Architektenhonorar für Vorleistungen

9. Oktober 2011 Thema abonnieren
 Von 
Childhood
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 5x hilfreich)
Architektenhonorar für Vorleistungen

Ein fiktiver Fall:

Für die Umnutzung der Gewerberäume für Zwecke einer privaten Schule wurde ein erfahrener Architekt aufgesucht. Er hat den Kunden bei der Auswahl des Mietobjektes, Verhandlungen, Recherchen im Bauarchiv begleitet und die ersten elementaren Skizzen erstellt. Dem Kunden war es offensichtig, dass der Architekt seine selbst initiierte Hilfe im Rahmen der Kundenakquise leistet. Es wurde aber einmal von ihm erwähnt nach einer Woche einer intensiven Zusammenarbeit (und nicht davor!), dass bis der Kunde keinen Mietvertrag / keine Sicherheiten hat, wird er seine Leistungen auf Stundenbasis abrechnen (85 Euro pro Stunde). Wenn der Vertrag zustande kommt, werden diese Vorleistungen auf den Gesamthonorar angerechnet. Der Kunde ging davon aus, es ging ausschließlich über die zeichnerischen Leistungen, also keine Termine, Besichtigungen, Telefonate zu diesem Stundenpreis und auch keine Mitarbeit von weiteren Assistenten. Die Stundenobergrenze sowie konkrete Leistungen wurden nicht festgelegt, und es wurde kein Vertrag über Vorleistungen unterschrieben.
Der Architekt hat zum größten Teil aus Eigeninitiative einen Vorentwurf, Massenermittlung, Baubeschreibung und dann noch den fertigen Entwurf sehr schnell geliefert, ohne schriftlich beauftragt zu werden. Ihm wurde es bekannt, dass der Kunde noch in Verhandlungen über das Objekt ist und keine Entscheidung seitens Eigentümer gefallen wurde.
Nach einigen Wochen kam die Rückmeldung vom Eigentümer der Immobilie, dass die endgültige Entscheidung erst in zwei Monaten getroffen werden kann. Zu dem Zeitpunkt hat der Architekt seine Leistungen im Rahmen der LP 1-3 vollständig erbracht. Nachdem die Nachricht über die Verzögerung ihn erreicht hat, hat er entschieden, auf den Auftrag nicht zu warten. Der Architekt hat die Rechnung für alle Vorleistungen auf Stundenbasis für eigene Arbeit und die Arbeit von Assistenten sowie Telefonate, Termine, Recherchen im Archiv, Besichtigung vor Ort in Rechnung gestellt.
Die Fragen sind folgende:

1) Wenn der Auftrag/ Mietvertrag nicht zustande kommt und das Projekt nicht realisiert wird, müssen die Vorleistungen vom Architekten trotzdem bezahlt werden?
2) Wenn ja, in welchem Umfang? Welche Vorleistungen müssen nicht bezahlt werden und finden im Rahmen der reinen Kundenakquise statt?
3) Wenn die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen sind und die Mitarbeit mit dem Architekten im Rahmen des normalen Vertrages in Sicht ist, hat der Architekt zu diesem Zeitpunkt wegen der Verzögerung Recht auf solche eine Zwischenabrechnung auf Stundenbasis?
4) Wenn ja, was muss er gegen die Bezahlung liefern? Elektronische Zeichnungen? Können diese von einem anderen Architekten genutzt werden?
P.S. Da das Projekt „Schule" staatlich gefördert wird, können auch die Architektenleistungen leider nicht gefördert werden, wenn das Projekt nicht zustande kommt. Daher wäre es sehr ärgerlich, wenn der Kunde in diesem Fall die Vorleistungen privat bezahlen müsste.

Für praktische Ratschläge und Kommentare danke ich Euch im voraus,


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4 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
Frau Helga
Status:
Schüler
(200 Beiträge, 74x hilfreich)

zu 1) ja

zu 2) nach HOAI oder wie vereinbart nach Stundensatz. Was war Akquise und was war der eigentliche Auftrag? Gab es eine genaue Abgrenzung der Leistungen?

zu 3) ja, warum nicht. Die Arbeit bis zu diesem Zeitpunkt ist getan, und es kann ein Abschlag gefordert werden. Durchaus üblich.

zu 4) mindestens Papier. Ob ein anderer Architekt beauftragt wird ist von der Beauftragung des "alten" Architekten abhängig. Ist die vereinbarte Leistung abgeschlossen?

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2x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
Childhood
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 5x hilfreich)

Danke für die Antwort!

