Abänderungsklage einseitiger Jugendamtsurkunde seitens Unterhaltsschuldners

28. Oktober 2024 Thema abonnieren
 Von 
Blätterwald
Status:
Frischling
(6 Beiträge, 0x hilfreich)
Abänderungsklage einseitiger Jugendamtsurkunde seitens Unterhaltsschuldners

Liebes Forum, folgender Sachverhalt:

- Jugendamtsurkunde 2018 einseitig erstellt, 100% Mindestunterhalt (dynamisch), unbefristet
- Unterhalt wurde dann aber nie geleistet, deshalb Lohnpfändungen, gerichtliche Herabsetzung des Selbstbehalts (Rückstand war irgendwann 5stellig)
- eine Woche vor Volljährigkeit nach 5 Jahren Funkstille: ich zahl freiwillig 200€, gib Titel raus (darauf wurde unsererseits nicht reagiert)
- eine Woche nach Volljährigkeit: Klage. Unterhalt würde nicht mehr geschuldet, da volljährig
- Klage vom Gericht abgewiesen
- daraufhin Klageänderung: beide Elternteile schulden Unterhalt, deshalb Abänderungsklage nach §239 FamFG
- Pfändung vorläufig eingestellt
- von Gläubigerseite wurden alle Unterlagen (auch die des zuletzt Naturalunterhaltspflichtigen) zu Gericht gegeben (Lohnabrechnungen, Steuerbescheid, Schulbescheinigung)
- von Seiten des Antragstellers (AS) kam nichts an Unterlagen

Fünf Monate später Erörterungstermin vor Gericht. Der AS habe mindestens seine Lohnabrechnungen und seinen Steuerbescheid vorzulegen. Er sagte, Steuerklärung müsse noch abgegeben werden.

Es wurde sich darauf geeinigt, dass er vorläufig die vorgeschlagene Summe von 200€ (+100€ der aufgelaufenen Rückstände) überweist.
Vor Gericht fiel dann vom AS das Wort BAföG, der Antragsgegner (AG) habe sich darum zu bemühen, weil der Unterhaltsanspruch damit wegfiele.
Gericht wies den AS daraufhin, dass dieser eine Mitwirkungspflicht beim BAföG-Antrag habe, dieser stimmte er zu.

Einige Wochen später (auf Hinweis des Gerichts, man solle die Abänderung beziffern) Konkretisierung der Abänderungsklage: Unterhalt auf Null, da Anspruch auf BAföG.

Auf Seiten des AG ging das Warten los. Es kamen keine Unterlagen, dafür aber eine Fristverlängerung.
Irgendwann ein paar unvollständige Lohnabrechnungen (Seiten fehlen) und die Steuerbescheinigung (nicht Bescheid) für das vergangene Jahr.
Die Einigung der 200€ wurde einmal überwiesen, danach nicht mehr.
RA des AG fordert dementsprechend immer wieder dieselben Unterlagen.

BAföG-Anlage des AS wurde trotz mehrfacher Aufforderung auch nicht ausgehändigt, sodass AG persönlich beim hiesigen Sozialamt vorstellig wurde und die Sachlage schilderte. Wie zu vermuten: Anspruch besteht nicht, liegt seit ein paar Tagen auch schritflich vor.

Steuerbescheid fehlt nach knapp einem halben Jahr noch immer (angeblich in Bearbeitung seit drei Monaten), wieder Fristverlängerung.
Zudem auf Lohnabrechnung von Dezember 2023 und Steuerbescheinigung 2023 unterschiedliche Zahlen. Geasmtbrutto auf Dezemberabrechnung weitaus höher, als in Bescheinigung ausgewiesen.

In einer oberflächlichen Berechnung seitens RA des AS werden Schulden berücksichtigt, die aus der Zeit vor der Titulierung stammen. Dürften also gar nicht beachtet werden. Beweis, dass Schulden mit der Summe X getilgt werden, fehlt.

Der Wochenendjob des AG wird von AS als nicht überobligatorisch betrachtet und voll angerechnet. -> auch das dürfte meines Wissens nicht sein, da AS nicht zahlt (§1577, 2 BGB), ob überobligatorisch oder nicht, sei zunächst dahingestellt.

