Zahlreiche Minusstunden durch unregelmäßige Einsätze - liegt Arbeit auf Abruf vor?

28. August 2018 Thema abonnieren
 Von 
malukri78
Status:
Frischling
(21 Beiträge, 25x hilfreich)
Zahlreiche Minusstunden durch unregelmäßige Einsätze - liegt Arbeit auf Abruf vor?

Wie wäre folgender Fall zu bewerten:

Ein Arbeitnehmer (er handelt sich nicht um den Ersteller dieses Beitrags) arbeitet als Minijobber (geringfügige Beschäftigung) Stundenweise bei mehreren Annahmestellen für chemische Abfälle innerhalb eines Landkreises. Die Annahmestellen haben an verschiedenen Wochentagen zu verschiedenen Zeiten geöffnet. Ob, wann und wo der Arbeitnehmer Eingesetzt wird, weiß er erst einige Tage vor Monatsbeginn, da ein monatlicher Dienstplan erstellt wird. Die Einsatzzeiten sind unregelmäßig und schwankend. Es besteht ein Arbeitszeitkonto.

Im Arbeitsvertrag wurde vereinbart, dass die die Auszahlung des Lohnes im Nachhinein auf Grund der eingegangenen Stundenmeldungen erfolgt und dass die durchschnittliche monatliche Arbeitszeit 20 Stunden beträgt. Es werden jedoch keine Stundenmeldungen geführt, sondern – wie schon beschrieben – ein monatlicher Einsatzplan und ein Arbeitszeitkonto. Der Lohn wird pauschal für 20 Stunden gezahlt.

Der Arbeitnehmer stört sich daran, dass er sehr unregelmäßig und unverlässlich eingesetzt wird, er häuft zudem seit Monaten Unterstunden an, so dass das Arbeitszeitkonto mittlerweile rund 50 Minusstunden ausweist. Der Arbeitgeber hat bei Kollegen auf den Annahmestellen in der Vergangenheit bereits Minusstunden mit dem monatlichen Lohn verrechnet, d.h. den Lohn entsprechend gekürzt um die Minusstunden auszugleichen.

Ist dieses Vorgehen rechtens? Handelt es sich vielleicht sogar um „Arbeit auf Abruf"?
Wie ist die Sache zu bewerten?

Vielen Dank und herzliche Grüße

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14 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
blaubär+
Status:
Weiser
(16871 Beiträge, 6307x hilfreich)

Arbeit auf Abruf müsste eigens verabredet sein und unterliegt bestimmten Bedingungen.
Hier gibt es einen Einsatzplan, mit dem der AG sein Direktionsrecht wahrnimmt. Wenn er dir nicht genug Stunden abfordert, ist das allein sein Bier. Allenfalls das Zeitkonto irritiert da, es sollte aber irgendwo geklärt und erklärt sein/werden, wie der Ausgleich von Soll und Haben funktioniert.

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#2
 Von 
malukri78
Status:
Frischling
(21 Beiträge, 25x hilfreich)

Vielen Dank für die Antwort!

Der Arbeitnehmer ist der Meinung, dass ihm das Gehalt für die vereinbarten "durchschnitlichen" 20 Stunden zustehen. Der Arbeitgeber argumentiert jedoch, dass vertraglich vereinbart wurde, dass die Auszahlung des Lohnes im Nachhinein aufgrund von Stundenmeldungen erfolgt und er daher das Recht hat, die Minusstunden mit dem Gehalt zu verrechnen, d.h. das Gehalt entprechend über mehrere Monate (oder sogar dauerhaft) zu kürzen Es werden jedoch gar keine Stundenmeldungen geführt.

Was tun? Wie verbindlich sind die vereinbarten 20 Stunden, wenn Sie "nur" als Durchschnitt vereinbart wurden und es im Vertrag heißt, dass die Auszahlung nachträglich aufgrund von Stundenmeldungen erfolgt?

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#3
 Von 
blaubär+
Status:
Weiser
(16871 Beiträge, 6307x hilfreich)

/// Was tun?
Klagen, was sonst.

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#4
 Von 
malukri78
Status:
Frischling
(21 Beiträge, 25x hilfreich)

Danke für die klare Aussage !

Aber wenn der Arbeitnehmer an seiner Nebentätigkeit hängt und es erstmal argumentativ versuchen möchte? Welche Argumente kann er dem Arbeitgeber gegenüber vobringen?

-- Editiert von malukri78 am 29.08.2018 13:42

-- Editiert von malukri78 am 29.08.2018 13:43

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#5
 Von 
blaubär+
Status:
Weiser
(16871 Beiträge, 6307x hilfreich)

Das Argument steht in #1: Der AG macht die Pläne; er übt damit sein Direktionsrecht aus und macht klar, wann er Arbeit von dir abfordert. Wenn er das nicht tut - seine Sache. Das Risiko kann er nicht auf dich durch die Hintertür abwälzen.
Aber Argumente werden dir nicht helfen, wenn der andere die Macht hat. Zum Ausgleich gibt es Gerichte.

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#6
 Von 
little-beagle
Status:
Student
(2181 Beiträge, 1247x hilfreich)

er könnte argumentieren, dass er das Recht auf seiner Seite hat. Ob's was bringt... :fight:

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#7
 Von 
malukri78
Status:
Frischling
(21 Beiträge, 25x hilfreich)

Nochmals danke, dass Ihr Euch die Zeit nehmt, die Sache etwas klarer zu machen!

