ausländerrecht/kein Pass

18. April 2011 Thema abonnieren
 Von 
tony64
Status:
Frischling
(3 Beiträge, 2x hilfreich)
ausländerrecht/kein Pass

HAllo
Bin seit 40jahren in der BRD,bin selber 47 j. alt.
habe mein Wehrdienst aufgeschoben bis 38j.zu diesem zeitpunkt wurde ich krank,habe deswegen die auslösse nicht bezahlen können,mein pass ist 2003 abgelaufen,vorher habe ich die zusage für die Einbürgerung bekommen doch ich wurde nicht Ausgebürgert,seit diese zeit bin ich ohne pass und ohne meldung,was für auswege gibt es für mich um einen pass zubekommen,Bitte Helft mir.
wie muss ich vorgehen?
Danke an allle

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25 Antworten
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#1
 Von 
wirdwerden
Status:
Unbeschreiblich
(38325 Beiträge, 13977x hilfreich)

Ich vermute mal, Du bist Türke? Mach uns schlau.

Grundsätzlich kann man aber sagen, dass ohne Pass keine Einbürgerung stattfinden kann, und ob Du einen Pass bekommst, das ist eine Angelegenheit zwischen Dir und Deinem Heimatland. Ob Du noch in Deutschland einbürgerbar bist, nachdem Du offensichtlich so viele Jahre hier illegal gelebt hast, das wage ich zu bezweifeln.

Aber, erst einmal die Situation mit dem Heimatland klären, das ist keine deutsche Angelegenheit.

wirdwerden

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#2
 Von 
tony64
Status:
Frischling
(3 Beiträge, 2x hilfreich)

hallo leute
vielleicht habe ich mich falsch ausgedrückt,bin nicht seit 40 j.illegal hier,bis 2003 hatte ich unbefriestette aufhendhalt,arbeitsgeheminung usw.
mein problem ist seit dieser zeit

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1x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
wirdwerden
Status:
Unbeschreiblich
(38325 Beiträge, 13977x hilfreich)

Nö, Du hast Dich nicht falsch ausgdrückt. Du bist seit acht Jahren illegal in Deutschland. Voraussetzung für eine legale Anwesenheit ist nun mal ein gültiger Pass. Und den kannst Du nicht vorweisen. Unter welchen Voraussetzungen Dir Dein Heimatland einen Pass ausstellt, das ist Recht des Heimatlandes.

wirdwerden

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#4
 Von 
muemmel
Status:
Unbeschreiblich
(32811 Beiträge, 17245x hilfreich)

Hi,

wenden Sie sich an die Härtefallkommission Ihres Bundeslandes - die kann evtl. dafür sorgen, daß Sie wieder einen Aufenthaltstitel kriegen (ohne Garantie!).

Gruß vom mümmel

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1x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
wirdwerden
Status:
Unbeschreiblich
(38325 Beiträge, 13977x hilfreich)

nach 8 Jahren illegalem Aufenthalt in Deutschland? Acht Jahren Schwarzarbeit (wovon hat er denn sonst gelebt)? Härtefälle sind die, bei denen man trotz Bemühen keinen Pass bekommt. Aber nicht die, bei denen man den Pass selbst "vergeigt" hat.

wirdwerden

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1x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
muemmel
Status:
Unbeschreiblich
(32811 Beiträge, 17245x hilfreich)

Hi,

die Härtefallkommission ist nicht zur Paßbeschaffung da, sondern für den Erhalt eines Aufenthaltstitels - das hatte ich auch ganz deutlich geschrieben. Im Übrigen wird die Härtefallkommission selbst entscheiden, ob sie da einen Härtefall sieht. Daß er keinen Aufenthaltstitel hat, ist kein Ausschlußgrund - wer einen Aufenthaltstitel oder einen gesetzlichen Anspruch auf einen Aufenthaltstitel hat, benötigt die Härtefallkommission logischerweise nicht.

Gruß vom mümmel

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-- Editiert am 18.04.2011 16:08

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#7
 Von 
wirdwerden
Status:
Unbeschreiblich
(38325 Beiträge, 13977x hilfreich)

Aber sein Verschulden an der Situation schon.

wirdwerden

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1x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
muemmel
Status:
Unbeschreiblich
(32811 Beiträge, 17245x hilfreich)

Aha! Und welcher Veröffentlichung welcher HF-Kommission entnehmen Sie das? Ich habe z. B. im Merkblatt für Antragsteller bei der Berliner HF-Kommission keinen derartigen Ausschlußgrund gefunden.

