Hallo,
es geht um das Thema Urlaubsanspruch bei Langzeiterkrankung.
ich bin hier auf der Suche nach der Praxis. Wie kann ein Langzeitkranker seinen Urlaub beantragen und bekommen, wenn dieser auf unabsehbarer Zeit weiterhin arbeitsunfähig erkrankt ist.
Die gelebte Praxis die ich dazu kenne ist, daß viele Arbeitgeber verneinen, daß ein Urlaubsanspruch überhaupt entsteht, wenn man mehrere Jahre krank ist. Das ist aber mittlerweile gerichtlich unstrittig.
Wann dieser Urlaub dann verfällt, war bisher in der Rechtsprechung noch nicht eindeutig, zumindest nicht nach meinem Kenntnisstand. Manche sind der Auffassung, daß es die 15-Monate sind, manche meinen, der Urlaub verfällt nach der jüngsten Rechtsprechung gar nicht.
Vom BAG hieß es immer, daß der Arbeitgeber den Arbeitnehmer aufzufordern hat, seinen Urlaub zu nehmen. Bei einem Langzeitkranken ist das aber nur eine theoretische Sichtweise, denn wie soll der Arbeitnehmer den Urlaub nehmen können, wenn er weiterhin auf unabsehbarer Dauer arbeitsunfähig erkrankt ist. Dieser kann er nach der bisherigen Praxis erst wieder nehmen, wenn das Arbeitsverhältnis wieder in Gang gesetzt wird, also nicht mehr ruht.
Eine Auszahlung vor dem Verfall ist angeblich auch nicht möglich, da dafür das Arbeitsverhältnis geendet haben muß.
Somit zurück zu meiner Ausgangsfrage. Wie werden solche Fälle nach Euren Erfahrungen von Firmen behandelt.
Danke und Grüße, Klaus
Urlaubsanspruch bei Langzeiterkrankung
Zitat :Wie kann ein Langzeitkranker seinen Urlaub beantragen und bekommen, wenn dieser auf unabsehbarer Zeit weiterhin arbeitsunfähig erkrankt ist.
Urlaub und 'Krankheit' / AU schließen einander aus. Folglich kann, wer krank ist und das womöglich auf unabsehbare Zeit, auch keinen Urlaub beantragen - für welchen konkreten Zeitraum sollte er den denn auch stellen?
Gleichwohl geht der U-Anspruch während der Zeit der AU nicht verloren
Wenn dann aber die Arbeitsfähigkeit wiederhergestellt ist, ändert sich das: AN kann wieder Urlaub planen und beantragen.
Wie viel Urlaub zusteht, muss man dann anschauen. Wer jetzt wieder - kommende Woche oder bald - arbeitsfähig wird, kann noch Resturlaub aus 2023 beantragen und den Urlaub aus 2024; fällt die Genesung in den Mai, ist der Urlaub aus 2023 futsch, nicht aber der aus 2024.
Angemerkt:
- Die Sache mit der Aufforderung durch den AG, den Resturlaub auch zu nehmen, kommt zum Zuge, wenn Urlaub zu verfallen droht, etwa für den Fall, du würdest jetzt oder demnächst und rechtzeitig wieder arbeitsfähig, siehe Abschnitt zuvor. Wenn hier der AG Fehler machen sollte, verfiele der Urlaub in der Tat nicht.
- Auszahlung des Urlaubs kommt tatsächlich nur beim Ausscheiden aus dem Betrieb infrage - das BUrlG sollte AN wenigstens Mal gelesen haben.
-- Editiert von User am 29. Januar 2025 22:29
Zitat :Wann dieser Urlaub dann verfällt, war bisher in der Rechtsprechung noch nicht eindeutig, zumindest nicht nach meinem Kenntnisstand. Manche sind der Auffassung, daß es die 15-Monate sind, manche meinen, der Urlaub verfällt nach der jüngsten Rechtsprechung gar nicht.
Naja, die Sache ist aber eigentlich auch für Langezeiterkrankte ausgeurteilt, zuletzt BAG, Urteil vom 20. Dezember 2022, Az. 9 AZR 245/19.
