Ist in Bayern das Nachlassgericht verpflichtet Erben zu suchen?

22. Januar 2020 Thema abonnieren
 Von 
Vermieterheini1
Status:
Beginner
(131 Beiträge, 11x hilfreich)
Ist in Bayern das Nachlassgericht verpflichtet Erben zu suchen?

Nehmen wir in einem fiktiven Fall an, eine Cousine sei verstorben.

Die Cousine hätte keine Kinder gehabt. Ihr Ehemann und Ihre Eltern seien bereits vorher verstorben. Die Cousine sei das einzige Kind Ihrer Eltern gewesen.

In der gleichen Stadt in der die Cousine verstorben ist wohne ein entfernter Verwandter, der keine weitere Verwandtschaft der verstorbenen Cousine kenne.
Der Verwandte wüsste auch nicht, ob es weitere Verwandte der verstorbenen Cousine gäbe.
Der Verwandte habe keine Dokumente, dass es ihre Cousine sei. Der Verwandte habe das nur mündlich von seinen und ihren Eltern gehört.


Frage:
===
Ist in Bayern das Nachlassgericht (der Rechtspfleger) verpflichtet Erben zu suchen?


Hintergrund der Frage:
==============
Der fiktive Verwandte befürchtet von den Einwohnermeldeämtern wegen dem schönen Datenschutz keine Auskünfte zu bekommen, um wie vom Nachlassgericht gewünscht Verwandte der verstorbenen Cousine auszuforschen.

§ 342 FamFG
Bayern Art. 37 AGGVG
1) 1 Das Nachlaßgericht hat die Erben von Amts wegen zu ermitteln. 2 Die Ermittlung der Erben von Amts wegen unterbleibt, wenn zum Nachlaß kein Grundstück oder grundstücksgleiches Recht gehört und nach den Umständen des Falls anzunehmen ist, daß ein die Beerdigungskosten übersteigender Nachlaß nicht vorhanden ist.

Der Nachlass (die Erbmasse) im fiktiven Fall übersteige die Bestattungskosten.
(Schlussfolgerung aus der Höhe der Alterseinkünfte/-bezüge.)
Zur Erbmasse gehöre kein Grundstück. Es sei kein Testament vorhanden.


Vielen Dank für Hinweise.
Im Zusammenhang mit diesem fiktiven Fall wird es weitere Fragen geben.

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18 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
Loni12
Status:
Bachelor
(3555 Beiträge, 562x hilfreich)

Bekannte hatten so einen Fall in Bayern.
Da Geld vorhanden war, wurde eine Erbermittlerin/Nachlasspflegschaft damit beauftragt, selbige war auch für die Wohnungsräumung zuständig.

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#2
 Von 
Vermieterheini1
Status:
Beginner
(131 Beiträge, 11x hilfreich)

Hallo Loni12,
vielen Dank für deine Info.
Nach den Infos aus dem Internet (wenn richtig verstanden), beauftragt das Nachlassgericht einen seiner Rechtspfleger mit der amtlichen Erledigung des Erbfalles.
Der Rechtspfleger beauftragt einen Nachlasspfleger wenn dies erforderlich ist.
In schwierigen Fällen wird immer eine Erbermittler-Firma beauftragt.

Weist du, ob der Rechtspfleger in Personalunion auch Nachlasspfleger sein kann?

Gibt es Nachlasspfleger als Angestellter oder Beamter beim Gericht ?

Vermutlich wird im Beispielfall der alleinstehenden Cousine die Erforschung der noch lebenden Verwandten (= potentiellen Erben) relativ einfach sein. Ein paar gezielte Nachfragen bei einigen Einwohnermeldeämtern / Standesämtern und schon hat man die Namen und zustellfähigen Adressen.
(Schwierig wird es nur, wenn es Verwandte im Ausland gäbe.)

Der Verwandte aus der gleichen Stadt würde das auch selber machen, wenn er von den Einwohnermeldeämtern / StandesämternAuskünfte bekommen würde. Ein berechtigtes Interesse besteht, beweisbar durch die schriftliche Aufforderung vom Nachlassgericht die Verwandschaft der verstorbenen Cousine nebst Adressen vollständig aufzulisten

Wichtig wäre der Hinweis, ob der Nachlasspfleger (Angestellter oder Beamter beim Gericht)
oder eine Erbermittler-Firma war.
(Das bezieht sich nur auf die Ermittlung der Erben!)

