Kann Arbeitgeber Trinkgeld verbieten?

6. April 2020 Thema abonnieren
 Von 
Hnasi33
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 0x hilfreich)
Kann Arbeitgeber Trinkgeld verbieten?

Fiktiver Fall:

Ist der Arbeitgeber befugt, zB in einen Supermarkt oder in einer Bäckerei per Dienstanweisung den Arbeitnehmer die Annahme von Trinkgeld zu untersagen? Gibt der Kunde dennoch Trinkgeld, ist es richtig, dieses Geld als Fundgeld zu bewerten, sodass der Arbeitnehmer dieses Geld in die Kasse schmeißen muss?

Denn eigentlich ist der Arbeitgeber doch nicht befugt, das Trinkgeld einzubehalten.
Ist er aber tatsächlich befugt, die Annahme zu verbieten, und sollte es dann dennoch zu einer Gabe von Trinkggeld kommen, dieses auf Grundlage von "Fundgeld" einzubehalten?

Danke für die Hilfe

-- Editiert von Hnasi33 am 06.04.2020 10:59

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9 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
blaubär+
Status:
Weiser
(17440 Beiträge, 6490x hilfreich)

Das Thema hat es schon Mal vor 10 Jahren gegeben:
https://www.frag-einen-anwalt.de/Dienstanweisung-Trinkgeldverbot-rechtens--f116435.html

Tenor: So eine Anweisung ist bindend. Allein die Deklaration als Fundunterschlagung etc. zweifelhaft. Denn Trinkgeld, das der Kunde dir ausdrücklich in die Hand gibt, ist eine Schenkung (die dir jetzt Stress durch den AG bereiten wird). Du wirst den Kunden wohl oder übel darauf hinweisen müssen. Fundgeld könnte gelten, wenn ein Betrag auf einem Tisch liegt.
Eine bessere Lösung - sofern der Chef mit sich reden lässt - könnte sein, Trinkgelder einzusammeln und dann auf alle Angestellten zu verteilen.

-- Editiert von blaubär+ am 06.04.2020 11:36

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#2
 Von 
wirdwerden
Status:
Unbeschreiblich
(38448 Beiträge, 14006x hilfreich)

Trinkgeld ist traditionell einigen Berufszweigen vorbehalten. Im übrigen kann es geschäftsschädigend sein, als Bestechungsgeld klassifiziert werden. Die arbeitsrechtlich konforme Reaktion wäre, dieses zu verweigern, also nicht anzunehmen.

wirdwerden

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#3
 Von 
Hnasi33
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 0x hilfreich)

Danke für die Antworten!

gerade in Zeiten von Corna gestaltet sich ein Hinweis an den Kunden doch gerade schwierig, da Kunden gerne ds restliche Wechselgeld als Trinkgeld dalassen, um näheren Kontakt möglichst zu minimieren. mMn ist dieses Geld auch immer ausdrücklich als Trinkgeld deklariert, da der Kunde wohl doch zumindest konkludent anzeigt, dass dies für den Arbeitnehmer bestimmt ist.

Das heißt doch schlussendlich, man hat einen fälligen und durchsetzbaren Anspruch auf das Geld, macht sich also nicht strafbar wenn man es an sich nimmt, es kann lediglich Arbeitsrechtlich problematisch sein? Was ist, wenn der Arbeitgeber einen dazu zwingt, dieses dann in die Kasse zu schmeißen? Wäre dies als Unterschlagung gem. § 246 StGB zu werten, da der Arbeitgeber keinen Anspruch auf das Trinkgeld hat?

gerade in einen Supermakt und einer Bäckerei halte ich die Annahme von Bestechlichkeit bei Entgegennehmen von Trinkgeld doch sehr überzogen

-- Editiert von Hnasi33 am 06.04.2020 11:53

-- Editiert von Hnasi33 am 06.04.2020 11:54

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#4
 Von 
spatenklopper
Status:
Gelehrter
(10701 Beiträge, 4210x hilfreich)

Zitat (von Hnasi33):
gerade in einen Supermakt und einer Bäckerei halte ich die Annahme von Bestechlichkeit bei Entgegennehmen von Trinkgeld doch sehr überzogen


Die Chance zu Annahme der Bestechlichkeit war noch nie so hoch, wie zum aktuellen Zeitpunkt.
Ich kann mich nicht daran erinnern, dass wir schon mal Rationierungen verschiedener Artikel hatten (Nudeln, Mehl, Klopapier, Haushaltstücher, Zucker, Milch (in einigen Märkten), Desinfektionsmittel, Einweghandschuhe, Atemmasken (sofern überhaupt erhältlich).....

Zitat (von Hnasi33):
mMn ist dieses Geld auch immer ausdrücklich als Trinkgeld deklariert, da der Kunde wohl doch zumindest konkludent anzeigt, dass dies für den Arbeitnehmer bestimmt ist.


