Hallo,
ich arbeite nun ca. seit einem Jahr festangestellt für eine recht große Digitalagentur. Kurz zu den Rahmenbedingungen:
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Wir arbeiten auf Projektbasis, d.h. kommt also z.B. ein neues Projekt zustande, werden dann dementsprechend verschiedene Mitarbeiter ausgewählt, die auf dieses Projekt arbeiten. Unsere Zeiterfassung basiert auf Vertrauensarbeitszeit, welche in einem Intranet-System erfasst wird (meist täglich bis alle zwei/drei Tage), welches automatisch Überstunden bzw. Minusstunden erfasst (bspw. bei einem früheren Nachhausegehen). Mein Arbeitsvertrag ist auf eine Richt- (!) Arbeitszeit mit 40h pro Woche festgelegt, Zitat aus dem Vertrag:
Zitat:
Nicht in erster Linie die aufgewandte Zeit, sondern die Funktion und sachgerechte Erfüllung der mit dieser Funktion verbundenen Aufgaben bestimmen den Inhalt des Arbeitsverhältnisses. Die Dauer und Lage der täglichen Arbeitszeit bestimmen Sie entsprechend der Ihnen gestellten Aufgaben selbst. [...] Sie erklären sich bereit, bei Bedarf und Anordnung in angemessenem Umfang Mehr- bzw. Überarbeit zu erbringen.
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Nun hatte ich vor zwei Wochen das erste Mal den Fall, dass ein Kunde ein Projekt spontan pausiert hat, wodurch ich plötzlich keine Beschäftigung für einige Tage mehr hatte. Hierauf hatte ich mich dann an meine Kollegen und meine Teamleitung gewandt, ob sie weitere Aufgaben für mich hätten, was so spontan aber nicht möglich war. Da ich nicht absichtlich Minusstunden machen wollte welche ich hätte nacharbeiten müssen blieb ich im Office und habe versucht mich für kommende Projekte vorzubreiten, indem ich Software recherchiert habe welche in der Zukunft nützlich sein könnten. Diese Zeit habe ich natürlich ebenfalls in die Zeiterfassung als "Leerlauf & Weiterbildung" eingetragen, da ich ja entsprechend anwesend und meine Arbeitskraft so vertraglich vereinbart anbieten wollte, allerdings keine Aufgaben da waren, was soweit ich weiß als betriebliches Risiko (Stichwort Annahmeverzug?) gilt und nicht einfach auf den Mitarbeiter abgewälzt werden kann.
Nun habe ich vor einigen Tagen eine Mail des an unserem Standort höchsten Vorgesetzt bekommen, was ich mir denke Leerlauf einzutragen, Zitat "Leerlauf Stunden schreiben geht gar nicht." Ich war erstmal etwas perplex da wir in unserem Bereich sonst wirklich immer einen astreinen Job machen und uns wirklich reinhängen, teilweise sogar während Krankheit im Homeoffice arbeiten damit Projekte sauber fertiggestellt werden können, dies war auch der erste Fall innerhalb des ganzen Jahres und ich hatte mich proaktiv um mögliche Aufgaben umgeschaut, welche schlichtweg so kurzfristig nicht möglich waren.
Nun kommt aber der Gedankengang der mir als Arbeitnehmer alles andere als legitim vorkommt – dieser Vorgesetzte ist nun der Meinung er könne uns in so einem Fall nach Hause schicken und verlangen Minusstunden zu schreiben, praktisch als wäre ich an diesem Tag freiwillig früher nach Hause gegangen. Das Problem ist, Minusstunden müsste ich ja erst wieder aufarbeiten (quasi umsonst, wenn ich dem zustimmen würde die Stunden mit Leerlauf nicht meinem Konto hinzuzufügen), was ich als nicht tragbar ansehe, wenn dieser Ausfall nicht durch mich verschuldet ist.
Nun meine Frage: Laut meinem Empfinden darf ich meine Stunden sehr wohl schreiben, da ich ja ausdrückliche meine Arbeitskraft anbiete, wenn daraufhin dann keine Aufgaben vergeben werden können sehe ich hier keine Grundlage zu Minusstunden gezwungen zu werden. Ich habe zu diesem Thema diesen Artikel gefunden:
https://www.hensche.de/Minusstunden_Arbeitszeitkonto_Minusstunden_nur_bei_Arbeitszeitkonto-Vereinbarung_Minusstunden_LAG_Rheinland-Pfalz_3Sa493-11.html
wo es auch heißt:
Zitat:Arbeitszeitkonten sollen dem Arbeitgeber zwar die Möglichkeit geben, die Arbeitskraft seines Arbeitnehmers flexibel zu nutzen. Das rechtliche und wirtschaftliche Risiko, keine Verwendung für die Arbeitskraft zu haben, bleibt aber weiterhin bei ihm. Entscheidet allein der Arbeitgeber über die zeitliche Lage und die Dauer der Arbeit und entstehen dabei Minusstunden, hat der Arbeitnehmer nicht zu wenig gearbeitet, sondern der Arbeitgeber zu wenig Arbeit zugewiesen. Dann ist er mit der Annahme der Arbeitsleistung in Verzug und muss den Lohn auch ohne Arbeitsleistung bezahlen, und zwar ohne Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Nacharbeit, vgl. § 615 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Liege ich nun im Recht oder nicht?
-- Editiert von crypt am 13.11.2018 13:26
-- Editiert von crypt am 13.11.2018 13:34