Auch eine Erbermittler-Firma wird selbst keine Wohnung räumen, sondern eine Firma damit beauftragen.
Den Auftrag dazu kann auch der Nachlasspfleger (Angestellter oder Beamter beim Gericht) erteilen.

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#3
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47657 Beiträge, 16843x hilfreich)

Zitat:
Der Verwandte aus der gleichen Stadt würde das auch selber machen, wenn er von den Einwohnermeldeämtern / StandesämternAuskünfte bekommen würde.


Ein Auskunftsrecht bei berechtigtem Interesse gibt es sowohl bei den Standesämtern (§ 62 PStG) als auch bei den Einwohnermeldeämtern (§§ 44 und 45 BMG).

Zitat:
Wichtig wäre der Hinweis, ob der Nachlasspfleger (Angestellter oder Beamter beim Gericht)
oder eine Erbermittler-Firma war.


Wenn ein Nachlasspfleger oder ein Erbenermittler eingeschaltet wird, dann gehen die entstehenden Kosten zu Lasten des Nachlasses.

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#4
 Von 
Loni12
Status:
Bachelor
(3555 Beiträge, 562x hilfreich)

Zitat (von Vermieterheini1):
Weist du, ob der Rechtspfleger in Personalunion auch Nachlasspfleger sein kann?

Gibt es Nachlasspfleger als Angestellter oder Beamter beim Gericht ?


1. Ja, war bei den Bekannten der Fall.

2. Freiberuflich, bekommt die Bestallung dafür vom Nachlassgericht.

Bei dem gen. Fall war es so, der Betroffene hatte keine Vorsorgevollmacht erteilt, somit bekam er eine vom Gericht bestellte Betreuerin. Mit dem Tod ist deren Aufgabe erledigt.
Seine Beerdigung hatte er schon vorher festgelegt und bezahlt.

Es hat einige Zeit gedauert, bis eine Nachlasspflegerin beauftragt wurde, die gibt es nicht wie Sand am Meer und sind alle ziemlich ausgebucht.

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#5
 Von 
guest-12304.12.2021 20:52:31
Status:
Beginner
(118 Beiträge, 29x hilfreich)

Zitat (von Vermieterheini1):
Hallo Loni12,
vielen Dank für deine Info.
Nach den Infos aus dem Internet (wenn richtig verstanden), beauftragt das Nachlassgericht einen seiner Rechtspfleger mit der amtlichen Erledigung des Erbfalles.


Das Nachlassgericht beauftragt nicht einen Rechtspfleger, der Rechtspfleger ist das Nachlassgericht.

Zitat:
Der Rechtspfleger beauftragt einen Nachlasspfleger wenn dies erforderlich ist.


Ein Nachlasspfleger wird bestellt, wenn die Voraussetzungen des § 1960 BGB vorliegen oder ein Nachlassgläubiger das beantragt.

Zitat:
In schwierigen Fällen wird immer eine Erbermittler-Firma beauftragt.


Das Nachlassgericht beauftragt die idR niemals selber. Die werden wenn auf eigene Rechnung tätig.

Zitat:
Weist du, ob der Rechtspfleger in Personalunion auch Nachlasspfleger sein kann?


Nein kann er nicht. Das Nachlassgericht (=der zuständige Rechtspfleger) kann im Rahmen von §1960 einzelne Handlungen zur Sicherung des Nachlasses selber veranlassen. Was das im einzelnen sein kann und wie weit das gehen kann ist umstritten.

Zitat:
Gibt es Nachlasspfleger als Angestellter oder Beamter beim Gericht ?


Nein.

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#6
 Von 
Vermieterheini1
Status:
Beginner
(131 Beiträge, 11x hilfreich)

Hallo hh,
vielen Dank für deine Hinweise.
Wenn ein "Amt" oder Gericht was macht, dann ist das in der Regel immer kostenpflichtig.

Ich vermute, dass es ein sehr großer preislicher Unterschied ist, ob der Nachlasspfleger oder ein Erbenermittler auf die Suche nach Verwandtschaft / Erben geht.