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1x Hilfreiche Antwort


#10
 Von 
tony64
Status:
Frischling
(3 Beiträge, 2x hilfreich)

Danke Leute für die Erliche antworten,also mir bleibt ein weg -Rechtsanwalt-


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1x Hilfreiche Antwort

#11
 Von 
muemmel
Status:
Unbeschreiblich
(32811 Beiträge, 17245x hilfreich)

Hi,

ich habe von einem Anwalt nichts geschrieben - einen Antrag bei der HF-Kommission Ihres Bundeslandes können Sie ganz ohne Anwalt und ohne Kosten stellen.

Gruß vom mümmel

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1x Hilfreiche Antwort

#12
 Von 
DerRaecher
Status:
Praktikant
(633 Beiträge, 439x hilfreich)

quote:
Grundsätzlich kann man aber sagen, dass ohne Pass keine Einbürgerung stattfinden kann,

Bitte mal die entsprechende Stelle aus dem Staatsangehörigkeitsgesetz zitieren, kann da nix finden.

quote:
Nö, Du hast Dich nicht falsch ausgdrückt. Du bist seit acht Jahren illegal in Deutschland.

Was natürlich ziemlicher Schwachsinn ist. Wer eine unbefristete AE, jetzt NE, hat, ist natürlich nicht illegal. Und bitte auch hier: Stelle im Aufenthaltsgesetz zitieren, wonach ein Aufenthaltstitel an die Passgültigkeit gebunden ist.

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#14
 Von 
DerRaecher
Status:
Praktikant
(633 Beiträge, 439x hilfreich)

Die Passpflicht sagt aber rein nichts darüber aus, dass ein Aufenthaltstitel erlischt.

Hier könnte allenfalls ein Widerruf nach § 52 (1) in Betracht kommen, was ja aber offenbar nicht geschehen ist.

Vielmehr kommt hier vermutlich ein Ausweisersatz in Betracht, siehe § 48 (2):

quote:
(2) Ein Ausländer, der einen Pass weder besitzt noch in zumutbarer Weise erlangen kann, genügt der Ausweispflicht mit der Bescheinigung über einen Aufenthaltstitel oder die Aussetzung der Abschiebung, wenn sie mit den Angaben zur Person und einem Lichtbild versehen und als Ausweisersatz bezeichnet ist.


Dass die Ableistung des Wehrdienstes für eine Person über 40 Jahre, die praktisch ihr ganzes Leben hier verbracht hat, evtl. voll im Beruf steht und Familie hat, zumutbar sein soll, wird ja wohl kaum jemand mit gutem Gewissen bejahen können.

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#15
 Von 
meri
Status:
Master
(4821 Beiträge, 1821x hilfreich)

quote:
Die Passpflicht sagt aber rein nichts darüber aus, dass ein Aufenthaltstitel erlischt.


...umgekehrt gibt es einen Aufenthaltstitel nur, wenn die Passpflicht erfüllt ist. Auch kann es nicht Rechtens sein, dass die Bundesrepublik Deutschland Beihilfe zur 'Fahnenflucht' leistet, indem sie Personen einreisen lässt, die ihren Wehrdienst noch nicht erfüllt, bzw. sich von diesem freigekauft haben.

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1x Hilfreiche Antwort

#16
 Von 
DerRaecher
Status:
Praktikant
(633 Beiträge, 439x hilfreich)

quote:
..umgekehrt gibt es einen Aufenthaltstitel nur, wenn die Passpflicht erfüllt ist.

Irrelevant, wenn jemand schon seinen unbefristeten Titel hat.

quote:
Auch kann es nicht Rechtens sein, dass die Bundesrepublik Deutschland Beihilfe zur 'Fahnenflucht' leistet,

Da das Delikt 'Fahnenflucht' nur ein Soldat begehen kann, ist das schon mal per se Käse.

quote:
indem sie Personen einreisen lässt, die ihren Wehrdienst noch nicht erfüllt,


Es soll ja welche geben, die als Kind einreisen, wie der TE, oder sogar hier geboren werden.

quote:
bzw. sich von diesem freigekauft haben.

