Gemeinschaftliches Testament mit Inhaltsirrtum

30. Juli 2010 Thema abonnieren
 Von 
Fritz109
Status:
Frischling
(5 Beiträge, 5x hilfreich)
Gemeinschaftliches Testament mit Inhaltsirrtum

Hallo Forumsgemeinde,

ich bin als nichteheliches Kind in den 1950er Jahren geboren, habe als Nachname den Geburtsnamen meiner Mutter erhalten und bin bei meiner Mutter und meinen Stiefvater aufgewachsen. Mein leiblicher Vater, zu dem ich Kontakt hatte, hat 1957 eine andere Frau geheiratet. Aus der Ehe meines leiblichen Vaters sind keine Kinder hervorgegangen. Also, ich bin das einzige Kind meines Vaters.

In 2006 ist die Ehefrau meines Vaters verstorben. Die, mein Vater und seine Ehefrau, haben 1987 ein gemeinschaftliches Testament verfasst. In diesem Testament setzen sie gegenseitig als Erben ein mit dem Passus "Nach dem Letztversterbenden erhält das Grundstück das uneheliche Kind des (Name meines Vaters), wenn er den Namen XY (Nachname meines Vaters) annimmt". Dieses Testament ist in 2007 eröffnet worden und mein Vater alleiniger Erbe seiner Ehefrau geworden.

In diesem Jahr ist mein leiblicher Vater verstorben. Er hatte in 2004 allein ein weiteres Testament verfasst, in dem er mich nach seinem Tod als alleinigen Erben eingesetzt hat, ohne Bedingung. Dieses Testament ist aber ungültig, weil das gemeinschaftliche Testament aus dem Jahre 1987 gesetzlich vorrangig ist.

Ich habe dem Nachlassgericht mit Hilfe der zuständigen Behörde nun nachgewiesen, dass ich die Bedingung der Namensänderung nie erfüllen konnte, weil das deutsche Namensänderungsgesetz dies nicht zulässt. Eventuell hätte eine Möglichkeit der Namensänderung vor meiner Volljährigkeit bestanden, dann hätte aber mein Vater die Initiative ergreifen müssen, was er aber nicht getan hat.

Der Inhaltsirrtum meines Vaters ist eindeutig. Ich bin der einzige Abkömmling meines Vaters. Mein Vater hat mich in 2 Testamenten als einzigen Erben eingesetzt. Trotzdem, das Nachlassgericht hat diese Tatsachen für die Ausstellung eines Erbscheines zu meinen gunsten nicht gelten lassen und von mir die Bekanntgabe der lebenden Erben 3. Ordnung verlangt (Erben der 2. Ordnung gibt es nicht).

Diese Erben 3. Ordnung wurden nun vom Nachlassgericht angeschrieben, zwecks Anhörung. Das Nachlassgericht ist der Meinung, dass eine mögliche Auslegung des gemeinschaftlichen Testament dazuführen könnte, dass ich mangels Eintritts der von den Testatoren gemachten Bedingung, nicht zum Erben berufen sein könnte, auch die Berufung als gesetzlicher Erbe.

Ich würde gerne Eure Meinung zu diesem Fall hören.
Danke schon mal im Voraus.



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6 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
Wladimir Iljitsch
Status:
Beginner
(92 Beiträge, 47x hilfreich)

quote:
Ich würde gerne Eure Meinung zu diesem Fall hören.


Schwörst du beim Barte des Propheten, dass es sich hierbei um einen realen Fall handelt, und nicht um eine Aufgabe aus einem erbrechtlichen Seminar?

2x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
Fritz109
Status:
Frischling
(5 Beiträge, 5x hilfreich)

Nein, es ist nicht meiner Fantasie entsprungen!
Ja, es ist real!
Alles ist dokumentiert, die Schreiben des Nachlassgerichtes und meine Stellungnahmen
bzw. Fragen und Antworten an das Gericht.

