Sonderzahlungen Ausschluss Rechtsanspruch / Gleichbehandlungsgrundsatz

13. August 2015 Thema abonnieren
 Von 
Sibillchen
Status:
Frischling
(2 Beiträge, 0x hilfreich)
Sonderzahlungen Ausschluss Rechtsanspruch / Gleichbehandlungsgrundsatz

Hallo,
Ich habe folgendes Problem:

Von 2008 - 2012 habe ich als Weinachtsgeld zwei volle Gehälter erhalten und war diesbezüglich besser gestellt als meine Kollegen.
Auf den Abrechnungen stand auch jeweils der Vermerk "erfolgt freiwillig und ohne zukünftigen Rechtsanspruch".
Ab 2013 wurde mir als einzigster Arbeitnehmerin das bislang gezahlte Weihnachtsgeld um die Hälfte gekürzt, obwohl ich diejenige bin, die am wenigsten gesundheitsbedingt ausfällt. An meiner Arbeitsleistung hat sich auch nichts geändert. Mein Chef hat mir keine Gründe für die Kürzung der Sonderzahlungen genannt und verweigert mir die Nachzahlung des gekürzten Betrages. Einen schriftlichen Arbeitsvertrag habe ich nicht.

Ich fühle mich durch diese Handlung benachteiligt und hätte gerne Auskunft diesbezüglich, was ist hier ausschlaggebend: Gewohnheitsrecht, Vermerk dass Zahlung ohne Rechtsanspruch erfolgt, Gleichbehandlungsgrundsatz.

Wäre schön, wenn mir jemand Auskunft geben könnte.

LG Sibillchen

-- Editier von Sibillchen am 13.08.2015 16:26

-- Editiert von Moderator am 14.08.2015 09:43

-- Thema wurde verschoben am 14.08.2015 09:43

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12 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
Kleine Hexe
Status:
Praktikant
(669 Beiträge, 190x hilfreich)

Nr. 1 betrifft das Ganze das Arbeitsrecht
Nr. 2 du warst bisher besser gestellt und jetzt vermutlich gleich
Nr. 3 freiwillig und ohne Rechtsanspruch besagt doch eigentlich alles
Nr. 4 §1 des AGG : Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen
hast du Grund zu der Annahme, dass dein Weihnachtsgeld aus einem der genannten Gründe gekürzt wurde?

Kleine Hexe

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#2
 Von 
asd1971
Status:
Student
(2594 Beiträge, 994x hilfreich)

@ Kleine Hexe

was willst du mit Nr 3 äußern? Es gibt den Begriff der betrieblichen Übung. Schon mal gehört?

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#3
 Von 
Eidechse
Status:
Senior-Partner
(6998 Beiträge, 3920x hilfreich)

Eine betriebliche Übung kann aber nur dann entstehen, wenn der AG gerade nicht darauf hinweist, dass die Zahlung freiwillig erfolgt. Von daher ist man mit der betrieblichen Übung vorliegend bereits an diesem Punkt raus.

Zudem kommt hier noch hinzu, dass betriebliche Übung nur bei kollektiven Sachverhalten entstehen kann. Ich habe die TS aber so verstanden, dass sie die einzige war, die ein Weihnachtsgeld in dieser Höhe bekommen hat.

1x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
Sibillchen
Status:
Frischling
(2 Beiträge, 0x hilfreich)

Danke für Eure Antworten.
Dann habe ich wohl Pech gehabt.
Gruß Sibillchen

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#5
 Von 
blaubär+
Status:
Weiser
(17365 Beiträge, 6466x hilfreich)

