Hallo liebes Forum,
ich habe ein etwas kurioses Anliegen, das mir Kopfschmerzen bereitet. Erstmal kurz die Vorgeschichte:
Ich bin jetzt seit März 2018 für eine sogenannte Dialogagentur tätig, heißt im Prinzip für Hilfsorganisationen auf der Straße stehen und Spenden sammeln. Ich weiß, nicht das beliebteste Jobfeld, mir ist leider erst später klargeworden, dass das auch berechtigt ist.
Angefangen habe ich als Dialoger für Mindestlohn, irgendwann im Sommer war ich dann Teamleiter für circa 11 Euro die Stunde... und im Januar hat man mich gekündigt. Wobei Kündigung hier der falsche Ausdruck ist. Man hat mir einen Aufhebungsvertrag vor die Nase gepfeffert und meinte, ich solle den einfach unterschreiben und gut ist. Ich fragte, ob das einer fristlosen Kündigung gleichkäme, und wieso ich das denn unterschreiben solle. Fragende Blicke von meinem direkten Vorgesetzten, diese Situation war anscheinend neu.
Kurze Randnotiz: Meine Lebensgefährtin arbeitet ebenfalls in der Agentur -seit zwei Jahren- und gilt als unentbehrliche Mitarbeiterin.
Ich habe dann angeboten, mich einfach ins Büro versetzen zu lassen, in der Telefonie zu arbeiten o.Ä. Vor der Angst, gleich zwei Mitarbeiter - oder vielmehr einen wichtigen Mitarbeiter - zu verlieren bot man mir eine neue Beschäftigung und lud mich zu einem Gespräch am nächsten Tag ein. Der Geschäftsführer und seine rechte Hand/Chefin der Personalabteilund saßen im Raum und erklärten mir meine neue Tätigkeit (ich versuche, mich kurz zu fassen).
Ich solle nach neuen Standplätzen suchen, in ungefähr zehn Städten. Bestenfalls in jedem Stadtteil ein, zwei Standplätze. Ein wichtiges Zitat aus dem Gespräch: "Wir gucken mal so zwei Monate wie das läuft, und dann schauen wir weiter!"
Dieser Aufgabe bin ich mMn mehr als zufriedenstellend nachgekommen, habe die Deadlines unterboten und trotzdem weitaus mehr als meinen Soll getan. Unbezahlte Überstunden, handwerkliche Arbeiten im Büro, um zwölf Uhr nachts noch einmal aufstehen, um einem neu angereisten Dialoger die Tür zum Büro zu öffnen, all das war für mich normal. Ich fühlte mich auch geschätzt für meine Arbeitsleistung.
Am 18.03.2019 bekam ich dann eine 'fristgerechte ordentliche Kündigung zum 31.03.2019' per Einschreiben zugestellt. Kurz bevor ich den Brief las, bat mich die Personalchefin um ein Telefongespräch, ich rief sie danach an. Mir wurde kein wirklich triftiger Grund für die Kündigung genannt. Irgendetwas von fehlender Kommunikation und 'vielen kleinen Dingen, die nicht passen würden'. Der Vertrag sei ja eh befristet festgesetzt worden, sagte man mir am Telefon.
Ich könnte jetzt noch verschiedene Sachen anbringen, zum Beispiel warum ich wirklich gekündigt worden bin (habe am 18.03 mein 'Projekt' zufriedenstellend beendet), aber all dies könnte auch einfach nur das wirre Verschwörungschaos eines vor Kurzem gekündigten Menschen sein.
Meine Frage(n):
- Ist ein mündlicher befristeter Arbeitsvertrag eigentlich möglich? Ich habe keinen neuen Arbeitsvertrag in schriftlicher Form und keine Kündigung zu meinem alten Arbeitsverhältnis bekommen.
- Man hat mich 'Unter Anrechnung meiner Urlaubstage und Überstunden' vom 18. bis zum 31.03.2019 freigestellt, obwohl ich für diesen Zeitraum noch normal weiterarbeiten wollte, geht das einfach so?
- Kann und sollte ich dagegen vorgehen? Ich weiß nicht, ob ich in dem Betrieb noch langfristig arbeiten möchte, aber mich innerhalb von zwei Wochen zu kündigen finde ich sehr happig. Ich habe auch momentan noch keinen neuen Job gefunden, was mir doppelt Sorgen bereitet.
Ich danke für Eure Zeit, entschuldigt die Textwand!
