Bewährungszeit im EU-Ausland verbringen - wo ist das verankert?

13. Januar 2022 Thema abonnieren
 Von 
chrisjd
Status:
Beginner
(87 Beiträge, 4x hilfreich)
Bewährungszeit im EU-Ausland verbringen - wo ist das verankert?

Ich habe mehrfach gehört, dass ein EU-Bürger seine Bewährungsstrafe nicht in seinem Heimatland absitzen muss, sondern dies auch in dem Land kann, in dem er zukünftig leben möchte.

Stimmt das? In welchem Gesetzestext ist diese rechtliche Möglichkeit verankert?

Im vorliegenden Fall will eine Tschechin, die wegen eines Drogendelikts verurteilt wurde, nicht mehr in Tschechien leben, sondern nach ihrer Strafe zu ihrem Freund nach Deutschland ziehen.


-- Editiert von Moderator topic am 16.01.2022 17:55

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4 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
wirdwerden
Status:
Unbeschreiblich
(38465 Beiträge, 14009x hilfreich)

Da schaust Du mal ins IRG. Da hat sich zwar immer mal was verändert, ich krame im Augenblick in meinem Gedächtnis, also bitte nochmals selbst im Gesetz nachlesen. Erst einmal wäre zu überprüfen, ob es spezielle Abkommen zwischen Tschechien und Deutschland gibt. Ich kenne es aus vergleichbaren Fällen mit anderen Ländern wie folgt: wenn jemand im Ausland verurteilt ist und in Deutschland lebt, dann können sowohl er als auch die Vollstreckungsbehörde beantragen, dass die Strafe in Deutschland verbüßt wird, zumindest sofern derjenige die deutsche Staatsangehörigkeit hat. Die gesetzliche Vollzugsbehörde und die Behörde, unter der dann letztlich die Haftstrafe vollzogen wird, können folglich auseinander klaffen, also in zwei verschiedenen Staaten liegen. Auch können Deutsche ins Ausland zur Vollstreckung innerhalb der EU ausgeliefert werden. Und ausländische Urteile können folglich umgekehrt auch in Deutschland vollstreckt werden.

Nur, eines gibt es nicht: eine "freie Auswahl" des Vollstreckungsortes in der EU. Die Betroffene hat keinen Wohnsitz in Deutschland, damit scheidet die Vollstreckung in Deutschland im Augenblick aus. Ob eine sofortige Anmeldung in Deutschland in der Wohnung des Freundes weiter hilft, nach meiner Erfahrung mit anderen EU-Staaten nicht.

Man darf eines nicht verkennen: so ein Inhaftierter kostet richtig Geld, uns alle monatlich. Diese Kosten lässt sich kein Land unbedingt aufs Auge drücken.

wirdwerden

1x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
chrisjd
Status:
Beginner
(87 Beiträge, 4x hilfreich)

Zitat (von wirdwerden):
Da schaust Du mal ins IRG.

... so ein Inhaftierter kostet richtig Geld, uns alle monatlich


Vielen Dank für den Tipp mit dem IRG!

Ich bin mir aufgrund deiner Antwort aber nicht ganz sicher, ob wir von derselben Sache sprechen. Ich meinte "Bewährungsstrafe", nicht "offener Strafvollzug". In meinem Fall wäre die Person kein "Inhaftierter" mehr, sondern jemand, der nur bestimmte Bewährungsauflagen zu erfüllen hat, wie z.B. sich regelmäßig bei Kontrollstellen melden, sich einer Drogentherapie unterziehen etc.

Das Thema "offener Strafvollzug im Ausland" wäre freilich auch interessant. Aber da hast Du recht, das wäre mit hohen Kosten verbunden, die sich ein Land logischerweise gern sparen möchte.

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#3
 Von 
eh1960
Status:
Senior-Partner
(6268 Beiträge, 1500x hilfreich)

Zitat (von chrisjd):
Ich habe mehrfach gehört, dass ein EU-Bürger seine Bewährungsstrafe nicht in seinem Heimatland absitzen muss, sondern dies auch in dem Land kann, in dem er zukünftig leben möchte.

Eine Bewährungsstrafe sitzt man nirgendwo ab. Das ist Sinn der Bewährungsstrafe.
Müsste man ins Gefängnis, wäre es keine Bewährungsstrafe bzw. die Strafaussetzung zur Bewährung wäre widerrufen worden.

Logisch irgendwie, oder?

Ob man, wenn man "unter Bewährung steht", seinen Wohnsitz ins Ausland verlagern darf, sollte sich aus den Bewährungsauflagen ergeben, wenn es denn solche gibt.

Signatur:

Eine "UG" gibt es nicht. Es gibt nur die "UG haftungsbeschränkt".

0x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
eh1960
Status:
Senior-Partner
(6268 Beiträge, 1500x hilfreich)

Zitat (von chrisjd):
In meinem Fall wäre die Person kein "Inhaftierter" mehr, sondern jemand, der nur bestimmte Bewährungsauflagen zu erfüllen hat, wie z.B. sich regelmäßig bei Kontrollstellen melden, sich einer Drogentherapie unterziehen etc.


"Vollstreckungsbehörde" für die Urteile in Strafverfahren ist die Staatsanwaltschaft. Die ist der Ansprechpartner dafür, z.B. auch für eine Verlegung in eine andere Haftanstalt, für Verlegung in den offenen Vollzug, usw. usf.

Die kann einem auch sagen, ob sie und wenn ja unter welchen Umständen sie zustimmt, daß bestimmte Bewährungsauflagen auch im Ausland erfüllt werden können.

Für völlig ausgeschlossen halte ich das nicht - wenn jemand der StA glaubhaft macht, daß er einen guten Arbeitsplatz in einem anderen EU-Staat annehmen kann, oder z.B. zu Familienangehörigen ins EU-Ausland zieht, ins EU-Ausland heiratet, dort Vater eines Kindes geworden ist und nun deshalb dort mit Kind und Kindesmutter zusammenleben möchte, und die Kontrolle der Bewährungsauflagen dort möglich sind, dann halte ich es für denkbar, daß die StA dem zustimmt. Alternativ kann man auch versuchen, bestimmte Bewährungsauflagen aufheben zu lassen, dafür wäre m.W. dann das Gericht zuständig. Aber auch das wird man vermutlich überzeugen können, wenn die vorgebrachten Argumente überzeugend sind.

Der drogenabhängige Beschaffungskriminelle, der seine Bewährungszeit lieber in Amsterdam verbringen möchte... Ich ahne, daß das vermutlich eher nicht funktionieren wird.

Signatur:

Eine "UG" gibt es nicht. Es gibt nur die "UG haftungsbeschränkt".

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