Abwehren etwaiger Pflichtteilsansprüche

6. Februar 2018 Thema abonnieren
 Von 
GAschenbach
Status:
Frischling
(8 Beiträge, 5x hilfreich)
Abwehren etwaiger Pflichtteilsansprüche

Als ob der Tod eines nahestehenden Menschen nicht schon schlimm genug wäre, kaum verstorben kreisen auch schon Geier um das Erbe. Nicht nur das Finanzamt als Erstes, nun auch Personen die vom Erblasser bewusst vom Erbe ausgeschlossen wurden.

Dies wurde zu Lebzeiten auch besprochen, eine Verzichtserklärung notariell aufgesetzt. Leider war der Tod schneller, sodass die Erklärung nicht mehr unterzeichnet wurde. An die mehrfach abgegebene Zusage zum Verzicht, bei der Zeugen anwesend waren, wird sich nun nicht mehr erinnert beziehungsweise man hat seine Meinung geändert.

Die Gründe, weswegen der Erblasser die entsprechende Person nicht bedenken wollte, bestehen natürlich weiterhin. Der Verstorbene bat mich mit allen Mitteln zu verhindern, dass sich diese Person doch noch am Erbe bereichert.

Zu meiner Person. Ich wurde vom Erblasser als Testamentsverwalter vorgesehen, habe meinerseits ein Angebot eines Erbteils ausgeschlagen. Der eigentliche vom Erblasser vorgesehene Haupterbe sieht sich mental und körperlich nicht imstande in etwaigen anstehenden Gerichtsverfahren mögliche Ansprüche abzuwehren und bittet wiederum mich, die Dinge zu regeln.

Mir geht es da allerdings nicht viel anders, auch ich trauere noch und findet es einfach nur schlimm. Habe angefangen mich mal in das Thema einzulesen, finde aber mehr Informationen, wie man als möglicher Pflichtteilsberechtigter über entsprechende Klagen mit Hilfe der Justiz an das Erbe kommt und wieviel an Anwalts- und Verfahrenskosten dabei auf den Unterlegenen zukommen können (Immobilien, etc., also Landgericht, Anwaltszwang usw.). Auch kann ich die Gründe finden, weshalb Pflichtteilsberechtigte umfänglich enterbt werden können (Unterhaltspflicht, Freiheitsstrafe mind. 1 Jahr oder Gewaltandrohung gg. Erblasser), vermag aber nicht beurteilen, inwieweit grobe und m.E. schlimmste Verfehlungen des mögl. Pflichtteilsberechtigten, der dem Erblasser zudem zugesagt hatte, zu verzichten eine Rolle spielen. Anders gefragt: Es gibt ja den Begriff „Erbunwürdig"...der mehrfach belegt werden kann - inwieweit hat ein Gericht überhaupt Ermessungsspielraum über den §§§ 2333 ff. BGB hinaus?

M.E. ist es sowieso ein Skandal, dass man vom Staat scheinbar gezwungen wird an Jemanden zu vererben, der sich Zeit seines Lebens als schofelig und unwürdig gegenüber dem Erblasser gezeigt hat.

Im Grunde will sich im Moment weder ich noch der Haupterbe mit dem Thema beschäftigen. Es wurde auch noch kein Antrag auf Testamentseröffnung gestellt, es gibt auch noch keinen Zugang zu den Vermögenswerten/ausgenommen Hausrat. Es ist aber zu befürchten, dass der Pflichtteilsberechtigte kurzfristig aktiv wird und man ungewollt in juristische Auseinandersetzungen gezogen wird.

Wie sind etwaige Ansprüche abzuwehren, wie dem Erblasser versprochen.

Bitte um Einschätzung.





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12 Antworten
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#1
 Von 
Verflxt
Status:
Beginner
(93 Beiträge, 28x hilfreich)

Erben erster Ordnung sind pflichtteilsberechtigt, wenn sie enterbt wurden oder das Erbe mit Vermächtnissen, Auflagen oder Testamentsvollstreckung beschwert ist. Da der Erbverzicht nicht unterschrieben ist, wird meiner Meinung nach kaum eine Möglichleit bestehen, die Pflichtteilsforderung abzuwehren. Ist des im die Enterbung beschrieben eventuell begründet?


-- Editiert von Verflxt am 06.02.2018 06:35

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#2
 Von 
GAschenbach
Status:
Frischling
(8 Beiträge, 5x hilfreich)

Erstmal lieben Dank für die frühe Antwort. Mit den Auflagen an die Form eines Testamentes habe ich mich auch schon beschäftigt. Handschriftlich oder notariell, Ausschluss begründet usw...