In der Broschüre "Recht des Architekten" steht aber klar geschrieben: "Nur das, was der Architekt für den Bauherrn an typischen Architektenleistungen erbracht hat, muss bezahlt werden!" Es ist dabei zwischen Kundenakquisation und einem Auftrag zu unterscheiden. Entscheidend ist die konkrete Vereinbarung über Konditionen der Beauftragung und Honorierung. Ein besonderer Fall ist es, wenn der Auftrag im Zusammenhang und in Abstimmung mit dem Eigentümer und Behörden erteilt wird und das gesamte Projekt davon stark abhängig ist.
Zitat aus dem "Recht des Architekten": Eine besondere praxisrelevante Form kostenloser Beauftragung besteht in den Fällen, in denen der Architekt mit einem Investor in Kontakt tritt. Es handelt sich hierbei um jene Situationen, bei denen sich der Architekt verpflichtet, in zunächst kostenlose Vorleistungen zu treten, d.h. Planungen erstellt unter der Voraussetzung, dass der Investor ein bestimmtes Grundstück erwirbt und sein geplantes Vorhaben schließlich ausführt. Der Architekt liefert in derartigen Fallkonstellationen wesentliche Unterlagen, die der Investor vielfach in sein Investitionskonzept gegenüber Dritten - in erster Linie ist hier an Banken und Behörden zu denken - integriert und präsentiert. Als vereinbarte Gegenleistung wird dem Architekten dann die Beauftragung des Bauvorhabens zugesichert - sofern es zur Bauausführung tatsächlich kommt. Nur wenn letztere Bedingung eintritt, besteht für den Architekten rückwirkend ein Honoraranspruch".

Das wäre vollkommen auf den beschriebenen Fall übertragbar, weil der Vorentwurf und Kostenschätzung zum größten Teil für die genehmigungsrelevante Behörden, Finanzierungsstelle im Senat, Bank und den Eigentümer der Immobilie im Rahmen der Bewerbung für das Objekt und das Vorhaben erstellt worden sind.

Eine Sondervereinbarung bedürfen solche Fälle nicht.

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2x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
Frau Helga
Status:
Schüler
(200 Beiträge, 74x hilfreich)

quote:
...Es handelt sich hierbei um jene Situationen, bei denen sich der Architekt verpflichtet, in zunächst kostenlose Vorleistungen zu treten,...


Du hast dir die Antwort selbst gegeben.
Hat er sich verpflichtet? Zumindest auf die reine Architektenleistung bezogen. Es ist nahezu unwahrscheinlich, dass ein Architekt komplett umsonst arbeitet.
Gibt es entsprechende Verträge?

Oft ist es so, dass eine Stundenbasis vereinbart wird, weil es für den Bauherrn unterm Strich günstiger ist als eine Abrechnung nach HOAI.
Lass dir vom Architekten die Gegenrechnung nach HOAI machen.

Meine Meinung: Meist ist eine Einigung möglich, da im Streitfall jeder verlieren würde.

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3x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
Childhood
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 5x hilfreich)

Helga, vielen Dank für die Antwort!

Es gibt leider keine Verpflichtungen und schriftlichen Vereinbarungen mit dem Architekten. Und es ist natürlich klar, dass die rechnung bezahlt werden muss. Die Frage ist nur, in welchem Umfang? Die Abrechnung auf Stundenbasis ist günstiger in dem fall als nach HOAI, weil Baukosten super hoch gerechnet wurden. Die Frage ist, können Besichtigungstermine, Gespräche usw. mit den zeichnerischen leistungen preislich gleich gestellt werden?
Kann man die Leistungen inkl. freiwillige Bauarchivbesuche ohne Vorabsprache, die vor der Honorarverabredung erbracht wurden als Aqkuise verstehen?

Was ist mit den Assistentenleistungen, die nicht vereinbart wurden, z.b. Telefonate im Auftrag vom Architekten, Beihilfe, unangemeldetes Erscheinen zu Terminen und Gesprächen? Diese Stunden wurden praktisch doppelt für die beiden Kollegen in die Rechnung gestellt.

Eine Einigung scheint mir nicht realistisch zu sein. Denn auf die höfliche Bitte ein bisschen abzuwarten, bis die Verhandlungen mit dem Eigentümer beendet sind, wurde mir zur Rechnung eine Mahnung geschickt, mit der Information dass die weitere Zusammenarbeit erst per Vorkasse möglich ist.

Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie einen guten Rat geben könnten.


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