Gemeinschaftliches Testament / Aufteilung / Widerruf ohne Beurkundung

14. August 2007 Thema abonnieren
 Von 
fohlenpower
Status:
Frischling
(5 Beiträge, 4x hilfreich)
Gemeinschaftliches Testament / Aufteilung / Widerruf ohne Beurkundung

Nehmen wir mal folgenden Fall an:

Ehepaar X (Güterstand Zugewinngemeinschaft) mit 2 Kindern hat ein gemeinschaftliches Testament errichtet und sich gegenseitig – der Erstversterbende den Überlebenden – zum alleinigen und unbeschränkten Erben eingesetzt. Weiterhin hat jeder von Ihnen für den Fall seines Todes als Längerlebender den gemeinsamen Sohn Klaas zu seinem Erben eingesetzt. Sohn Klaas als Erbe wurde mit folgendem Vermächtnis belastet: Er ist verpflichtet, an seinen Bruder Manfred einen Betrag zu zahlen, welcher die Hälfte des beim Tode des Letztlebenden Manfreds zustehenden Pflichtteils ausmacht (zahlbar von Klaas in 5 gleichen Jahresraten). Dieses Vermächtnis wurde ausgesetzt, da Sohn Manfred auf seine Pflichtteilsansprüche verzichtet hat. Weiterhin sind sämtliche in dem gemeinschaftlichen Testament getroffenen Verfügungen wechselbezüglich (Verzicht auf das Anfechtungsrecht wegen Übergehung eines Pflichtteilsberechtigten).
Der Notar hat die Eltern darüber belehrt, dass sie gemeinsam dieses Testament insgesamt aufheben oder auch in einzelnen Punkten ändern können und ein jeder von ihnen berechtigt ist, zu Lebzeiten des anderen einseitig seine letztwilligen Verfügungen zu widerrufen. Der Widerruf bedarf der notariellen Beurkundung und führt zur Unwirksamkeit des Testamentes insgesamt. Das Recht zum Widerruf erlischt mit dem Tode des anderen Ehegatten. Das Testament kann also danach nicht mehr geändert werden. Dies gilt insbesondere für die Erbeinsetzung des Sohnes Klaas zum Erben des Längstlebenden (der Eltern).
Neben dem Testament wurde von den Eltern und beiden Söhnen ein Pflichteilsverzichtsvertrag unterschrieben, in dem die Söhne gegenüber Ihren Eltern (und zwar gegenüber jedem von Ihnen) auf ihre Pflichtteilsansprüche auch für ihre Abkömmlinge oder solche, die Ihnen noch geboren werden, verzichten.
Manfred sowohl auf das Pflichtteilsrecht nach dem Erstversterbenden der Eltern als auch auf das Pflichtteilsrecht nach dem Tode des Längstlebenden der Eltern; Klaas jedoch nur auf das Pflichtteilsrecht nach dem Tode des Erstversterbenden.

Nun ist der Vater verstorben.

Hierzu habe ich folgende Fragen:
1.)Können Manfred oder Klaas einen Erbanteil (Pflichtteil) geltend machen ?
2.)Wenn die Mutter stirbt und das Erbe (z. B. 150.000 €) ausgezahlt wird: Wieviel bekommt Klaas, und wie viel muss er Manfred gemäß Vermächtnis auszahlen ?
3.)Wenn der Vater kurz vor dem Tode ein handgeschriebenen, letzten Willen verfasst hat (Aufteilung des Erbes zwischen den Söhnen: 50%/50%), ist dieser gültig (der Zettel wurde nicht notariell beurkundet!) ?
4.)Kann die Mutter nun – nach dem Tode des Vaters – das Testament noch ändern ?

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6 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(48392 Beiträge, 17073x hilfreich)

zu 1) Nein, da sie wirksam darauf verzichtet haben

zu 2) Ein Erbe wird nicht ausgezahlt. Klaas wird Eigentümer des gesamten Nachlasses der Mutter. Manfred erhält nichts, da er auf seinen Pflichtteil verzichtet hat und das Vermächtnis ausgesetzt wurde.

zu 3) Aufgrund der fehlenden notariellen Beurkundung hat der neue letzte Wille keine Auswirkungen.

zu 4) Nein

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#2
 Von 
sika0304
Status:
Schlichter
(7944 Beiträge, 2932x hilfreich)

3)+4) beantwortest du doch schon selber - beides NEIN, laut deiner Schilderung.
1) wenn der Verzicht notariell unterschrieben wurde, dann NEIN
2) 37.500,-

Ziemlich komplizierte Version eines Testamentes.
Ich kann zwar für mich selber auf einen Pflichtteil verzichten aber im Normalfall nicht für andere.

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#3
 Von 
fohlenpower
Status:
Frischling
(5 Beiträge, 4x hilfreich)

Zu 2.) Sind das nicht 1/8 = 18.750 € ?

2x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(48392 Beiträge, 17073x hilfreich)

nochmal zurück zu 2)
Vielleicht habe ich das hier falsch verstanden:
Dieses Vermächtnis wurde ausgesetzt, da Sohn Manfred auf seine Pflichtteilsansprüche verzichtet hat.

Ich schließe daraus aber, dass Manfred nichts bekommt.

2x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
fohlenpower
Status:
Frischling
(5 Beiträge, 4x hilfreich)

Meines Wissens bedeutet "aussetzen" hier, dass Klaas verpflichtet wäre, 1/8 des Erbes an Manfred auszuzahlen, also 18.740 €.

2x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
sika0304
Status:
Schlichter
(7944 Beiträge, 2932x hilfreich)

2) Der Vater ist verstorben, jetzt auch die Mutter, die 150.000 vererbt. Der eine Junge hat nur Recht auf Pflichtteil (damit 37.500,-). So hatte ich die hypothetische Frage verstanden und kam ich auf die Summe.
Aber ich finde a) das Testament verwirrend und b) in Teilen vermutlich auch ungültig - Pflichtteil zahlbar in 5 Jahreraten - Pflichtteile müssen doch immer sofort im ganzen und bar gezahlt werden, oder?

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