Zurzeit läuft noch die Anhörungsfrist der Erben 3. Ordnung.
Ich bin juristischer Laie und habe noch keinen Rechtsbeistand konsultiert.
Bevor ich rechtliche Schritte einleite, wollte ich oder muss ich die Entscheidung des Nachlassgerichtes abwarten, die wiederum mir nach der Anhörungsfrist der Erben 3. Ordnung zugehen soll. Rechtliche Schritte werde ich dann einleiten, wenn die Entscheidung zu meinen Ungunsten ausfallen sollte.

Spannend finde ich auch, was sich die Verwandten 3. Ordnung einfallen lassen, wenn sie sich als Erben berufen fühlen sollten. Hieraus könnte sich ein Rechtsstreit entwickeln. Mir ist dann noch nicht klar, wer mein Gegner ist: Das Nachlassgericht, die Verwandten oder beide?

Ich finde es vom Nachlassgericht ungerecht, das Testament so zu interpretieren, das ich als Erbe ausgeschlossen sein könnte. Meine Argumente, wie z. B. ich konnte nachweisbar nie die Bedingung erfüllen oder es war nie die Absicht der Testatoren, wohl wissentlich, dass ich die Bedingung nicht erfüllen konnte, um damit zu erreichen, dass die Verwandten 3. Ordnung zu Erben berufen werden (Das Letztere wurde als Argument vom Nachlassgericht eingebracht), haben nicht gefruchtet bzw. das Nachlassgericht beeindruckt.

Jetzt bin ich noch am Recherchieren, ob die Bedingung der Testatoren aus meiner Sicht ein unerfüllbares Vermächtnis ist oder eine unerfüllbare aufschiebende Bedingung.
Darauf habe ich noch keine Antwort gefunden.

Über Antworten oder Meinungen würde ich mich freuen.


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3x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47459 Beiträge, 16802x hilfreich)

quote:
Ich finde es vom Nachlassgericht ungerecht, das Testament so zu interpretieren, das ich als Erbe ausgeschlossen sein könnte.


Zumindest besteht diese Möglichkeit, so dass aus meiner Sicht das Nachlassgericht verpflichtet ist, mindestens eine Stellungnahme der Erben 3. Ordnung einzuholen.

quote:
Jetzt bin ich noch am Recherchieren, ob die Bedingung der Testatoren aus meiner Sicht ein unerfüllbares Vermächtnis ist oder eine unerfüllbare aufschiebende Bedingung.


Es ist doch offensichtlich kein Vermächtnis. Da hast Du den Begriff "Vermächtnis" bislang nicht richtig verstanden. Es handelt sich klar um eine Bedingung.

Hast Du Dich schon erkundigt, ob bei den vorliegenden Umständen eine Änderung auf Basis des NamÄndG möglich ist. Eine Einbenennung nach dem Namensrecht des BGB ist hier jedoch nicht möglich.


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3x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
Fritz109
Status:
Frischling
(5 Beiträge, 5x hilfreich)

Vielen Dank für Deine Meinung hh.

Hier meine Antwort auf Deine Frage:
Ich wohne in einer größeren Stadt. Für eine Namensänderung ist in meinem Fall das Stadtamt zuständig mit einer eigenen Abteilung "Staatsangehörigkeitsbehörde und Namensänderung".

Die Mitarbeiter der v. g. Abteilung haben mir, nach persönlicher Anhörung, ein Schreiben zugeschickt aus dem hervorgeht, dass ich nach dem BGB keine Möglichkeit habe eine Namensänderung vorzunehmen. Ebenso würde auf Antrag eine öffentlich-rechtliche Namensänderung nach dem Namensänderungsgesetz für mich nicht in Frage kommen, weil ich mit meiner Begründung nur eine Ablehnung erhalten würde.

Dieses Schreiben habe ich dem Nachlassgericht vorgelegt, es wurde kurz gelesen und mir dann zurück gegeben, also nicht anerkannt, worüber ich mich nur wundern konnte.