Warum sollte Deutschland diesen 'Freikauf', der ja eklatant deutschem Recht widerspricht, auch noch unterstützen?

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#17
 Von 
meri
Status:
Master
(4821 Beiträge, 1821x hilfreich)

quote:
Irrelevant, wenn jemand schon seinen unbefristeten Titel hat.


Wegfall der Geschäftsgrundlage ( kein Pass, keine Aufenthaltserlaubnis.

quote:
Da das Delikt 'Fahnenflucht' nur ein Soldat begehen kann, ist das schon mal per se Käse.


aber nur nach dem WStG.
quote:
Warum sollte Deutschland diesen 'Freikauf', der ja eklatant deutschem Recht widerspricht, auch noch unterstützen?


Wird täglich so gemacht.


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1x Hilfreiche Antwort


#19
 Von 
DerRaecher
Status:
Praktikant
(633 Beiträge, 439x hilfreich)

quote:
Wegfall der Geschäftsgrundlage

Das gibts nur im Zivilrecht und ist hier nicht einschlägig.

quote:
kein Pass, keine Aufenthaltserlaubnis.

Rechtsgrundlage wurde bereits genannt: Allenfalls Widerruf möglich, unter den im Gesetz genannten engen Grenzen.

quote:
aber nur nach dem WStG.

Bei der Bewertung möglicher Straftaten im Ausland sind bekanntlich deutsche Maßstäbe anzulegen. Was hierzulande nicht strafbar ist, kann man hierzulande auch nicht dem Ausländer vorhalten.

quote:
Wird täglich so gemacht.

Irgendwelche Belege für diese Bahauptung?

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#20
 Von 
meri
Status:
Master
(4821 Beiträge, 1821x hilfreich)

Aufenthaltsverordnung
§ 6 Ausstellung des Reiseausweises für Ausländer im Inland
Im Inland darf ein Reiseausweis für Ausländer nach Maßgabe des § 5 ausgestellt werden,
1.
wenn der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis, Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG besitzt,...

Demnach könnte ein zu verschmerzendes Bußgeld drohen, was im Verhältnis zur Straferwartung bei Einreise in die Türkei keine Rolle spielt.

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#21
 Von 
Felicite
Status:
Lehrling
(1236 Beiträge, 1506x hilfreich)

Dass im vorliegenden Fall ein Ausweisersatz nach § 5 AufenthV in Frage kommen könnte, ist doch mehr als zweifelhaft. Bei der Frage, was als "zumutbar" gilt, wird natürlicherweise die Erfüllung staatsbürgerlicher Pflichten als absolut zumutbar betrachtet:

quote:<hr size=1 noshade>2) Als zumutbar im Sinne des Absatzes 1 gilt es insbesondere,

1. derart rechtzeitig vor Ablauf der Gültigkeit eines Passes oder Passersatzes bei den zuständigen Behörden im In- und Ausland die erforderlichen Anträge für die Neuerteilung oder Verlängerung zu stellen, dass mit der Neuerteilung oder Verlängerung innerhalb der Gültigkeitsdauer des bisherigen Passes oder Passersatzes gerechnet werden kann,

2. (...)

3. die Wehrpflicht, sofern deren Erfüllung nicht aus zwingenden Gründen unzumutbar ist, und andere zumutbare staatsbürgerliche Pflichten zu erfüllen (…) <hr size=1 noshade>


Im vorliegenden Fall sind also schon 2 zumutbare Bedingungen nicht erfüllt: Beantragung "rechtzeitig vor Ablauf der Gültigkeit" (8 Jahre sind da schon heftig) und die Nichtableistung der Wehrpflicht.

Auch eine "Person über 40 Jahre, die praktisch ihr ganzes Leben hier verbracht hat, evtl. voll im Beruf steht und Familie hat", hat ja sein ganzes Erwachsenenleben Zeit gehabt, sich um seinen Wehrdienst zu kümmern. In den seltensten Fällen kommt das in diesem Alter überraschend. Das hat man selber verbockt und hier wird der deutsche Staat kaum einspringen, um jemand aus dem selbstverursachten Schlamassel rauszuholen (zudem durch einen Eingriff in die hoheitlichen Rechte eines anderen Staates, indem man Papiere für deren Staatsbürger ausstellt).