Grundsätzlich verfällt Urlaub 15 Monate nach Ende des Kalenderjahres, in welchem er entstanden ist, wenn der AG zu Beginn des Jahres darauf hingewiesen hat. Für Langzeiterkrankte gilt die Hinweispflicht grundsätzlich auch. Allerdings verfällt auch bei einer fehlenden oder fehlerhaften Belehrung der Urlaub, wenn der Arbeitnehmer seit Beginn des Urlaubsjahres durchgehend bis zum 31. März des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Kalenderjahres arbeitsunfähig war und deswegen seinen Urlaub nicht nehmen konnte. Denn dann hätte auch der richtige Hinweis durch den Arbeitgeber nichts zur Inanspruchnahme des Urlaubs für dieses konkrete Urlaubsjahr hätte beitragen können. Das gilt also nicht, wenn der Langzeiterkrankte unterjährig wieder arbeitsfähig wird, und sei es auch nur, um seinen Urlaub nehmen zu können.
Zur Praxis: ein Langzeiterkrankter kann überhaupt keinen Urlaub beantragen, weil sich nach Ansicht des BAG Urlaub und Krankheit ausschließen. Auch eine Auszahlung des Urlaubs ist nicht möglich, da das BUrlG eine Auszahlung nur bei Beendigung des AV kennt.
Nach meiner Erfahrung wird daher der versierte AG solche Anfragen abschlägig beantworten. Ebenso wird dieser AG - unabhängig ob krank oder nicht- jedenMitarbeiter zum Anfang des Jahres auf den Verfall des Urlaubs hinweisen, selbst wenn der dies für bürokratischen Schwachsinn einer Nannyrechtssprechung hält, weil der AG ja nicht weiß, wie sich das Jahr krankheitstechnisch bei den Langzeiterkrankten entwickeln wird.
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Zitat :Urlaub und 'Krankheit' / AU schließen einander aus.
Nein.
Wenn jemand bei Langzeiterkrankung Krankengeld von der Krankenkasse besteht, kann dieser sehr wohl den ihm zustehenden Urlaub nehmen. Während dieser Zeit ruht das Krankengeld, der Arbeitgeber muss Urlaubsentgelt zahlen.
Diese Vorgehensweise scheint den wenigsten bekannt zu sein, ist rechtlich aber einwandfrei.
Zitat :Wie kann ein Langzeitkranker seinen Urlaub beantragen und bekommen
Wer aufgrund krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nicht arbeitet, befindet sich im "Krankheitsurlaub":
EuGH:
1. Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung ist dahin auszulegen, dass er einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten nicht entgegensteht, nach denen ein Arbeitnehmer im Krankheitsurlaub nicht berechtigt ist, während eines Zeitraums, der in die Zeit des Krankheitsurlaubs fällt, bezahlten Jahresurlaub zu nehmen.
RK
... da hätte ich doch gerne einen Beleg, vacantum.
Mir scheinen hier zwei Begriffe von Urlaub verheddert
- Urlaub im arbeitsrechlichen Sinn von erlaubtes und bezahltes Fernbleiben von der Arbeit
_ 'Urlaub machen' im umgangssprachlichen Sinn von in U fahren, Ferien machen, was i.d.T. möglich ist.
Wir sind hier im Unterforum Arbeitsrecht, also ist die umgangssprachliche Form nicht relevant.Zitat :Mir scheinen hier zwei Begriffe von Urlaub verheddert
- Urlaub im arbeitsrechlichen Sinn von erlaubtes und bezahltes Fernbleiben von der Arbeit
_ 'Urlaub machen' im umgangssprachlichen Sinn von in U fahren, Ferien machen, was i.d.T. möglich ist.
Als Beleg gilt die aktuelle gesetzliche Lage.Zitat :... da hätte ich doch gerne einen Beleg, vacantum.
Laut BUrlG hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub, unabhängig davon, ob dieser krank ist oder arbeitsfähig.
Der Arbeitnehmer kann diesen Urlaub auch tatsächlich in Anspruch nehmen. Das gezahlte Urlaubsentgelt ist beitragspflichtiges Arbeitsentgelt, gem. § 49 SGB 5 ruht während der Zeit der Anspruch auf Krankengeld.
Im übrigen werden Langzeiterkrankte über diese Möglichkeit von den gesetzlichen Krankenkassen auch schriftlich informiert.
Vielen Dank für die rege Beteiligung. Es ist durchaus schwierig sich diesem Thema zu nähern, da auch Urteile zwar meist bestimmte Teilbereiche grundsätzlich regeln, aber es letztendlich doch immer um einen konkreten Fall geht. Im nächsten Schritt will ich nun nicht die mir bekannten Urteile zitieren und gegenüberstellen, sondern einen Fall konstruieren, wie er auch in der Wirklichkeit vorkommt oder vorkommen könnte. Dabei ist zu beachten, was der Arbeitgeber unternehmen muß, damit er keinen Urlaub zahlen braucht und was der Arbeitnehmer zu machen hat, damit er seinen Urlaub bekommt.