Dem stelle ich entgegen, dass der Kunde das bestimmt dem Unternehmer zukommen lassen will, weil der ja die Versorgung sichert. ;)

Wie Du siehst, von beiden Seiten gesehen eine gewagte These.

Zitat (von Hnasi33):
Das heißt doch schlussendlich, man hat einen fälligen und durchsetzbaren Anspruch auf das Geld, macht sich also nicht strafbar wenn man es an sich nimmt, es kann lediglich Arbeitsrechtlich problematisch sein? Was ist, wenn der Arbeitgeber einen dazu zwingt, dieses dann in die Kasse zu schmeißen? Wäre dies als Unterschlagung gem. § 246 StGB zu werten, da der Arbeitgeber keinen Anspruch auf das Trinkgeld hat?


Schlussendlich bedeutet das, wenn es der Arbeitgeber anders sieht, eine Anzeige wegen Diebstahl, sowie den Verlust des Arbeitsplatzes.
Und das dann alles für 23 Cent Wechselgeld.....

-- Editiert von spatenklopper am 06.04.2020 12:06

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#5
 Von 
guest-12325.11.2022 10:42:04
Status:
Praktikant
(696 Beiträge, 109x hilfreich)

Wie/woher erfährt der Chef denn vom Trinkgeld?

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#6
 Von 
Hnasi33
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 0x hilfreich)

Nochmals mein Dankeschön für die Antworten

Das dies den Verlust des Arbeitplatzes zur Folge haben kann, ist mir nach den bisherigen Antworten bewusst.

Mich interessiert nun jedoch die strafrechtliche Bewertung:
Eine Anzeige wegen Diebstahl von seiten des Arbeitgebers wird wohl sicher nicht durchgehen, da ein fälliger und durchsetzbarer Anspruch auf das Trinkgeld (soweit eindeutig als solches deklariert) besteht.
Ich frage mich, ob man selbst den Arbeitgeber wegen Unterschlagung anzeigen kann, wenn dieser einen zwingt, dass Trinkgeld in die Kasse zu schmeißen? Mal ganz ohne die Arbeitsrechtliche Bewertung, dass dies zur Abmahnung und Kündigung führen kann wurde hier bereits verständlich und nachvollziehbar erläutert

Wenn der Kunde sagt: "Das Weschselgeld können Sie behalten" oder "der Rest ist für Sie", ist dies doch mMn eindeutig für den Arbeitnehmer deklariert. Anders wohl, wenn es wortlos liegen gelassen wird. Dann ist eine Deklarierung als Fundgeld durchaus nachvollziehbar

@TidoZett

Dadurch, dass der Arbeitgeber vor Ort ist

-- Editiert von Hnasi33 am 06.04.2020 12:15

-- Editiert von Hnasi33 am 06.04.2020 12:16

0x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
blaubär+
Status:
Weiser
(17440 Beiträge, 6490x hilfreich)

#3 /// ... Kunden gerne ds restliche Wechselgeld als Trinkgeld dalassen
/// Wenn der Kunde sagt: "Das Weschselgeld können Sie behalten" oder "der Rest ist für Sie", ist dies doch mMn eindeutig für den Arbeitnehmer deklariert. Anders wohl, wenn es wortlos liegen gelassen wird. Dann ist eine Deklarierung als Fundgeld durchaus nachvollziehbar

Da halte ich doch die Deutung dieser Praxis als 'Trinkgeld' für reichlich gewagt - für mein Empfinden gehört dieser Cent-Überschuss klar in die Kasse. Weil es eben nicht die deutliche Schenkung als Dank für guten Service ist.
Da könntest du mit deiner vermeintlich nachvollziehbaren Deklarierung wirklich eine Bauchlandung hinlegen, zumal in einer Bäckerei an der Kasse nun wirklich kein individuell herausragender Service stattfindet. Dieses 'Den Rest können Sie behalten' meint ja nicht dich als Person, sondern den Repräsentaten der Bäckerei, der nun mal gerade zufällig da steht und kassiert.

# Im Übrigen ist dies ein Arbeitsrechtsforum - Strafrecht spielt woanders.
Wenn eine Anzeige des AG wegen Diebstahls nicht durchgeht, dürfte dasselbe für eine Gegenanzeige wegen Unterschlagung gelten - aber: andere Baustelle, wie gesagt.

Und arbeitsrechtlich begibst du dich auf einen Schleudersitz, wenn du unbefugt Geld aus der Kasse nimmst.
Sowas zieht auch schon Mal die Fristlose nach sich und sowas haben Gerichte auch schon bestätigt.

Aber wenn dir danach ist, kannst du die Sache ja durch die Instanzen klagen.

0x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
Hnasi33
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 0x hilfreich)

"'Den Rest können Sie behalten' meint ja nicht dich als Person, sondern den Repräsentaten der Bäckerei, der nun mal gerade zufällig da steht und kassiert."