Um hier auf Unzumutbarkeit zu plädieren, müsste man schon starke Argumente haben. Mit den Zuständen in der türkischen Armee wird man kaum argumentieren können. Persönliche Gründe wie Beruf und Familie sind auch nicht so einzigartig. Falls der Themenstarter hier in einer besonderen Konstellation lebt (alleinerziehender Vater deutscher Kinder, Pflege behinderter Kinder, ...), könnte er versuchen, damit zu argumentieren. Wie das im Einzelfall aussieht, kann man hier per Ferndiagnose kaum sagen. Allerdings bliebe auch der nunmehr seit 8 Jahren währende Verstoß gegen die Passpflicht.

Was die Aufenthaltssituation betrifft, hat DerRaecher den relevanten Artikel § 52 (1) AufenthG ja schon benannt:

quote:<hr size=1 noshade>Hier könnte allenfalls ein Widerruf nach § 52 (1) in Betracht kommen, was ja aber offenbar nicht geschehen ist. <hr size=1 noshade>


Wobei die Behörden bis jetzt wahrscheinlich noch nichts vom fehlenden gültigen Pass erfahren haben und deshalb nicht reagieren konnten. Die NE hat ihre Gültigkeit nicht automatisch verloren. Doch wenn die Behörden davon erfahren, kann es zum Widerruf der NE kommen. Der Themenstarter sollte sich möglichst bald anwaltlich beraten lassen. Wenn er irgendwann per Zufall auffliegt, wird es richtig kompliziert werden.


-- Editiert am 21.04.2011 00:12

1x Hilfreiche Antwort

#22
 Von 
meri
Status:
Master
(4821 Beiträge, 1821x hilfreich)

Es werden in Zukunft eine Menge Anträge auf Erteilung eines Passersatzes eingehen, da Deutschland die Wehrpflicht abgeschafft hat. Doppelstaatler können demnach ihren Wehrdienst bei der Bundeswehr nicht mehr ableisten. Zeit-oder Berufssoldat zählt nicht.

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1x Hilfreiche Antwort

#23
 Von 
DerRaecher
Status:
Praktikant
(633 Beiträge, 439x hilfreich)

quote:
Doppelstaatler können demnach ihren Wehrdienst bei der Bundeswehr nicht mehr ableisten.


Wer "Doppelstaater", also (auch) Deutscher ist, wird aber ganz sicher keinen Ausweisersatz bekommen, wozu auch?

Aber in der Tat: Nach Abschaffung der Wehrpflicht hierzulande wird die Frage, ob ausländischer Wehrdienst überhaupt noch zumutbar ist, generell neu zu bewerten sein. Aber das ist dann Sache der hohen Politik.

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1x Hilfreiche Antwort

#24
 Von 
Felicite
Status:
Lehrling
(1236 Beiträge, 1506x hilfreich)

quote:<hr size=1 noshade>Abschaffung der Wehrpflicht hierzulande <hr size=1 noshade>


Na ja, abgeschafft wird die Wehrpflicht ja nicht. Sie wird nur ausgesetzt. Und die Gründe für die Aussetzung sind ja v.a. in organisatorischen Belangen der Bundeswehr zu suchen. Durch die Aussetzung der Wehrpflicht wird die Frage ihrer generellen Zumutbarkeit nicht berührt. Sie kann im Bedarfsfall jederzeit wieder vollzogen werden; sie bleibt im Grundgesetz verankert (§ 12a GG ). Wie sollte da die Frage, "ob ausländischer Wehrdienst überhaupt noch zumutbar ist", prinzipiell verneint werden?

Eine staatsbürgerliche Pflicht, die unser Grundgesetz vorsieht, soll für Bürger fremder Staaten so unzumutbar sein, dass der deutsche Staat verpflichtet sein soll, in die hoheitlichen Belange dieser Staaten einzugreifen? Es ist nämlich ein erheblicher Eingriff in die Hoheitsrechte eines Landes, wenn der deutsche Staat deren Staatsbürger durch Ausstellung von Ausweisersatzpapiern dabei unterstützt, das für diese Bürger geltende Recht (die Wehrpflicht und die strafrechtlichen Konsequenzen, die sich durch deren Verweigerung ergeben) zu umgehen.