Mündlicher Arbeitsvertrag - befristet?!
Arbeitsrechtlicher Notfall?
Arbeitsrechtlicher Notfall?
/// Ist ein mündlicher befristeter Arbeitsvertrag eigentlich möglich?
Definitiv nicht. Ein befristeter AV muss schriftlich und vor Arbeitsaufnahme abgeschlossen sein. Siehe TzBfrG § 14 Abs. "(4) Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform".
Du hast oder hättest also einen unbefristeten AV.
Freistellung: Ja, der AG kann dich von der Arbeit freistellen. Bei unwiderruflicher Freistellung auch unter Anrechnung von Urlaub
/// Am 18.03.2019 bekam ich dann eine 'fristgerechte ordentliche Kündigung zum 31.03.2019' per Einschreiben zugestellt.
Die Kündigungsfrist geht keinesfalls in Ordnung.
"BGB § 622
Kündigungsfristen bei Arbeitsverhältnissen
(1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden."
Der 18. war ein Montag, an dem Tag ist die Kündigung zugegangen. Der Tag der Zustellung zählt bei der Frist nicht mit - somit kann der AG nicht zum 30. März, aber auch nicht zum 15. April kündigen, sondern erst zum 30. April. (§187 BGB
) Du könntest also 1 Monat rausschinden.
/// Kann und sollte ich dagegen vorgehen?
Gegen die Kündigung kannst du K-Schutzklage erheben vor dem Arbeitsgericht; die Frist dafür beträgt drei Wochen ab Datum der Zustellung. Nicht zu beantworten von außen ist, ob du auch solltest. Das musst du selbst wissen.
Nachbemerkung: der ganze lange Vorspann war m.E. nicht wirklich nötig, das Problem zu erklären.
-- Editiert von blaubär+ am 25.03.2019 11:19
Vielen Dank erstmal, Blaubär,
das mit dem Vorspann verstehe ich. Bin noch etwas aufgewühlt und wollte mit dem Vorspann anzeigen, dass es sich hier nicht um einen regulären und anscheinend auch nicht um einen 'fairen' Betrieb handelt.
Nur kurz zu der Freistellung: Also gibt es so etwas wie Zwangsurlaub o.Ä? Mir wurde als Begründung genannt 'Damit ich mich fokussieren und mir einen neuen Job suchen könne'. Hielt ich für eher scheinheilig und suspekt, hatte das Gefühl, man möchte mir einfach meine Urlaubstag absprechen.
Auf Frag-einen-Anwalt.de antwortet Ihnen ein Rechtsanwalt innerhalb von 2 Stunden. Sie bestimmen den Preis.
Ja, du hast offenbar einen. Den beendet der tolle AG nun zum 31.3. Du bist länger als 6 Monate dort beschäftigt.ZitatIst ein mündlicher befristeter Arbeitsvertrag eigentlich möglich? :
Das mit dem Aufhebungsvertrag ist Schnee von gestern.
Die Kündigungsfrist müsste man prüfen. Auf welchen Vertrag bezieht sich die Kündigung?
Wie viele Mitarbeiter hat der Betrieb/AG? Ist das ein Kleinbetrieb?
Soso.ZitatAm 18.03.2019 bekam ich dann eine 'fristgerechte ordentliche Kündigung zum 31.03.2019' per Einschreiben zugestellt. :
Ich empfehle: Auf jeden Fall dagegen vorgehen.ZitatKann und sollte ich dagegen vorgehen? :
Falls KS-Klage möglich ist, Klage beim zuständigen Arbeitsgericht einreichen. Dort bei der Rechtsantragstelle melden. Dort wird geholfen bei der Formulierung. Kostet nichts. Anwalt noch nicht nötig.
Ja, Freistellung nach Kündigung geht. Ist erlaubt und wird verbreitet angewendet.
Zitat:
Das mit dem Aufhebungsvertrag ist Schnee von gestern.
Stimmt schon, aber seitdem habe ich mehr und mehr das Gefühl, einen dubiosen Arbeitgeber zu haben.
Zitat:
Die Kündigungsfrist müsste man prüfen. Auf welchen Vertrag bezieht sich die Kündigung?
Ich wünschte, ich wüsste es. Man hat mir damals auch gesagt ich brauche keinen neuen Arbeitsvertrag, weil dies ja nur eine Vertragserweiterung darstelle, also gehe ich davon aus, dass es um den seit März/April 2018 bestehenden Vertrag geht.