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#7
 Von 
Vermieterheini1
Status:
Beginner
(131 Beiträge, 11x hilfreich)

Hallo malebenkurz,

vielen Dank für deine vielen und wertvollen Hinweise auf die betreffenden Gesetzestexte.

0x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
Vermieterheini1
Status:
Beginner
(131 Beiträge, 11x hilfreich)

Hallo Loni12,

vielen Dank für deine Infos.
Vor allem der Hinweis, dass es mit dem Nachlasspfleger länger dauert, bis dieser tätig wird ist sehr wichtig.

0x Hilfreiche Antwort

#9
 Von 
Loni12
Status:
Bachelor
(3555 Beiträge, 562x hilfreich)

Zitat (von Vermieterheini1):
ch vermute, dass es ein sehr großer preislicher Unterschied ist, ob der Nachlasspfleger oder ein Erbenermittler auf die Suche nach Verwandtschaft / Erben geht.


Indem von mir gen. Fall, war die Person beides Nachlasspflegerin/Erbermittlerin. Der Preis richtet sich nach dem Aufwand.
Ist wenig oder kein Geld vorhanden, wird kaum eine Erbermittlung stattfinden.

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#10
 Von 
Vermieterheini1
Status:
Beginner
(131 Beiträge, 11x hilfreich)

Der in der gleichen Stadt wohnende Verwandte der verstorbenen Cousine
würde versuchen
möglicherweise vorhandenen Verwandte (potentielle Erben) zu finden,
die Informationen für die Erstellung das Nachlasverzeichnis zu erlangen
und die Mietwohnung schnellstmöglich zu kündigen und zu räumen,
wenn man ihn ließe
und er dürfte.

Frage:
Kann man drüber mit dem Nachlassgericht bzw. dem Rechtspfleger vernünftig reden?

0x Hilfreiche Antwort

#11
 Von 
guest-12304.12.2021 20:52:31
Status:
Beginner
(118 Beiträge, 29x hilfreich)

Was für ein Nachlassverzeichnis überhaupt? Wofür sollte man das erstellen/brauchen?

0x Hilfreiche Antwort

#12
 Von 
Loni12
Status:
Bachelor
(3555 Beiträge, 562x hilfreich)

Zitat (von Vermieterheini1):
Kann man drüber mit dem Nachlassgericht bzw. dem Rechtspfleger vernünftig reden?

Warum sollte man dies nicht können.
Die Auflösung des Mietverhältnisse muss auch mit dem Gericht geklärt werden, 3 Monate wie bei einer normalen Kündigung.

0x Hilfreiche Antwort

#13
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47657 Beiträge, 16843x hilfreich)

Zitat:
wenn man ihn ließe
und er dürfte.


Wer lässt ihn denn nicht und wer verbietet es ihm?

Ich habe eher das Gefühl, dass der Cousin sich nur nicht traut, die notwendigen Schritte zu machen aus lauter Angst etwas falsch zu machen oder gegen irgendwelche Gesetze zu verstoßen.

Als mutmaßlicher Erbe der Verstorbenen hat der Cousin weitreichende Rechte und selbst wenn sich später heraustellt, dass er doch nicht Erbe ist, dann gilt das als Geschäftsführung ohne Auftrag, d.h. man hat einen Anspruch auf Erstattung der Auslagen gegen den tatsächlichen Erben. Und zur eigenen Beruhigung kann man auch einen Blick in den § 1959 BGB werfen.

0x Hilfreiche Antwort

#14
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47657 Beiträge, 16843x hilfreich)

Zitat:
Die Auflösung des Mietverhältnisse muss auch mit dem Gericht geklärt werden, 3 Monate wie bei einer normalen Kündigung.


Das einfachste ist, dass man das mit dem Vermieter klärt. Die Befungnisse aus der Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 677 ff. BGB) berechtigen nach meiner Auffassung in so einer Situation durchaus dazu, mit dem Vermieter einen Aufhebungsvertrag abzuschließen.

Klar kann man den formellen Weg über das Nachlassgericht gehen. Das kostet jedoch Geld und Zeit und verzögert dadurch die Beendigung des Mietverhältnisses.

