Datenschutzrechtliche Behandlung von Telefonnotizen

25. September 2019 Thema abonnieren
 Von 
Oli2712
Status:
Frischling
(33 Beiträge, 2x hilfreich)
Datenschutzrechtliche Behandlung von Telefonnotizen

Folgender rein fiktiver Fall:

Die A GmbH beauftragt - vor Einführung der Datenschutzgrundverordnung - ein Callcenter ("C GmbH") mit der Annahme von Telefongesprächen. Hierbei werden Gespräche nach einem Gesprächsleitfaden abgewickelt und anschließend eine Gesprächsnotiz per Email an die A GmbH geschickt.

Ebenfalls von vor Einführung der DSGVO ruft ein Kunde der A GmbH (der Z), der eine Zahlungsaufforderung der A GmbH die Rufnummer der A an, seinen, das Gespräch wird von einem Mitarbeiter der C GmbH entgegengenommen und eine Gesprächsnotiz an die A GmbH mit dem Inhalt übersandt, dass der Z seinen Namen und seine Rückrufnummer genannt hat und um Rückruf bittet.

Die A GmbH hat dann (nach Einführung der Datenschutzgrundverordnung) die der Zahlungsaufforderung zugrundeliegende Forderung rechtshängig gemacht. Der Z bestreitet zunächst, mit der A je in vertraglicher Beziehung gestanden zu haben und je mit ihr telefoniert zu haben.

Die A GmbH teilt schriftsätzlich mit, dass der Z jedenfalls am Tag des genannten Gesprächs, dass mit Datum und Uhrzeit konkretisiert wird, Kontakt mit der A aufgenommen hat und benennt den Call-Center Agent als Zeugen, worauf der Z durch seinen Prozessbevollmächtigten mitteilen lässt, das könne zwar sein oder aber auch nicht sein, jedenfalls dürfe diese Information nicht im Prozess verwendet werden, die Tatsache, dass die A das noch so genau wisse, deute auf eine unzulässige Datenerhebung hin, die Daten dürften daher im Zivilprozess nicht verwendet werden.

Die A GmbH hat den Z vorvertraglich (vor Einführung der DSVGO) u,a. wie folgt belehrt:

"Personenbezogene Daten werden nur erhoben, wenn Sie uns diese von sich aus zur Vertragsabwicklung oder bei der Anmeldung zu unserem E-Mail-Newsletter zur Verfügung stellen. Die bei dieser Gelegenheit angegebenen personenbezogenen Daten werden zur Vertragsabwicklung sowie zur Bearbeitung Ihrer Anfragen genutzt."

Durfte die A GmbH (nach Einführung der DSGVO) die ihr durch die Email des Call-Centers bekannt gewordenen Gesprächsinformationen (Datum und Uhrzeit des Gesprächs, Name des Anrufers und des Call-Center-Agents) noch verwenden?

Ich persönlich habe da zwar eigentlich wenig Zweifel, aber Datenschutzrecht ist nicht so wirklich meins. Hat jemand eine Idee?

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4 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
BigiBigiBigi
Status:
Junior-Partner
(5398 Beiträge, 1814x hilfreich)

Zitat (von Oli2712):
deute auf eine unzulässige Datenerhebung hin, die Daten dürften daher im Zivilprozess nicht verwendet werden


Das ist schon eine sehr gewagte These. Aber durchaus mal interessant.

Vorab: darauf gibt es keine eindeutige Antwort.

Beweisverwertungsverbote sind ein sehr eigenes und komplexes Ding. Nach meiner Kenntnis hat das BVerfG bisher konsequent so geurteilt, daß unter Begehung bestimmter Straftaten (etwa unzulässiges Mit/Abhören) erlangte Beweismittel zivilrechtlich in der Regel nicht verwertbar sind.
Bei dem hier vorliegenden Fall wäre selbst im Falle eines BDSG- oder DSGVO-Verstoßes keine Straftat gegeben (der Straftatkatalog ist im Datenschutz sehr eng). Lediglich unter Begehung einer OWi erlangte Beweismittel sind aber AFAIK grundsätzlich zulässig.
Es gibt aber noch keine mir bekannte diesbezügliche höchstrichterliche Rechtsprechung im Zusammenhang mit der DSGVO.

Im vorliegenden Fall wäre zunächst zu Fragen, ob A mit C eine Auftragsdatenverarbeitungsvereinbarung hat. Wenn ja, ist sowieso der Drops gelutscht, denn dann wäre C datenschutzrechtlich nur der verlängerte Arm von A und niemand, an den eine Datenübertragung unzulässig wäre.

Hinzu kommt, daß die Gegenseite hier nicht nur ein Verwertungsverbot an sich, sondern auch noch die in Deutschland so nicht existente "fruit of the poisonous tree"-Doktrin bräuchte - immerhin ist das Beweismittel hier die Zeugenaussage des Call-Center-Agenten und kein unzulässig gespeicherter Datensatz. Daß diese Aussage deswegen unverwertbar sein soll, weil das Telefonat ohne eine "unzulässige Datenverarbeitung" nie stattgefunden hätte, ist eine noch gewagtere These.

Für den konkreten Prozeß würde ich daher vorhersagen, das Gericht wird ein Verwertungsverbot verneinen (weil es ansonsten sich weit aus dem Fenster lehnen würde) und die Gegenseite müßte dann erst mal durch alle Instanzen und letztlich zum BVerfG gehen, wenn sie dagegen angehen wollte.

-- Editiert von BigiBigiBigi am 27.09.2019 09:49

1x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
Sunrabbit
Status:
Praktikant
(670 Beiträge, 117x hilfreich)

Nurmalso:

Vielleicht hat C die Daten auch gespeichert aus abrechnungstechnischen Gründen um die Dienstleistung dem A später in Rechnung stellen zu können.

Das kann man C ja nicht verübeln.

Und dann kann man C auch nicht verübeln, das sie als Zeuge aufgerufen werden.

0x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
Oli2712
Status:
Frischling
(33 Beiträge, 2x hilfreich)

Zitat (von BigiBigiBigi):
Für den konkreten Prozeß würde ich daher vorhersagen, das Gericht wird ein Verwertungsverbot verneinen (weil es ansonsten sich weit aus dem Fenster lehnen würde) und die Gegenseite müßte dann erst mal durch alle Instanzen und letztlich zum BVerfG gehen, wenn sie dagegen angehen wollte.


Nach etlichen Monaten ist es zu einem urteil gekommen, die angesprochene Datenschutzproblematik wurde im Urteil nicht weiter erörtert, die geführten Telefonate hingegen am Rande schon (als Indiz dafür, dass der Kunde wusste, mit wem er den Vertrag geschlossen hat). Letztendlich hat die A GmbH den Prozess gegen den Kunden gewonnen.

0x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(119667 Beiträge, 39759x hilfreich)

Danke für die Rückmeldung.



Zitat (von Oli2712):
Datenschutzproblematik wurde im Urteil nicht weiter erörtert

Schade ...


Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

0x Hilfreiche Antwort

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