Ähnlich wie beim § 2333, BGB findet man immer nur so schwarz/weiß Formulierungen. Aber soweit ich mich an meine Rechtswissenschaftsvorlesungen im Rahmen des BWL-Studium erinnere, sind die Gesetze immer nur der Rahmen für die Rechtssprechung. Sonst hätten wir ja keinen Rechtsstaat, sondern einen Gesetzesstaat.

Die Begründungen gibt es. Leider nur in maschineller Draft-Form mit handschriftlichen Anmerkungen. Zunächst sollte das Testament auch entsprechend begründet verfasst werden (und die Gründe sind wirklich schwerwiegend, Straftatbestände die unter den Absatz 1 des § 2333 BGB fallen, aber möglicherweise bewiesen werden müssten, oder sogar aus Verjährungsgründen keine Berücksichtigung finden).

Da es dem Erblasser wichtig war, seine Dinge möglichst in Frieden zu regeln, kam ich auf die Idee, den Pflichtteilsberechtigten direkt auf einen möglichen Verzicht anzusprechen. Die Idee dahinter war, nimmt er an so würde man sich ersparen derartiges Schmutz und Sprengstoff in seinem letzten Willen aufnehmen zu müssen. Hätte der Pflichtteilsberechtigte abgelehnt, so wäre es dem Erblasser leichter gefallen dies auch zu manifestieren. Auf den mündlichen Verzicht hin, wurde der Notar beauftragt, der die entsprechenden Formulierungen an den Pflichtteilsberechtigten sandte. Dieser hat auch in den Wochen danach mir und Anderen gegenüber geäußert, dass er zu seinem Wort steht. Dies sieht jetzt 4 Monate nach dem Tod anders aus.

Leicht wäre es darzulegen, dass der Pflichteilsberechtigte sich Zeit seines Lebens gegen Jedermann unsozial, betrügerisch verhalten hat und die Wahrheit verdreht. Bereits seine Geschwister hat er um das gemeinsame Erbe gebracht und auch eine Frau genötigt ihn quasi noch auf dem Sterbebett zu heiraten. Er hat einen Menschen bei einem Verkehrsumfall auf dem Gewissen und wurde übergriffig gegenüber dem Erblasser und noch Einiges mehr. Da ich kaum Kontakt hatte, gehe ich von einer hohen Dunkelziffer an Schandtaten aus. Leider ist er mit seinen Geschichten und manipulativen Art irgendwie durchs Leben gekommen, also ld. keine mir bekannte Verurteilung.

Das moralische Recht liegt eigentlich offensichtlich vor Einem. DIe Anwendung der Gesetze scheint schon schwieriger. Aber sind Richter überhaupt in der Lage, wenn sie Recht und Unrecht wahrnehmen, dieses auch zu sprechen? Was muss und kann bewiesen werden? Der Erblasser ist verstorben. Gewinnt hier also der Betrüger mit einem cleveren Anwalt, weil Recht gebeugt und Unrecht nur unzureichend bewiesen werden kann?

Wie arbeiten Gerichte in derartigen Fällen?

Wir sind einfach überfordert mit der Situation. Haben uns bisher noch nicht um den Nachlass gekümmert und wollen keinen Streit. Vom Prozessrisiko mal ganz zu schweigen. Aber wir sehen uns verpflichtet, den Willen des Erblassers möglichst vollumfänglich zu erfüllen.

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#3
 Von 
hambre
Status:
Schüler
(195 Beiträge, 74x hilfreich)

Zitat:
Aber sind Richter überhaupt in der Lage, wenn sie Recht und Unrecht wahrnehmen, dieses auch zu sprechen?


Aber sicher können sie das.
Allerdings habe ich das Gefühl, dass hier Recht mit Gerechtigkeit verwechselt wird.

Zitat:
Wie arbeiten Gerichte in derartigen Fällen?


Das Urteil ergeht unter Einhaltung der Gesetze. Der Richter wird kein Gesetz außer Kraft setzen, weil er das Ergebnis bei Einhaltung des Gesetzes für ungerecht hält.

Zitat:
Nicht nur das Finanzamt als Erstes, nun auch Personen die vom Erblasser bewusst vom Erbe ausgeschlossen wurden.


Das Finanzamt kommt sicher nicht als erstes und nach Deiner Darstellung ist auch noch keine Person gekommen, die vom Erblasser bewusst ausgeschlossen wurde.
Gibt es denn wenigstens ein gültiges Testament, in dem diese Person vom Erbe ausgeschlossen wurde?

Zitat:
also ld. keine mir bekannte Verurteilung.


Dann sieht es leider schlecht aus mit einem Entzug des Pflichtteils.