Daraufhin habe ich wieder Kontakt mit dem Stadtamt aufgenommen und mein Erlebnis mit dem Nachlassgericht geschildert. Nun hat das Stadtamt die Rechtspflegerin des Nachlassgerichtes persönlich angerufen und nachgefragt was noch unklar ist. Jetzt hat das Stadtamt einen 2. Brief verfasst und direkt an das Nachlassgericht gesendet. In diesem 2. Schreiben hat das Stadtamt nochmals betont, dass ich gesetzlich nie ab meiner Volljährigkeit eine Chance gehabt hätte meinen Nachnamen ändern zu lassen. Vor meiner Volljährigkeit hätte es möglicherweise eine Chance gegeben, dann hätte aber mein Vater die Initiative ergreifen müssen mit Zustimmung meiner Mutter. Dies hat mein Vater aber nicht getan.

Die Bedingung ist aus gesetzlichen Gründen nicht erfüllbar, selbst wenn ich bereit wäre meinen Namen ändern zu lassen. Ich denke, die Rechtslage ist eindeutig. Ich weis, man kann im Testament Bedingungen formulieren, die müssen aber erfüllbar sein und im Einklang mit den gültigen Gesetzen stehen.

Ich hatte noch zu Lebzeiten meines Vaters über diesen Passus des gemeinschaftlichen Testamentes mit ihm diskutiert. Er hatte nicht gewusst, das die Namensänderung nicht möglich ist, sonst hätte er diese Bedingung nicht formuliert, war seine Antwort. Das Testament musste aber nach dem Tode seiner Ehefrau eröffnet werde, weil mein Vater sonst ein Viertel des Vermögens seiner verstorbenen Ehefrau hätte abgeben müssen, was er damals nicht wollte.

Das Ergebnis kann doch jetzt u. U. nicht bedeuten, ich, als einziger Verwandter 1. Ordnung bin kein Erbe, aber die Erben 3. Ordnung. Das hatte mein Vater nie gewollt. Es gibt kein Schriftstück und keine anderen Hinweise, dass mein Vater seinen Nachlass an die Cousinen verteilen wollte.

Darüberhinaus gilt doch auch: Im deutschen Erbrecht ist für die Interpretation eines Testamentes der erkennbare Wille eines Erblassers oberster Grundsatz und nicht eine freie Interpretation, die alles oder nichts beinhalten kann.

Liege ich falsch?



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2x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47459 Beiträge, 16802x hilfreich)

quote:
Das Ergebnis kann doch jetzt u. U. nicht bedeuten, ich, als einziger Verwandter 1. Ordnung bin kein Erbe, aber die Erben 3. Ordnung. Das hatte mein Vater nie gewollt.


Jedenfalls ist dieses Ergebnis aufgrund der Formulierung im Testament denkbar. Jedenfalls kannst Du dem Nachlassgericht nicht vorwerfen, dass es sich an den Wortlaut des Testamentes hält.

quote:
Darüberhinaus gilt doch auch: Im deutschen Erbrecht ist für die Interpretation eines Testamentes der erkennbare Wille eines Erblassers oberster Grundsatz und nicht eine freie Interpretation, die alles oder nichts beinhalten kann.


Auch das ist richtig. Der erkennbare Wille ist aber zunächst einmal das, was wörtlich im Testament steht.

Insgesamt muss das Nachlassgericht aufgrund der eigentlich recht klaren Formulierung im Testament die Erben 3. Ordnung anschreiben und um Stellungnahme bitten. Wenn diese Erben die Sachlage genauso sehen wie Du, dann ist es recht einfach und Du erhälst den Erbschein.

Wenn die Erben 3.Ordnung jedoch der Auffassung sind, dass sie selbst Erben sind, weil Du die im Testament genannte Bedingung nicht erfüllst, dann muss das Gericht entscheiden, wem es den Erbschein ausstellt. Die Partei, die den Erbeschein nicht erhält, kann dann dagegen klagen.

Mit der schlüssige Darlegung eines Irrtums Deines Vaters kannst Du aber nach meiner Auffassung die Anhörung der Erben 3. Ordnung nicht verhindern. Zu dieser Anhörung ist das Gericht bei der dargestellten Sachlage nach meiner Einschätzung verpflichtet.

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3x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
guest-12302.08.2010 11:09:07
Status:
Beginner
(53 Beiträge, 18x hilfreich)

--- editiert vom Admin

3x Hilfreiche Antwort

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