Nach meiner Rechtsauffassung müsste der AS seine Klage verlieren, weil die Tituliereng aufgrund der BAföG-Ablehnung nicht auf 0% gesetzt werden kann. Sehe ich das richtig?
Oder gibt es für den AS jetzt immer noch die Möglichkeit, die Klage abzuändern?

Aufgrund der fehlenden Unterlagen kann natürlich nichts berechnet, bzw. mit den Fakten aus 2018 verglichen werden. Die Titulierung über 100% wäre dementsprechend weiterhin zu bedienen, bzw. die Pfändung wieder aufzunehmen?

Das Prozedere läuft seit über einem Jahr. Dem Gericht will ich da auch keine Vorwürfe machen, es gibt wichtigere Fälle, als eine Abänderungsklage.
Nur ist irgendwann die Luft mal raus und die finanzielle Lage des AG ist inzwischen schlecht bis sehr schlecht.

Vielleicht gibt es hier ja jemanden, der ähnliche Erfahrungen gemacht hat und weiterhelfen kann (Anwalt des AG ist derzeit nicht greifbar). Dafür bedanke ich mich schon jetzt!




10 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
Anami
Status:
Unbeschreiblich
(38957 Beiträge, 6426x hilfreich)

Zitat (von Blätterwald):
Anwalt des AG ist derzeit nicht greifbar).
Der kennt aber die ganze Geschichte und hat auch alle Unterlagen.

Was sollte jetzt akut weiterhelfen?

...evtl. Antrag auf BAföG-Vorschuss stellen, sofern grundsätzlich Anspruch auf BAföG-Leistungen besteht.

Signatur:

Ich schreibe hier nur meine Meinung.

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#2
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(128654 Beiträge, 41086x hilfreich)

Zitat (von Blätterwald):
Rückstand war irgendwann 5stellig

Und der Rückstand ist noch existent?


Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

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#3
 Von 
Blätterwald
Status:
Frischling
(6 Beiträge, 0x hilfreich)

Zitat (von Anami):
Der kennt aber die ganze Geschichte und hat auch alle Unterlagen.


Mein RA ist derzeit nicht erreichbar und ich hatte deshalb hier um Hilfe gebeten.

Ich habe mich vielleicht unglücklich ausgedrückt.
Mir wäre wichtig zu wissen, ob der AS jetzt im laufenden Verfahren die Klage ändern kann, sobald dieser erfährt, dass der BAföG-Antrag abgelehnt wurde.
Dann ginge es in die nächste Runde und es zögere sich noch weiter in die Länge.

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#4
 Von 
Blätterwald
Status:
Frischling
(6 Beiträge, 0x hilfreich)

Zitat (von Harry van Sell):
Und der Rückstand ist noch existent?


Nein, der damalige Rückstand konnte durch die Pfändung kurz vor der Volljährigkeit komplett beglichen werden.

Allerdings ist jetzt natürlich wieder ein Rückstand aufgelaufen.

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#5
 Von 
lyra82
Status:
Schüler
(299 Beiträge, 53x hilfreich)

Warum wurde der BAföG-Antrag abgelehnt?

Ich würde beim Bafög-Amt Antrag auf Vorausleistung stellen.
Dann kümmern die sich um die Eintreibung.

Signatur:

--- (nur meine Laienmeinung) ---

0x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
smogman
Status:
Bachelor
(3332 Beiträge, 1103x hilfreich)

Zitat (von Blätterwald):
Pfändung vorläufig eingestellt
Warum das eigentlich? (nur am Rande)

Zitat (von Blätterwald):
Wie zu vermuten: Anspruch besteht nicht, liegt seit ein paar Tagen auch schritflich vor.
Warum nicht? An dieser Stelle könnte eine mögliche Lösung liegen.

Zitat (von Blätterwald):
In einer oberflächlichen Berechnung seitens RA des AS werden Schulden berücksichtigt, die aus der Zeit vor der Titulierung stammen. Dürften also gar nicht beachtet werden.
Eine Tatsachenpräklusion gibt es bei einseitig erstellten Jugendamtsurkunden nicht. Insofern ist das Vorbringen alter Schinken erst mal zulässig.