Zitat:
Gewinnt hier also der Betrüger mit einem cleveren Anwalt, weil Recht gebeugt und Unrecht nur unzureichend bewiesen werden kann?


Diese Aussage ist nun sehr haarsträubend. Der "Betrüger" benötigt gar keinen cleveren Anwalt und Recht muss auch nicht gebeugt werden, da diese Person das Recht auf ihrer Seite hat. Ich kann noch nicht einmal erkennen, dass ein Pflichtteilsentzug möglich wäre, wenn alle Vorwürfe gegen diese Person bewiesen werden könnten.

Zitat:
Aber wir sehen uns verpflichtet, den Willen des Erblassers möglichst vollumfänglich zu erfüllen.


Das werdet Ihr nach meiner Einschätzung aber nicht können, wenn die Person ihr Recht einklagt.

1x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
metttwurstkneckebrot
Status:
Praktikant
(601 Beiträge, 297x hilfreich)
0x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
GAschenbach
Status:
Frischling
(8 Beiträge, 5x hilfreich)

Hallo.

zunächst vielen Dank für das Feedback: Zu den primären Fragen von "Hambre":

1. Es gibt ein Testament, welches notariell beim Nachlassgericht hinterlegt wurde.

2. Ein vermeindlich Pflichtteilsberechtigter, welcher nicht bedacht wurde, will das Verfahren - wahrscheinlich durch Beantragung eines Erbscheines - eröffnen lassen, während der Haupterbe in der Sache noch nicht vorstellig war, nicht zuletzt weil man den absehbaren Streit und die Folgen nicht tragen und ertragen kann. Um den Haupterben vor diesen Folgen zu schützen war es ja auch im Sinne des Erblassers mit dem vermeindlichen Pflichtteilsberechtigten einen notariell noch zu beglaubigten Verzicht zu vereinbaren, der auch mündlich zugesagt wurde.

3. ...Und Ja, als erstes wurde tatsächlich das Finanzamt vorstellig, um "zur Ordnung der aus dem Nachlass resultierenden Ansprüche" von mir den Rechtsnachfolger benannt haben wollte. Kein Textbaustein, der erst einmal eine Anteilnahme, oder einen Beileid ausdrückt. Alles ziemlich kalt, ein verwaltungstechnischer Vorgang eben. Erlernte Regeln des Anstandes, oder Etikette unnötig. Hauptsache schnell die Pfründe einfordern. Und hier sind wir schon mittendrin im Thema - die Einen sagen das ist Recht (formal ist dem so), aber spätestens bei dem Aspekt der Gerechtigkeit kann man in die eine oder andere Richtung durchaus anderer Meinung sein.

Dementsprechend ist mir schon bewusst, dass Recht und Gerechtigkeit zweierlei Dinge sind. Diese Begrifflichkeiten habe ich in meinen vorherigen Posts nicht sauber getrennt:

Wenn man das Wort "Recht" durch "Gesetz" ersetzen würde, würde der Unterschied deutlicher. Demnach ist aber auch abzuleiten, dass etwas was nicht im Gesetz verankert ist, kein Recht ist!

Aber natürlich geht es Beteiligten in der Sache, so auch dem Erblasser, um Gerechtigkeit (Ziel ist die Herstellung Selbiger) und das müssen Sie, um bei Ihren Ausführungen zu bleiben, nun in einer Justiz erstreiten, der es nur sekundär um Gerechtigkeit und primär in der Einhaltung von Gesetzestexten geht. Richtig?

Um es nochmal praktisch deutlich zu machen: So darf hier ein Kindesentführer nicht unter peinlicher Befragung motiviert werden den Ort seines Opfers zu nennen, auch wenn dieses dadurch zu Tode kommen kann. Das ist Recht (des Entführers), wird aber von der Bevölkerung zu mind. 95% als ungerecht empfunden. Ein entgegengesetztes Verfahren kennen wir aus den USA. Hier gibt es die Jury, die sich repräsentativ aus der Bevölkerung zusammensetzt und letztlich nur ihrem Gewissen verantwortlich ist. Hier geht es also um Gerechtigkeit. Klar ist diese noch immer subjektiv, aber getragen durch die repräsentative Mehrheit aller Gewissen.

Zugegeben, bis jetzt war das alles philosophisch. Aber es geht praktisch um die Frage, ob man gut beraten ist in einem Justizsystem Gerechtigkeit anzustreben, dem streng formalistischen Kriterien zur Urteilsfindung genügen (und laufend sogenannte. "Skandalurteile", also wo Recht und Gerechtigkeitsempfinden extrem abweichen, zu Tage treten), wo "Befindlichkeiten" eines Erblassers zurückstehen müssen, obwohl er ja im Grunde am Besten entscheiden können müsste, wer sich seinem Erbe als würdig erwiesen hat.