Dem Stimme ich nicht zu! Würdest du beim Kunden nachfragen, für wen dieses Geld gedacht ist, werden 99% der Kunden antworten, das Geld ist für den Arbeitnehmer gedacht- da bin ich mir sicher und spreche aus Erfahrung

"der Rest ist für Sie" deutet doch wohl eindeutig auf einen Schenkungsvertrag zwischen Arbeitnehmer und Kunde hin. In der Gastronomie wird mit Sicherheit auch keine andere Terminologie verwendet.... Die Höhe des Trinkgelds, bzw. das Motiv der Schenkung (ala guter Service) ist doch hier völlig irrelevant, um zu bewerten, ob es sich um eine Schenkung gegenüber des Arbeitnehmers oder um eine Schenkung gegenüber der Firma handelt. Viel mehr ist im Sinne des objektiven Empfängerhorizonts zu bewerten, wem der Kunde die Schenkung zukommen lassen möchte. Und mit "Der Rest ist für Sie", wurde verbal eindeutig ausgedrückt, wohin das Geld gehen soll.

Da hier Rechtsberatung nicht legal ist, möchte ich noch einmal klar stellen, dass es um einen fiktiven Fall geht, und ich mich nicht durch irgendwelche Instanzen klagen möchte!!!

Arbeitsrechtlich ist die Sache klar, es führt zur Kündigung! - aber diese dürfte sich nicht auf das Einbehalten des Trinkgelds stützen, sondern lediglich darauf, dass man ein solches überhaupt angenommen hat.

und es ist sicher ungeschickt, hier jetzt eine strafrechtliche Nachfrge im Arbeitsrecht Forum zu stellen, aber deswegen einen neuen Fred aufzumachen ist doch auch blöd...

Also wieso sollte eine -strafrechtliche- Anzeige wegen Unterschlagung gegenüber den Arbeitgeber nicht durchgehen - vorausgesetzt das Trinkgeld ist eindeutig als solches von Kunden deklariert? MMn ist der Tatbestand von § 246 StGB durch den Arbeitgeber hier eindeutig erfüllt... oder übersehe ich hier ein Tatbestandsmerkmal das fehlt?

-- Editiert von Hnasi33 am 06.04.2020 13:22

-- Editiert von Hnasi33 am 06.04.2020 13:22

-- Editiert von Hnasi33 am 06.04.2020 13:24

0x Hilfreiche Antwort

#9
 Von 
Eidechse
Status:
Senior-Partner
(6998 Beiträge, 3920x hilfreich)

Zitat (von Hnasi33):
najaaaa, "der Rest ist für Sie" deutet doch wohl -eindeutig- auf einen Schenkungsvertrag zwischen Arbeitnehmer und Kunde hin.


Das meinen Sie. Spatenklopper und blaubär+ sehen es anders. Ich sehe es wie spatenklopper und blaubär+. Keinesfalls liegt hier eindeutig ein Schenkungsvertrag zwischen Kunde und Verkäufer persönlich vor.

Wenn Sie auf die Gastronomie verweisen, vergleichen Sie Äpfel mit Birnen. Sie lassen nämlich die Verkehrssitte völlig außer Betracht. In der Gastronomie gibt es die nämlich, dass man sich mit dem sog. Trinkgeld für die Serviceleistung des bedienenden Personals bedankt und dieses dem Personal zukommen soll. Eine solche Verkehrssitte sehe ich für Bäckereien oder Supermärkte nicht. Da ist die Nichtannahme von Wechselgeld durch den Kunden bereits die Ausnahme.

Und dass der Verkäufer direkt angesprochen wird, ist auch nicht ungewöhnlich, zeigt aber auch nicht konkret, dass das Wechselgeld als Trinkgeld wirklich dem Verkäufer zukommen soll. Das direkte Ansprechen entspricht nur der gewöhnlichen Kommunikation. Wenn der Kunde beim Bäcker praktisch den Kaufvertrag über sein Brötchen abschließt, wird er ja auch nicht sagen "Lieber Verkäufer als Vertreter der Bäckerei XYZ bitte verkaufen Sie mir ein Brötchen." Das wird wohl auch eher so ablaufen, dass der Kunde sagt "Geben Sie mir bitte ein Brötchen." Bei dieser Wortwahl würde ja auch keiner auf die Idee kommen, dass der Kunde mit dem Verkäufer persönlich einen Kaufvertrag über das Brötchen schließen will.

Zitat (von Hnasi33):
und es ist sicher ungeschickt, hier jetzt eine strafrechtliche Nachfrge im Arbeitsrecht Forum zu stellen, aber deswegen einen neuen Fred aufzumachen ist doch auch blöd...


Na ja, im Unterforum Arbeitsrecht wird man wohl in aller erster Linie auf Personen treffen, die sich für Arbeitsrecht interessieren. Hier strafrechtliche Bewertungen zu erhalten, dürfte schwierig werden. Strafrecht ist so gar nicht meins und daher werde ich mich auch diesbezüglich enthalten. Machen hier offenbar aber so einige.

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