Erbanspruch Berliner Modell

2. Februar 2017 Thema abonnieren
 Von 
aspergius
Status:
Praktikant
(920 Beiträge, 224x hilfreich)
Erbanspruch Berliner Modell

Nun möchte ich einen zweiten Fall durchspielen um die Zusammenhänge zu begreifen. Die Ausgangslage ist wieder die gleiche:
-Ehepaar in gesetzlicher Gütergemeinschaft, Zugewinn Gemeinschaft, kein Anfangsvermögen

-Ein voreheliches Kind (A) des Mannes.
-Zwei eheliche Kinder (B und C)

Als Annahme wird wieder ein Gesamtvermögen von 1.000.000 Euro angenommen, das gemeinsam im Laufe der langen Ehe erworben wurde.
Auf den Mann sind 600.000 Euro zugeordnet (Konten Haus, PkW usw).
Auf die Ehefrau sind 400.000 Euro zugeordnet (Haus Konten , Auto usw).

Die beiden Eheleute haben ein Testament nach dem Berliner Modell verfasst, das besagt, dass der überlebende Ehepartner alles erbt, außer ein Kind besteht auf Auszahlung seines Erbteiles. In diesem Fall bekommt es nur den Pflichtteil und wird vom weiteren Erbe ausgeschlossen.

1. Nun stirbt der Mann zuerst. und Kind C besteht auf seinem Pflichtteil. Wer bekommt was?
2. Was passiert mit dem verbleibenden Vermögen, wenn später die Frau stirbt? Ist Kind C vom Erbe dann gänzlich ausgeschlossen, da es ja schon beim Tod des Vater seinen Pflichtteil bekommen hat? Oder bekommt es vom verbleibenden Vermögen wiederum den Pflichtteil?

Danke für Eure Mitarbeit und eure Nachsicht, falls ich mich falsch oder unklar ausdrücke.

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9 Antworten
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#1
 Von 
cruncc1
Status:
Richter
(8018 Beiträge, 4498x hilfreich)

Zitat:
Als Annahme wird wieder ein Gesamtvermögen von 1.000.000 Euro angenommen, das gemeinsam im Laufe der langen Ehe erworben wurde.

Es wurde bereits ausgeführlich geschrieben, dass es beim gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft kein Gesamtvermögen gibt.
Zitat:
Auf den Mann sind 600.000 Euro zugeordnet (Konten Haus, PkW usw).
Auf die Ehefrau sind 400.000 Euro zugeordnet (Haus Konten , Auto usw).

Gehen wir mal davon aus, dass jeder Betrag das Vermögen des jeweiligen Ehegatten darstellt.
Zitat:
Nun stirbt der Mann zuerst. und Kind C besteht auf seinem Pflichtteil. Wer bekommt was?

Die Ehefrau ist Alleinerbin des Ehemannes.

Alle leiblichen Kinder haben einen Pflichtteilsanspruch in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils in bar (hier 1/2) von EUR 600.000,00)
Zitat:
Was passiert mit dem verbleibenden Vermögen, wenn später die Frau stirbt?

Erben sind diejenigen die im Testament als Schlusserben benannt sind. Wer das ist, wurde nicht mitgeteilt.
Zitat:
Ist Kind C vom Erbe dann gänzlich ausgeschlossen, da es ja schon beim Tod des Vater seinen Pflichtteil bekommen hat?

Ja, das Kind wurde "enterbt". Das Kind ist kein Erbe, hat aber einen Pflichtteilsanspruch.
Zitat:
Oder bekommt es vom verbleibenden Vermögen wiederum den Pflichtteil?

Das Kind hat einen Pflichtteilsanspruch (nun in Höhe von 1/4 in bar).

-- Editiert von cruncc1 am 02.02.2017 21:16

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#2
 Von 
aspergius
Status:
Praktikant
(920 Beiträge, 224x hilfreich)

Ich wiederhole nochmals, als Bestätigung, dass ich das alles richtig verstanden habe.

Der Mann mit einem Vermögen von 600.000 € stirbt also zuerst. Seine Frau erbt diese 600.000 € ganz, solange kein Kind den Anspruch auf das Pflichtteil erhebt.
Mal angenommen Kind C will sein Pflichtteil.

Ich verstehe es so, dass dann die normale Erbfolge zugrunde gelegt wird und das heißt, die Ehefrau erbt 50%=300.000€, die Kinder Abc je 1/3 von 300.000€ also je 100.000 €. Das Pflichtteil wäre doch dann für Kind C nur 50.000 €?

Wenn das so ist und nur Kind C den Pflichtteil fordert, fallen 550.000 € an die Ehefrau.

Ist das so richtig?

Erweiterte Annahme:
Ist es im Berliner Testament zulässig neben dem alleinigen Erbanspruch der Ehefrau zugleich festzulegen, dass das Kind A (leibliche Tochter nur des Verstorbenen) ihr gesetzliches Erbteil = 100.000 € ausgezahlt bekommt, während die anderen Kinder jedoch vorläufig auf ihr gesetzliches Erbe verzichten müssen, falls nicht eines den Pflichtteil fordert.