Entsprechend ihren Ausführungen findet eine Umkehrung statt. Der Erblasser ist entsprechend nach §2333 BGB in der Beweislast, wer sich ihm oder anderen gegenüber als unwürdig erwiesen hat. Und diese Beweislage ist möglicherweise eher auf einer theologischen Grundlage herbeizuführen, als auf einer justiziablen.


Gehen wir davon aus, dass unter dem Aspekt zwar Indizien* für die Gründe des §2333 BGB (Pflichtteilsentzug) vorliegen, aber keine Urteile. Verweigerung zur Unterhaltszahlung, Missbrauch, unsittlicher Lebenswandel...

*zu Indizien: elektronische Aufzeichnungen, handschriftliche Stichwörter, Zeugenaussagen, Briefe (bezgl.böswilliger Verletzung der Unterhaltspflicht).

Weiter ist aber zu bedenken, dass durch das gemeinsame Aufsetzen einer notariellen Verzichtserklärung, die Entziehungserklärung (§ 2336 Abs. 1 BGB ) aus dem Testament gestrichen wurde, die ja nach höchstrichterlicher Rechtssprechung für die Wirksamkeit notwendig ist und auch einer Konkretisierung bedarf.

[b]Muss an dieser Stelle die Gerechtigkeit aufgegeben werden?
[/b]
Scheitert die Durchsetzung des Willens des Erblassers hier also an dem formalen Grund, dass der Pflichtteilsempfänger dem Erblasser in dem Glauben gelassen hat den Verzicht anzunehmen und dieser daher auf eine formale Aufarbeitung der Entziehungserklärung verzichtet hat. Hier würde wieder der Aspekt des Gerechtigkeitsempfinden greifen, denn man kann hier sicherlich arglistige Täuschung vorwerfen, oder Erberschleichung.

Kann da ein Anwalt überhaupt helfen und gibt es da "Gute" und "weniger Gute"???

Der Lebensweg des vermeintlichen Pflichtteilsempfänger gleicht einer Schneise der Verwüstung. Es ließen sich mindestens ein Duzend Zeugen benennen, die der Mensch schon hintergangen, bedroht, beklaut, übervorteilt hat. Eine Lebensphilosophie, die sich ja auch im Umgang mit dem Erblasser offensichtlich zeigt und allgemein betrachtet mit "Unsittlich" noch zu wohlwollend formuliert ist.

Kann selbst ein sehr erfahrener Anwalt im Erbrecht (um nicht zu schreiben "in Sachen der Auslegung von Paragraphen gewieft",) in einer sehr formalistisch ausgerichteten Urteilsfindung überhaupt erfolgreich sein? Ich meine, wir sehen alle diese ausgefuchsten Anwälte in den amerikanischen Serien..." und finden dann eher Anwälte, die sehr verwaltungstechnisch an die Sache rangehen, Akten in Papierform anlegen und sich im Grunde auch erstmal mit den Paragraphen BGB2333 ff. beschäftigen müssen.

Hambre, um Ihre Einschätzungen besser bewerten zu können, dürfte ich nach ihrer Profession fragen (Praktiker, Jura-Student, RA, Richter oder oder oder?)


-- Editiert von GAschenbach am 07.02.2018 00:45

0x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
GAschenbach
Status:
Frischling
(8 Beiträge, 5x hilfreich)

Ergänzung an Verflxt:

Es handelt sich um einen Erben zweiter Ordnung. Wird aber nichts ändern an der Aussage!

-- Editiert von GAschenbach am 07.02.2018 00:52

1x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
joebeuel
Status:
Lehrling
(1981 Beiträge, 1538x hilfreich)

Ich empfehle die Beauftragung eines auf Erbrecht spezialisierten Anwalts. Denn das eigene Empfinden von Gerechtigkeit entspricht oft nicht dem geltenden Recht.
Offenbar hat sich schon der Erblasser nicht ausreichend von einem Fachmann beraten lassen, den Fehler sollte man jetzt nicht wiederholen!

0x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
metttwurstkneckebrot
Status:
Praktikant
(601 Beiträge, 297x hilfreich)

Zitat (von joebeuel):
Ich empfehle die Beauftragung eines auf Erbrecht spezialisierten Anwalts.


