Hallo,
folgender Fall:
Mutter verstirbt und hinterlässt 4 Kinder. Als Nachlass ist nur noch etwas Hausrat und ein überzogenes Konto vorhanden.
Das einzige wirklich nennenswerte Vermögen war ein Haus, das vor 6 Monaten an 1 Kind übertragen wurde.
Ist es richtig, dass den 3 Kindern, die nicht am Haus beteiligt sind, ein Pflichtteilsergänzungsanspruch zusteht und sie zusätzlich die Erbschaft ausschlagen können?
Gruß
DRILLIS
Pflichtteilsergänzungsanspruch/Erbausschlagung
Testament oder Erbe?
Testament oder Erbe?



Zitat:
Ist es richtig, dass den 3 Kindern, die nicht am Haus beteiligt sind, ein Pflichtteilsergänzungsanspruch zusteht und sie zusätzlich die Erbschaft ausschlagen können?
Nein. Wenn das Erbe ausgeschlagen wurde, kann kein Pflichtteilsergänzungsanspruch mehr geltend gemacht werden.
Das habe ich dazu gefunden. So hat ein OLG geurteilt:
Der Fall (stark vereinfacht):
Die verwitwete Erblasserin war ohne erhebliches Vermögen verstorben. Ihren einzigen maßgeblichen Vermögensgegenstand, ein Hausgrundstück, hatte sie kurz vor ihrem Tod an einen ihrer beiden Söhne (S1) verschenkt. Der andere Sohn (S2) schlug die unbeschwerte aber wertlose Erbschaft nach seiner Mutter aus, so dass S2 Alleinerbe wurde und verlangte nunmehr von diesem Pflichtteilsergänzung in Höhe von ¼ des Grundstückswertes.
Die Entscheidung des OLG:
Das Oberlandesgericht gab der Klage statt. Der Pflichtteil könne zwar im Falle einer Ausschlagung nicht geltend gemacht werden, da der Pflichtteilsberechtigte in diesen Fällen auf der Grundlage eines eigenen Willensentschlusses von der Erbschaft ausgeschlossen sei, dies gelte jedoch nicht für den Pflichtteilsergänzungsanspruch. Von den verschenkten Vermögensgegenständen habe sich der Pflichtteilsberechtigte – anders als von der Erbschaft – gerade nicht auf der Grundlage eines eigenen Willensentschlusses losgesagt.
Hinweis für die Praxis:
Ist im Nachlass kein nennenswertes Vermögen vorhanden, weil der Erblasser dieses während der letzten 10 Jahre vor seinem Tod verschenkt hat, sollte der pflichtteilsberechtigte Erbe stets eine Ausschlagung in Betracht ziehen. Zwar kann auch ein Erbe grundsätzlich Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend machen, aus der Erbenstellung ergeben sich in diesen Fällen aber unnötige Komplikationen:
Der Pflichtteilsergänzungsanspruch richtet sich primär gegen den Erben. Nur dann, wenn der Nachlass zur Begleichung der Pflichtteilsergänzungsansprüche nicht ausreicht und der Erbe zudem seine Haftung auf den Nachlass beschränkt, kann der Beschenkte in Anspruch genommen werden.
Wird der Anspruchsinhaber also selbst Erbe, so muss er, um gegen den Beschenkten vorgehen zu können, zunächst seine Haftung auf den Nachlasswert beschränken, indem er ein Nachlassinsolvenzverfahren einleitet. Das ist nicht nur lästig, sondern verursacht auch unnötige Kosten. Zudem wird die Berechnung der Pflichtteilsergänzungsansprüche wesentlich erschwert und deren Durchsetzung verzögert, weil vor der Inanspruchnahme des Beschenkten zunächst das Ergebnis des Nachlassinsolvenzverfahrens abgewartet werden muss.
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ZitatSo hat ein OLG geurteilt: :
Welches OLG-Urteil soll denn das sein?
Gefunden habe ich zu der Thematik nur das Urteil des OLG Hamm vom 08.06.2010 (Az.: 10 U 10/10). Das ist aber ein etwas anderer Sachverhalt.
Dann gibt es noch das Urteil des OLG Schleswig vom 02.09.2014 (Az.: 3 U 3/14). Auch der Sachverhalt ist etwas anders als hier in der Fragestellung.
ZitatDer Fall (stark vereinfacht): :
Der Artikel bezieht sich wohl auf das o.g. Urteil des OLG Hamm, jedenfalls bezieht sich der Artikel auch auf ein Urteil des OLG Hamm aus dem Jahre 2010. Den Artikel habe ich im Wortlaut gefunden. Obwohl der Artikel von einem Anwalt stammt, wurde der Sachverhalt aus dem Urteil so weit vereinfacht, dass er entstellt ist. Die Grundaussage des Artikels ist daher falsch. Der Anwalt, der den Artikel verfasst hat, war offensichtlich nicht in der Lage, den Sachverhalt aus dem Urteil richtig zu erfassen.
Es bleibt dabei, dass durch eine Ausschlagung auch der Pflichtteilergänzungsanspruch verloren geht.
Das habe ich ebenfalls gefunden: Quelle: Zeitschrift Das Haus
Tipps zum Pflichtteilsergänzungsanspruch
Der Pflichtteilsergänzungsanspruch muss eigenständig geltend gemacht werden. Er ist nicht mit dem Pflichtteil verknüpft, sondern muss separat gefordert werden.
Auch wenn das Erbe ausgeschlagen wurde und somit der Anspruch auf den Pflichtteil nicht mehr besteht, bleibt der Anspruch auf die Pflichtteilsergänzung bestehen und kann dennoch eingefordert werden.
Der Anspruch auf die Pflichtteilsergänzung richtet sich immer gegen den oder die Erben des Nachlasses, nicht gegen den tatsächlich Beschenkten.
Nach einiger Recherche habe ich festgestellt, dass die Aussage doch richtig ist, wobei sich der in Antwort#2 zitierte Artikel auf ein Urteil zu einem anderen Sachverhalt bezieht. Der Artikel ist daher im Ergebnis richtig, durch den Bezug auf ein falsches Urteil führt es jedoch in die Irre.
Das Grundsatzurteil zu dieser Rechtsfrage hat der BGH am 21.03.1973 (Az.: IV R 157/71) gefällt.
Ok. Also könnte ich das Erbe ausschlagen und trotzdem meinen Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend machen?
Ich würde das eigentlich nämlich vorerst gerne ohne Anwalt durchziehen.
Danke für die Antwort
ZitatAlso könnte ich das Erbe ausschlagen und trotzdem meinen Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend machen? :
Ja
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