Erbe antreten trotz Unkenntnis der Verhältnisse vom Erblasser

5. September 2019 Thema abonnieren
 Von 
erbling45
Status:
Frischling
(3 Beiträge, 0x hilfreich)
Erbe antreten trotz Unkenntnis der Verhältnisse vom Erblasser

Hallo Forum,
hier mal meine vertrackte „Erbsituation":
Seit mehr als 15 Jahren habe ich keinen Kontakt mehr zu meinen Eltern gehabt. Die Gründe hierfür spielen für euch ja keine Rolle. Auch zu allen anderen Verwandten meinerseits bestand kein Kontakt mehr. Man hat mich gemieden. Gut, war deren Entscheidung und ich konnte/kann damit leben. Jetzt wurde ich vor 10 Tagen über den krankheitsbedingten Tod meiner Mutter informiert. Mir war zu dem Zeitpunkt bereits klar, dass mein Vater dann auch nicht mehr lange leben sollte, da er entweder daran körperlich zugrunde gehen würde oder er selbst frei entscheiden würde, meiner Mutter zu folgen. Was er dann auch letzte Woche gemacht hat. Anscheinend hatten meine Eltern sich auch so zurückgezogen, dass sie selbst kaum noch / nur noch minimal Kontakt zur Verwandtschaft hatten. Auch zu den Nachbarn war der Kontakt komplett zusammengebrochen. Das alles habe ich tröpfchenweise erst nach dem Tod meines Vaters erfahren. Wie gesagt, man hat mich gemieden. Die Situation stellt sich aktuell wie folgt da: Meine Eltern habe sich 1978 gegenseitig per notarieller Vereinbarung als Erben eingesetzt. Dh. nach dem Tod meiner Mutter hat mein Vater von ihr geerbt. Nach dem Tod meines Vaters erbe ich als einziges Kind nach gesetzlicher Erbfolge, da dem Nachlassgericht nur das Testament von 1978 Jahren vorliegt. Leider weiß´ niemand sonst, ob es vllt noch ein handschriftliches, nicht notariell beglaubigtes Testament zusätzlich gibt. Da mein Vater Suizid begangen hat, habe ich erst gestern den Schlüssel für mein Elternhaus erhalten (den die Kripo einbehalten hatte, als sie mein Elternhaus versieglt hatten, wo mein Vater Selbstmord begangen hatte) , damit ich dort nach dem rechten sehen kann. Ich habe lediglich die Schlüsselübergabe beim Amtsgericht bestätigt. Das Erbe an sich soll nächste Woche eröffnet werden bzw. kann ich nächste Woche den Erbschein beantragen. Ich war also gestern mit 2 guten Freunden (als Zeugen) im Haus und wir haben den Kühlschrank ausgemistet, den Teppich und die Decke, wo mein Vater tot gefunden wurde weggeschafft, den Vorratsraum geleert… Außerdem haben wir im Haus nach einem Testament gesucht, leider nichts gefunden. Wir haben bis auf die Aufräumaktion im Haus alles so belassen wie es war, da ich ja noch nicht offiziell Erbe bin. Was mir jetzt Probleme bereitet ist, dass ich auch keine finalen Informationen zu den aktuellen finanziellen Verhältnissen meiner Eltern habe / kenne / gefunden habe. Zwar gab es Kontoauszüge im Büro meines Vaters, die waren aber nur chronologisch bis Ende 2017 nachvollziehbar. Ab dann wurde es recht undurchsichtig. Für die vergangenen 4 Monate (Juni bis August 2019) haben wir gar keine Kontoauszüge gefunden. Vllt sind die irgendwo anders im Haus abgelegt. Auf der Bank bekomme ich ja auch keine Informationen wie Kontostand, Depots, Schließfächer…hierzu, ebenso auf dem Grundbuchamt (Eintrag Grundbuch für Haus, Belastungen auf dem Haus, …) oder sonstigen Ämtern oder Institutionen, da ich ja erst offizielle Erbe sein muss bzw. den Erbschein vorlegen muss. Daher tue ich mir jetzt schwer dran, das Erbe anzutreten, da ich ja auch nicht weiß, ob nicht irgendwo ein Testament im Nachgang auftaucht oder aber in dem Schließfach, zu dem wir die Schlüssel gefunden haben, ein handschriftliches Testament liegt, dass mich ggf. enterben würde und einen anderen Haupterben einsetzen könnte. Im Ort gehen schon Gerüchte rum, dass es so ein handschriftliches Testament gäbe. Und an jedem Gerücht ist auch immer etwas Wahres dran. Also ich hoffe, ich habe meine Situation anschaulich erklärt. Zusammengefasst heißt es:
- Ich kenne keine Details zum Nachlass und den "Verhältnissen" meiner Eltern
- Details kann ich eigentlich nur in Erfahrung bringen, wenn ich das Erbe antrete
- Dann kann es sein, dass ein Testament auftaucht, dass mich enterbt
Was würdet ihr mir raten? Nachlassverwalter einschalten und abwarten, was der Verwalter dann raus bekommt?
Einen Termin bei meiner Rechtsanwältin habe ich schon für kommenden Montag. Wenn ich aber schon durch euch ein paar Infos oder Hinweise früher bekommen würde, wäre mir das recht lieb.
Danke für eure Hilfe.

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8 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
cruncc1
Status:
Richter
(8010 Beiträge, 4497x hilfreich)

Zitat:
Wir haben bis auf die Aufräumaktion im Haus alles so belassen wie es war, da ich ja noch nicht offiziell Erbe bin.

