Rufbereitschaft = Arbeit auf Abruf?

26. Mai 2024 Thema abonnieren
 Von 
RrKOrtmann
Status:
Lehrling
(1740 Beiträge, 708x hilfreich)
Rufbereitschaft = Arbeit auf Abruf?

Schwester S. leistet regelmäßig innerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an nach dem Dienstplan festgelegten Kalendertagen Vollzeit-Arbeit, d.h. "dienstplanmäßige Arbeit" im Sinne der in ihrem Arbeitsvertrag in Bezug genommenen AVR:

"Dienstplanmäßige Arbeit ist die Arbeit, die innerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an den nach dem Dienstplan festgelegten Kalendertagen regelmäßig zu leisten ist."

Nun ist ihr angeordnet worden, sich "für ein Zeitfenster von bis zu zwei Stunden an einer dem Dienstgeber anzuzeigenden Stelle bereit zu halten, um auf Abruf am gleichen Kalendertag die Vertretung für eine andere Mitarbeiterin im Dienstplan zu übernehmen."

An dem betreffenden Kalendertag ist für sie im Dienstplan keine Arbeit festgelegt worden.

Über die Inbezugnahme der AVR hat sich Schwester S. verpflichtet, "Plusstunden" in folgendem Sinne ....

"Plusstunden sind die über die jeweilige monatliche Soll-Arbeitszeit einer Mitarbeiterin
hinaus geleisteten Arbeitsstunden. Die monatliche Soll-Arbeitszeit
einer Mitarbeiterin ergibt sich aus der Multiplikation der durchschnittlichen täglichen Arbeitszeit einer Mitarbeiterin von 7,8h mit der Anzahl der Wochentage von Montag bis Freitag in dem jeweiligen Kalendermonat, reduziert um einen Tag für jeden Feiertag sowie jeweils den 24. und den 31. Dezember eines Kalenderjahres, wenn diese Tage auf einen Wochentag zwischen Montag und Freitag fallen."


[ Anmerkung: mittlerweile ist der Wortlaut der Bestimmung geändert worden in "von Montag bis Freitag" aufgrund der Praxis von Dienstgebern, einen Vorwegabzug nur für die auf Wochentage "zwischen Montag und Freitag" fallenden Wochentage, d.h. nur für auf Dienstag bis Donnerstag fallende Feiertage und Vorfesttage vorzunehmen. ]

... unter folgenden Voraussetzungen zu leisten:

"Plusstunden sind im Rahmen der dienstplanmäßigen Arbeit von allen vollbeschäftigten Mitarbeiterinnen zu leisten."

Schwester S. hat sich zur Leistung von Plusstunden also nur insoweit verpflichtet, wie diese über das Monats-Soll hinaus im Dienstplan geplant sind. Wenn Schwester S. an ihrem im Dienstplan mit "Frei" eingetragenen Tag ein Sich-Bereithalten für die Entgegennahme von "Rufen" angeordnet bekam - dann wären ihr für diesen Tag außerdienstplanmäßig angeordnete Arbeitsstunden keine "Plusstunden" und deshalb nicht von ihrer Verpflichtung zur Leistung von "Plusstunden" umfaßt.

Schwester S. hat sich jedoch auch zu "Überstunden" im Sinne der AVR ....

"Überstunden entstehen, wenn die monatliche Plusstundengrenze von 30 Stunden überschritten wird, sofern diese Arbeitsstunden angeordnet oder genehmigt sind."

... verpflichtet:

"Überstunden sind von vollbeschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf Anordnung zu leisten. Soweit ihre Notwendigkeit voraussehbar ist, sind sie spätestens am Vortage anzusagen."

Danach wären die von ihr auf Abruf am selben Tag zu leistenden Arbeitsstunden auch (noch) keine Überstunden und daher nicht von ihrer Überstunden-Leistungspflicht erfaßt, soweit die im Dienstplan geplanten Stunden die Plusstundengrenze von 30 Stunden noch nicht überschritten hätten.

