Versorgungsausgleich bei einem ausländischen Scheidungsurteil?

8. November 2019 Thema abonnieren
 Von 
Taras Shevchenko
Status:
Frischling
(13 Beiträge, 1x hilfreich)
Versorgungsausgleich bei einem ausländischen Scheidungsurteil?

Liebe Experten,

ich habe eine Frage wegen Versorgungsausgleich bei ausländischem Scheidungsrecht.
Ich wohne und arbeite in Deutschland, meine Frau in Frankreich. Wir sind schon seit ca. acht Jahren getrennt. Scheidung läuft schon in Frankreich, und wird nach französischem Recht erfolgen.
Ich arbeite in Deutschland, und zahle hier in die Rentenkasse ein.

Mich interessiert daher insbesondere, ob angesichts der Anwendung französischen Scheidungsrechts zwingend ein Versorgungsausgleich in Deutschland durchgeführt werden muss. Frankreich kennt keinen Versorgungsausgleich.

Ausschlaggebend ist hier wohl der Art. 17 (4) EGBGB . Lt. dessen Satz 1 unter liegt der Versorgungsausgleich dem auf die Scheidung anzuwendenden (d.h. hier das französische) Recht, und käme nur bei deutschem Scheidungsrecht zur Anwendung. Allerdings besagt Satz 2:
[i][u]„Im Übrigen ist der Versorgungsausgleich auf Antrag eines Ehegatten nach deutschem Recht durchzuführen, wenn einer der Ehegatten in der Ehezeit ein Anrecht bei einem inländischen Versorgungsträger erworben hat, soweit die Durchführung des Versorgungsausgleichs insbesondere im Hinblick auf die beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse während der gesamten Ehezeit der Billigkeit nicht widerspricht."[/u][/i]
Gummiparagraph.
Also, würde meiner Frau dann grundsätzlich tatsächlich doch auch bei französischem Scheidungsurteil der Versorgungsausgleich nach deutschem Recht zustehen, sie müssten diesen nur formal beantragen, und dem würde grundsätzlich stattgegeben, ausser (schwerwiegende) Billigkeitsgründe sprechen dagegen?

Ich fände es in diesem Sinn sehr ungerecht und es wäre eine deutliche Schlechterstellung, ich möchte schon Diskriminierung sagen, aus folgendem Grund:
Der französische Scheidungsrichter wird ja in seinem Urteil die Frage der künftigen materiellen Absicherung sowie das Vorliegen von Unterhalts- und Entschädigungsansprüchen für meine Frau sowie meine eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse umfassend, komplett und abschliessend prüfen.
Ob meine Frau dann noch zusätzliche gesetzlich Ansprüche wie den Versorgungsausgleich in Deutschland hat, wird dem französischen Richter vollkommen egal sein und er wird es beim Urteil sicher nicht berücksichtigen.
Meine Frau würde sich die Rosinen aus beiden Rechtsysteme rauspicken. d.h. Unterhaltsansprüche (v.a. prestation complémentarire) nach französischem Recht und Versorgungsausgleich nach deutschem Recht.

Kann ich diese Ungleichbehandlung im Rahmen der „Billigkeit" gem Art 17 (4) S. EGBGB geltend machen, oder wie sind generell die Chancen, beim gerichtlichen Verfahren dagegen vorzugehen.

Vielen Dank für eure Mühen im voraus,

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8 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
wirdwerden
Status:
Unbeschreiblich
(38363 Beiträge, 13981x hilfreich)

Ich versuche mal, das System zu erklären.

Was der französische Richter in der Scheidungsentscheidung berücksichtigt (z.B. Vermögensverhältnisse, spätere Absicherung u.s.w.), das weiss ich nicht. Bei uns z.B. wird das nur berücksichtigt, wenn ein entsprechender Antrag gestellt wird, also nicht von Amts wegen. Das muss also keinerlei Berücksichtigung finden.

In der Tat ist es möglich, dass der Versorgungsausgleich separat von der Scheidung durchgezogen wird. Bei Deiner Argumentationskette vergißt Du doch eines: es ist ein Ausgleich, und keine einseitige Übertragung von Ansprüchen. Die Noch-Ehefrau wird ja in den vergangenen 8 Jahren auch gearbeitet haben und wahrscheinlich auch Rentenansprüche erworben haben. Die fließen ja mit in die Berechnung ein.

wirdwerden

3x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
Anami
Status:
Unbeschreiblich
(31961 Beiträge, 5628x hilfreich)

Zitat (von Taras Shevchenko):
oder wie sind generell die Chancen, beim gerichtlichen Verfahren dagegen vorzugehen.
Die Chancen stehen sehr gut. Du hast die Möglichkeit und Freiheit, gegen den V-Ausgleich vorzugehen. Vorher

1. müsste deine Frau den V-Ausgleich bei einem dt. Gericht beantragen.
2. Müsste er errechnet und beschlossen werden.
3. Könntest du dagegen Rechtsmittel einlegen.

Zitat (von Taras Shevchenko):
Kann ich diese Ungleichbehandlung im Rahmen der „Billigkeit" gem Art 17 (4) S. EGBGB geltend machen,
Ob es eine Ungleichbehandlung ist, dürfte die Frage sein.
Bei Scheidungsverfahren geht es allerdings nicht um Gleichheit, nicht um Gerechtigkeit und Diskriminierung ist hier schon gar nicht zu sehen. Weder national noch international.
Wie kommst du nur darauf? Es gilt das Recht.

1x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
Sir Berry
Status:
Unparteiischer
(9326 Beiträge, 2998x hilfreich)

Zitat (von Anami):
Die Chancen stehen sehr gut. Du hast die Möglichkeit und Freiheit, gegen den V-Ausgleich vorzugehen.


ich bewundere stets die Fähigkeiten Deiner Glaskugel.
Beurteilt sollte allerdings nur das werden, was im Beitrag steht.

