Zahnarzt - Ausfallhonorar bei versäumten Ersttermin / Kontrolltermin

29. April 2022 Thema abonnieren
 Von 
chakradu
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Frischling
(5 Beiträge, 0x hilfreich)
Zahnarzt - Ausfallhonorar bei versäumten Ersttermin / Kontrolltermin

Hallo Zusammen,

folgender fiktiver Sachverhalt (Datumsangaben und Uhrzeit entsprechen keiner realen Angabe):

Person A = (Neu-)Patient
Person B = Zahnarztfachpraxis (Terminpraxis)

A hat initial als Neupatient bei B einen Termin für eine PZR telefonisch angefragt. Bei der Terminfindung wurde Person A am Telefon mitgeteilt, dass der dazugehörige Kontrolltermin getrennt stattfindet würde, da die Zeit an dem Tag dafür nicht mehr ausreichen würde. A lehnte die Terminvereinbarung für den Kontrolltermin zunächst ab und wolle das spontan nach der PZR vor Ort tun.

Am 8. März war Person A nun zum aller ersten mal um 10:45 Uhr bei der Praxis für eine PZR anwesend.

Nach der Durchführung der PZR wandte sich A an den Schalter vor Ort und fragte nach einem Kontrolltermin, der etwa 6 Wochen später an einem Montag um 09:45 stattfinden soll.

Person B hat diesen Termin allerdings als Erstuntersuchung mit 1 Stunde eingeplant obwohl A einen Kontrolltermin angefragt hatte, weil das die Vorgehensweise von B wäre, um neue Patienten einzugliedern. Über den Inhalt der Erstuntersuchung hat B nichts detailliertes erwähnt und wurde von A auch nicht weiter befragt.

Nach der PZR wurde zudem noch der Anamnesebogen inkl. der Vereinbarung für das Ausfallhonorar, die sich auf den §615 BGB beruht, unterschrieben.

Den Termin am 18. April um 09:45 Uhr hat Person A dann versäumt / vergessen und wurde 1 Stunde später von Person B angerufen und darauf hingewiesen, das vor allem Montags das Ganze super problematisch sei. Ebenfalls wurde auf die anfallenden Kosten hingewiesen, die damit einhergehen. Auf die Frage, welche Kosten dabei denn anfallen würden, wurde Person A mitgeteilt, dass müsse die Assistenz erst noch mit ihrem Chef besprechen. Person A hat vor dem Abschluss des Telefonats auch einen Folgetermin ausgemacht.

Person A war sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nach Abschluss des Telefonats nicht mehr sicher was auf dem Anamnesebogen genau stand. Bei einem darauf anschließenden Aufruf der Webseite von B waren zu dem Zeitpunkt folgende Kostensätze vermerkt:

300€ / Stunde für die zahnärztliche Behandlung
75€ / für die Prophylaxe

Dadurch, dass es sich hierbei um einen erstmaligen Kontrolltermin von A in der Praxis von B gehandelt hätte, wurde von B zusätzlich im Telefonat nach dem Versäumnis darauf hingewiesen, dass diese sich in solchen Fällen grundsätzlich 60 Minuten Zeit nehmen bzw. dafür einplanen würden.

Sprich B möchte A nach einer bereits vor mehreren Wochen erfolgten PZR, in der A versichert wurde, dass die Zähne in sehr guten Zustand seien (es sogar besonders hervorgehoben wurde) im Verbund mit einem vollständig ausgefüllten Anamnesebogen, in der A zumindest auf dem Papier keinen Hinweis auf mögliche Probleme mit ihren Zähnen zum Ausdruck gegeben habe, voraus. einen hohen Anteil der Stunde abrechnen. Mit anderen Worten:

300€ / Stunde für den Kontrolltermin mit der Begründung, da es sich um einen erstmaligen Kontrolltermin handeln würde und 60 Minuten dafür grundsätzlich eingeplant würden, weil das bei B eine grundsätzlichen Vorgehensweise entspricht. Und zusätzlich wurde A in einer nicht belegten Behauptung "versichert", dass es der Praxis leider nicht möglich war an besagten Montag ab 09:45 Uhr einen Ersatzpatienten zu behandeln bzw. einen spontanen Schmerzpatienten in dem Zeitraum empfangen / behandelt zu haben.