Über eine Änderung der AVR sind unterschiedliche Zuschläge für die Ableistung "außer-dienstplanmäßiger" Arbeit durch "Übernahme" einer Vertretung "für"(!) eine andere Mitarbeiterin im Dienstplan vereinbart:

"Die Mitarbeiter sind verpflichtet, sich auf Anordnung des Dienstgebers für ein Zeitfenster von bis zu zwei Stunden an einer der Dienstgeberin bzw. dem Dienstgeber anzuzeigenden Stelle bereit zu halten, um auf Abruf am gleichen Kalendertag die Vertretung für eine andere Mitarbeiter im Dienstplan zu übernehmen (Vertretungsbereitschaft). Dienstgeber kann zur Erreichung einer vertretungssicheren Dienstplanung monatlich bis zu drei Vertretungsbereitschaft anordnen, um durchschnittliche Kranken- und Urlaubsquoten und andere Abwesenheiten operativ disponieren zu können. Eine Ausweitung ist nur im Einvernehmen mit der Mitarbeiterin bzw. dem Mitarbeiter oder durch Dienstvereinbarung möglich.

Für die Zeit der Vertretungsbereitschaft erhält die Mitarbeiterin einen Vertretungszuschlag in Höhe von 30 € je Vertretungsbereitschaft. Wird die Mitarbeiterin in der Zeit der Vertretungsbereitschaft zur Übernahme einer Vertretung abgerufen, erhöht sich der Zuschlag auf 45 €. Die im Rahmen der Übernahme der Vertretung geleisteten Arbeitsstunden sind Arbeitszeit."


Die von der Anordnung dieser speziellen Art von "Rufbereitschaft" betroffene Schwester S. ist der Meinung, auf "Abruf" außerdienstplanmäßige Arbeit nicht leisten zu müssen, solange diese Arbeitszeit weder "Plusstunden" ( da nicht im Rahmen dienstplanmäßiger Arbeitszeit ) noch "Überstunden" ( da die Überplanung der Monats-Sollzeit mit Plusstunden die Grenze von 30 Stunden noch nicht erreicht hat ) sind, zu deren Ableistung sie sich verpflichtet hat.

Außerdem fragt sich Schwester S., inwieweit es sich bei diesen ominösen außerplanmäßig anordenbaren "Vertretungsstunden auf Abruf" um über den vereinbarten Arbeitszeitumfang hinaus zu leistende Arbeitszeit im Sinne solcher "Überstunden" handeln könnte, wie über sie von einem Arbeitgeber gemäß Nachweisgesetz hinsichtlich der Möglichkeit ihrer Anordung und Voraussetzungen schriftlich zu informieren ist, § 2 Absatz 10 Nachweisgesetz:

"Der Arbeitgeber hat die wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses innerhalb der Fristen des Satzes 4 schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. In die Niederschrift sind mindestens aufzunehmen:

(...)

sofern vereinbart, die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen (...)"


1. Erhält Schwester S. bei Anordnung der "Vertretungsbereitschaft auf Abruf" die Zulage von 30€ auch dann, wenn sie einem Abruf nicht Folge leistet?

2. Erhält Schwester S. bei angeordneter Abrufbereitschaft die erhöhte Zulage von 45€ (schon) dafür, dass sie "in der Zeit der Vertretungsbereitschaft zur Übernahme einer Vertretung abgerufen" wird, auch wenn sie dem Abruf nicht Folge leistet?

3. Ist Schwester S. verpflichtet, bei angeordneter Vertretungsbereitschaft an einem dienstplanmäßig freien Tag einem Abruf auch dann Folge zu leisten, wenn ihre Arbeitszeit dabei weder "Plusstunden", noch "Überstunden" wären, zu denen sie sich verpflichtet hatte?

RK

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2 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
amz621718-85
Status:
Schüler
(481 Beiträge, 49x hilfreich)

Zitat (von RrKOrtmann):
Außerdem fragt sich Schwester S., inwieweit es sich bei diesen ominösen außerplanmäßig anordenbaren "Vertretungsstunden auf Abruf" um über den vereinbarten Arbeitszeitumfang hinaus zu leistende Arbeitszeit im Sinne solcher "Überstunden" handeln könnte, wie über sie von einem Arbeitgeber gemäß Nachweisgesetz hinsichtlich der Möglichkeit ihrer Anordung und Voraussetzungen schriftlich zu informieren ist, § 2 Absatz 10 Nachweisgesetz:


Macht es nicht Sinn, dies mit dem Arbeitgeber zu besprechen.. krass, wie so Schwestern immer verarscht werden..

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#2
 Von 
blaubär+
Status:
Legende
(18835 Beiträge, 6900x hilfreich)

Zitat (von amz621718-85):
krass, wie so Schwestern immer verarscht werden..

.... sollte Ironie nicht besser als solche markiert werden? Sie erklärt sich so schlecht aus sich selbst heraus.

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