1x Hilfreiche Antwort

#15
 Von 
Vermieterheini1
Status:
Beginner
(131 Beiträge, 11x hilfreich)

Hallo malebenkurz,
ein Nachlassverzeichnis ist eine Auftstellung aller Wertgegenstände und vom Vermögen des Verstorbenen zum Todeszeitpunkt weltweit - inclusive (= abzüglich) aller Schulden und Verbindlichkeiten.
Bei Bankguthaben nimmt man oft den Kontostand vom Abend vor dem Tode, damit Verfügungsberechtigte nicht schnell noch was abheben können.

Ein Nachlassverzeichnis (= Erbmasse) wird benötigt für die Berechnung
der Gerichtsgebühren, Erbschscheingebühren und weiterer Gebühren
der Kosten einer Nachlassverwaltung
der Erfolgshonorare gewerblicher Erbenermittler
der Erbschaftsteuer
ggfs. der Notargebühren.

Die Netto-Höhe der Erbmasse in Verbindung mit dem eigenen Erbanteil
und allen mit der Bestattung und sämtlichen "Todesfallkosten"
ist ausschlaggebend, ob Erben das Erbe ausschlagen.

Die Höhe und Art des Nachlasses und ob Grundstücke/Immobilien vorhanden sind,
ist ausschlaggebend für die "Intensität" mit der das Nachlassgericht und gewerblicher Erbenermittler Verwandte und damit potentielle Erben suchen.

0x Hilfreiche Antwort

#16
 Von 
Vermieterheini1
Status:
Beginner
(131 Beiträge, 11x hilfreich)

Hallo hh,
genau so ist es.
Man weis ja nie wie die möglicherweise vorhandene liebe Verwandschaft (potentielle Miterben) "so ticken".

Wenn weitere Erben auftauchen und kein Testament hinterlegt ist bzw. aufgefunden wird,
ist das aufgrund der gesetzlichen Erbfolge eine Erbengemeinschaft.
Bei einer Erbengemeinschaft muss immer alles allstimmig beschlossen werden.

0x Hilfreiche Antwort

#17
 Von 
guest-12304.12.2021 20:52:31
Status:
Beginner
(118 Beiträge, 29x hilfreich)

Zitat (von Vermieterheini1):
Hallo malebenkurz,
ein Nachlassverzeichnis ist eine Auftstellung aller Wertgegenstände und vom Vermögen des Verstorbenen zum Todeszeitpunkt weltweit - inclusive (= abzüglich) aller Schulden und Verbindlichkeiten.
Bei Bankguthaben nimmt man oft den Kontostand vom Abend vor dem Tode, damit Verfügungsberechtigte nicht schnell noch was abheben können.

Ein Nachlassverzeichnis (= Erbmasse) wird benötigt für die Berechnung
der Gerichtsgebühren, Erbschscheingebühren und weiterer Gebühren
der Kosten einer Nachlassverwaltung
der Erfolgshonorare gewerblicher Erbenermittler
der Erbschaftsteuer
ggfs. der Notargebühren.

Die Netto-Höhe der Erbmasse in Verbindung mit dem eigenen Erbanteil
und allen mit der Bestattung und sämtlichen "Todesfallkosten"
ist ausschlaggebend, ob Erben das Erbe ausschlagen.

Die Höhe und Art des Nachlasses und ob Grundstücke/Immobilien vorhanden sind,
ist ausschlaggebend für die "Intensität" mit der das Nachlassgericht und gewerblicher Erbenermittler Verwandte und damit potentielle Erben suchen.


Sie brauchen mir nicht erklären, was ein Nachlassverzeichnis ist. Die potentiellen Erben sind derzeit aber nicht verpflichtet ein solches zu erstellen und es wird derzeit auch nicht benötigt.

0x Hilfreiche Antwort

#18
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47657 Beiträge, 16843x hilfreich)

Zitat:
Man weis ja nie wie die möglicherweise vorhandene liebe Verwandschaft (potentielle Miterben) "so ticken".


Richtig, vor diesem Problem steht man aber unabhängig davon, was man macht und auch dann, wenn man nichts macht.

Solange das was man macht sinnvoll ist und man auch mit gutem Gewissen sagen kann, dass es auch für die unbekannten Erben hilfreich ist, sollte man sich davon aber nicht abhalten lassen.

Eine gute Dokumentation der Aktivitäten, sowie das Hinzuziehen von Zeugen kann im Zweifel auch hilfreich sein.

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