Dass du einen Nachteil erleidest, Sibillchen, ist offenkundig. Aber wenn du Gleichbehandlung in die Diskussion wirfst: Worin soll die Gleichheit denn bestehen? Wenn du als einzige zuvor 2 Monatsgehälter W'Geld bekommen hast, bist du ungleich behandelt worden - allerdings im Sinne einer Bevorzugung. Wahrscheinlich wirst du jetzt gleich behandelt, nämlich ggü allen anderen Kolleginnen und Kollegen - erst wenn du im Vergleich zu denen oder ggü dem, was AV oder TV verlangen, schlechter gestellt würdest, kannst du Gleichbehandlung verlangen.
Und der AG ist auf der sicheren Seite, weil er offenbar jedes Mal und jedes Jahr klargestellt hat, dass es sich um eine freiwillige und jederzeit widerrufbare Leistung handelt.
Aber es besteht m.E. ein Defizit in der Kommunikation, wenn der Chef dir jede Antwort verweigert, abgesehen davon, dass darüber vorher hätte gesprochen werden müssen. Schlecht behandelt darfst du dich fühlen - benachteiligt aber nicht.

0x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
guest-12309.07.2016 16:31:25
Status:
Junior-Partner
(5011 Beiträge, 2532x hilfreich)

Zitat (von blaubär+):

Und der AG ist auf der sicheren Seite, weil er offenbar jedes Mal und jedes Jahr klargestellt hat, dass es sich um eine freiwillige und jederzeit widerrufbare Leistung handelt.
.


Irrtum, der AG ist ganz und gar nicht auf der sicheren Seite, wenn er mit dieser Formulierung versucht eine betriebliche Übung zu verhindern. Es käme also auf den genauen Wortlaut der Erklärung an.

http://www.hensche.de/Freiwilligkeitsvorbehalt_kombiniert_mit_Widerrufsvorbehalt_verhindert_keine_Weihnachtsgeld-Betriebsuebung_BAG_10AZR671-09.html

2x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
Eidechse
Status:
Senior-Partner
(6998 Beiträge, 3920x hilfreich)

Zitat (von 1000kleinesachen):
Irrtum, der AG ist ganz und gar nicht auf der sicheren Seite, wenn er mit dieser Formulierung versucht eine betriebliche Übung zu verhindern. Es käme also auf den genauen Wortlaut der Erklärung an.
http://www.hensche.de/Freiwilligkeitsvorbehalt_kombiniert_mit_Widerrufsvorbehalt_verhindert_keine_Weihnachtsgeld-Betriebsuebung_BAG_10AZR671-09.html


Sie haben hier schon gemerkt, dass es bei dem Urteil des BAG um eine Klausel im Arbeitsvertrag ging, die einen Freiwilligkeitsvorbehalt beinhaltete? Also völlig anderer Sachverhalt, als er hier diskutiert wird.

Bei den jährlichen Freiwilligkeitserklärungen, die im Zusammenhang mit der Zahlung des Weihnachtsgeldes abgegeben werden, handelt es sich aber gerade nicht um Vertragsklauseln, die der AGB-Kontrolle zugänglich wären. Demnach ist der AG sehr wohl auf der sicheren Seite, wenn er jährlich im Zusammenhang mit der Zahlung auf die Freiwilligkeit hinweist. Im Übrigen wurde in dem hier diskutierten Fall nur auf "Freiwillig und ohne Rechtsanspruch" für die Zukunft hingewiesen von "jederzeit widerruflich" stand im Ausgangsbeitrag der TS gar nichts. Da hat blaubär+ lediglich etwas zu viel in seine Antwort reingeschrieben, wobei ich bei dem jährlichen Hinweis auch bei Aufnahme eines Passus zur Widerruflichkeit keine Bedenken habe, dass damit eine betriebliche Übung nicht entsteht. Wie gesagt, es geht halt nicht um eine Vertragsklausel.

0x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
guest-12309.07.2016 16:31:25
Status:
Junior-Partner
(5011 Beiträge, 2532x hilfreich)

Zitat (von Eidechse):
Zitat (von 1000kleinesachen):Irrtum, der AG ist ganz und gar nicht auf der sicheren Seite, wenn er mit dieser Formulierung versucht eine betriebliche Übung zu verhindern. Es käme also auf den genauen Wortlaut der Erklärung an.
http://www.hensche.de/Freiwilligkeitsvorbehalt_kombiniert_mit_Widerrufsvorbehalt_verhindert_keine_Weihnachtsgeld-Betriebsuebung_BAG_10AZR671-09.html
Sie haben hier schon gemerkt, dass es bei dem Urteil des BAG um eine Klausel im Arbeitsvertrag
ging, die einen Freiwilligkeitsvorbehalt beinhaltete? Also völlig anderer Sachverhalt, als er hier diskutiert wird.
.


