Haus"verkauf" zur Vorsorge im Alter?

16. Dezember 2004 Thema abonnieren
 Von 
Gabrille
Status:
Frischling
(42 Beiträge, 2x hilfreich)
Haus"verkauf" zur Vorsorge im Alter?

Einen freundlichen Gruß vorweg in die Runde,
hier mein zweiter Anlauf mit den so bedrückenden Fragen:

Fiktiver Fall:
Eltern haben mehrere Kinder und Enkelkinder.
Der Vater ist seit mehr als 10 Jahren verstorben.
Bis 2003 hatte es geheißen, der Vater hätte ein Testament hinterlassen.
Was darin geregelt sei, wüsste die Mutter nicht.
Keiner der Erbberechtigten machte irgendwelche Erbansprüche geltend.
Wie ich annahm, aus dem vernünftigen Wunsch heraus, die Mutter sollte ein gesichertes Auskommen bis zu ihrem Tod behalten.
Im Jahr 2003 wurde ein gemeinsames Testament - von beiden unterzeichnet - vorgelegt, das die Mutter zur alleinigen Erbin erklärte.
Einer Frage nach einem Erbverzicht am Vatererbe wurde nicht zugestimmt.
Daraufhin wurde die Grundbucheintragung des gemeinsamen Einfamilienhauses auf die Mutter als alleinige Eigentümerin geändert.
In diesem Jahr „verkaufte“ die Mutter ihr Haus zu einem unverhältnismäßig geringen Preis an eins der Enkel mit der Begründung, das dieser mit in das Haus einzieht, erforderliche Reparaturen organisiert und ihre Betreuung und Pflege übernimmt.
Die Mutter selbst behielt ein Wohnrecht im Dachgeschoß.
Gutgemeinte Ratschläge, lieber alles in der eigenen Hand zu behalten und für Zeiten eigener Bedürftigkeit vorzusorgen, wurden nicht angenommen.
Doch nun ist dieser Fall eingetreten. Die Mutter ist schlimm krank und liegt fast nur noch im Pflegebett. Das Schlimmste ist zu befürchten.
Würde der Enkel die Mutter gut behandeln und pflegen, dann wäre alles kein Problem.
Doch daran ist gar nicht zu denken, alle anderen sollen dafür zuständig sein.
Das Haus hat man ja nun… Da kann man durchaus schon auch einmal die eigenen mahnenden Eltern aus dem Haus schmeißen…

Nun meine Fragen:
1. Ist das nicht grober Undank!?
2. Wenn die Pflege so doch nicht gewährleistet werden kann, da die anderen dazu aus verschiedenen Gründen nicht in der Lage sind, käme nur ein Pflegeheim in Frage. Die Ersparnisse reichen da wohl nicht allzu weit heutzutage. Was dann?
3. Wie könnte der in meinen Augen als „gemischte Schenkung“ zu wertende Verkauf da mit einfließen?
4. Kommt es zum Erbfall, was steht den Kindern dann zu? Ist der Pflichtteilsanspruch dann auch noch auf den Wert des Hauses mit zu ergänzen?
Dass so etwas in einer Familie vorkommt, die bis dahin scheinbar gut harmoniert hat, das ist schlimm. Da sind die Nächte plötzlich viel länger als früher.
Ich möchte daher recht herzlich um Rat bitten.

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7 Antworten
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#1
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(46704 Beiträge, 16555x hilfreich)

zu 1.: Nein. Im Kaufvertrag hätte die Verpflichtung des Enkels zur Pflege aufgenommen werden müssen. Dies ist wahrscheinlich nicht geschehen. Grober Undank ist z.B. dann zu sehen, wenn eine Straftat gegen den Schenker vorliegt.
Ein Widerruf der Schenkung kann übrigens nur durch den Schenker,nicht durch seine Erben erfolgen.
Falls die Pflegeverpflichtung doch im Kaufvertrag stehen sollte, kann dieser Vertrag natürlich wegen Nichterfüllung rückgängig gemacht werden.

