124082 Beiträge, 40321x hilfreich)

Zitat (von Luxusotter):
oder Abwicklungsvertrag?

Du willst also auf Geld und / oder Hardware bzw. sonstiges verzichten?


Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

0x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
Anami
Status:
Unbeschreiblich
(34017 Beiträge, 5876x hilfreich)

Zitat (von Luxusotter):
Ein Abwicklungsvertrag bedarf doch einer Kündigung, ist daher doch erst jetzt möglich…
Was also steht in deiner Kündigung? Bitte im Wortlaut.
Bisher lesen wir: zum 30.9. gekündigt.
Bitte nichts zu dem, was bei anderen Kollegen vor 1 Monat war...

Zitat (von Luxusotter):
3. Wird ein Abwicklungsvertrag vom Arbeitgeber vorgeschlagen
Ist das denn bei dir so? Wenn in deiner Kü nichts dazu steht, bist du weiterhin *normal beschäftigt* gem. Arbeitsvertrag, mit Vergütung und weiteren arbeitsrechtlichen Ansprüchen ( zb LFZ, Urlaub) bis zum letzten Tag der Beschäftigung, das ist der 30.9.23.

Signatur:

Ich schreibe hier nur meine Meinung.

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#9
 Von 
Luxusotter
Status:
Frischling
(15 Beiträge, 0x hilfreich)

Zitat (von Anami):
Was also steht in deiner Kündigung? Bitte im Wortlaut.


Sehr geehrter Herr X,
hiermit kündigen wir das zwischen uns bestehende Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der vertraglichen/gesetzlichen Frist zum 30.09.2023. Vorsorglich kündigen wir zum nächstmöglichen Termin.

Bis zum Ablauf der Kündidungsfrist stehen Ihnen für das Urlaubsjahr 2023 noch 25 Urlaubstage zu. Diesen Urlaub erteilen wir Ihnen in der Kündigungsfrist.
...

Dann noch der Hinweis zur Aushändigung der Arbeitspapiere und zur Meldung bei der Agentur für Arbeit.

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#10
 Von 
Luxusotter
Status:
Frischling
(15 Beiträge, 0x hilfreich)

Zitat (von Harry van Sell):
Du willst also auf Geld und / oder Hardware bzw. sonstiges verzichten?


Hardware hätte es bei Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages VOR der Kündigung gegeben.
Ein Abwicklungsvertrag kann nur NACH erfolger Kündigung ausgehandelt werden zwischen AG und AN. Und da das bei mind. 2 anderen Kollegen gemacht wurde, wird es einen Grund geben, wieso der AG den Abwicklungsverträgen zugestimmt hat. Vermutung wäre daher, dass eine Kündigungsschutzklage Aussicht auf Erfolg hat, denn sonst würde der AG solch einem Vertrag doch niemals zustimmen inkl. Freistellung und Abfindung?

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#11
 Von 
Anami
Status:
Unbeschreiblich
(34017 Beiträge, 5876x hilfreich)

Zitat (von Luxusotter):
Sehr geehrter Herr X,
Ordentlich, fristgerecht. Ich kann daraus keine Möglichkeit für eine nachträgliche Verhandlung über einen Abwicklungsvertrag erkennen.
Der wird dir NICHT vom AG vorgeschlagen---was deine Frage 3 beantwortet.

Zitat (von Luxusotter):
Kollegen aus anderen Abteilungen wurden teilweise einen Monat vorher gekündigt und haben dann einen Abwicklungsvertrag ausgehandelt.
Was genau haben die *ausgehandelt* und was genau stand in deren Kündigung?
Vieles ist möglich:
https://www.kanzlei-hasselbach.de/blog/abwicklungsvertrag-nach-kuendigung/
Evtl. auch: Hardware wird Eigentum des AN.

Signatur:

Ich schreibe hier nur meine Meinung.

0x Hilfreiche Antwort

#12
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(124082 Beiträge, 40321x hilfreich)

Zitat (von Luxusotter):
wird es einen Grund geben, wieso der AG den Abwicklungsverträgen zugestimmt hat.

Richtig.
Da würde ich mal versuchen heraus zu finden, was genau da der Grund war und das dann auch nutzen.


Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

0x Hilfreiche Antwort

#13
 Von 
wirdwerden
Status:
Unbeschreiblich
(39369 Beiträge, 14147x hilfreich)

Ich versuche, das ganze mal verständlich auseinander zu zerren.

Wir befinden uns in einem betriebsbedingten Personalabbau. Der Betrieb hat in der ersten Stufe Aufhebungsverträge angeboten, das ist ein übliches Vorgehen. Häufig werden ja dann Kündigungen mit Prozessrisiko entbehrlich. Irgendwann ist diese Option dann vorbei, und dann wird gekündigt. Da ist die Sozialauswahl zwingend einzuhalten. Spätestens im Gerichtsverfahren ist diese auch darzulegen. Möglicherweise kommt in Laufe der Gerichtsverhandlung dann doch noch vergleichsweise ein Aufhebungsvertrag zustande, die Gerichte arbeiten in so Fällen in der Regel darauf hin. Da mit einer Kündigung im Prinzip rechtsdogmatisch das Arbeitsverhältnis abgewickelt ist, ist dieser obskure Abwicklungsvertrag nur schwer einzuordnen. Klar, wir haben Vertragsfreiheit, man kann alles, wirklich alles vereinbaren, was nicht gegen zwingendes Recht verstößt, z.B. sittenwidrig ist.

Jedenfalls besteht kein Anspruch auf dieses Konstrukt, es sei denn, es gibt eine entsprechende Betriebsvereinbarung.

wirdwerden

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