Fristlose Kündigung nach § 626 BGB?

7. Oktober 2012 Thema abonnieren
 Von 
lohnknecht
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 0x hilfreich)
Fristlose Kündigung nach § 626 BGB?

Guten Abend,
wie alles im Leben hat eine Geschichte auch mehr als nur die Perspektive des Erzählers. Daher werde ich versuchen, die ganze Geschichte halbwegs neutral wiederzugeben. Allerdings wird mir das wahrscheinlich nicht ganz gelingen.

Worum es geht? Im Kern um die Frage, ob eine Kündigung unter den geschilderten Umständen zu einer Fristlosen Kündigung nach § 626 BGB berechtigt und auch vor einem Arbeitsgericht haltbar sein könnte (sic!). Es geht einfach nur um eure Meinung und Einschätzung dazu, ein Fachanwalt wird wohl unumgänglich sein.

Ich habe vor acht Jahren in einem Unternehmen des Großhandels eine Berufsausbildung als Kaufmann begonnen, auf Grund gewisser Umstände und geeigneter Qualifikationen aber nach der Ausbildung die Leitung der IT übernommen.

Ein Jahr später habe ich ein Studium begonnen und meine Tätigkeit auf Teilzeit reduzieren können. Es war zwar manchmal etwas stressig, aber so kann ich als Student ein relativ abgesichertes Leben führen.

Vor einem halben Jahr erkrankte unser bisheriger Prokurist und wurde durch einen neuen abgelöst. Dieser brachte in die durchaus sehr familiäre Arbeitsatmosphäre ein eiskaltes und "unmenschliches" Arbeitsklima. Dies äußert sich u.a. in zahlreichen Kündigungen. So kam es auch, dass ich die letzte verbliebende Person im Unternehmen war, welche die Warenwirtschaft vollständig beherrschte.

Weil das Arbeitsklima für mich immer unerträglicher wurde, kündigte ich fristgerecht mit einer Frist von 4 Wochen gemäß Arbeitsvertrag.

Der besagte Prokurist war daraufhin gezwungen, sehr zeitnah eine Person zu finden, welche meinen Posten übernehmen würde. Da bereits nach wenigen Tagen absehbar wurde, dass die nötige Einarbeitung zur erfolgreichen Übergabe mindestens 6 Wochen beanspruchen wurde, verständigte ich mich mit dem Prokuristen auf den 31.10. als letzten Arbeitstag.

Jetzt ereignete sich jedoch letzte Woche der Zwischenfall, welcher - meiner Meinung nach - eine Fristlose Kündigung meinerseits rechtfertigt.

Am Morgen des vergangenen Dienstag fand ich eine E-Mai meines angedachten Nachfolgers in der Mailbox. Ihm sei klar geworden, dass er nicht über die notwendige Qualifikation verfügt um die Position erfolgreich auszufüllen. Vielleicht ist ihm auch nur klar geworden, was für einen Charakter er zukünftig als Vorgesetzten und Weisungsberechtigten hätte.

Jedenfalls bin ich darauf hin ins Büro des Prokuristen, um ihm dies mitzuteilen und dieser bekam daraufhin einen seiner cholerischen Anfälle und war mir sein Smartphone an den Kopf.

Es gab in der Vergangenheit schon ein Loch in einer Bürowand und ein Notebook, welches in Richtung einer Azubine flog. Allerdings lediglich mit Sachschaden...

Für ein paar Sekunden war im gelähmt, handlungsunfähig, vielleicht habe ich auch etwas gebraucht, um die Situation zu verarbeiten. Aber die Wärme des Blutes, welches sich von der Stirn über meine Wangen und meine Nase seinen Weg bahnte, holte mich zurück.

Jedenfalls bin ich unmittelbar danach in mein Büro, habe mein Notebook eingepackt und habe das Firmengelände verlassen, direkt ins nahgelegene Krankenhaus. Die Wunde musste mit fünf Stichen genäht werden. Die nächste Station war die örtliche Polizeiwache, um eine Strafanzeige zu erstatten.

Zu Hause angekommen habe ich dann meine Fristlose Kündigung mit Bezug auf § 626 BGBverfasst, das ganze an den Prokuristen und in Kopie an den Verteiler, damit auch alle (verbliebenden) Mitarbeiter (bzw. Ex-Kollegen) informiert sind. Zudem habe ich die Kündigung per Einschreiben/Rückschein zustellen lassen.

Bis Donnerstag kamen vom Prokuristen entschuldigende und beschwichtigende E-Mails. Doch mittlerweile hat er seine Taktik geändert, terrorisiert mich mit Anrufen (Festnetz wie Mobil) und droht mir in E-Mails damit, mich zu verklagen. Denn seit meiner Abwesenheit seht der Betrieb relativ still und wir haben wichtige bevorstehende Auslieferungen mit Terminware.

