Angenommen ein Elternpaar erstellt vor einigen Jahren einen Erbvertrag, u.a. zugunsten ihrer Tochter.
Aufgrund einer schwierigen familiären Situation ist zwischenzeitlich davon auszugehen, dass die Eltern einen neuen Erbvertrag erstellt haben. Hiervon hat die Tochter jedoch keine Kenntnis. Da sich auch die Situation bzgl. der Immobilien in der Familie stark verändert hat, plant die Tochter, ihr Erbe auszuschlagen.
Wird sie im Fall des Todes ihrer Mutter oder ihres Vaters (aufgrund des damaligen ersten Erbvertrags) eine Informationen von Seiten des Nachlassgerichtes erhalten?
Und wenn nicht, wie genau definiert sich der Zeitpunkt, an dem die 6-wöchige Frist zum Ausschlagen des Erbes beginnt? Wann wird angenommen, dass man vom Tod des Elternteils erfahren hat? Im konkreten Fall wäre dies eher dem Zufall geschuldet.
In welchen Fällen informiert das Nachlassgericht über Erbe?
9. November 2021
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Frage vom 9. November 2021 | 08:56
Von
Status: Beginner (90 Beiträge, 43x hilfreich)
In welchen Fällen informiert das Nachlassgericht über Erbe?
Testament oder Erbe?
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#1
Antwort vom 9. November 2021 | 10:21
Von
Status: Unbeschreiblich (47658 Beiträge, 16843x hilfreich)
ZitatWird sie im Fall des Todes ihrer Mutter oder ihres Vaters (aufgrund des damaligen ersten Erbvertrags) eine Informationen von Seiten des Nachlassgerichtes erhalten? :
Sie wird nach Eröffnung des Erbvertrages durch das Nachlassgericht über den Inhalt des dann gültigen Erbvertrages informiert. Sollte der alte Erbvertrag durch einen neuen Erbvertrag ersetzt worden sein, so erfolgt die Information natürlich auf Grundlage des neuen Erbvertrages und nicht auf Grundlage des alten Erbvertrages.
Das gilt auch dann, wenn sie durch den neuen Erbvertrag enterbt wurde, da gesetzliche Erben grundsätzlich über den Inhalt eines Erbvertrages informiert werden um sie über die Enterbung in Kenntnis zu setzen.
ZitatUnd wenn nicht, wie genau definiert sich der Zeitpunkt, an dem die 6-wöchige Frist zum Ausschlagen des Erbes beginnt? :
Wenn die Tochter davon ausgehen durfte, dass es einen Erbvertrag gibt, beginnt die 6-Wochenfrist mit dem Zugang der Information des Nachlassgericht über dessen Inhalt. Sollte sich überraschend herausstellen, dass es doch keinen Erbvertrag gibt, dann beginnt die Frist mit Kenntnis der neuen Sachlage.
Allerdings darf die Tochter nicht einfach untätig warten, wenn nichts passiert. Üblicherweise dauert es 6-8 Wochen, bis ein Testament oder ein Erbvertrag eröffnet wird. Sollte die Tochter also nach 3-4 Monaten immer noch nichts gehört haben, so sollte sie beim Nachlassgericht nachfragen. Wenn nichts passiert, dann wäre spätestens nach 6 Monaten eine Ausschlagung nicht mehr möglich.
ZitatWann wird angenommen, dass man vom Tod des Elternteils erfahren hat? :
Wenn die Tochter behauptet, sie hätte nichts vom Tod des Elternteils gewusst, dann müsste derjenige, der die Unwirksamkeit der Ausschlagung behauptet beweisen, dass sie doch Kenntnis hatte. Bei einer normalen Eltern-Kind-Beziehung ist das relativ einfach, da das Kind dann an der Beerdigung teilgenommen hätte. Die Kenntnis wird jedoch nicht durch Zeitablauf o.ä. fingiert.
Sollte die Tochter tatsächlich erst mehrere Monate später durch Zufall vom Tod des Elternteils erfahren haben, so sollte sie sich umgehend beim Nachlassgericht erkundigen, warum sie noch nichts gehört hat.
-- Editiert von hh am 09.11.2021 10:26
#2
Antwort vom 9. November 2021 | 14:23
Von
Status: Beginner (90 Beiträge, 43x hilfreich)
Vielen Dank für die ausführliche Antwort.
Das hilft mir wirklich sehr weiter!
Nur noch ganz kurz zum Verständnis:
Unabhängig vom Inhalt des (neuen) Erbvertrags - sie erfährt in jedem Fall vom Tod, da sie gesetzliche Erbin ist?
-- Editiert von FrankK1 am 09.11.2021 14:25
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#3
Antwort vom 9. November 2021 | 16:40
Von
Status: Unbeschreiblich (47658 Beiträge, 16843x hilfreich)
ZitatUnabhängig vom Inhalt des (neuen) Erbvertrags - sie erfährt in jedem Fall vom Tod, da sie gesetzliche Erbin ist? :
Ja, wenn es einen Erbvertrag oder ein Testament gibt, das bei Gericht hinterlegt ist, passiert das automatisch. Ansonsten wird sie auch informiert, wenn jemand ein Testament abgegeben hat oder wenn jemand einen Erbschein beantragt hat.
Nur wenn es weder einen hinterlegten Erbvertrag/Testament, ein abgegebenes Testament und auch keinen Antrag auf einen Erbschein gibt kann es passieren, dass sie nicht informiert wird.
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