Scheinselbstständig da nur einen Hauptauftraggeber

6. Oktober 2019 Thema abonnieren
 Von 
Jazzer
Status:
Frischling
(6 Beiträge, 0x hilfreich)
Scheinselbstständig da nur einen Hauptauftraggeber

Hallo,
ich bin seit Juli selbstständig als Freiberufler tätig (Ingenieurs-Dienstleistung).
Mein "Auftraggeber 1" ist ein alter (vor zwei Jahren) Arbeitgeber von mir.
Ich habe hier sehr gute Konditionen ausgehandelt (deshalb habe ich mich auch überhaupt erst selbstständig gemacht) und verdiene hier >20k€ / Monat. Vorher habe ich als Arbeitnehmer mit ähnlichen Aufgaben <70t€/Jahr verdient.
Ich arbeite ausschließlich von zu Hause und wann ich will. Natürlich bin ich an Fertigstellungstermine gebunden. Das war es aber auch schon mit Vorgaben von Auftraggeber 1.

Mein letzter Arbeitgeber (bei dem ich die letzen zwei Jahre gearbeitet habe und im Juli selber gekündigt habe) hat mich auch beauftragt (ich nenn' Ihn mal Auftraggeber 2). Nur sind die Konditionen hier nicht so interessant. Auch komme ich nur schwer über die 1/6 Einnahmen Marke. Ich weiß auch nicht wie lange ich hier überhaupt Beauftragungen bekomme. Mein Problem: In der Zeit in der ich bei Auftraggeber 2 arbeite, könnte ich bei Auftraggeber 1 das 5 fache verdienen.

Ich gehe mal davon aus, dass weitere Auftraggeber in der Zukunft dazu kommen. Ich habe ein LinkedIn, Xing Profil und auch eine eigene Website auf der ich akquiriere.

Da sich das mit den Verträgen mit Auftraggeber 1 und 2 sehr lange hingezogen hat, habe ich den Fragebogen V0023 noch nicht ausgefüllt.

Muss ich mir sorgen machen, dass ich bei durch meine Tätigkeit für Auftraggeber 1 als scheinselbstständig eingestuft werde? Wenn ja oder nein, warum. Ich steig da bei den Kriterien nicht durch.

Danke im Voraus für Eure Hilfe und Grüße,

Jazzer

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9 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(119398 Beiträge, 39718x hilfreich)

Zitat (von Jazzer):
Muss ich mir sorgen machen, dass ich bei durch meine Tätigkeit für Auftraggeber 1 als scheinselbstständig eingestuft werde?

Durchaus:

DRV-Kriterien, die unter Berücksichtigung des § 611a BGB gegen eine Selbständigkeit sprechen und Detailprüfungen erfordern:

Wenn der Betreffende
a. nicht frei darin ist, seine Arbeitszeit oder die geschuldete Leistung zu gestalten oder seinen Arbeitsort zu bestimmen
b. die geschuldete Leistung überwiegend in Räumen eines anderen erbringt
c. zur Erbringung der geschuldeten Leistung regelmäßig Mittel eines anderen nutzt
d. keine eigene betriebliche Organisation unterhält, um die geschuldete Leistung zu erbringen
e. die geschuldete Leistung in Zusammenarbeit mit Personen erbringt, die von einem anderen eingesetzt oder beauftragt sind
f. ausschließlich oder überwiegend für einen anderen tätig ist und die Tätigkeit nicht nur projektbezogen, im voraus begrenzt und vorübergehender Art ist
g. Kein unternehmertypisches Handeln / Auftreten nach außen hin
h. Leistungen erbringt, die nicht auf die Herstellung oder Erreichung eines bestimmten Arbeitsergebnisses oder eines bestimmten Arbeitserfolges gerichtet sind
i. für das Ergebnis seiner Tätigkeit keine Gewähr leistet
j. Regelmäßig keine sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der selbständigen Tätigkeit beschäftigt


Irgendwo habe ich auch noch Erläuterungen dazu, die finde ich gerade nicht.


Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

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#2
 Von 
Anami
Status:
Unbeschreiblich
(31913 Beiträge, 5624x hilfreich)

Da bin ich ganz anderer Meinung als E.E. HvS.
Meine Meinung:
Such dir nun ganz langsam einen weiteren Auftraggeber, die Konditionen sind zweitrangig.
Wer im Juli mit der selbständigen Tätigkeit beginnt, kann sicher nicht gleich nach ein paar Wochen mehrere Auftraggeber präsentieren.