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2x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
cruncc1
Status:
Richter
(8018 Beiträge, 4498x hilfreich)

Zitat:
enn das so ist und nur Kind C den Pflichtteil fordert, fallen 550.000 € an die Ehefrau.
Ist das so richtig?

Ja.
Zitat:
Ist es im Berliner (123recht.net Tipp: Berliner Testament ) Testament zulässig neben dem alleinigen Erbanspruch der Ehefrau zugleich festzulegen, dass das Kind A (leibliche Tochter nur des Verstorbenen) ihr gesetzliches Erbteil = 100.000 € ausgezahlt bekommt, während die anderen Kinder jedoch vorläufig auf ihr gesetzliches Erbe verzichten müssen, falls nicht eines den Pflichtteil fordert.

Ja, das ist "zulässig". Es gibt keine Verpflichtung zur Gleichbehandlung aller Kinder.

2x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47495 Beiträge, 16808x hilfreich)

Zitat:
Ist es im Berliner (123recht.net Tipp: Berliner Testament ) Testament zulässig neben dem alleinigen Erbanspruch der Ehefrau zugleich festzulegen, dass das Kind A (leibliche Tochter nur des Verstorbenen) ihr gesetzliches Erbteil = 100.000 € ausgezahlt bekommt, während die anderen Kinder jedoch vorläufig auf ihr gesetzliches Erbe verzichten müssen, falls nicht eines den Pflichtteil fordert.


Ja, das ist möglich und dafür gibt es auch noch Varianten.
Wahrscheinlich ist hier vorgesehen, dass Tochter A nicht Erbin werden soll, sondern ein Vermächtnis in Höhe des gesetzlichen Erbteils erhalten soll.

Außerdem sollte auch noch der Fall geregelt werden, dass die Frau zuerst stirbt.

Und wenn man alle Kinder fair behandeln will, dann sollte Tochter A am Ende 1/3 des Vermögens des Ehemannes erhalten, also 200.000€.

Man kann das Ganze z.B. auch so regeln, dass auch Tochter A erst nach dem Tod der Ehefrau erbt, dann eben 1/5 des Gesamtvermögens, während die beiden anderen Kinder je 2/5 erben. Dann müsste die Frau nach dem Tod des Mannes nichts auszahlen. Das Einfordern des Pflichtteils kann mit einer Pflichtteilsstrafklausel erschwert werden. Über die Frage, ob der überlebende Ehegatte Vollerbe oder Vorerbe werden soll, sollte man sich auch Gedanken machen.

Da das Verfassen eines Testaments bei einer Patchworkfamilie durchaus kompliziert sein kann, sollte man sich der Hilfe eines Notares bedienen. Das Geld ist auch deswegen gut angelegt, weil sich später die Kinder die Beantragung eines Erbscheines ersparen, was genauso viel kosten würde wie ein notarielles Testament.

1x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
aspergius
Status:
Praktikant
(920 Beiträge, 224x hilfreich)

Vielen Dank für diese Antworten. Ein gutes Stück sehe ich klarer.

Wenn ich also als erster versterbe und ein Vermögen von 600.000 € hinterlasse, erhält meine Frau als Alleinerbe nach dem Berliner Testament 600.000 €, solange kein Kind den Pflichtteil verlangt.

Es ist so geplant, dass Tochter A bei dem Tod des Mannes ihr gesetzliches Erbteil ausgezahlt bekommt. Das wären bei 3 leiblichen Kindern 100.000 €. Bei der Frau des verstorbenen verbleiben demnach 200.000 €.

Annahme Kind C verlangt nach dem Tod des verstorbenen Mannes seinen Pflichtteil, bekommt diesen mit 50% vom gesetzlichen Erbe, also 50.000 €. In diesem Falle verbleiben vom Erbe (=600.000€) bei der Ehefrau 300.000 € (=50% von 600.000) plus 100.000 von Kind B (das keinen Pflichtteil verlangt) und plus 50.000 € vom Kind C, das den Pflichtteil von 50.000 € ausgezahlt bekommt.

Bei ihr verbleiben also insgesamt vom Vermögen des Mannes 300.000 plus 100.000 plus 50.000 € = 450.000 € auch ohne direkt als Schlusserbe eingesetzt zu sein. Zusätzlich zu ihrem eigenen Vermögen von 400.000 kann sie als frei über 850.000 € verfügen oder nach ihrem Tod vererben. Lassen wir mal die Varianten mit Vorerbe und Vermächtnis vorläufig unbeachtet.

Nach ihrem Tode erbt Kind A nichts, da diese keine leibliche Tochter der Ehefrau ist. Kind B erbt 50% = 425.000€ und Kind C ist enterbt und bekommt nur den vorgeschriebenen Pflichtteil von der Hälfte von 425.000€ = 212.500€. Die übrige Summe fällt damit an Kind B, dass damit 425.000€ plus 212.500€ erhält.