Du hast offensichtlich nicht bemerkt, dass ich ausdrücklich auf den Satz mit der darin gewählten Formulierung von blaubär geantwortet habe. Des weiteren wollte ich damit klar stellen: dem Verständnis nach vermeintlich eindeutige Regelungen, können sich heutzutage als Rohrkrepierer erweisen. Ja, ja, auch die jeweiligen Arbeitgeber oder deren Rechtsbeistände haben da nur etwas zuviel rein geschrieben. Alles gut.

0x Hilfreiche Antwort

#9
 Von 
Eidechse
Status:
Senior-Partner
(6998 Beiträge, 3920x hilfreich)

Zitat (von 1000kleinesachen):
Du hast offensichtlich nicht bemerkt, dass ich ausdrücklich auf den Satz mit der darin gewählten Formulierung von blaubär geantwortet habe.


Doch auch das habe ich gemerkt. blaubär+ hat aber schlicht nicht von Freiwilligkeitsklauseln in Arbeitsverträgen geschrieben, sondern auch bei seinem Beitrag ging es um die Klarstellung des AG in jedem Jahr, dass es sich um eine freiwillige Leistung (und jederzeit widerrufliche) handelt. (Wie bereits geschrieben, das mit dem "widerruflich" war hier zu viel, anhand des Sachverhaltes, aber ist nicht entscheidend.) Demnach war Ihr Hinweis auch nur bezogen auf den Satz von blaubär+ ebenso am Thema vorbei.

Zitat (von 1000kleinesachen):
Des weiteren wollte ich damit klar stellen: dem Verständnis nach vermeintlich eindeutige Regelungen, können sich heutzutage als Rohrkrepierer erweisen.


Jetzt sprechen Sie wiederum von Regelungen, also von vertraglichen Grundlagen. Darum geht es aber hier immer noch nicht.

Ginge es hier um einen Freiwilligkeitsvorbehalt im Arbeitsvertrag, wäre ich ja voll und ganz bei Ihnen. Wenn man die Rechtsprechung des BAG sich dazu ansieht, ist es ja nahezu ausgeschlossen als AG heutzutage noch einen wirksamen Freiwilligkeitsvorbehalt zu formulieren, auch wenn man von dem Kardinalfehler absieht, Freiwilligkeit mit Widerruflichkeit zu vermischen. Ein Freiwilligkeitsvorbehalt darf nicht zu allgemein formuliert sein, da der AN erkennen können muss, was genau dem Freiwilligkeitsvorbehalt unterfällt. Es darf aber auch wiederum nicht der Eindruck erweckt werden, dass der AN evtl. doch einen Anspruch haben könnte. Von daher bin ich bei Regelungen zum Freiwilligkeitsvorbehalt auch ganz weit davon entfernt, bei einer nach meiner Ansicht klaren Regelung zu behaupten, das würde einer gerichtlichen Prüfung Stand halten.

Aber diese ganze Rechtsprechung spielt nunmal bei einseitigen "Anweisungen" oder "Erklärungen" des AG keine Rolle, weil derartiges keine allgemeine Geschäftsbedingung ist, weil es kein Vertrag ist.

Zitat (von 1000kleinesachen):
Ja, ja, auch die jeweiligen Arbeitgeber oder deren Rechtsbeistände haben da nur etwas zuviel rein geschrieben. Alles gut.