Zitat (von Jazzer):
Mein Problem
Das ist doch kein Problem im Zusammenhang mit der Selbständigkeit oder der DRV. Eher eins mit deiner Gier.
Zitat (von Jazzer):
Ich gehe mal davon aus, dass weitere Auftraggeber in der Zukunft dazu kommen. Ich habe ein LinkedIn, Xing Profil und auch eine eigene Website auf der ich akquiriere.
Das ist dann gut so. Fertig.
Zitat (von Jazzer):
Muss ich mir sorgen machen, dass ich bei durch meine Tätigkeit für Auftraggeber 1 als scheinselbstständig eingestuft werde?
Nein. Warum? Weil du ein ganz neuer Selbständiger bist.

Du kannst jetzt das Formular ausfüllen und der DRV jetzt auch zusenden.

0x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
Jazzer
Status:
Frischling
(6 Beiträge, 0x hilfreich)

Hallo Harry, danke für die Aufstellung.

a. nicht frei darin ist, seine Arbeitszeit oder die geschuldete Leistung zu gestalten oder seinen Arbeitsort zu bestimmen. --> ich bestimme selber wann und wo ich arbeite
b. die geschuldete Leistung überwiegend in Räumen eines anderen erbringt --> wie gesagt, zu 99% Homeoffice
c. zur Erbringung der geschuldeten Leistung regelmäßig Mittel eines anderen nutzt Software und Notebook habe ich gekauft oder entwickelt
d. keine eigene betriebliche Organisation unterhält, um die geschuldete Leistung zu erbringen --> ? was soll das heißen? Ich organisiere mich selber.
e. die geschuldete Leistung in Zusammenarbeit mit Personen erbringt, die von einem anderen eingesetzt oder beauftragt sind --> ich arbeite selbstständig und alleine
f. ausschließlich oder überwiegend für einen anderen tätig ist und die Tätigkeit nicht nur projektbezogen, im voraus begrenzt und vorübergehender Art ist --> ich werde von nur einem Auftraggeber (Auftraggeber 1) projektbezogen beauftragt. Die Projekte sind aber immer ähnlich. Wenn ich ein Projekt abgeschlossen habe, schreibe ich eine Rechnung und es geht mit dem nächsten Projekt weiter. Ich werde nicht per Stunde/Tag/Monat bezahlt sondern pauschal für ein Ergebnis.
g. Kein unternehmertypisches Handeln / Auftreten nach außen hin --> wie oben geschrieben habe ich eine Webseite auf der ich für mich als Freelancer werbe und auch ein eindeutiges Profil bei LinkedIn und Xing
h. Leistungen erbringt, die nicht auf die Herstellung oder Erreichung eines bestimmten Arbeitsergebnisses oder eines bestimmten Arbeitserfolges gerichtet sind --> wie gesagt, immer Projektbezogen mit einem Arbeitsergebnis für das ich pauschal bezahlt werde. (z.B.: Erstellung eines Dokuments für 5000€)
i. für das Ergebnis seiner Tätigkeit keine Gewähr leistet --> ich habe eine Berufshaftpflicht abgeschlossen und ich hafte für mein Tun.
j. Regelmäßig keine sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der selbständigen Tätigkeit beschäftigt der Plan ist irgendwann auch einen Angestellten zu haben. Im Moment aber noch nicht finanzierbar, da meine Beauftragungen noch nicht vorhersagbar rein kommen.

Um mein Problem bzw. Zwiespalt noch einmal zu konkretisieren:
- ich möchte durch meinen 2. Auftraggeber nicht die Beauftragung meines 1. Auftraggebers gefährden.
- Auftraggeber 1 ist gerade abhängig von mir. Nur von mir bekommt er die Resultate in der Zeit und Qualität wie er sie erwartet. Es werden in Zukunft eher mehr Beauftragungen von Auftraggeber 1 rein kommen als momentan. Dadurch wäre ich dann auch recht bald zu 100% durch die Arbeit für Auftraggeber 1 ausgelastet. Wenn ich jetzt durch meine Arbeit für Auftraggeber 2 oder 3 nicht mehr alles von Auftraggeber 1 annehmen kann, wird sich Auftraggeber 1 längerfristig nach einer alternative umsehen. Das könnte im schlimmsten Fall dazu führen, dass mich Auftraggeber 1 irgendwann ersetzt. Solange er abhängig von mir ist und ich liefern kann wird er sich nicht genötigt fühlen an dem aktuellen Zustand etwas zu ändern (was für mich lukrativ ist).

Um ehrlich zu sein, würde ich deshalb am liebsten gerne nur für Auftraggeber 1 arbeiten. Das bedeutet aber dann im Umkehrschluss, dass ich langfristig dem Finanzamt oder der DRV keinen zweiten Auftraggeber präsenteren kann. Die meisten Kriterien oben kann ich als OK markieren. Ich habe halt bedenken, dass die die Punkte die ich nicht erfülle höher gewichten...