--- --- ---

Die Höhe des Ausfallhonorars durch B scheint unangemessen hoch und ebenfalls scheint die Ansetzung eines erstmaligen Kontrolltermins, von B auch als Erstuntersuchung deklariert als willkürlich bzw. zweifelhaft ob dieser tatsächlich 60 Minuten stattgefunden hätte.

Fraglich ist auch, ob A mit der Terminvereinbarung mit der Terminlänge damit indirekt einverstanden war, wenn er explizit einen Kontrolltermin angefragt hat.

Wie wahrscheinlich wäre es, dass die Durchsetzung des Ausfallhonorars vor Gericht standhalten würde bzw. dass es ein hoher Anteil der Stunde tatsächlich abgerechnet werden könnte unter Berücksichtigung des Honorar Stundensatzes von 300€?


Vielen Grüße und Danke!



-- Editiert von chakradu am 29.04.2022 20:50

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6 Antworten
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#1
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(120219 Beiträge, 39849x hilfreich)

Und wie sehen Deine bisherigen Ausarbeitungen dazu aus?


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Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

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#2
 Von 
chakradu
Status:
Frischling
(5 Beiträge, 0x hilfreich)

Zitat (von Harry van Sell):
Und wie sehen Deine bisherigen Ausarbeitungen dazu aus?


Da es keine landesweit einheitliche Rechtsprechug zu o.g. Fall gibt und der Stundensatz von 300€ als unangemessen hoch erscheint, wäre nach §615 BGB Abs. 2 vor allem zu beachten, dass er sich bei der Rechnungserstellung bzgl. des Ausfallhonorars das anrechnen lässt, was er erspart hätte oder was er durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt.

Genauso darf B auch seine Aktivität in der Praxis nicht böswillig unterlassen, wenn die Möglichkeit dazu bestünden hätte, weshalb ich die Beweislast zunächst nach Aufforderung von A auch bei B sehe zum einem erst mal zu Begründen, inwiefern ein Stundensatz von 300€ zustande kommt und die beleglose Behauptung, man hätte trotz Terminpraxis keinen alternativen Patienten zu der Zeit behandeln können oder dass kein Notfall- bzw. Schmerzpatient zu der Zeit anwesend war.

Die Berechnung des abstrakten Ausfallhonorars basierend auf den Kostenfaktor der Praxis hat das AG Dresden bereits basierend auf Schätzungen von 80€ im Jahre 2010 als angemessen erachtet (AG Dresden, Urteil vom 29.01.2010, Az.: 107 C 5428/09). Unter Berücksichtigung der Inflation, deren prozentuale, jährlichen Änderungen öffentlich einsehbar sind, wird sich der Betrag heute dementsprechend auf etwas über 100€ erhöht haben. Untermauert wird dieser Wert auch mit aktuelleren Gerichtsbeschlüssen aus dem Jahre 2016 in denen Ausfallschäden von bis zu 100€ pro Behandlungsstunde zustande kamen (Heinz TK, Hessisches Ärzteblatt 3/2016, S. 163 ff.).

Damit läge das Ausfallhonorar in fast 3-facher höhe vor.

Zusätzlich stellt das Ausfallhonorar immer eine Pauschale bzw. Schadensersatzzahlung des Patienten und keine Vergütung für eine erbrachte Leistung. Ein direkter Zusammenhang zwischen der Behandlung und der zu zahlenden Vergütung besteht also nicht. Dies würde bedeuten, dass die Vereinbarung eines Ausfallhonorars, das genauso hoch ist wie die Vergütung für die zu erbringende Leistung bzw. diesen Wert in unverhältnismäßiger Weise sogar übersteigen sollte, wie im aktuellen fiktiven Fall, es dazu führt, dass die Vereinbarung gegen die gesetzlichen Grundsätze des Annahmeverzugs verstößt und bereits damit kritisch wäre. Trotz schriftlicher Vereinbarung könnte ein Gericht im Streitfall zum Ergebnis kommen, dass die Vereinbarung nichtig / nicht wirksam ist und den vertraglich Anspruch auf die Ausfallgebühr für nicht rechtmäßig erklären.