Rausgeschmissenes Geld, meiner Ansicht nach. Das geltende Recht kann man billiger in der Uni-Bibliothek nachlesen, oder (je nach Mandat) sogar billiger kaufen: Ein Handbuch über Pflichtteilsrecht kostet weniger als eine Erstberatung, und selbst das 8-bändige Paket von Staudinger zum Erbrecht ist mit einiger Sicherheit weniger teuer als ein vollumfängliches Mandat.

Hinzu kommt, dass nicht alle auf Erbrecht spezialisierten Anwälte auch die Qualifikationen haben, die man sich davon erhoffen würde.

1x Hilfreiche Antwort

#9
 Von 
metttwurstkneckebrot
Status:
Praktikant
(601 Beiträge, 297x hilfreich)

Zitat (von GAschenbach):
Demnach ist aber auch abzuleiten, dass etwas was nicht im Gesetz verankert ist, kein Recht ist!


Das ist schlicht falsch. Unser Gesellschaftssystem bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten, das Recht durch Willenserklärungen zu gestalten. Was durch Vertrag oder ggf. einseitige Erklärung bestimmt wurde, ist geltendes Recht innerhalb der gesetzlich bestehenden Gestaltungsgrenzen.

Es wurde versäumt, diese Möglichkeiten zu nutzen. Ich verstehe die Motivation, nun irgendwelchen Unzulänglichkeiten des Rechtssystems die Schuld zu geben, oder einen angeblichen Widerspruch zwischen Recht und Gerechtigkeit zu beweinen.

Das ändert nur nichts an der Tatsache, dass die Beteiligten schlicht den Karren gegen die Wand gefahren, und nicht die existierenden Möglichkeiten genutzt haben.

0x Hilfreiche Antwort

#10
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47635 Beiträge, 16837x hilfreich)

Zitat:
Es handelt sich um einen Erben zweiter Ordnung. Wird aber nichts ändern an der Aussage!


Es ändert aber ganz erheblich etwas an der Rechtslage. Erben 2. Ordnung sind nicht pflichtteilsberechtigt. Somit muss man sich auch keine Gedanken darüber machen, wie man Pflichtteilsansprüche abwehren kann.

Dennoch ein paar allgemeine Anmerkungen:
Die Frage, was gerecht ist entspringt häufig einer sehr individuellen Sichtweise. Das gilt selbst dann, wenn es wie in diesem Fall scheinbar offensichtlich ist, welches Ergebnis gerecht ist.

Zitat:
Da ich kaum Kontakt hatte, gehe ich von einer hohen Dunkelziffer an Schandtaten aus.


So ein Satz erschrickt mich zutiefst. Man hat sich also ein Urteil über einen Menschen gebildet, den man kaum kannte und sich dabei völlig auf die Schilderungen eines anderen Menschen verlassen. Wenn dieser so vorverurteilte Mensch nun seinerseits einen Anwalt einschaltet und die Gerechtigkeitsfrage aus seiner Sicht darstellt, dann bin ich mir absolut sicher, dass es gar nicht mehr so offensichtlich ist, was denn hier gerecht ist.

Zitat:
Ein vermeindlich Pflichtteilsberechtigter, welcher nicht bedacht wurde, will das Verfahren - wahrscheinlich durch Beantragung eines Erbscheines - eröffnen lassen, während der Haupterbe in der Sache noch nicht vorstellig war, nicht zuletzt weil man den absehbaren Streit und die Folgen nicht tragen und ertragen kann.


Woher stammt diese Gewissheit? Offensichtlich ist ja bislang nichts dergleichen passiert.

Zitat:
Wenn man das Wort "Recht" durch "Gesetz" ersetzen würde, würde der Unterschied deutlicher. Demnach ist aber auch abzuleiten, dass etwas was nicht im Gesetz verankert ist, kein Recht ist!


Neben dem gesetzlichen Recht gibt es auch noch das vertragliche Recht. Letztlich lässt sich aber alles irgendwie aus Gesetzen ableiten. Da die hier diskutierte Fragestellung sogar ziemlich genau gesetzlich verankert ist, ist die Rechtslage entsprechend klar.

Zitat:
Aber natürlich geht es Beteiligten in der Sache, so auch dem Erblasser, um Gerechtigkeit


Es ist übrigens der Regelfall, dass es bei Rechtsstreitigkeiten im Zivilrecht den Beteiligten um Gerechtigkeit geht. So etwas landet dann vor Gericht, weil beide Seite unterschiedliche Vorstellungen von Gerechtigkeit haben. Damit nun das Ergebnis so eines Rechtsstreits nicht wesentlich davon abhängt, wer den besseren Anwalt hat, wer seinen Standpunkt besser "verkaufen" kann und welches Gerechtigkeitsempfinden der gerade zuständige Richter hat, hat der Gesetzgeber die Frage, was gerecht ist in Gesetze gefasst.