Zitat:
Wie viele Mitarbeiter hat der Betrieb/AG? Ist das ein Kleinbetrieb?
Schwer zu sagen, haben deutschlandweit mehrere Büros, wenns nach festangestellten geht würde ich so auf 20-30 tippen, falls kurzfristige Beschäftigungen zählen gut und gern mal das dreifache, eventuell mehr.
Zitat:Ich empfehle: Auf jeden Fall dagegen vorgehen.
Falls KS-Klage möglich ist, Klage beim zuständigen Arbeitsgericht einreichen. Dort bei der Rechtsantragstelle melden. Dort wird geholfen bei der Formulierung. Kostet nichts. Anwalt noch nicht nötig.
Okay, mache ich auf jeden Fall!
Zitat:
Ja, Freistellung nach Kündigung geht. Ist erlaubt und wird verbreitet angewendet.
Das wusste ich noch gar nicht, kam auch noch nie bei mir vor. Ich war nur vor den Kopf gestoßen, weil ich meine Arbeitskraft angeboten habe und man mich dann vor vollendete Tatsachen gestellt hat. Aber naja, in der Theorie habe ich ja keinen Schaden dadurch.
Danke auf jeden Fall für die Antwort!
# 3 anami "Ja, du hast offenbar einen"
Dieses Spielchen mit der Formulierung *ist das möglich* von seiten der Fragesteller !
Der Fragesteller will doch nicht wissen, ob der AG de facto und sozusagen rein technisch so handeln kann, wie er es ja tatsächlich erlebt, sondern ob er (rechtlich) darf. Natürlich KANN jemand mich so und so beschimpfen, denn er tut es / hat es getan. Heißt aber nicht, dass ich mir das auch bieten lassen muss. Es gibt auch so etwas wie sinngemäßes Beantworten einer Frage.
Das ziehe ich also zurück.ZitatJa, du hast offenbar einen. :
Denn:
ZitatDefinitiv nicht. Ein befristeter AV muss schriftlich und vor Arbeitsaufnahme abgeschlossen sein. :
Vielen Dank, das wusste ich bisher definitiv nicht.
ZitatNur kurz zu der Freistellung: Also gibt es so etwas wie Zwangsurlaub o.Ä? Mir wurde als Begründung genannt 'Damit ich mich fokussieren und mir einen neuen Job suchen könne'. Hielt ich für eher scheinheilig und suspekt, hatte das Gefühl, man möchte mir einfach meine Urlaubstag absprechen. :
Theoretisch und praktisch durchaus möglich, nicht wenige AG scheitern bei der wirksamen Freistellung, unter Berücksichtigung von Überstunden und Urlaub, aber an der Formulierung.
Von daher ist hier der genaue Wortlaut relevant, mit dem die Freistellung ausgesprochen wurde.
Musst Du hier jetzt aber nicht breittreten, das prüfen die Rechtspfleger am Arbeitsgericht bei der Klageformulierung mit.
-- Editiert von spatenklopper am 25.03.2019 13:29
@MitgenommenerMitarbeiter, die Kündigungsfrist dürfte sich hier nach dem BGB richten, die vom AG verwendete ist viel zu kurz. Da Sie keinen Vertrag haben, gilt automatisch das Gesetz für Sie.
Urlaub muss sogar laut Gesetz genommen werden, wenn das nicht geht, dann wird ausbezahlt.
blaubär+ Danke für diese Erläuterung. Mich nervt das ja schon lange, dass manche der Antwortenden so auf einzelnen Formulierungen rumreiten.
@Anami, bitte nicht falsch verstehen,ich meine damit nicht Dich
-- Editiert von altona01 am 25.03.2019 13:30
Und jetzt?
- Keine Terminabsprache
- Antwort vom Anwalt
- Rückfragen möglich
- Serviceorientierter Support
- Kompetenz und serviceoriente Anwaltsuche
- mit Empfehlung
- Direkt beauftragen oder unverbindlich anfragen
Jetzt Anwalt dazuholen.
Für 60€ beurteilt einer unserer Partneranwälte diese Sache.
- Antwort vom Anwalt
- Innerhalb 24 Stunden
- Nicht zufrieden? Geld zurück!
- Top Bewertungen
-
2 Antworten
-
4 Antworten
-
2 Antworten
-
4 Antworten
-
8 Antworten
-
2 Antworten
-
69 Antworten
-
24 Antworten
-
24 Antworten
-
21 Antworten
-
19 Antworten