Mitarbeiter A ist Büroangestellter und hat einen GdB von 60. Er hat nach seinem Arbeitsvertrag 30 Tage Erholungsurlaub und 5 Tage Zusatzurlaub aufgrund seiner Behinderung. Am 1. Juni 2023 erkrankt Mitarbeiter A und ist auf nicht absehbarer Zeit arbeitsunfähig. Er hat Organversagen und lebt seither an einer Maschine. Nun ist der GdB 100. Seine Gesundheit könnte vollständig wiederhergestellt werden, wenn es für ihn ein Spenderorgan gibt und alles gut verlaufen würde. Erst gab es Krankengeld und nun lebt er mit vom Einkommen der Ehefrau. Im Jahr 2023 wurden 20 Tage Urlaub bereits genommen. Bis zur Altersrente waren es im Jahr 2023 noch 15 Jahre. Das Arbeitsverhältnis wurde nicht ausgelöst, es ruht.
Das ist der Fall, konstruiert. Deshalb bitte keine Anmerkungen zum Thema Erwerbsminderungsrente, da es um das Thema Urlaub geht.
Welche Ansprüche bestehen für Mitarbeiter A auf Urlaub aus den Jahren 2023, 2024, 2025 und weitere Jahre bis zur Altersrente oder bis zur vollständigen Wiederherstellung seiner Gesundheit. Das ist das Thema.
Was muß Mitarbeiter A machen damit der Urlaub nicht untergeht und was muß der Arbeitgeber machen, damit er den Urlaub nicht zahlen braucht, hier Stichwort "Erinnerung Urlaubsansprüche".
So, Feuer frei.
Zitat :Dabei ist zu beachten, was der Arbeitgeber unternehmen muß, damit er keinen Urlaub zahlen braucht und was der Arbeitnehmer zu machen hat, damit er seinen Urlaub bekommt.
...
Welche Ansprüche bestehen für Mitarbeiter A auf Urlaub aus den Jahren 2023, 2024, 2025 und weitere Jahre bis zur Altersrente oder bis zur vollständigen Wiederherstellung seiner Gesundheit. Das ist das Thema.
Alles schon beantwortet mit #1, #2
Zitat :Was muß Mitarbeiter A machen damit der Urlaub nicht untergeht und was muß der Arbeitgeber machen, damit er den Urlaub nicht zahlen braucht, hier Stichwort "Erinnerung Urlaubsansprüche".
AG: nix
AN: nix
Zitat :Was muss Mitarbeiter A machen damit der Urlaub nicht untergeht und was muss der Arbeitgeber machen, damit er den Urlaub nicht zahlen braucht, hier Stichwort "Erinnerung Urlaubsansprüche"
Was der Arbeitgeber machen kann, habe ich bereits geschrieben. Einfach den "Standard", wie er bei allen Mitarbeitern sein sollte, auch bei Landzeiterkrankten durchziehen.
Was der AN machen kann, fällt mir ehrlich gesagt nichts ein.
Das der Anspruch auf Urlaub für den AN auch während eine Langzeiterkrankung entsteht, ist klar. Allerdings kann der AN aus meiner Sicht während einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit keinen Urlaub nehmen. Grund ist, dass durch den Urlaub die Arbeitspflicht des AN, die eigentlich im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses besteht, suspendiert wird- während einer Arbeitsunfähigkeit ist diese Arbeitspflicht aber schon Kraft der durch den Arzt erstellten AUB suspendiert. Eine doppelte Suspendierung gibt es nicht. Deswegen stellt z.B. auch § 9 BurlG klar, dass Urlaubstage, die mit einer Erkrankung zusammenfallen, nicht auf den Jahresurlaub angerechnet werden.
Zwar stimmt es, dass -sofern man fortlaufendes Arbeitsentgelt erhält- der Anspruch auf Krankengeld ruht (49 SGB V). Vacantum meint hier wohl, dies würde bedeutet, dass man auch während der Arbeitsunfähigkeit und des Bezugs von Krankengeld Urlaub nehmen kann - wo sollte sonst das fortlaufende Arbeitsentgelt herkommen. Allerdings kann er das leider nicht belegen, obwohl das schon sehr interessant wäre, denn das habe ich noch nie gehört.
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