Erbschein: Kosten, Berechnung, Vollmacht

6. April 2020 Thema abonnieren
 Von 
Janine04
Status:
Beginner
(71 Beiträge, 9x hilfreich)
Erbschein: Kosten, Berechnung, Vollmacht

Hallo,

mein Vater ist leider vor knapp 2 Wochen plötzlich verstorben, jetzt gibt es natürlich viele Fragen:

Meine Eltern sind seit einiger Zeit getrennt, jedoch NICHT geschieden.
Sie haben KEIN Testament, daher zieht bei uns die gesetzliche Erbfolge.

Mein Vater wollte für den Fall des Falles, dass ICH eine Betreuungsverfügung habe, eine Patientenverfügung sowie eine Vollmacht. Über das Internet haben wir diese Vorlagen (einer Vorsorgegesellschaft) bearbeitet, entsprechend angepasst, ausgedruckt und er hat alle 3 Sachen unterschrieben.

Diese Vollmacht besagt, dass sie über den Tod hinaus gilt, u. a. gegenüber:

Behörden und Justiz:

"Der Bevollmächtigte darf mich gegenüber allen Behörden einschließlich der Finanzämter, Renten- und Sozialversicherungsträger vertreten und ist berechtigt, Zustellungen und Leistungen entgegenzunehmen, Anträge zu stellen und Widerspruch oder Einspruch zu erheben.
Der Bevollmächtigte darf und soll mich gegenüber allen Gerichten vertreten sowie Prozesshandlungen aller Art vornehmen, soweit ihm diese gestattet sind. Er darf Rechtsanwälte, Steuerberater und andere zur Berufsverschwiegenheit verpflichtete Personen zur Wahrnehmung meiner Interessen beauftragen. Diese und ihre Mitarbeiter entbinde ich von der Schweigepflicht gegenüber dem Bevollmächtigten."

Versicherungen und Banken

"Der Bevollmächtigte darf die Rechte und Pflichten aus meinen Versicherungsverträgen wahrnehmen. Er darf die Verträge auch kündigen und neue abschließen. Er hat darüber hinaus auch das Recht, Zahlungen aus meinen Versicherungsverträgen zu treuen Händen entgegenzunehmen.
Der Bevollmächtigte darf mich gegenüber allen Banken, Sparkassen, Fondsgesell schaften, Wertpapierdienstleistern und ähnlichen Unternehmen vertreten. Er darf auch Konten, Depots und ähnliche Verträge kündigen, neu eröffnen und abschließen."

Vermögen und Schenkungen:
"Der Bevollmächtigte darf und soll mein Vermögen verwalten und hierbei alle Rechtshandlungen und Rechtsgeschäfte im In- und Ausland vornehmen. Er ist berechtigt, Erklärungen aller Art abzugeben und entgegenzunehmen, insbesondere über bewegliche und unbewegliche Vermögensgegenstände zu verfügen, diese zu veräußern oder neu zu erwerben.
Er darf darüber hinaus Schenkungen vornehmen, soweit sie einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprechen. Dies gilt auch für Schenkungen an sich selbst."

Nun zu meinen Fragen:
1. Ersetzt diese Vollmacht einen Erbschein?
2. Genügt diese Vollmacht, damit man auf ein Konto zugreifen kann, auf dem mein Vater alleine Kontoinhaber war?
3. Mein Vater hat zusammen mit meiner Mutter ein Haus. Dieses ist je 50% im Grundbuch eingetragen.
- kann ich durch diese Vollmacht über die 50% meines Vaters „bestimmen"?

Nur damit hier kein falsches Bild entsteht: ich möchte mich nur informieren um Antworten für meine Mutter, meine Schwester und mich zu sammeln.

4. Müssen wir alle einen Erbschein beantragen? Es gibt doch auch den Gemeinschaftsantrag.

Die Kosten des Erbscheins hängen vom Vermögen ab, soweit für mich verständlich.

5. Muss jeder einzeln den Erbschein bezahlen also 3 x die Kosten oder 1 x für uns alle?
z. B. wenn die Kosten eines Erbscheins 100 € wären:

a. sind dann 3 x 100 € (für jeden bei Einzel-Erbschein) fällig oder
b. 300 € bei gemeinsamen Erbschein oder
c. 100 € weil wir zusammen einen Erbschein machen?
--- > Das habe ich noch nicht verstanden.


Wie gesagt, Erbschein hängt ja vom Vermögen ab.