Ebenfalls könne es in Bestellpraxen es jederzeit auch zu unerwarteten Zeitverzögerungen (z.B. durch einen Notfall oder durch unerwartete Erschwernisse bei der Behandlung eines anderen Patienten) kommen. Insofern erscheint es nicht unbillig, dem Zahnarzt eine kurzfristige Absage oder unentschuldigtes Fernbleiben des Patienten aufzubürden (OLG Stuttgart, Urteil vom 17.4.200, Az.: 1 U 154/06; AG Diepholz, Urteil vom 26.06.2011 – Az.: 2 C 92/11; AG Nettetal, Urteil vom 12.09.2006 – Az.: 17 C 71/03). Das LG Osnabrück (Urteil vom 02.04.2008, Az.: 2 S 446/07) war in dem Fall sogar gänzlich der Auffassung, dass selbst wenn es sich um eine Praxis mit Bestellsystem handelt, dies lediglich der Praxisorganisation diene. Es gibt somit durchaus auch Gerichtsurteile, die das Kriterium gar nicht gelten lassen würden, dass Terminpraxen als Untermauerung des Honoraranspruchs rechtens sind. Weitere, u.a. Urteile von Landesgerichten wären: AG Rastatt, NJW-RR 1996, 817; LG München II, NJW 1984, 671; Landgericht Hannover, NJW 2000, 1799; AG Dieburg NJW-RR 1998, 1520).

Im Verbund mit der Unverhältnismäßigkeit der Terminart, einem (erstmaligen) Kontrolltermin / Erstuntersuchung (angesetzt auf unverhältnismäßige 60 Minuten), wird im Falle der Einzelbetrachtung und anhand der Formulierung aus dem Anamnesebogen „Die Höhe des in Rechnung zu stellenden Betrages richtet sich nach der eingeplanten Termindauer des ausgefallenen Termins" die Unangemessenheit zusätzlich unterstrichen. Die Summe in Kombination mit einem einfachen Routinetermin, der keine schwerwiegenden Vorbereitungen, wie es bei einer ambulanten Operation z.B. möglicherweise der Fall wäre, lässt jeglichen Schluss der Angemessenheit in der individuellen Betrachtung aus.



-- Editiert von chakradu am 29.04.2022 21:19

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#3
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(120219 Beiträge, 39849x hilfreich)

Zitat (von chakradu):
Unter Berücksichtigung der Inflation, deren prozentuale, jährlichen Änderungen öffentlich einsehbar sind, wird sich der Betrag heute dementsprechend auf etwas über 100€ erhöht haben.

Unter den Grundsätzen der Einzelfallbetrachtung wird die Inflation nur ein Indiz sein können, man wird aktuell auch die tatsächlichen Kostensituation zum Zeitpunkt des Ausfalls berücksichtigen müssen.



Zitat (von chakradu):
angesetzt auf unverhältnismäßige 60 Minuten

Festgestellt durch wen genau, mit welcher Qualifikation genau?


Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

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#4
 Von 
chakradu
Status:
Frischling
(5 Beiträge, 0x hilfreich)

Zitat (von Harry van Sell):
Festgestellt durch wen genau, mit welcher Qualifikation genau?


Wenn A einen Kontrolltermin vor Ort nach der PZR am Schalter anfragt und B sich das Recht herausnimmt, weil die Praxis das eben so tue, eine Erstuntersuchung anzusetzen, über deren Inhalte nicht unterricht wurde und man vorher gar nicht wissen könne, ob hierbei auch Leistungen angeboten wären, die die jeweilige Kasse überhaupt übernehmen würde, wäre das höchst fraglich.