Hier konkret geht es um den § 2333 BGB . Der ist erst zum 01.01.2010 reformiert worden. Der Gesetzgeber hat sich dabei durchaus Gedanken darüber gemacht, wann der Entzug eines Pflichtteils gerecht erscheint und wann nicht. Er ist dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass an den Entzug des Pflichtteils hohe Hürden zu legen sind. Im Zuge einer einheitlichen Rechtsauslegung und einer einheitlichen Einordnung, was gerecht ist hat der Gesetzgeber dann den § 2333 BGB so gefasst, wie er jetzt ist. Dabei hat der Gesetzgeber ganz bewusst die Möglichkeit der Pflichtteilsentziehung wegen eines unsittlichen Lebenswandels gestrichen.

Zitat:
So darf hier ein Kindesentführer nicht unter peinlicher Befragung motiviert werden den Ort seines Opfers zu nennen, auch wenn dieses dadurch zu Tode kommen kann. Das ist Recht (des Entführers), wird aber von der Bevölkerung zu mind. 95% als ungerecht empfunden.


Letztlich ist der zuständige Polizist lediglich zu einer symbolischen Strafe verurteilt worden. Bedenklich an dieser Aussage finde ich dennoch die Verwendung des verharmlosenden Begriffs "peinliche Befragung", da peinliche Befragungen in Deutschland absolut zulässig sind. Solltest Du mit den Aussagen über den Pflichtteilsberechtigten genauso wenig sorgfältig umgehen, dann kannst Du schon mal damit rechnen, dass Du von einem gegnerischen Anwalt regelrecht vorgeführt werden würdest.

Zitat:
Ein entgegengesetztes Verfahren kennen wir aus den USA. Hier gibt es die Jury, die sich repräsentativ aus der Bevölkerung zusammensetzt und letztlich nur ihrem Gewissen verantwortlich ist.


Da hast Du jetzt aber die rosarote Brille aufgesetzt. Das US-Rechtssystem führt durchaus zu zahlreichen fragwürdigen Urteilen und auch nachgewiesen der Verurteilung Unschuldiger zum Tode. Der Schuldspruch stammt dann nicht von Profis, sondern vielmehr von Laien, die weder eine Ausbildung noch Erfahrungen in der Beurteilung von Rechtsfragen haben. Da besteht dann schnell die Gefahr, dass Entscheidungen auf Basis von Vorurteilen sowie geschickten psychologischer Einflussnahme hochprofessioneller Anwälte erfolgen. Dass so ein Rechtssystem zu gerechteren Urteilen führt, kann ich nicht erkennen.

Zitat:
und laufend sogenannte. "Skandalurteile", also wo Recht und Gerechtigkeitsempfinden extrem abweichen, zu Tage treten


Welches denn z.B.?
Es gibt auch in Deutschland Skandalurteile, wozu ich aber z.B. nicht das Urteil gegen den Frankfurter Polizeipräsidenten zählen würde, auf das Du anspielst. Ich empfehle die Lektüre der Urteilsbegründung: LG Frankfurt a.M. Az.: 5/27 KLs 7570 Js 203814/03

Zitat:
wo "Befindlichkeiten" eines Erblassers zurückstehen müssen, obwohl er ja im Grunde am Besten entscheiden können müsste, wer sich seinem Erbe als würdig erwiesen hat.


Du verwechselst hier wieder zwei Dinge. Es ist nicht der Richter, der so etwas entscheidet, sondern der Gesetzgeber. Wenn man der Auffassung ist, dass der Erblasser am besten entscheiden kann, wer sein Erbe sein soll, dann ist das über die Forderung an den Gesetzgeber zur Änderung des Pflichtteilsrechtes zu adressieren.

Es gibt zahlreiche Staaten, in denen es kein Pflichtteilsrecht gibt. Gerade im Erbrecht unterscheiden sich die Gesetze zwischen verschiedenen Staaten und noch mehr zwischen verschiedenen Kulturen erheblich. Man kann jetzt lange darüber diskutieren, welche Berechtigung das Pflichtteilsrecht hat und dabei gibt es sowohl gute Argumente dafür als auch gute Argumente dagegen. Der Gesetzgeber und das ist letztlich unser Bundestag und damit die von uns gewählten Abgeordneten haben letztlich entschieden, dass es dieses Pflichtteilsrecht in der aktuellen Form geben soll. Auch bei der Frage, unter welchen genauen Bedingungen der Entzug des Pflichtteils möglich sein soll hat sich der Gesetzgeber nach durchaus kontroverser Diskussion für die aktuelle Formulierung des § 2333 BGB entschieden.