Zitat (von Blätterwald):
Beweis, dass Schulden mit der Summe X getilgt werden, fehlt.
Das wäre jedoch zwingend zur Berücksichtigung erforderlich.

Zitat (von Blätterwald):
Nach meiner Rechtsauffassung müsste der AS seine Klage verlieren, weil die Tituliereng aufgrund der BAföG-Ablehnung nicht auf 0% gesetzt werden kann. Sehe ich das richtig?
Dem stimme ich dem Grunde nach zu.

Zitat (von Blätterwald):
Oder gibt es für den AS jetzt immer noch die Möglichkeit, die Klage abzuändern?
Ja. Anträge werden abschließend in der mündlichen Verhandlung gestellt. Und die sollte hier langsam mal abschließend stattfinden. Mehrere Termine sind eher ungewöhnlich und in der Regel auch nicht erforderlich. Das könnte man in einem Unterhaltsverhältnis ja sonst endlos in die Länge ziehen, weil sich immer irgendwas verändert.

Zitat (von Anami):
evtl. Antrag auf BAföG-Vorschuss stellen, sofern grundsätzlich Anspruch auf BAföG-Leistungen besteht.
Genau! Die viel günstigere Methode als zivilrechtlich Unterhalt geltend zu machen ist der Vorausleistungsantrag beim BAföG. Hierüber wird man in vielen BAföG-Stellen nicht beraten. Bei fehlender Mitwirkung oder fehlender Unterhaltszahlung kann BAföG ohne Anrechnung von Elterneinkommen ausgezahlt werden. Dann geht der Unterhaltsanspruch auf die BAföG-Stelle über und diese muss den Unterhalt selbst bei den Eltern beitreiben. Sie wäre dann auch Antragsgegner für ein Abänderungsbegehren.

-- Editiert von User am 28. Oktober 2024 12:44

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#7
 Von 
Blätterwald
Status:
Frischling
(6 Beiträge, 0x hilfreich)

Zitat (von lyra82):
Warum wurde der BAföG-Antrag abgelehnt?


Allgemeine Schulbildung, also in diesem Fall Abitur. BAföG wäre nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen möglich, diese sind aber nicht gegeben.

0x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
Blätterwald
Status:
Frischling
(6 Beiträge, 0x hilfreich)

Zitat (von smogman):
Warum das eigentlich? (nur am Rande)


Weil eine Vollstreckungsabwehrklage im Raum stand. Zum damaligen Zeitpunkt sah es so aus, als könne man sich doch noch außergerichtlich nach korrekter Berechnung und Quotelung einigen.
Im Nachhinein war das uU ein Fehler.

0x Hilfreiche Antwort

#9
 Von 
smogman
Status:
Bachelor
(3332 Beiträge, 1103x hilfreich)

Zitat (von Blätterwald):
Allgemeine Schulbildung, also in diesem Fall Abitur. BAföG wäre nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen möglich, diese sind aber nicht gegeben.
Okay, dann muss der Zivilrechtsweg zum Unterhalt weitergegangen werden.

Zitat (von Blätterwald):
Weil eine Vollstreckungsabwehrklage im Raum stand.
Die wäre im Umfang des Rückstandes aussichtslos.

0x Hilfreiche Antwort

#10
 Von 
Anami
Status:
Unbeschreiblich
(38957 Beiträge, 6426x hilfreich)

Zitat (von Blätterwald):
BAföG wäre nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen möglich, diese sind aber nicht gegeben.
Diese Leistungen gibt es nicht nur für Studierende an Hochschulen, sondern uU auch für Azubis mit schulischer Ausbildung, das wäre zB das Schüler-BAföG.
Sogar für Schüler ohne Abitur.
Warum liegen die Voraussetzungen nicht vor?
Was hat der AG beim Sozialamt beantragt?

Der AS durfte durchaus auf BAföG-Leistungen verweisen, um evtl. der Unterhaltspflicht zu entkommen.
Mitwirken muss er natürlich trotzdem.

Signatur:

Ich schreibe hier nur meine Meinung.

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