Kontrolltermine werden so ziemlich überall mit durchschnittlich 5-10 Minuten kalkuliert. Selbst B bestätigte, dass ein Kontrolltermin in der Praxis mit 10-15 Minuten kalkuliert wird, aber eine Erstuntersuchung von Neupatienten mit 60 Minuten kalkuliert wird, was damit begründet wurde, weil das bei der Praxis nun mal eben keine "kleine Sache" wäre

Es ist davon auszugehen, dass die 60 Minuten auch dazu genutzt werden könnten, eventuelle ungebetene Beratungen vorzunehmen, die vom Patienten womöglich gar nicht erwünscht sind. Da die Leistung nicht erbracht und damit auch nicht stattgefunden hat, lässt sich auch gar nicht daraus schließen, ob der durch die Praxis in der Form angesetzte Termin überhaupt so lange angedauert hätte. Es stellt sich die Frage inwiefern eine 60-minütige angesetzte Untersuchung gerechtfertigt ist, wenn man stattdessen, anhand eines Kontrolltermins einfach einen weiteren Termin ansetzen könne, falls es tatsächlich notwendig wäre.

A sollte sich zu Untersuchungen, Analysen und ggf. Beratungsangebote, die sich außerhalb eines Kontrolltermins bewegen und auch gar nicht explizit angefragt wurden, nicht genötigt fühlen. A hat ein Recht dazu, diese auszuschlagen bzw. abzulehnen. Der Wunsch nach einem Kontrolltermin des Patienten impliziert, dass nicht aktiv nach einer umfassenden Erstuntersuchung nachgefragt wurde. Fraglich ist es, ob der subjektive Wunsch des Zahnarztes eines Neupatienten mit 60 Minuten zu budgetieren auch im Interesse des Patienten ist, wenn dieser kein Interesse daran bekundet hat. Wenn die Praxis daraus ihre eigene Vorgehensweise meint durchzusetzen, sollte es sich hierbei um ein hausgemachtes Problem handeln und dieses nicht auf den Patienten abgewälzt werden. Ebenso fragwürdig ist es, wie lange der Termin mit der Haltung des Patienten tatsächlich stattgefunden hätte.

Mit der Durchführung der PZR, in der versichert wurde, dass die Zähne und das Zahnfleisch sich im guten Zustand befinden würden im Verbund mit der Abgabe des Anamnesebogens, wird zusätzlich auf dem Papier zumindest mal eine grobe Einschätzung ermöglicht, wie viel Zeit der darauffolgende Kontrolltermin tatsächlich in Anspruch genommen hätte. Mit dem Anamnesebogen hat der Zahnarzt im Voraus für das Erstgespräch eine fundierte Grundlage.

-- Editiert von chakradu am 29.04.2022 21:59

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#5
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(120219 Beiträge, 39849x hilfreich)

Zitat (von chakradu):
Der Wunsch nach einem Kontrolltermin des Patienten impliziert, dass nicht aktiv nach einer umfassenden Erstuntersuchung nachgefragt wurde.

Richtig, aber hier irrelevant.



Zitat (von chakradu):
Fraglich ist es, ob der subjektive Wunsch des Zahnarztes eines Neupatienten mit 60 Minuten zu budgetieren auch im Interesse des Patienten ist, wenn dieser kein Interesse daran bekundet hat.

Das kann dahingestellt bleiben, da der Patient sich nach der Mitteilung "Erstuntersuchung mit 60 Minuten" freiwillig für diese Variante entschieden hat, statt verfügbare Alternativen zu wählen.


Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

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#6
 Von 
Anami
Status:
Unbeschreiblich
(32218 Beiträge, 5661x hilfreich)

Zitat (von chakradu):
Die Höhe des Ausfallhonorars durch B scheint unangemessen hoch
Die 300,- dürften eher die mit den KV abzurechnenden Kosten pro Kontrolltermin sein.
Ist A privat krankenverischert?
Hat der ZA dem A bereits seine Honorarforderung schriftlich zugehen lassen?

Ausfallhonorare wegen versäumten Terminen bewegen sich nach *Lesung* im Netz um die 60 bis 80€.
PZR ist eh keine Kassenleistung der GKV. Womöglich auch nicht der PKV.
PZR macht iaR kein Zahnmedizinender, sondern ein zahnmed. FA mit entspr. Quali.

A hätte den nicht gewünschten Kontrolltermin statt zu versäumen ganz einfach 1-2 Tage vorher telefonisch absagen können.
Andere Patienten hätten sich evtl. gefreut.

p.s.
Die Kneifzange zum Anziehen einer Hose liegen -------- hier.

Signatur:

Ich schreibe hier nur meine Meinung.

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