Eine Neubesetzung meiner ehemaligen Tätigkeit durch eine neue Person ist auch deshalb nicht unkompliziert, weil vieles undokumentiert ist. Im normalen Tagesgeschäft war selten Zeit, die an der Warenwirtschaft durchgeführten Änderungen und Erweiterungen schriftlich festzuhalten.

Jedenfalls beruft sich der Prokurist darauf, dass meine Kündigung unwirksam sei und die zu erwartenden Schadensersatzforderungenin den sechsstelligen Bereich gehen könnten.

Ich soll meine Arbeit am morgigen Tag wieder aufnehmen, werde dieser Aufforderung aber ganz sicher nicht nachkommen.

Wie würde denn möglicherweise ein Arbeitsgericht über meine Kündigung urteilen?

-- Editiert lohnknecht am 07.10.2012 23:52

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7 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
guest-12309.07.2016 16:31:25
Status:
Junior-Partner
(5011 Beiträge, 2532x hilfreich)

Aus meiner Sicht ist eine fristlose Kündigung bei solch schwerem Vorfall (schwere Körperverletzung) absolut berechtigt. Im umgedrehten Fall (AN verletzt den AG) dürfte es diesbezüglich gar keine Diskussionen geben.
Und auf jeden Fall ist die Idee einen Fachanwalt hinzuzuziehen nicht die schlechteste.

Inwiefern gibt es noch eine "Beziehung" zum Arbeitgeber an sich oder ist der Prokurist im Prinzip der Geschäftsführer?

0x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
wirdwerden
Status:
Unbeschreiblich
(38324 Beiträge, 13977x hilfreich)

Ob es sehr geschickt war, die Ablichtung der Kündigung in den Verteiler zu bringen, das wage ich zu bezweifeln.

wirdwerden

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#3
 Von 
guest-12311.06.2018 09:37:31
Status:
Bachelor
(3685 Beiträge, 1414x hilfreich)

Nehmen Sie sich unbedingt einen Anwalt. Die fristlose Kündigung ist sicherlich berechtigt. Über die Schadensersatzforderungen wird jedes Gericht nur lachen. Der Anwalt wird dafür sorgen, daß Sie keinen Fehler machen.

Stellen Sie jede weitere Kommunikation mit dem Arbeitgeber ein. Die E-Mails des Prokuristen ausdrucken und mit zum Anwalt nehmen.

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"Wenn ich Dir Recht gebe, liegen wir beide falsch."

0x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
lohnknecht
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 0x hilfreich)

Vielen Dank für Eure Einschätzungen! :)

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0x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
maestro1000
Status:
Lehrling
(1300 Beiträge, 730x hilfreich)

Hallo,
das mit dem Fachanwalt ist wirklich wichtig. Kein allgemeiner Anwalt, sondern es muss ein Spezialist sein.

Ist der Notebook Firmeneigentum ? Der sollte dann schleunigst gegen Quittung, bzw. via zuverlässigen Boten, zurückgegeben werden, bevor ein gegnerischer Anwalt noch einen Diebstahlsverdacht und Notwehr in den Raum stellt...
Wie sich das mit evt. Beweissicherung verhält : Anwalt fragen.

Desweiteren wäre es im Interesse aller Beitragszahler nett, der Krankenkasse die Ursache und den Verursacher der Behandlungskosten mitzuteilen, wenn nicht schon geschehen.
Kann womöglich noch schmerzhafter sein, als eine EInstellung eines Strafverfahrens gegen Geldauflage bzw. kommt noch dazu.
Das auch zuerst mit dem Anwalt besprechen.


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#6
 Von 
amako
Status:
Student
(2566 Beiträge, 1412x hilfreich)

Hallo,
eine Zivilklage wegen Schmerzensgeld wäre zusätzlich zu überlegen.
Gruß
Andreas

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"Wer schlau ist, kann sich dumm stellen, anders rum geht es nicht!"

0x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
guest-12313.10.2012 21:35:50
Status:
Beginner
(52 Beiträge, 22x hilfreich)

Hier muß der Fachanwalt ran - da schließe ich mich an.

Wichtiger noch als die persönliche Genugtuung ist aber das Arbeitszeugnis für Dich. Es wird aller Erfahrung nach höchst saumäßig sein. Auch weiß ich nicht, wie "eng" Eure Branche ist, eventuell kann üble Nachrede Dir hier schwer schaden.
Hier kann man mit dem Pfund der Strafanzeige wuchern, um Schlimmes zu verhindern.

Was Du auf keinen Fall tun darfst: zukünftigen Arbeitsgebern im Vorstellungsgespräch derartige Vorkommnisse auch nur erwähnen. Du trennst Dich immer nur im besten Einvernehmen und dem größten Bedauern von der alten Firma, um Dich neuen Herausforderungen zu stellen - Du weißt schon...

Und Deine Kopfverletzung stammt von einem Fahrradunfall und nicht von den Geldbündeln, die dir dein letzter Chef nachgeworfen hat, damit du endlich aus dem Unternehmen verschwindest.



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