zu 2.: Wenn es sich um eine Teilschenkung gehandelt hat, dann kann der geschenkte Teil zurück gefordert werden. Eine Ausnahme gilt nur, wenn der Beschenkte dadurch selbst in eine Notsituation gerät. Das Sozialamt wird entsprechende Maßnahmen einleiten, wenn es Leistungen übernehmen soll.
Eine Rückforderung der Schenkung ist übrigens auch erst dann möglich, wenn der Schenker sich nicht mehr selbst unterhalten kann, also auf finanzielle Unterstützung von außen angewiesen ist.

zu 3.: Rückforderbar ist der geschenkte Anteil

zu 4.: Der Pflichtteil wird auf Basis des Nachlasses einschließlich der Schenkungen der letzten 10 Jahre errechnet. Wenn das Erbe nicht mindestens den Pflichtteil erreicht, dann steht den Erben ein Pflichtteilergänzungsanspruch zu.

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#2
 Von 
Gabrille
Status:
Frischling
(42 Beiträge, 2x hilfreich)

Vielen Dank für die Antwort!

Klar ergeben sich daraus gleich weitere Fragen:

1. Gelten tatsächlich nur schriftliche Verpflichtungen zur Pflege und nicht auch mündliche Zusagen unter Zeugen? Die Mutter ist ja schon hoch in den Jahren und war wohl beim Notar etwas aufgeregt und nicht so konzentriert und gut vom Notar beraten.

2. Was versteht sich unter Notsituation des Beschenkten? Wenn die Mutter all ihr Erspartes aufgebraucht hat und nicht mehr in der Lage ist, alles selbst zu finanzieren, ist sie wohl vor allem erst mal selbst in Not! Dann müsste man alles rückgängig machen können!?

3. Wenn vom Pflichtteil die Rede ist, wie errechnet sich dann der Pflichtteil? Erspartes weg, Haus weg, letzte Rente auf dem Konto bereit zur Zahlung an die Pflegeeinrichtung…

4. Spielt dann eigentlich noch eine Rolle, dass ursprünglich den Eltern gemeinsam das Haus gehört hatte?

Ach es ist alles so verwirrend für den Laien. Vielleicht kann hier noch einmal ein Rat gegeben werden.
In der Hoffnung darauf verbleibe ich mit vielen herzliche Grüßen

-- Editiert von Gabrille am 17.12.2004 14:18:20

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#3
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(46704 Beiträge, 16555x hilfreich)

zu 1.: Ich bin mir da nicht ganz sicher, aber mE zählt nur der notarielle Vertrag

zu 2.: Eine solche Notsituation liegt vor, wenn der Schenker nicht mehr in der Lage ist, sich selbst zu unterhalten, wenn man also eigentlich zum Sozialamt gehen müsste.

zu 3.: Nach Deiner Beschreibung gibt es keinen Nachlass, evtl sogar Schulden. Dann fließt nur die Schenkung in die Berechnung des Pflichtteils ein. Das hat zur Folge, dass die Hälfte der Schenkung als Pflichtteilergänzungsanspruch anfällt. Die andere Hälfte kann der Beschenkte behalten. Falls die Schenkung zurück verlangt wird und für die Pflege gebraucht wird, dann gibt es natürlich gar nichts mehr.

zu 4.: Nein, welche Rolle sollte es spielen?


Falls Deine Mutter Sozialhilfe beantragt, dann geht der Rückforderungsanspruch für die Schenkung auf das Sozialamt über. Die damit erzielte Summe wird dann für die Pflege verbraucht. Erst, wenn dann gar nichts mehr da ist, springt das Sozialamt mit einer echten Unterstützung ein.
Dann werden aber wahrscheinlich auch Forderungen an die Unterhaltspflichtigen gestellt. Das sind die Kinder.

Nochmal zurück zu Deiner Ausgangsfrage:
Für die Enterbung per Testament, wie in diesem Fall, ist keine Zustimmung des Enterbten erforderlich. Also braucht man auch keinen Erbverzicht am Vatererbe zu erklären.