Wie sähe der Sachverhalt denn dann im umgekehrten Fall aus, wenn die Minusstunden entstanden wären, weil der Arbeitnehmer (z.B. aufgrund Verpflichtungen aus seiner Haupttätigkeit) nicht die vollen 20 Stunden monatlich hätte arbeiten können? (Es kommt häufiger vor, dass Einsatzzeiten im Dienstplan neu gelegt werden, weil Kollegen an bestimmten Terminen nicht können.) Könnte der Arbeitgeber dann kündigen?

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#8
 Von 
blaubär+
Status:
Weiser
(16871 Beiträge, 6307x hilfreich)

/// Könnte der Arbeitgeber dann kündigen?
Ja, natürlich auch das. Wenn Anforderungen und Möglichkeit hüben und drüben nicht unter einen Hut zu bringen sind ... Und insbesondere dann, wenn es sich um einen Kleinbetrieb handelt, für den das KSchG nicht greift.

/// (Es kommt häufiger vor, dass Einsatzzeiten im Dienstplan neu gelegt werden, weil Kollegen [[im Hauptjob, nehme ich an]] an bestimmten Terminen nicht können.)
:???: Das ist freilich eine der kniffligeren Fragen, wieso du den Lückenbüßer machen musst, wenn Kollegen nicht können - auch auf deine Verpflichtungen hat der AG im Hauptjob im Sinne des billigen Ermessens Rücksicht zu nehmen. Da tut sich wohl ein ganzer Sack mit Folgefragen auf ... und es zeigt sich womöglich einmal mehr, dass das Arbeitsleben durchsetzt ist von einem Gemenge an divergierenden Erfordernissen.

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#9
 Von 
malukri78
Status:
Frischling
(21 Beiträge, 25x hilfreich)

Angenommen bei einem Kollegen wäre die Arbeitszeit gar nicht vertraglich vereinbart, sondern es gebe nur die Formulierung, dass die Auszahlung im Nachhinein aufgrund der eingegangenen Stundenmeldungen erfolgt. Sonst läuft aber alles wie oben beschreiben, d.h. er bekommt ebenfalls ein festes Gehalt, hat ein Arbeitszeitkonto und arbeitet zu schwankenden Zeiten aufgrund des monatlichen Einsatzplanes. Das wäre ja dann wohl auch keine Arbeit auf Abruf, weil diese ja ausdrücklich vereinbart werden muss.

Worauf kann er sich berufen, wenn der Arbeitgeber ihm plötzlich das Gehalt kürzt und ihn weniger einsetzt? Auf eine Art "Gewohnheitsrecht"?

Generell hat die Einsatzplanung wohl Probleme die vereinbarten (oder "gewöhnlich" ausbezahlten) Einsatzzeiten bzw. Gehälter mit den tatsächlichen Einsatzzeiten in Übereinstimmung zu bringen. Manche Kollegen haben rund 160 Mehrarbeitsstunden auf dem Arbeitszeitkonto (in Teilzeit), andere fast 50 Minusstunden. Fairerweise muss man allerdings einräumen, dass sich die Qualifikationen zum Teil erheblich unterscheiden und man die Leute nicht 1:1 auf denselben Posten einsetzen kann.

-- Editiert von malukri78 am 30.08.2018 09:28

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#10
 Von 
blaubär+
Status:
Weiser
(16871 Beiträge, 6307x hilfreich)

Fragestellungen, die mit beliebig zu ändernden 'Angenommen'-Bedingungen operieren, sind doch Bull****.
Ein Vertrag, in dem Wesentliches nicht geregelt ist? Bäh. Aber doch festes Gehalt??? Neeee.

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#11
 Von 
malukri78
Status:
Frischling
(21 Beiträge, 25x hilfreich)

Die Formulierung "angenommen" ergibt sich aus den Regelungen dieses Forums, ich könnte zu allen "Annahmen" auch "Ross und Reiter" nennen....

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#12
 Von 
blaubär+
Status:
Weiser
(16871 Beiträge, 6307x hilfreich)

Zuerst der Sachverhalt mit Einsatzplan einerseits plus Bestimmung, dass nur geleistete Stunden bezahlt werden.
Nun eine Konstellation, in der gar nichts geregelt sein soll, nur dass nur geleistete Stunden ...
Wenn das irgendwo Fakt ist, sind die AN offenbar so unklug, Verträge zu unterschreiben, die praktisch nix regeln. Ahnungslosigkeit als Prinzip kann nicht gut funktionieren.
Ein Richter würde wohl fragen, was denn wirklich vereinbart werden sollte - es mag dann auf 'Arbeit auf Abruf' hinauslaufen; er würde so einem Vertrag wohl Struktur geben mit Mindeststunden.
Hilfsweise könnten AN sich auch gleich auf die Anforderungen nach § 12 TZBfrG berufen. Nur eins ist gewiss: AN wird Position beziehen müssen, ggf. auch streiten.

https://www.anwalt.de/rechtstipps/arbeit-auf-abruf-was-bedeutet-abrufarbeit-und-was-ist-dabei-zu-beachten_125130.html

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#13
 Von 
malukri78
Status:
Frischling
(21 Beiträge, 25x hilfreich)

OK, vielen Dank!

0x Hilfreiche Antwort

#14
 Von 
malukri78
Status:
Frischling
(21 Beiträge, 25x hilfreich)

Zusammengefasst kann man also sagen, dass eine „Arbeit auf Abruf" grundsätzlich eigens verabredet werden muss. Wenn jedoch zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber keine feste Arbeitszeit vereinbart wurde, könnte dies von einem Arbeitsrichter unter Umständen trotzdem als „Arbeit auf Abruf" interpretiert werden und die Mitarbeiter können sich ggf. auf die entsprechenden Regelungen aus § 12 TZBfrG berufen.

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