Prozessordnung vor dem Landesgericht BW... zulässige Anwaltskosten ?

13. Januar 2016 Thema abonnieren
 Von 
SinnM2016
Status:
Frischling
(17 Beiträge, 0x hilfreich)
Prozessordnung vor dem Landesgericht BW... zulässige Anwaltskosten ?

Kurz zum Sachverhalt:

Ein Kläger reicht durch seinen Anwalt vor dem Landesgericht (Baden-Württemb.) im Herbst 2013 die Klage ein für seinen gesetzlichen Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruch. Dieser Anwalt ist spezialisiert auf Erbrecht, im Weiteren Notar und zertifizierter Testamentsvollstrecker.

Im Verlauf des Prozessstadiums der Prüfung des Klageantrages erwidert die Beklagtenseite (Anwalt des Haupterben) in seiner ersten Begründung - in einer Scheinargumentation - dass die Klage abzuweisen sei, weil der Kläger bereits vor Eintritt des Erbfalls SGB2-Leistungen bezogen hätte, und gemäss rückgreifender Wirkung von "cessio legis" (§33 Abs 1, Satz 1 SGBII) die gesamte Höhe des Pflichtteils an das Jobcenter zu zahlen wäre. D.h. der Pflichtteil durch Rückzahlung von SGB2-Leistungen vollständig aufgebraucht würde, und damit die Klage zurückzuweisen sei. So die Anwälte des Beklagten.

Dem widerspricht das Gericht insoweit, als dass "cessio legis" erst ab dem Todestag des Erblassers greifen würde. Auf wiederholte Nachfrage des Klägers beim Jobcenter wird dies aber verneint. Vielmehr verweist man von dort mehrfach (Abteilungsleitung + Rechtsabteilung des Jobcenters) auf das s.g. "Zuflussprinzip" (§§11 SGBII "Einmalige Einnahmen") und nimmt dafür Bezug auf die s.g. "Fachlichen Hinweise" (Randzeichen 11.80 (Absatz 4.4.) und Randzeichen 11.14 (Absatz 1.3)) der Bundesagentur für Arbeit. Entsprechende schriftliche Stellungnahmen des Jobcenters liegen vor.

Der Anwalt des Klägers widerspricht aber nicht der richterlichen Entscheidung, vielmehr schliesst er sich dem Gericht an. D.h. er vertritt auch die Auffassung, dass "cessio legis" greifen würde, rückwirkend zum Todestag des Erblassers. - Die Stellungnahmen des Jobcenters werden von ihm also ignoriert. - Aus Sicht des Klägers erklärt sich dieses "widerstrebende Verhalten" seines Anwalts wohl deswegen, weil der RA vermeiden möchte, dass man durch Widerspruch den Prozess in die nächsthöhere Instanz (Oberlandesgericht) bringen könnte.

Daraufhin holt sich der Kläger selbst - auf seine Kosten - anwaltliche Beratung ein bei zwei verschiedenen Fachanwälten für Sozialrecht. Auch von dort wird gleichlautend bestätigt, wie vom Jobcenter selbst mitgeteilt, dass nur das "Zuflussprinzip" greifen würde. Von allen Seiten wird mit Kopfschütteln über die Entscheidung des Landesgerichtes verneint, dass "cessio legis" für diesen Sachverhalt nicht angewandt würde, und es nicht gängige Praxis wäre.

Dem Kläger bliebe nun also nichts anderes übrig, als seinem bisherigen Anwalt das Mandat zu entziehen. Angesichts der Komplexität des Prozesses, der bis heute nicht abgeschlossen ist, erscheint dies nicht (mehr) praktikabel. Zwischenzeitlich füllen sich die Prozessakten mit sechs DINA4 Ordnern.

So stellt sich aus Klägersicht sowohl aus fachlicher als auch aus Kostengründen die Frage:


(1) Kann ein Fachantwalt für Sozialrecht hinzugezogen/beigestellt werden, weil durch den Anwalt des Beklagten (aus seiner ersten Klageerwiderung) und durch die Entscheidung des Gerichtes selbst verursacht, ein weiterer Rechtsbereich involviert wurde, nämlich der des Sozialgesetzbuches. Dieses juristische Feld war nicht durch den Kläger selbst zu verantworten. Denn regulär obliegt es seinem eigenen Verantwortungsbereich, die Angelegenheit mit dem Jobcenter direkt selbst zu regeln, ohne dass das Gericht durch "cessio legis" Anteile des Pflichtteilsanspruches direkt an das Jobcenter abführen lassen möchte.

(2) Können die Anwaltskosten für die Beistellung dieses Fachanwaltes für Sozialrecht der Beklagten-Seite belastet werden ? Wie wird das vom Gericht bewertet ? (Hinweis: Die bisherigen Anwalts- u. Gerichtskosten wurden durch PKH (Prozesskostenhilfeantrag) abgedeckt.)