Auf den Pflichtteil kann man jedoch nur notariell verzichten. Falls dies nicht geschehen ist, muss man den Pflichtteil inerhalb von 3 Jahren einfordern. Danach ist der Anspruch verjährt.
Da der Vater bereits vor 10 Jahren verstorben ist gibt es für seinen Nachlass jetzt keinen Erbanspruch (wegen des Testamentes) und auch keinen Pflichtteilsanspruch (wegen der Verjährung) mehr.

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#4
 Von 
Gabrille
Status:
Frischling
(42 Beiträge, 2x hilfreich)

Nochmals recht herzlichen Dank für die Antwort!

Die Frage nach einem möglichen Erbverzicht kam von der Mutter. Sie ist also bei nochmaliger Überlegung nicht dem Vatererbe zuzuordnen sondern wohl generell gemeint gewesen.

Das Irre an der ganzen Situation ist, dass keiner weiß wie sich der Gesundheitszustand unserer Mutter entwickeln wird. Wer so etwas schon erlebt hat, kann sicher mitfühlen und mitreden. Eigentlich wollten wir nie die Einweisung in ein Pflegeheim überhaupt in Erwägung ziehen. Und nun gestaltet sich das alles so unerwartet schwierig.
Meist ist es liebevollen Eltern ein Anliegen, ihren Lebensabend friedlich und beruhigt zu verbringen. Und wenn möglich, wollen sie den Nachkommen etwas Gutes mit eventuellen Hinterlassenschaften tun. Nun scheint das Sozialamt alles zu bekommen. Oder der Schmuse-Enkel…
Dass der Vater das alles auch so gewollt hätte, ist ernstlich zu bezweifeln. Daher die Überlegung in Richtung Vatererbe und daraus resultierendem Pflichtteilsanspruch. Ist es denn tatsächlich so, dass die Verjährung nicht erst mit der Kenntnis des Testamentinhaltes sondern mit dem Tod des Vaters beginnt? Wir wollten und wollen immer noch nichts gegen die Interessen der Mutter tun.

Aber eine Frage drängt sich auf:
Was wäre denn, wenn tatsächlich einer das Pflichtteil vom Vatererbe gefordert hätte?
Könnte das Sozialamt dann auch Forderungen darauf geltend machen?
Der Spruch „Gut und dumm liegt eng beisammen!“ scheint hier voll zu passen.
Oder weiß einer Rat?

Freundliche Grüße

0x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(46704 Beiträge, 16555x hilfreich)

Wenn ein Kind bereits beim Tod des Vaters den Pflichtteil gefordert hätte, dann kann das Sozialamt nicht fordern, dass dieses Geld für die Pflege der Mutter verwendet wird.

0x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
Gabrille
Status:
Frischling
(42 Beiträge, 2x hilfreich)

Ein Dankeschön an hh für die Antwort. Leider hast Du nichts zu der Frage

„Ist es denn tatsächlich so, dass die Verjährung nicht erst mit der Kenntnis des Testamentinhaltes sondern mit dem Tod des Vaters beginnt?“

aus Deiner Sicht geschrieben. Wie steht es denn damit?

Als letzte Aktion am 4. Advent….
Möglich, dass am Montag auch einmal weitere Meinungen zu erfahren sind!?
Ich wäre sehr froh darüber.

Mit freundlichen Grüßen

0x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(46704 Beiträge, 16555x hilfreich)

Die Verjährungsfrist von 3 Jahren beginnt erst mit Kenntnis des Testamentes.

Diese Kenntnis hattest Du aus meiner Sicht aber spätestens, als ohne Deine Zustimmung das Elternhaus auf Deine Mutter übertragen wurde.

So eine Übertragung ist nämlich ohne das Vorhandenseins eines solchen Testamentes gar nicht möglich.

Wann Du das Originaltestament zum ersten Mal gesehen hast, spielt dabei m.E. keine Rolle.

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