Es ist nicht Aufgabe eines Richter, ein derartiges Gesetz zu ignorieren und sein eigenes Gerechtigkeitsempfinden an die Stelle des Gesetzes zu stellen. Wenn man den § 2333 BGB für ungerecht hält, dann muss man politisch für eine Änderung kämpfen und sollte nicht erwarten, dass ein Gericht das Recht beugt.

Zitat:
Gehen wir davon aus, dass unter dem Aspekt zwar Indizien* für die Gründe des §2333 BGB (Pflichtteilsentzug) vorliegen, aber keine Urteile. Verweigerung zur Unterhaltszahlung, Missbrauch, unsittlicher Lebenswandel...

*zu Indizien: elektronische Aufzeichnungen, handschriftliche Stichwörter, Zeugenaussagen, Briefe (bezgl.böswilliger Verletzung der Unterhaltspflicht).


Das verstehe ich jetzt nicht. Wenn der Erblasser Unterhaltsansprüche gegen den Pflichtteilsberechtigten hatte, wie kann er dann ein nennenswertes Vermögen vererben für das sich diese Diskussion überhaupt lohnt.

Zitat:
Muss an dieser Stelle die Gerechtigkeit aufgegeben werden?


Was ist denn gerecht? OK, Du bist zutiefst davon überzeugt, dass Du weißt, was gerecht ist. Leider ist es jedoch so, dass es nicht die eine Gerechtigkeit gibt. Das Gerechtigkeitsempfinden ist ein zutiefst subjektives Empfinden. Hast Du es noch nie erlebt, dass zwei Menschen bezüglich des gleichen Sachverhalten völlig unterschiedliche Ergebnisse für gerecht halten? Hast Du es noch nie erlebt, dass zwei Menschen den gleichen Sachverhalt schildern und man als Außenstehender dennoch den Eindruck bekommt, dass sie von zwei völlig verschiedenen Dingen reden.

Ein schönes Beispiel ist ein aktuell in der Politik kontrovers diskutiertes Thema, nämlich die Familienzusammenführung bei Flüchtlingen. Je nach politischer Richtung halten es Menschen für gerecht, dass es gar keine Familienzusammenführung geben soll bis dahin, dass jeder Flüchtling das Recht haben soll, seine Familie nach Deutschland zu holen. Als Kompromiss wird es jetzt den begrenzten Nachzug geben, der auch noch je nach politischer Richtung völlig unterschiedlich interpretiert wird.

Zitat:
Muss an dieser Stelle die Gerechtigkeit aufgegeben werden?


Nein, die Gerechtigkeit in dem Sinne was der Gesetzgeber für gerecht hält wird nicht aufgegeben. Das deckt sich aber offensichtlich nicht mit Deinem Gefühl von Gerechtigkeit. Und dann ist man ganz schnell bei der Frage, was denn gerecht ist.

Zitat:
Hier würde wieder der Aspekt des Gerechtigkeitsempfinden greifen, denn man kann hier sicherlich arglistige Täuschung vorwerfen, oder Erberschleichung.


Hier ist selbst nach Deiner sehr einseitigen und emotionalen Darstellung niemand arglistig getäuscht worden und auch von Erberschleichung ist weit und breit nichts erkennbar. Auch hier weise ich darauf hin, dass eine derartige emotionale Betrachtung für einen gegnerischen Anwalt eine Steilvorlage wäre um die Glaubwürdigkeit Deiner gesamten Darstellung in Frage zu stellen.

Zitat:
Kann selbst ein sehr erfahrener Anwalt im Erbrecht (um nicht zu schreiben "in Sachen der Auslegung von Paragraphen gewieft",) in einer sehr formalistisch ausgerichteten Urteilsfindung überhaupt erfolgreich sein? Ich meine, wir sehen alle diese ausgefuchsten Anwälte in den amerikanischen Serien..."


Genau und jetzt stelle Dir mal vor, dass der Pflichtteilsberechtigte so einen Anwalt hat.

Im Fernsehen hat natürlich nur der Gute einen ausgefuchsten Anwalt, damit der Film dramaturgisch den richtigen Verlauf nimmt. Im echten Leben ist aber häufig nicht einmal klar, wer der Gute ist.

Die Aussage, dass Recht und Gerechtigkeit nicht das Gleiche ist, soll nicht etwa bedeuten, dass der Gesetzgeber Gesetze ohne Rücksicht auf Gerechtigkeit erlässt. Genau das Gegenteil ist der Fall. Gesetze sollen eine normierte Form der Gerechtigkeit darstellen um zu verhindern dass gleiche Sachverhalte je nach persönlichem Gerechtigkeitsempfinden des Richters und psychologischer Geschicklichkeit der Anwälte unterschiedlich beurteilt werden.