Gerade mit Blick auf unser Grundgesetz wird dies wohl auch weiterhin nur in sehr engen Grenzen möglich sein. Die Aussetzung der Einberufung wird dabei wohl kaum eine Argumentationshilfe sein.

-- Editiert am 21.04.2011 22:02

1x Hilfreiche Antwort

#25
 Von 
meri
Status:
Master
(4821 Beiträge, 1821x hilfreich)

tony64 hat die Möglichkeit, einen Reiseausweis zu beantragen und auch zu erhalten:
Die zulässige Verpflichtungsklage, über die die Kammer mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte (vgl. § 101 Abs. 2 VwGO ), ist begründet. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 8. Oktober 2010 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Die Beklagte war daher antragsgemäß zur Neubescheidung zu verpflichten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO ).
15
Der Kläger erfüllt die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung eines Reiseausweises für Ausländer. Gemäß § 5 Abs. 1 AufenthV kann einem Ausländer, der nachweislich keinen Pass oderPassersatz besitzt und ihn nicht auf zumutbare Weise erlangen kann, ein Reiseausweis für Ausländer ausgestellt werden.
16
Der Kläger ist als türkischer Staatsangehöriger ein Ausländer (vgl. auch § 2 Abs. 1 AufenthG ). Er besitzt auch nachweislich keinen gültigen Pass oder Passersatz.
17
Der Kläger kann einen gültigen Pass oder Passersatz auch nicht auf zumutbare Weise erlangen. Aus der Bescheinigung des türkischen Generalkonsulats vom 17. Juli 2009 (Bl. 198 des Verwaltungsvorgangs der Beklagten) ergibt sich, dass sein Pass nur verlängert würde, wenn er entweder den fünfzehnmonatigen Wehrdienst in der Türkei ableistete oder eine Ablösungssumme bezahlte und einen verkürzten 21-tägigen Wehrdienst leistete. Die Ablösesumme betrüge beim derzeitigen Lebensalter der Klägers 7.668,--- EUR (vgl. InfAuslR 2008, Heft 10 unter "Aktuelles", vom Kläger in Kopie der Beklagten vorgelegt, Bl. 204 des Verwaltungsvorgangs).
18
Nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 AufenthV ist die Erfüllung der Wehrpflicht grundsätzlich zumutbar, sofern sie nicht ausnahmsweise aus zwingenden Gründen unzumutbar ist. Welche Anforderungen an die Zumutbarkeit zu stellen sind, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Je gewichtiger die vom Ausländer vorgebrachten Umstände sind, desto geringer sind die Anforderungen an das Vorliegen einer daraus resultierenden Unzumutbarkeit (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 17. Februar 2005 - 11 PA 345/04 -, juris Rn. 14).
19
Bei der Prüfung der Unzumutbarkeit steht der Beklagten weder ein Ermessen noch ein Beurteilungsspielraum zu. Es handelt sich vielmehr um einen gerichtlich voll überprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriff (VGH München, Beschluss vom 18. März 2008 - 19 ZB 07.483 -, juris Rn. 5). Ermessen besteht erst auf der Rechtsfolgenseite, wenn das Tatbestandsmerkmal der Unzumutbarkeit erfüllt ist.
20
Für das Gericht grundsätzlich ohne Bedeutung ist daher, ob der Kläger unter eine der in Ziff. 3.3.1.2 AVV-AufenthG genannten Fallgruppen fällt. Verwaltungsvorschriften sind keine Rechtsnormen, die die Gerichte bei der Auslegung gesetzlicher Tatbestandsmerkmale binden. Das Gericht hat die Auffassung der Verwaltung über die Auslegung von § 5 AufenthV , die in Ziff. 3.3.1.2 AVV-AufenthG zum Ausdruck kommt, nicht nachzuvollziehen, sondern im Gegenteil auf ihre Richtigkeit zu prüfen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31. Mai 1988 - 1 BvR 520/83 -, BVerfGE 78, 214 ). Nur wenn und soweit es die in einer bestimmten Verwaltungsvorschrift vertretene Normauslegung aus eigener Überzeugung für richtig hält, darf es sich ihr anschließen (vgl. BVerfG, aaO.). In keinem Fall dürfen Verwaltungsvorschriften dazu führen, dass den Umständen des Einzelfalls nicht mehr ausreichend Rechnung getragen wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. März 1996 - 1 C 34/93 -, NWvZ-RR 1997, 317 ). Deshalb sind die in der Verwaltungsvorschrift aufgeführten Fallgruppen nicht als abschließende Aufzählung zu betrachten.