Ich nehme mal an, dass das eine Anspielung auf diesen Passus aus meinem Beitrag #7 sein soll:

Zitat (von Eidechse):
Im Übrigen wurde in dem hier diskutierten Fall nur auf "Freiwillig und ohne Rechtsanspruch" für die Zukunft hingewiesen von "jederzeit widerruflich" stand im Ausgangsbeitrag der TS gar nichts. Da hat blaubär+ lediglich etwas zu viel in seine Antwort reingeschrieben, wobei ich bei dem jährlichen Hinweis auch bei Aufnahme eines Passus zur Widerruflichkeit keine Bedenken habe, dass damit eine betriebliche Übung nicht entsteht. Wie gesagt, es geht halt nicht um eine Vertragsklausel.


Sorry, aber Ihre Häme geht dann aber genauso am Thema vorbei. Weil mein Beitrag nunmal gerade nicht um das Thema "vertragliche Regelung" kreiste.

0x Hilfreiche Antwort

#10
 Von 
guest-12309.07.2016 16:31:25
Status:
Junior-Partner
(5011 Beiträge, 2532x hilfreich)

Du bist aber hartnäckig am Ball. Jedoch habe ich das Gefühl, Du verrennst Dich gerade ganz entscheidend.

Zitat (von Eidechse):
Doch auch das habe ich gemerkt. blaubär+ hat aber schlicht nicht von Freiwilligkeitsklauseln in Arbeitsverträgen geschrieben, sondern auch bei seinem Beitrag ging es um die Klarstellung des AG in jedem Jahr, dass es sich um eine freiwillige Leistung (und jederzeit widerrufliche) handelt. (Wie bereits geschrieben, das mit dem "widerruflich" war hier zu viel, anhand des Sachverhaltes, aber ist nicht entscheidend.) Demnach war Ihr Hinweis auch nur bezogen auf den Satz von blaubär+ ebenso am Thema vorbei.

Zitat (von 1000kleinesachen):
Des weiteren wollte ich damit klar stellen: dem Verständnis nach vermeintlich eindeutige Regelungen, können sich heutzutage als Rohrkrepierer erweisen.

Jetzt sprechen Sie wiederum von Regelungen, also von vertraglichen Grundlagen. Darum geht es aber hier immer noch nicht.

Ginge es hier um einen Freiwilligkeitsvorbehalt im Arbeitsvertrag, wäre ich ja voll und ganz bei Ihnen. Wenn man die Rechtsprechung des BAG sich dazu ansieht, ist es ja nahezu ausgeschlossen als AG heutzutage noch einen wirksamen Freiwilligkeitsvorbehalt zu formulieren, auch wenn man von dem Kardinalfehler absieht, Freiwilligkeit mit Widerruflichkeit zu vermischen. Ein Freiwilligkeitsvorbehalt darf nicht zu allgemein formuliert sein, da der AN erkennen können muss, was genau dem Freiwilligkeitsvorbehalt unterfällt. Es darf aber auch wiederum nicht der Eindruck erweckt werden, dass der AN evtl. doch einen Anspruch haben könnte. Von daher bin ich bei Regelungen zum Freiwilligkeitsvorbehalt auch ganz weit davon entfernt, bei einer nach meiner Ansicht klaren Regelung zu behaupten, das würde einer gerichtlichen Prüfung Stand halten.

Aber diese ganze Rechtsprechung spielt nunmal bei einseitigen "Anweisungen" oder "Erklärungen" des AG keine Rolle, weil derartiges keine allgemeine Geschäftsbedingung ist, weil es kein Vertrag ist
.


Dann gebe ich Dir ganz ohne Häme den Hinweis: schau bitte mal ins Urteil BAG, 18.03.2009 - 10 AZR 289/08 .
http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=BAG&Datum=18.03.2009&Aktenzeichen=10%20AZR%20289/08

Zitat:
[20] 1. Die mit der jeweiligen Zahlung verbundene schriftliche Mitteilung, dass diese Leistung einmalig sei und zukünftige Ansprüche ausschließe, hat die Entstehung eines vertraglichen Anspruchs aus betrieblicher Übung gehindert. Sie steht, wie auch das Landesarbeitsgericht angenommen hat, einem Freiwilligkeitsvorbehalt gleich und ist als Allgemeine Geschäftsbedingung anzusehen. Als solche hält die Klausel jedoch einer Inhaltskontrolle nach § 308 Nr. 4 BGB und einer Angemessenheitskontrolle nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB stand.