Zitat:
Ich empfehle die Beauftragung eines auf Erbrecht spezialisierten Anwalts.


Dieser Empfehlung schließe ich mich an allerdings aus einem anderen Grund. Die extreme emotionale Beteiligung an der Erbsache verstellt zum einen schnell den Blick für Recht und Gerechtigkeit und zum anderen wird man durch Äußerungen die man in so einer Gefühlswelt leicht fahrlässig macht, schnell angreifbar für den Prozessgegner.

Das kann man leicht auch an den hier getätigten Ausführungen erkennen. An mehreren Punkten werden aus Gründen der Überhöhung und um den Leser durch Dramatisierung von der eigenen Auffassung von Gerechtigkeit zu überzeugen offensichtlich falsche Behauptungen aufgestellt. Das untergräbt die eigene Glaubwürdigkeit gegenüber neutralen Personen zutiefst zumal davon auszugehen ist, dass ein gegnerischer Anwalt genau solche Punkteherausarbeiten wird.

Obwohl derartige Darstellung eigentlich dazu dienen sollen, den eigenen Anspruch auf das was gerecht ist zu untermauern, erreicht man tatsächlich jedenfalls dann das genaue Gegenteil, wenn sich ein Profi mit den Ausführungen auseinandersetzt.

2x Hilfreiche Antwort

#11
 Von 
metttwurstkneckebrot
Status:
Praktikant
(601 Beiträge, 297x hilfreich)

Zitat (von hh):
Erben 2. Ordnung sind nicht pflichtteilsberechtigt.


Das ist nicht 100% korrekt. Die Eltern des Erblassers sind pflichtteilsberechtigte Erben zweiter Ordnung (§§ 1925 , 2303 ii BGB).

Zitat (von hh):
Die extreme emotionale Beteiligung an der Erbsache verstellt zum einen schnell den Blick für Recht und Gerechtigkeit und zum anderen wird man durch Äußerungen die man in so einer Gefühlswelt leicht fahrlässig macht, schnell angreifbar für den Prozessgegner.


Und deshalb ein Anwalt? Nein. Der Anwalt wird (1) dem TE nicht zu einer weniger emotionalen Sichtweise verhelfen können, und kann (2) nichts erreichen, was nicht auch ohne Anwalt erreichbar wäre. Entweder der gefürchtete Erbe ist pflichtteilsberechtigt, dann kann der Anwalt daran nichts ändern, oder er ist es nicht, dann wird kein Anwalt benötigt.

-- Editiert von metttwurstkneckebrot am 07.02.2018 13:25

0x Hilfreiche Antwort

#12
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47635 Beiträge, 16837x hilfreich)

Zitat:
Das ist nicht 100% korrekt. Die Eltern des Erblassers sind pflichtteilsberechtigte Erben zweiter Ordnung


Das ist natürlich richtig, jedoch war ich nicht davon ausgegangen, dass es sich beim Pflichtteilsberechtigten um einen Elternteil des Verstorbenen handelt. Aber wenn ich es mir genau überlege, dann kann es sich doch um einen Elternteil des Verstorbenen handeln.

Zitat:
Der Anwalt wird (1) dem TE nicht zu einer weniger emotionalen Sichtweise verhelfen können, und kann (2) nichts erreichen, was nicht auch ohne Anwalt erreichbar wäre. Entweder der gefürchtete Erbe ist pflichtteilsberechtigt, dann kann der Anwalt daran nichts ändern, oder er ist es nicht, dann wird kein Anwalt benötigt.


Die Antwort ist sachlich richtig. Hinzu kommt, dass hier objektiv aktuell schon deswegen kein Anwalt benötigt wird, weil der Pflichtteilsberechtigte noch gar nichts unternommen hat und auch gar nicht klar ist, ob er etwas unternehmen wird. Es wird lediglich befürchtet, dass er etwas unternehmen könnte.

Jedoch glaube ich, dass der Fragesteller dennoch einen Anwalt benötigt, weil hier jemand benötigt wird, der mit dem gebotenen emotionalen Abstand an die Sache heran geht. Schließlich sind bereits 4 Monate seit dem Tod des Erblassers vergangen und man fühlt sich noch nicht einmal mental in der Lage, die Eröffnung des Testamentes zu beantragen. Vielleicht muss es auch kein Anwalt sein, sondern jemand der erheblich sachlicher an das Ganze heran geht.

2x Hilfreiche Antwort

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