21
Im besonderen Einzelfall des Klägers erscheint bei einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Faktoren die Ableistung des Wehrdienstes in der Türkei als ausnahmsweise unzumutbar.
22
Gesichtspunkte, die zur Unzumutbarkeit der Wehrpflichterfüllung führen können, sind auch nach Auffassung der Kammer insbesondere das Alter des Ausländers, die Dauer seines rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet, seine familiären Beziehungen und seine sonstige soziale Verwurzelung in Deutschland. Da nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 AufenthV die Unzumutbarkeit des Wehrdienstes die Ausnahme und dessen Zumutbarkeit die Regel ist, müssen die oben genannten Gesichtspunkte aber von erheblichem Gewicht sein, um die Ausstellung eines Reiseausweises für Ausländer rechtfertigen zu können.
23
Der Kläger wird in diesem Jahr sein fünfundvierzigstes Lebensjahr vollenden. Damit ist er alsbald in einem Alter, in dem Deutschen nach § 3 Abs. 3 WPflG kein Wehrdienst mehr zugemutet wird. Diese Wertung des deutschen Gesetzgebers muss bei der Auslegung des Begriffs der "Unzumutbarkeit" nach § 5 AufenthV berücksichtigt werden (vgl. OLG München, Urteil vom 16. November 2010, - 4 St RR 157/10 -, InfAuslR 2011, 87 ), auch wenn sie für sich allein noch nicht zwingend zur Bejahung dieses Merkmals führt. Beim Kläger kommen aber weitere sehr gewichtige Umstände hinzu, die gegen eine Zumutbarkeit des Wehrdienstes sprechen: Er ist im Alter von 7 Jahren nach Deutschland eingereist und hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt seither - also seit mehr als 37 Jahren - ununterbrochen im Bundesgebiet. Er hat circa fünf Sechstel seines bisherigen Lebens in Deutschland verbracht, darunter die besonders prägenden Schul- und Jugendjahre sowie seine gesamte Zeit als Erwachsener und sein gesamtes Berufsleben. Er ist in Deutschland seit vielen Jahren berufstätig. Auch aktuell verfügt er über einen Arbeitsplatz. Sein Aufenthalt war durchweg rechtmäßig. Seit mehr als einundzwanzig Jahren besitzt er sogar einen unbefristeten Aufenthaltstitel; daher ist damit zu rechnen, dass er auch den Rest seines Lebens in Deutschland verbringen wird. Hinzu kommen seine familiären Bindungen in Deutschland. Zwar sind seine Ehefrau und seine Kinder türkische Staatsangehörige, aber auch sie halten sich seit vielen Jahren rechtmäßig in Deutschland auf und ihr Aufenthalt erscheint für die Zukunft dauerhaft rechtlich gesichert. Die Ehefrau hat die Türkei vor mehr als siebzehn Jahren verlassen und besitzt eine Niederlassungserlaubnis. Die dreizehn und elf Jahre alten Kinder sind in Deutschland geboren, aufgewachsen und besuchen hier die Schule. Jedenfalls den Kindern dürfte es angesichts der zu befürchtenden Konsequenzen für ihre schulische Entwicklung nicht zuzumuten sein, ihrem Vater für die Dauer eines fünfzehnmonatigen Wehrdienstes in die Türkei zu folgen. Insofern befinden sie sich in einer ähnlichen Situation wie deutsche Kinder, denen das Verlassen des Bundesgebietes ebenfalls nicht zugemutet werden könnte. Die Ableistung des vollen Wehrdienstes würde für den Kläger also eine mehr als einjährige Trennung von seiner Familie, seinem Arbeitsplatz und dem Land, in dem er sich nahezu sein ganzes Leben rechtmäßig aufgehalten hat und wohl auch den Rest seines Lebens aufhalten wird, bedeuten. Unter Berücksichtigung seines Alters erscheint dies unzumutbar.
24