1. Ist das so richtig? Und ist das so gerecht?

2. Können wir im Berliner Testament das Kind C aus familiär-internen Gründen von vorneherein auf das Pflichtteil setzen, so dass es sowohl nach dem Tod des Mannes, als auch nach dem Tod der Ehefrau nur ein Pflichtteil erhält, das sich ja leider nicht umgehen läßt?
Hat dies für den überlebenden Nachteile, mal abgesehen davon, dass das Kind C dann natürlich schon auf das erste Pflichtteil bestehen wird?

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1x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47495 Beiträge, 16808x hilfreich)

zu 1.: Deine Berechnungen kann ich nicht wirklich nachvollziehen

Zitat:
Es ist so geplant, dass Tochter A bei dem Tod des Mannes ihr gesetzliches Erbteil ausgezahlt bekommt. Das wären bei 3 leiblichen Kindern 100.000 €. Bei der Frau des verstorbenen verbleiben demnach 200.000 €.


Bei der Frau des Verstorbenen verbleiben 500.000€

Zitat:
Und ist das so gerecht?


Nein, mein perönliches Gerechtigkeitsgefühl sagt mir, dass Kind A am Ende 200.000€ haben sollte (1/3 vom Vater) und die Kinder B und C je 400.000€ (1/3 vom Vater + 1/2 von der Mutter). Ggf. soll Kind A den Betrag auch erst nach dem Tod beider Ehegatten erhalten (Stichwort: Vor-/Nacherbschaft)
Wenn Kind C nur den Pflichtteil erhalten soll, dann kann man noch überlegen, wie mit dem dann übrig bleibenden Nachlass verfahren werden soll.

Zitat:
2. Können wir im Berliner Testament das Kind C aus familiär-internen Gründen von vorneherein auf das Pflichtteil setzen, so dass es sowohl nach dem Tod des Mannes, als auch nach dem Tod der Ehefrau nur ein Pflichtteil erhält, das sich ja leider nicht umgehen läßt?


Ja

Zitat:
Hat dies für den überlebenden Nachteile, mal abgesehen davon, dass das Kind C dann natürlich schon auf das erste Pflichtteil bestehen wird?


Nein.

Ich empfehle dringend, die Formulierung eines solchen Testamentes einem Notar zu überlassen.

1x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
aspergius
Status:
Praktikant
(920 Beiträge, 224x hilfreich)

Natürlich werden wir das Testament letztlich von einem Notar verfassen lassen, denn da kann durch eine falsche Formulierung viel kaputt gehen.
Hier im Forum möchte ich mir nur einen Überblick verschaffen, was rechtens ist und was geht bzw. was nicht geht.

@hh. Ich versuche meine Denkweise nochmals zu erläutern.

Mein Vermögen beträgt in der Annahme bei meinem Tod 600.000 €. Weitere Annahme es liegt ein Testament nach dem Berliner Model vor, jedoch mit der Besonderheit, dass meine voreheliche Tochter (A), die mit meiner Frau nicht verwandt ist , Ihr Erbteil sofort ausgezahlt bekommt. Die anderen Erben müssen warten, bis der überlebende Ehepartner ebenfalls gestorben ist.

Demnach berechnet sich doch das Erbteil zunächst so: Meine Frau erbt 50% also 300.000€
Auf jedes der drei Kinder entfallen je 100.000 €. Jedoch nur Tochter (A) erhält diese 100.000 € sofort ausgezahlt. Die beiden Kinder B und C müssen warten, bis der überlebende Elternteil ebenfalls gestorben ist. Somit fallen an meine Frau als Schlußerbin die 2x100.000€ der Kinder B und C und sie erhält auf diese Weise diese Weise 1x 300.000 und 2x 100.000 € = 500.000 €.

Ist das so richtig und gerecht? Meine voreheliche Tochter bekommt so ihren gerechten? Anteil von meiner Erbmasse. Nach dem Tod meiner Frau erhält sie nichts mehr.

Ist das so richtig und nach dem Gesetz gerecht?






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#8
 Von 
aspergius
Status:
Praktikant
(920 Beiträge, 224x hilfreich)

Habe ich einen Gedankenfehler gemacht?

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1x Hilfreiche Antwort

#9
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47495 Beiträge, 16808x hilfreich)

Gesetzlich kann man ein Testament so formulieren, dass das von Dir dargestellte Ergebnis herauskommt. Lediglich die Begriffe werden von Dir nicht korrekt verwendet.

Nach meinen persönlichen Gerechtigkeitsempfinden ist das aber nicht gerecht.

Danach sollte die uneheliche Tochter A (nach dem Tod beider Ehegatten) insgesamt 200.000€ erhalten, also 1/3 des Nachlasses des Vaters.

Der gesetzliche Mindestanspruch (Pflichtteil) von Tochter A würde für den Fall, dass der Vater zuerst verstirbt übrigens nur 50.000€ betragen.

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