Jahressoll schon im November erreicht - im Dezember zuhause bleiben?

21. November 2020 Thema abonnieren
 Von 
RrKOrtmann
Status:
Lehrling
(1523 Beiträge, 669x hilfreich)
Jahressoll schon im November erreicht - im Dezember zuhause bleiben?

Darf Schwester S. im Dezember zuhause bleiben, wenn sie ihre jährliche Arbeitspflicht schon Ende November erbracht hat?

Schwester S. arbeitet Vollzeit in einem Pflegeheim, dienstplanmäßig im Schichtbetrieb, und hat mit ihrem Arbeitgeber vereinbart, u.a. folgende Bestimmungen in ihren Arbeitsvertrag einzubeziehen:

"Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt durchschnittlich 39 Stunden wöchentlich. Für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist ein Zeitraum von einem Kalenderjahr zugrunde zu legen.

Die durchschnittliche tägliche Arbeitszeit einer vollbeschäftigten Mitarbeiterin beträgt 7,8 Stunden.

Plusstunden sind die über die jeweilige monatliche Soll-Arbeitszeit einer Mitarbeiterin hinaus geleisteten Arbeitsstunden. Plusstunden sind im Rahmen der betriebsüblichen bzw. dienstplanmäßigen Arbeit von allen vollbeschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu leisten.

Die monatliche Soll-Arbeitszeit einer Mitarbeiterin ergibt sich aus der Multiplikation der durchschnittlichen täglichen Arbeitszeit einer Mitarbeiterin mit der Anzahl der Wochentage von Montag bis Freitag in dem jeweiligen Kalendermonat. Die Anzahl der Wochentage von Montag bis Freitag in einem Kalendermonat reduziert sich um einen Tag für jeden Feiertag sowie jeweils den 24. und den 31. Dezember eines Kalenderjahres, wenn diese Tage auf einen Wochentag zwischen Montag und Freitag fallen."
( AVR.DD = Arbeitsvertragsrichtlinien für Einrichtungen, die der Diakonie Deutschland angeschlossen sind )

Schwester S. hat danach im Kalenderjahr 2020 eine Soll-Arbeitszeit von insgesamt 1957,8 Stunden. Aus der Vereinbarung des Ausgleichszeitraums von einem Kalenderjahr für den Durchschnitt der täglichen Arbeitszeit von 7,8 Stunden ergibt sich, dass sie an 251 Tagen zur Arbeit verpflichtet werden kann.

Weil Schwester S. regelmäßig kürzere Dienstzeiten als 7,8 Stunden angeordnet worden waren ( "Planung ins Minus" ), wird S. bereits am 26. November 2020 die vereinbarte Anzahl von 251 Diensten abgeleistet haben. ( Wenn sie bis Ende 2020 keine Arbeit mehr leistet, würde dies zwar zur Entstehung von Minusstunden führen ( "Minusstunden entstehen, wenn die Anzahl der tatsächlich in einem Kalendermonat geleisteten Arbeitsstunden ( z.B. Null ) die jeweilige monatliche Soll-Arbeitszeit einer Mitarbeiterin ( Dezember 2020: 156,0 ) unterschreitet. Pro Kalendermonat kann von der monatlichen Soll-Arbeitszeit um bis zu 30 Minusstunden abgewichen werden. Sie werden dem Jahresarbeitszeitkonto belastet. Der fortlaufende Jahresarbeitszeitsaldo darf 50 Minusstunden nicht überschreiten." )

Schwester S. ist der Meinung, die vereinbarte vertragliche Regelung berechtige ihren Arbeitgeber nicht, ihr nach dem 26.11. noch Arbeit anzuordnen. Dass die tatsächliche Nicht-Leistung von Arbeitsstunden dann zur Entstehung von "Minusstunden" führen wird, hat ihrer Ansicht nach nur die Konsequenz, dass diese Minusstunden dann im Rahmen des Vereinbarten dem Jahresarbeitszeitkonto belastet werden könnten ( bis zur Monatsgrenze von 30, und bis zur Jahresgrenze von 50 ).

Aus der vereinbarten Bereitschaft zur Ableistung von Plusstunden sieht S. ihren Arbeitgeber ebenfalls nicht als berechtigt an, ihr bis zum Jahresende noch eine 252., 253. und weitere Schichten anordnen zu können.

Hat der Arbeitgeber mit seiner notorischen Unterplanung hier Pech gehabt, und muß er nach der 251. Dienstanordnung bis zum Jahresende Schwester S. die vereinbarte Monatsvergütung zahlen, ohne Schwester S. zu weiteren Diensten heranziehen zu können?

RK

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9 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
blaubär+
Status:
Weiser
(17381 Beiträge, 6471x hilfreich)

Was für ein Riemen!
Ich denke, dass die Gute hier falsch liegt. Zwar hat sie Anspruch darauf, dass ihr AG den Vertrag auch einhält, aber das berechtigt sie nicht, einfach daheim zu bleiben, auch wenn ihr Soll erfüllt ist.
Korrekt ist es, die Freizeit oder den Zeitausgleich ... mit dem AG zu vereinbaren, ohne seine Zustimmung geht da nix.

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#2
 Von 
RrKOrtmann
Status:
Lehrling
(1523 Beiträge, 669x hilfreich)

Zitat (von blaubär+):
Korrekt ist es, die Freizeit oder den Zeitausgleich ... mit dem AG zu vereinbaren


(Nur) Wenn sie einen Ausgleich ( eines Zeitguthabens ) ihres Arbeitszeitkontos beanspruchen würde, hättest Du recht - es entspräche auch der AVR-Vereinbarung, wonach ein Zeitausgleich vom Arbeitnehmer nicht "einseitig" genommen werden kann, sondern erst nach Gewährung durch den AG:

"Dem rechtzeitigen Antrag einer Mitarbeiterin auf Zeitausgleich vom Jahresarbeitszeitkonto ist zu entsprechen, es sei denn, es stehen dringende dienstliche bzw. betriebliche Interessen oder die Interessen anderer Mitarbeiterinnen, die unter sozialen Gesichtspunkten Vorrang verdienen, entgegen."