Und schließlich ist es dem Kläger angesichts dieser Umstände und seiner wirtschaftlichen Verhältnisse jedenfalls derzeit nicht zuzumuten, den Wehrdienst durch Zahlung einer Ablösesumme von 7.668 EUR auf "erträgliche" 21 Tage zu verkürzen. Im Rahmen der Frage, wann ein Ausländer unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit einzubürgern ist, sieht die Exekutive die Grenze der Zumutbarkeit als überschritten an, wenn der Ablösebetrag drei Bruttomonatsgehälter bzw. 5.112,92 EUR übersteigt; Ausländern der zweiten Generation sei ein Freikauf vom Wehrdienst grundsätzlich nicht mehr zuzumuten (vgl. VAH-StAG, Ziff. 12.1.2.3.2.2). Diese Auffassung erscheint der Kammer jedenfalls als grobe Richtlinie auch im Rahmen des § 5 AufenthV nachvollziehbar. Der Kläger dürfte aufgrund des Umstandes, dass er im Alter von nur sieben Jahren zu seinen Eltern ins Bundesgebiet nachzog, ein Ausländer der zweiten Generation sein. Darüber hinaus übersteigt der Ablösebetrag aber auch sein derzeitiges Bruttogehalt von 2.347,66 EUR um mehr als das Dreifache. Angesichts der im PKH-Verfahren offen gelegten wirtschaftlichen Verhältnisse der Familie, dürfte es dem Kläger kaum möglich sein, kurzfristig ohne Vernachlässigung seiner Unterhaltspflicht gegenüber der Ehefrau und den Kindern einen Betrag von 7.668 EUR aufzubringen. Sein derzeitiges Einkommen deckt das Existenzminimum gerade eben ab; die Familie muss daneben sogar ergänzend monatlich 33,--- EUR Wohngeld beziehen.
25
Zu keinem anderen Ergebnis führt es, dass der Kläger die jetzige Situation vorhersehen und womöglich sogar hätte vermeiden können, wenn er sich frühzeitig um die Regelung seiner Wehrdienstangelegenheit gekümmert bzw. langfristig Geld für eine Ablösung angespart hätte. § 5 Abs. 1 AufenthV stellt nicht auf einen eventuellen Verstoß gegen Sorgfaltspflichten in der Vergangenheit ab, sondern nur auf die aktuelle Unzumutbarkeit der Passerlangung.
26
Ausschlussgründe nach § 5 Abs. 3 bis 5 AufenthV liegen nicht vor. Der Kläger erfüllt als Inhaber einer Niederlassungserlaubnis die Voraussetzungen des § 6 S. 1 Nr. 1 AufenthV .
27
Da somit alle gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, hätte die Beklagte gem. § 5 Abs. 1 AufenthVnach Ermessen über die Ausstellung des begehrten Reiseausweises für Ausländer entscheiden müssen. Eine solche Ermessensentscheidung hat sie jedoch im angefochtenen Bescheid ausdrücklich nicht getroffen, weil nach ihrer - unzutreffenden - Auffassung schon die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale nicht erfüllt waren. Zur Vermeidung weiterer Rechtsstreitigkeiten weist die Kammer darauf hin, dass neben der Erteilung eines Reiseausweises für Ausländer auch die Ausstellung eines Ausweisersatzes nach § 48 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 55 AufenthV in Betracht käme. Damit würde der Kläger ebenfalls seiner Passpflicht genügen und wäre vor straf- und bußgeldrechtlichen Sanktionen geschützt (vgl. §§ 3 Abs. 1 Satz 2 , 48 Abs. 2 AufenthG ; Grünewald, GK-AufenthG, § 48 Rn. 30). Die Beklagte könnte die Wahl des Dokuments insbesondere auch davon abhängig machen, ob der Kläger nachvollziehbar darlegt, wie er Zukunft (etwa durch Ansparung oder durch Aufnahme eines Darlehens) die Ablösesumme für die türkischen Behörden zu beschaffen beabsichtigt. Gleichzeitig wären damit - anders als bei der Ausstellung eines Reiseausweises für Ausländer - Interessen des Heimatstaates Türkei nicht berührt (vgl. Grünewald, GK-AufenthG, § 48 Rn. 40). Ferner weist die Kammer darauf hin, dass der Kläger durch Stellung eines Einbürgerungsantrags das Problem möglicherweise dauerhaft lösen könnte (vgl. Ziff. 3.3.1.2. AVV-AufenthG 1. Spiegelstrich).
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VG Oldenburg (Oldenburg) 11. Kammer
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