[21] a) Nach § 308 Nr. 4 BGB ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen insbesondere die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders unwirksam, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist. Der Senat hat in früheren Entscheidungen ausgeführt, dass es bei einem klar und verständlich formulierten Freiwilligkeitsvorbehalt, der jeden Rechtsanspruch für die Zukunft ausschließt, schon an einer versprochenen Leistung iSv. § 308 Nr. 4 BGB fehlt und damit die Entstehung des Anspruchs auch für künftige Bezugszeiträume verhindert wird (BAG 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 274 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 38; vgl. 28. März 2007 - 10 AZR 261/06 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 265 = EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 21). Damit konnte kein Anspruch aus betrieblicher Übung entstehen.



Also einer von uns beiden irrt demnach und ich hoffe glaube nicht, dass ich es bin. :)
Wobei ich weiterhin daran festhalte: mein Hinweis (#6) bezog sich einzig allein auf den Satz von blaubär, den Du gar als Kardinarlfehler bezeichnest

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#11
 Von 
Eidechse
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(6998 Beiträge, 3920x hilfreich)

@1000kleinesachen

Hartnäckig bin ich, das bringt aber der Beruf so mit sich, sonst wäre ich hier falsch. (Auch wenn man wissen muss - im Sinne seiner Mandanten-, wenn man die Fahne besser einrollen sollte.) Das Kompliment mit der Hartnäckigkeit kann ich im Übrigen nur zurück geben. (Das meine ich jetzt wirklich positiv, auch wenn ich mir bei Ihnen manchmal etwas mehr Sachlichkeit wünschen würde.)

Verrennen sehe ich bei mir allerdings nicht. Verrennen hat für mich die Bedeutung in die völlig falsche Richtung unterwegs zu sein und das sehe ich trotz des von Ihnen zitierten Urteils des BAG vom 18.03.2009 - 10 AZR 289/08 , das ich zugegebenermaßen vorher nicht kannte, nicht. Die vom BAG geäußerte Rechtsansicht, dass es sich bei derartigen Schreiben des AG zur Verhinderung einer betrieblichen Übung, um AGB handelt, teile ich nicht und halte sie für falsch. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass das BAG gar nicht weiter prüft oder begründet warum derartige Schreiben AGB sein sollen. Das wird einfach in einem Satz festgestellt und mehr nicht. Scheinbar meinten die BAG Richter, man müsste darüber keine weiteren Ausführungen machen. Vielleicht lag es daran, dass sich sämtliche Verfahrensbeteiligte einig waren, dass es sich um AGB handelt. Zumindest ist dem Tatbestand nicht zu entnehmen, dass dort zumindest auch eine Verteidigungslinie dahingehend aufgebaut wurde, dass eine AGB-Kontrolle mangels Vorliegen von AGB gar nicht stattzufinden hat. Letzten Endes ist das auch egal.

Ob das BAG immer noch diese Rechtsansicht vertritt, wenn es letzten Endes durch entsprechenden Revisionsvortrag einer Partei dazu gezwungen ist, müsste man dann mal abwarten.

Wenn man das ganze mal rein dogmatisch angeht, dann ist Ausgangspunkt für die Frage, ob eine AGB-Kontrolle stattfindet § 305 BGB . Nach § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt. Man kommt also nicht umhin, dass man zwingend einen Vertragsschluss benötigt. Den sehe ich aber bei einem Einzelverhalten des AG, das evtl. zu einer betrieblichen Übung bei Wiederholung führen kann, gerade nicht und schon gar nicht bei der einseitigen Erklärung zur Freiwilligkeit. Für einen Vertrag braucht man nach wie vor zwei übereinstimmende Willenserklärungen.