Grüße,

Jazzer

-- Editiert von Jazzer am 06.10.2019 19:10

0x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
eh1960
Status:
Senior-Partner
(6260 Beiträge, 1498x hilfreich)

Zitat:
Muss ich mir sorgen machen, dass ich bei durch meine Tätigkeit für Auftraggeber 1 als scheinselbstständig eingestuft werde? Wenn ja oder nein, warum. Ich steig da bei den Kriterien nicht durch.

Die Beschreibung spricht eher gegen "Scheinselbständigkeit", das liegt u.A. an der Entgelthöhe und auch an der Art der Tätigkeit (Ingenieurstätigkeit).

Aber statt zu spekulieren fragt man einfach die Rentenversicherung Bund und lässt die das prüfen. Deren Einstufung ist rechtssicher und man kann ggf. dagegen klagen, wenn's einem nicht gefällt.

Signatur:

Eine "UG" gibt es nicht. Es gibt nur die "UG haftungsbeschränkt".

0x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
spatenklopper
Status:
Gelehrter
(10633 Beiträge, 4199x hilfreich)

Zitat (von Jazzer):
Um ehrlich zu sein, würde ich deshalb am liebsten gerne nur für Auftraggeber 1 arbeiten.


Man hat beim aktuellen Einkommen zwar ein gutes Polster, sollte dabei aber nicht vergessen, dass man genau 0 Auftragsgeber hat, wenn der einzig Verbliebene abspringt.

0x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
eh1960
Status:
Senior-Partner
(6260 Beiträge, 1498x hilfreich)

Zitat:
Man hat beim aktuellen Einkommen zwar ein gutes Polster, sollte dabei aber nicht vergessen, dass man genau 0 Auftragsgeber hat, wenn der einzig Verbliebene abspringt.

Das kann man entweder vertraglich regeln, oder aber durch entsprechende Rücklagen abfedern.

Signatur:

Eine "UG" gibt es nicht. Es gibt nur die "UG haftungsbeschränkt".

0x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
Jazzer
Status:
Frischling
(6 Beiträge, 0x hilfreich)

Zitat (von eh1960):
Aber statt zu spekulieren fragt man einfach die Rentenversicherung Bund und lässt die das prüfen. Deren Einstufung ist rechtssicher und man kann ggf. dagegen klagen, wenn's einem nicht gefällt.


Was meinst Du damit? Bei der deutschen Rentenversicherung anrufen? Das habe ich schon gemacht, die können mir aber die Fragen die ich oben gestellt habe nicht beantworten. Ich möchte das V0023 Formular gerne richtig ausfüllen, weiss aber nicht was für Kriterien nun relevant sind und welche nicht. Ausserdem muss ich jetzt Entscheidungen treffen, die dann auf die Angaben im Formular Einfluss haben...

Grüße, Jazzer

0x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
Anami
Status:
Unbeschreiblich
(31913 Beiträge, 5624x hilfreich)

Zitat (von Jazzer):
Ausserdem muss ich jetzt Entscheidungen treffen, die dann auf die Angaben im Formular Einfluss haben...
Ich verstehe dein Problem noch immer nicht. WAS kannst du nicht ausfüllen in dem Formular??
Zitat (von Jazzer):
Auftraggeber 1 ist gerade abhängig von mir.
Das ist zwar blöd, aber das interessiert doch die DRV nicht.
Die will anhand des Formulars feststellen, wie hoch dein RV-Beitrag demnächst sein soll. Denn du wirst sicher nicht befreit von der Vers-Pflicht.

Zitat (von Jazzer):
würde ich deshalb am liebsten
Meine Empfehlung bleibt: Hallte dir den 1. AG warm, aber nicht abhängig. Mach mit 1 oder 2 anderen Auftraggebern weitere (kleinere) Verträge. Wechsel im Laufe der Zeit die Auftraggeber mal. Das kann in 1-2 Jahren sein.

Gebongggt.
Selbständige arbeiten selbst und ständig... nicht nur für einen.

0x Hilfreiche Antwort

#9
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(119398 Beiträge, 39718x hilfreich)

Zitat (von Jazzer):
Bei der deutschen Rentenversicherung anrufen?

Nein, das nennt sich "Statusfeststellungsverfahren".

Dürfte derzeit aber noch zu früh dafür sein, 6-12 Monate "Orientierungsphase sind ja normal.


Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

0x Hilfreiche Antwort

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