Mit anderen Worten: Der bisherige Anwalt, Fachanwalt für Erbrecht soll weiterhin den Prozess vor dem Landesgericht in Baden-Württemberg führen, ihm aber zur Seite gestellt der spezialisierte Fachanwalt für Sozialrecht, der sich auch mit der Handhabung des Sozialgerichtes für das zuständige Jobcenters (nicht in Baden-Württemberg) auskennt, um ggf. in einer Feststellungsklage die o.g. aufgeworfenen Fragen klären zu lassen.

(3) Muss hier ein gesonderter Antrag vom Kläger selbst beim Landesgericht gestellt werden ? Wie ist hier vorzugehen ?

(4) Kann der Kläger eine anwaltliche Vollmacht an einen Fachanwalt für Sozialrecht erteilen und dieser erklärt sich selbst gegenüber dem Landesgericht zuständig ausschliesslich für juristische Fragen aus dem Teilgebiet "Sozialgesetzbuch/cessio legis" ?

(5) Kann sich dem sein bisheriger Anwalt für Erbrecht verweigern oder muss er dem Wunsche seines Mandanten entsprechen ?

Hinweis: Das Landesgericht hat den Beklagten im Rahmen der Prüfung des Klageantrages im Frühjahr 2014 bereits verurteilt, dass sämtliche Anwaltskosten übernommen werden müssen und hat hierzu bereits einen Streitwert festgesetzt. Im Verlauf des Prozesses wurde dieser Streitwert richterlicherseits im ersten Verhandlungstermin (Mai 2014) um 12% erhöht, weil der Beklagte sich der Lieferung eines vollständigen Vermögensverzeichnises verweigert hatte und erst durch Verkehrswertgutachten von Immobilien der Nachweis erbracht wurde, dass das Erbvermögen um wenigstens 50% höher liegt, also vom Beklagten angegeben.

Danke im Voraus für die Beantwortung.



-- Editier von SinnM2016 am 13.01.2016 18:04

-- Editier von SinnM2016 am 13.01.2016 18:06

-- Editier von SinnM2016 am 13.01.2016 18:07

-- Editier von SinnM2016 am 13.01.2016 18:09

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4 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
hamburger-1910
Status:
Bachelor
(3142 Beiträge, 3485x hilfreich)

Zitat:
(3) Muss hier ein gesonderter Antrag vom Kläger selbst beim Landesgericht gestellt werden ? Wie ist hier vorzugehen ?


Kl. kann vor dem LG keine eigenen Anträge stellen. Diese müssen grundsätzlich durch einen RA gestellt werden!


Zitat:
(5) Kann sich dem sein bisheriger Anwalt für Erbrecht verweigern oder muss er dem Wunsche seines Mandanten entsprechen ?


Der bisherige RA könnte das Mandat niederlegen.

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#2
 Von 
SinnM2016
Status:
Frischling
(17 Beiträge, 0x hilfreich)

Zitat (von hamburger-1910):
Der bisherige RA könnte das Mandat niederlegen.


Danke...

Bei Mandatsniederlegung verliert der RA auch seinen Anspruch auf das Honorar, richtig ?? Ich schätze, darauf spekuliert zwischenzeitlich dieser Anwalt des Klägers, dass ihm das Mandat aufgekündigt wird. Der RA bleibt einfach stur bei seiner Meinung, um es sich "langfristig" nicht mit dem Richter zu verscherzen. So müsste der Kläger ihm notgedrungen das Mandat aufkündigen. Damit hätte der RA aber Anspruch auf die volle Höhe des Honorars. Richtig ?

Gibt es hier eine Art "Mediation". D.h. der Kläger kann über ein Beschwerdeverfahren (Beschwerdestelle bei der zuständigen Anwaltskammer) darauf wirken, dass dieser Anwalt sich in Punkto "cessio legis" einsichtig zeigt... und sich zumindest bereit erklärt, dass ein Fachanwalt für Sozialrecht vom Kläger beigestellt wird.

-- Editiert von SinnM2016 am 13.01.2016 18:28

-- Editiert von SinnM2016 am 13.01.2016 18:29

0x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
hamburger-1910
Status:
Bachelor
(3142 Beiträge, 3485x hilfreich)

Zitat:
Bei Mandatsniederlegung verliert der RA auch seinen Anspruch auf das Honorar, richtig ??


Nein

Zitat:
Gibt es hier eine Art "Mediation". D.h. der Kläger kann über ein Beschwerdeverfahren (Beschwerdestelle) bei der zuständigen Anwaltskammer) darauf wirken, dass dieser Anwalt sich in Punkto "cessio legis" einsichtig zeigt.


Nein

0x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
Eidechse
Status:
Senior-Partner
(6998 Beiträge, 3920x hilfreich)

Zitat (von SinnM2016):
Hinweis: Das Landesgericht hat den Beklagten im Rahmen der Prüfung des Klageantrages im Frühjahr 2014 bereits verurteilt, dass sämtliche Anwaltskosten übernommen werden müssen und hat hierzu bereits einen Streitwert festgesetzt.


Dürfen wir das jetzt so verstehen, dass das Klageverfahren bereits abgeschlossen ist und der Kläger vollstänidg obsiegte? Wieso denn dann die Diskussion über den Zeitpunkt wann die cessio legis wirkt. Mehr als vollständig obsiegen kann man nämlich nicht.


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