Schwester S. will hier allerdings kein durch Arbeitsleistung angesammeltes Zeitguthaben "abfeiern" - ihr Arbeitskontostand beträgt am 26.11. übrigens "0" - , sondern hält sich einfach nicht mehr für verpflichtet, einer Anordnung zu einer 252. ( und weiteren ) Schichten Folge leisten zu müssen. Das Direktionsrecht helfe dem Arbeitgeber ihrer Ansicht nach hier auch nicht weiter, da die Vertragsbestimmung der kalenderjährlichen durchschnittlichen täglichen Arbeitszeit vorrangig sei:

§ 106 Gewerbeordnung
"Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind."

Nachdem der Arbeitgeber Schwester S. die arbeitsvertraglich vereinbarte kalenderjährliche Höchstgrenze von 251. Schichten angeordnet hat, kann er keine weiteren Schichten mehr anordnen. Der AG meint, der Arbeitsvertrag und § 106 GewO bräuchten ihn nicht zu interessieren, wenn er Schwester S. bis zum Jahresende zusätzliche weitere 25 Schichten anordnen will. Auf welcher Rechtsgrundlage sollte er dazu berechtigt sein können?

RK

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#3
 Von 
ratlose mama
Status:
Lehrling
(1346 Beiträge, 508x hilfreich)

Und wie und wann sollen dann die entstandenen Minusstunden ausgeglichen werden?

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#4
 Von 
blaubär+
Status:
Weiser
(17381 Beiträge, 6471x hilfreich)

//// ... sondern hält sich einfach nicht mehr für verpflichtet, einer Anordnung zu einer 252. ( und weiteren ) Schichten Folge leisten zu müssen

Eine Überzeugungstäterin. Soll sie es probieren. 'Versuch macht klug'.
(Was soll man da noch debattieren).

-- Editiert von blaubär+ am 21.11.2020 14:49

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#5
 Von 
Alter Mann
Status:
Beginner
(64 Beiträge, 20x hilfreich)

Hallo RrkOrtmann,
debattieren lohnt da wirklich nicht mehr, obwohl Sie mit Ihrer Rechtsauffassung falsch liegen und die Bestimmungen ebenso falsch auslegen.
Bevor Sie nicht mehr zum Dienst antreten, sollten Sie vielleicht vorher, sofern vorhanden, die Mitarbeitervertretung befragen. Vielleicht kann Ihnen auch ein Anwalt helfen, falls Sie dem mehr vertrauen. Hier haben Sie ja die Möglichkeit dazu...
Da bleibt nur noch alles Gute zu wünschen.

-- Editiert von Alter Mann am 22.11.2020 08:14

Signatur:

Herzliche Grüße,
A.M.

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#6
 Von 
user08154711
Status:
Lehrling
(1897 Beiträge, 278x hilfreich)

Zitat (von RrKOrtmann):
Nachdem der Arbeitgeber Schwester S. die arbeitsvertraglich vereinbarte kalenderjährliche Höchstgrenze von 251. Schichten angeordnet hat, kann er keine weiteren Schichten mehr anordnen.
Wo soll das im Arbeitsvertrag stehen? Den Eröffnungsbeitrag richtig gelesen?

Zitat (von RrKOrtmann):
Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt durchschnittlich 39 Stunden wöchentlich.
Das hier ist das einzig interessante. Ich lese da nichts von Jahresarbeitsleistung.

=> Bleibt Schwester S also zu Hause, verweigert sie die Arbeit. Fristlose Kündigung dürfte erfolgen. In diesem Fall auch ohne Abmahnung, da das Verhalten sich aufgrund einer Abmanung nicht ändern würde.

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#7
 Von 
Anami
Status:
Unbeschreiblich
(31998 Beiträge, 5631x hilfreich)

Zitat (von RrKOrtmann):
Darf Schwester S. im Dezember zuhause bleiben,
Ja, wenn sie bereit ist, die Konsequenzen zu tragen.
Zitat (von RrKOrtmann):
Auf welcher Rechtsgrundlage sollte er dazu berechtigt sein können?
Evtl. liest man in einer späteren gerichtlichen Entscheidung, ob und auf welcher Rechtsgrundlage der AG das hätte tun können.
Ich meine, die Gewerbeordnung trifft hier nicht zu.
--------------------------------------------
@Alter Mann
Es ist nicht @RrKOrtmann, es ist Schwester S. die solches überlegt.

Signatur:

Ich schreibe hier nur meine Meinung.

0x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(119644 Beiträge, 39758x hilfreich)

Zitat (von RrKOrtmann):
Aus der Vereinbarung des Ausgleichszeitraums von einem Kalenderjahr für den Durchschnitt der täglichen Arbeitszeit von 7,8 Stunden ergibt sich, dass sie an 251 Tagen zur Arbeit verpflichtet werden kann.

Eine sehr gewagte Theorie für die es mir an einer belastbaren Rechtsgrundlage fehlt.


Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

0x Hilfreiche Antwort

#9
 Von 
user08154711
Status:
Lehrling
(1897 Beiträge, 278x hilfreich)

Zitat (von Harry van Sell):
Eine sehr gewagte Theorie für die es mir an einer belastbaren Rechtsgrundlage fehlt.
Wie bei vielen Aussagen von RrKOrtmann.

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