Und um vielleicht hier andere mit juristischen Fachausführungen nicht weiter zu langweilen, sollten wir schlicht und ergreifend damit schließen, dass der Rechtsansicht des BAG folgend, der Satz von blaubär+ tatsächlich zu Problemen führen würde, wenn man das Ganze nicht als AGB ansieht, hingegen nicht.

(Und was mich jetzt wirklich brennend interessieren würde: Da in dem im Beitrag #5 verlinkten Beitrag nicht von dem Urteil des BAG vom 18.03.2009 - 10 AZR 289/08 die Rede war sondern von dem Urteil des BAG vom 08.12.2010 - 10 AZR 671/09 , was sich nunmal zu einer arbeitsvertraglichen Regelung verhält, kannten Sie das Urteil des BAG vom 18.03.2009 bereits bei Schreiben des Beitrags #5 oder haben Sie im Nachhinein gesucht, um mich zu widerlegen?)

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#12
 Von 
guest-12309.07.2016 16:31:25
Status:
Junior-Partner
(5011 Beiträge, 2532x hilfreich)

Zitat (von Eidechse):
Die vom BAG geäußerte Rechtsansicht, dass es sich bei derartigen Schreiben des AG zur Verhinderung einer betrieblichen Übung, um AGB handelt, teile ich nicht und halte sie für falsch. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass das BAG gar nicht weiter prüft oder begründet warum derartige Schreiben AGB sein sollen. Das wird einfach in einem Satz festgestellt und mehr nicht. Scheinbar meinten die BAG Richter, man müsste darüber keine weiteren Ausführungen machen.


Das liegt möglicherweise daran, weil den BAG-Richtern die Erklärung des LAG "Sie steht, wie auch das Landesarbeitsgericht angenommen hat," gefallen hat. Das LAG führte ausführlicher dazu aus:

Zitat:
a) Nach § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Vertragsbedingungen sind für eine Vielzahl von Verträgen bereits dann vorformuliert, wenn ihre dreimalige Verwendung beabsichtigt ist (BAG vom 06.09.2007, NZA 2008, S. 219 m. w. N.). Allein gegenüber dem Kläger hat die Beklagte den von ihr formulierten Freiwilligkeitsvorbehalt siebenmal verwendet. Dies ist jeweils bei Abschluss eines Vertrages geschehen, da die Beklagte dem Kläger die Gewährung der Sonderzahlung angeboten und dieser die Leistung nach § 151 Satz 1 BGB angenommen hat.

Der in der Literatur teilweise vertretenen Auffassung, Freiwilligkeitsvorbehalte unterlägen keiner AGB-Kontrolle, kann nicht gefolgt werden. Begründet wird dies mit dem Argument, der Arbeitgeber erkläre, sich nicht binden zu wollen, und deshalb fehle es an Vertragsbedingungen (Thüsing, AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, Rdn. 267). Übersehen wird dabei, dass Verträge auch über das Nichtbestehen eines Schuldverhältnisses abgeschlossen werden können (§ 397 Abs. 2 BGB ). Die AGB-Kontrolle scheitert daher nicht daran, dass Freiwilligkeitsvorbehalte keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen darstellen können (ebenso BAG vom 25.04.2007, AP Nr. 7 zu § 308 BGB; Lakies, AGB im Arbeitsrecht, Rdn. 635; Preis, NZA 2006, Beilage 3, S. 121; Bayreuther, ZIP 2007, S. 2011).
https://openjur.de/u/132972.html

Das der Herr Thüsing Freiwilligkeitsvorbehalten keiner AGB-Kontrolle unliegen sieht, sollte nicht weiter verwundern. Der findet sowieso alles doof, was Arbeitnehmer schützen soll. Einen derart einseitig permanent arbeitgeberfreundlich agierenden "Professor" gibt es wohl kein zweites Mal in Deutschland.

Und ja, dass Urteil musste ich erst suchen, um zu prüfen, wie das nun ist mit den Erklärungen und der AGB-Kontrolle.

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