7. Meine Eltern hatten - wie o. g. - ein Haus mit 50/50 im Grundbuch.
a. wie berechnet man nun das Haus (Bodenwert + Fläche Grundstück?) oder wie?
b. muss ich den Wert dann durch 2 Teilen (weil 50% ja schon meiner Mutter gehören und es "lediglich" um die 50% meines Vater geht)
c. Mein Vater hat noch einen Kredit auf das Haus laufen. Allerdings läuft dieser Kredit bei der Bank NUR auf meinen Vater, NICHT auf meine Mutter. Wie muss ich das dann abziehen? von 100% oder von den 50% Anteil meines Vaters?

Da wir uns alle 3 einig sind, dass das Haus verkauft werden soll (sobald es möglich ist von amtswegen und überhaupt) stellt sich die Frage, ob wir hier überhaupt einen Erbschein benötigen, da die Umschreibung im Grundbuch sowieso erstmal kostenlos wäre. Genügt hier nicht der Erbnachweis vom Nachlassgericht oder Vorlegung der Heirats- bzw. Geburtsurkunden?
Der Notar/das Gericht muss sich ja auch auf das verlassen was wir angeben....und da können wir ja auch nicht mehr als unsere "Beweise" (Urkunden) vorlegen. Warum muss dann dieser Zwischenschritt sein?

Ich hoffe, hier kann mir jemand auf die vielen Fragen Antworten geben.

Vielen Dank im Voraus (auch im Namen meiner Mutter und meiner Schwester).

Janine



-- Editiert von Janine04 am 06.04.2020 22:57

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2 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
salkavalka
Status:
Lehrling
(1591 Beiträge, 976x hilfreich)

Für die Umschreibung im Grundbuch braucht ihr zwingend einen Erbschein, auch wenn ihr verkauft. Die Vorlage von Personenstandsurkunden reicht nicht. Beim Erbchein müsst ihr noch eine eidestattliche Versicherung abgeben.
Den Erbschein muss nur einmal für alle beantragt werden und die Gebühr fällt nur einmal an.
Zum Erbe deines Vaters gehört nur der halbe Grundstücksanteil. Der Kredit wird vollständig vom Naachlasswert abgezogen.
Mit der Vollmacht kannst du nicht über den Erbanteil deines Vaters bestimmen, der steht denErben zu.

0x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47638 Beiträge, 16838x hilfreich)

zu 1.: Nein

zu 2.: Ja, allerdings darf so ein Zugriff nicht zum Nachteil der Erben erfolgen. Wenn Du auf das Konto zugreifst, um Dich zu Lasten Deiner Mutter zu bereichern, dann erfüllt das den Straftatbestand der Untreue (§ 266 StGB)

zu 3.: Nein

zu 4.: Nur die Beantragung eines gemeinschaftlichen Erbscheins macht Sinn. Ein gemeinschaftlicher Erbschein kann aber von jedem Erben beantragt werden.

zu 5.: Es gibt nur einen Erbschein. Die Kosten werden geteilt. Jeder Erbe kann aber eine Ausfertigung des Erbscheins beantragen, wenn er das möchte. Das ist letztlich aber nur eine amtliche Kopie des gemeinschaftlichen Erbscheins.

zu 7 a.: Wozu wird die Berechnung des Wertes benötigt? Für die Gebühren des Erbscheins reicht eine grobe Schätzung.

zu 7b.: Ja, es gehen nur 50% des Verkehrswertes in den Nachlass ein.

zu 7c.: Was war denn der Zweck des Kredites?

Zitat:
ob wir hier überhaupt einen Erbschein benötigen, da die Umschreibung im Grundbuch sowieso erstmal kostenlos wäre.


Voraussetzung für die kostenlosen Umschreibung ist die Vorlage des Erbscheins beim Grundbuchamt.

Zitat:
Der Notar/das Gericht muss sich ja auch auf das verlassen was wir angeben....und da können wir ja auch nicht mehr als unsere "Beweise" (Urkunden) vorlegen. Warum muss dann dieser Zwischenschritt sein?


Weil das gesetzlich so geregelt ist. Weder das Nachlassgericht noch das Grundbuchamt dürfen sich auf Eure Angaben verlassen. Worauf sich der Notar verlässt ist irrelevant, da er lediglich Anträge stellt, die Ihr auch direkt beim Nachlassgericht stellen könntet.

0x Hilfreiche Antwort

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