Es gibt keine offizielle Erbannahme! Mit dem Tod deines Vaters bist du "automatisch" Erbe geworden.
Zitat:
-Was würdet ihr mir raten?

Das Erbe sollte man nur ausgeschlagen , wenn sicher ist, dass der Nachlass überschuldet ist.

Auch nach Annahme der Erbschaft gibt es Möglichkeiten, die Schulden auf den Nachlass zu begrenzen (Anfechtung der Erbschaft, Nachlassinsolvenz).
Zitat:
Nachlassverwalter einschalten und abwarten, was der Verwalter dann raus bekommt?

Hier gibt es keinen Grund für die Beantragung eines Nachlassverwalters.

1x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47488 Beiträge, 16808x hilfreich)

Zitat:
Was würdet ihr mir raten?


Den Erbschein beantragen.

Zitat:
Nachlassverwalter einschalten und abwarten, was der Verwalter dann raus bekommt?


Dass Du den dann wahrscheinlich bezahlen musst, ist Dir aber hoffentlich klar, oder?

Zitat:
Einen Termin bei meiner Rechtsanwältin habe ich schon für kommenden Montag.


Und die soll was genau machen? Ich halte das Einschalten eines Rechtsanwaltes zum jetzigen Zeitpunkt für rausgeworfenes Geld.

Zitat:
Wenn ich aber schon durch euch ein paar Infos oder Hinweise früher bekommen würde, wäre mir das recht lieb.


Wirklich helfen können wir Dir nicht, jedoch kann Dir auch ein Anwalt die Entscheidung nicht abnehmen. Im Prinzip erhält man die "Katze im Sack", jedoch kann auch ein Anwalt daran nichts ändern.

1x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
erbling45
Status:
Frischling
(3 Beiträge, 0x hilfreich)

Hallo zusammen,

Danke für die bisherigen Antworten. Das ich bspw. den Nachlassverwalter bezahlen muss, ist mir natürlich klar. Bin halt ziemlich unsicher wegen der „Katze im Sack".

Viele Grüße...

0x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47488 Beiträge, 16808x hilfreich)

Zitat:
Bin halt ziemlich unsicher wegen der „Katze im Sack".


Das verstehe ich, nur kann Dir im Moment niemand diese Unsicherheit nehmen, auch nicht dadurch, dass Du jemanden bezahlst.

Das Risiko ist allerdings gering, da es bei Überschuldung die Möglichkeit der Nachlassinsolvenz und der Dürftigkeitseinrede gibt.

Es reicht daher aus, dass man sich professionelle Hilfe sucht, wenn sich herausstellt, das die „Katze im Sack" tatsächlich ein „faules Ei" war.

Ein Erbe sollte man nur dann ausschlagen, wenn man sich sicher ist, dass es überschuldet ist.

1x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
erbling45
Status:
Frischling
(3 Beiträge, 0x hilfreich)

Hallo hh,

vielen Dank für die moralische Unterstützung.
Ich werde das Erbe jetzt antreten im guten Glauben, dass es kein handschriftliches Testament gibt und dass das Erbe schuldenfrei ist. Mehr kann ich aufgrund der aktuellen Situation nicht machen bzw. herausfinden. Finde ich nachträglich im Haus oder im Schließfach noch ein weiteres handschriftliches Testament, dass einen anderen Haupterben festlegt, dann ist das halt so. Das Nachlassgericht werde ich unverzüglich darüber informieren. In diesem Fall nehme ich mein Pflichtteil. Sollte im Worstcase rauskommen, dass ich Schulden geerbt habe, dann fechte ich nachträglich die Annahme des Erbes an. Eine Anfechtung der Erbannahme kann innerhalb einer Frist von 6 Wochen erfolgen (§ 1954 Abs. 1 BGB ) nachdem das Erbe angetreten ist. Und in diesen 6 Wochen habe ich hoffentlich alle Information von Bank, Grundbuchamt, usw. zusammen, um klare Informationen zu den Verhältnisse meines Erbes zu haben. Das habe ich jetzt ja nicht.

Viele Grüße.

0x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
-Laie-
Status:
Weiser
(16928 Beiträge, 5885x hilfreich)

Zitat (von erbling45):
- Dann kann es sein, dass ein Testament auftaucht, dass mich enterbt
Ein echtes "Enterben" gibt es in Deutschland nicht. Wenn du also "enterbt" worden wärst, dann würde dir die Hälfte des normalen Erbes als Pflichtteil zustehen, das dir niemand wegnehmen kann. Im Fall hier also 50% von Allem was da ist. Das ist das Minimum was dir zusteht. Wenn es also ein Haus, oder eine Wohnung gibt, dann gibt es zumindest schon einmal finanziell verwertbare Güter die dir zu mindestens 50% gehören werden.

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0x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
cruncc1
Status:
Richter
(8010 Beiträge, 4497x hilfreich)

Zitat:
Ein echtes "Enterben" gibt es in Deutschland nicht.

Eine vollständige Enterbung ist möglich (wenn auch in einem ganz engen Rahmen).

https://dejure.org/gesetze/BGB/2333.html

0x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
-Laie-
Status:
Weiser
(16928 Beiträge, 5885x hilfreich)

Zitat (von cruncc1):
https://dejure.org/gesetze/BGB/2333.html
Ich denke, es ist jedem klar, dass das nicht damit gemeint war.

Signatur:

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0x Hilfreiche Antwort

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