@ TS: Ist deine Frau Deutsche und habt ihr in Deutschland geheiratet? Sonst stellt sich die Frage nach dem Versorgungsausgleich doch garnicht.
Die Nachfrage gilt der Abklärung, nach welchem Recht ihr tatsächlich geschieden werdet, denn der in F gestellte Scheidungsantrag besagt ja nicht zwingend das F-Recht zur Anwendung kommt.

Deine Frau kann den VA auch im Zuge der Scheidung in F beantragen. Deutlich einfacher als hier ein gesondertes Verfahren anzustreben, wobei Fristen zu berücksichtigen sind, die ich aber nicht im Kopf habe.

Berry

0x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
wirdwerden
Status:
Unbeschreiblich
(38363 Beiträge, 13981x hilfreich)

Kleine Korrektur Berry: das hat nichts mit der Staatsangehörigkeit zu tun. Die Scheidung kann bei der Konstellation sowohl in Frankreich als auch in Deutschland anhängig gemacht werden. Die Frau hat sich für Frankreich entschieden. Folglich wird, sofern die dortigen Voraussetzungen vorliegen, auch dort geschieden, nach dortigem Recht.

Wir haben bei dieser Konstellation eine Mehrfach-Zuständigkeit. Da gilt dann einfach das Prinzip, dass die Scheidung dort durchgeführt, wo sie als erstes anhängig ist. Hier also Frankreich. Das schließt aber nicht aus, dass Teile aus dem gesamten "Scheidungspaket", die nicht in Frankreich entschieden wurden, gar nicht anhängig waren, nicht gesondert in einem selbständigen Verfahren vor einem deutschen Gericht durchgesetzt werden können.

Weitere Beispiele kann ich gerne geben.

Außerdem hat Anami doch recht. Er kann auch alle 5-punktigen Marienkäfer verklagen oder was weiß ich. Über den Erfolg einer solchen Klage lässt sich Anami allerdings nicht aus, insofern kann man diesen Beitrag auch einfach als das einsortieren, was er ist: nicht aussagefähig geschweige denn weiterführend.

wirdwerden

1x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
Anami
Status:
Unbeschreiblich
(31961 Beiträge, 5628x hilfreich)

Zitat (von Sir Berry):
Beurteilt sollte allerdings nur das werden, was im Beitrag steht.
Ja. Genau. Ich stimme dir zu. Im Beitrag steht/wird gefragt:
Zitat (von Taras Shevchenko):
oder wie sind generell die Chancen, beim gerichtlichen Verfahren dagegen vorzugehen.
Diese Frage habe ich beantwortet.
Die Voraussetzungen unter 1-3 ---> dann: Falls es ein gerichtliches Verfahren zum V-Ausgleich gibt, kann der TE Rechtsmittel einlegen/dagegen vorgehen.

Warum sollte ich hierfür die Glaskugel bemühen?

Zitat (von Sir Berry):
Deine Frau kann den VA auch im Zuge der Scheidung in F beantragen.
Ja. Das hatte ich vorausgesetzt. Wenn sie in F den Scheidungsantrag eingereicht hat.
Die Intention des TE: Sie wird sie soviel wie möglich *haben wollen*.
ER will sich im Fall des Falles (dass ein V-Ausgleich begründet/beschlossen wird) dagegen wehren. DAS kann er tun.

Zitat (von wirdwerden):
Die Noch-Ehefrau wird ja in den vergangenen 8 Jahren auch gearbeitet haben und wahrscheinlich auch Rentenansprüche erworben haben.
Das allerdings könnte ich nicht einmal in meiner Glaskugel sehen, geschweige denn als Annahme hier ansetzen.

---- vielleicht liegt es auch einfach an der Fragestellung des TE?

0x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
Taras Shevchenko
Status:
Frischling
(13 Beiträge, 1x hilfreich)

Hey vielen Dank schon fuer die bisherigen Muehen, zur Ergaenzung, ja meine Frau ist auch Deutsch, geheiratet haben wir auch in Deutschland in1995, haben aber immer im Ausland, nie in D gelebt. Scheidung wird in FR nach franzoesischrm Recht erfolgen, zumal das auch eher umser Lebensmittelpunkt war/ist (Immobilien etc.). Meine Frau hat nicht in das deutsche Rentensystem eingezahlt.. Koennte hier ein deutsches Gericht, bei dem meine Frau den VA beantragt, trotz franzoesischer Scheidung zm Ergebnis kommen, dass fuer Ehewirkungen deutsches Recht anzuwenden ist.? Und auf was muesste ich im Falle einer Gegenklage/Berufung abstellen, wie muesste die Billigkeit ggf. begruendet werden? Vielen Dank euch schon im voraus

0x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
Sir Berry
Status:
Unparteiischer
(9326 Beiträge, 2998x hilfreich)

Zitat (von wirdwerden):
Die Scheidung kann bei der Konstellation sowohl in Frankreich als auch in Deutschland anhängig gemacht werden.


Da sind wir einer Meinung. Aber nach der Ergänzung des TE gehe ich davon aus, dass entgegen seiner Meinung eben nicht franz. Recht zur Anwendung kommt. Wäre die Frau jedoch Französin, sähe es u.U. (weil es dann von den örtlichen Gesetzen abhängt) anders aus.

Zitat (von Taras Shevchenko):
Koennte hier ein deutsches Gericht, bei dem meine Frau den VA beantragt, trotz franzoesischer Scheidung zm Ergebnis kommen, dass fuer Ehewirkungen deutsches Recht anzuwenden ist.?
Durchaus denkbar.
Grundsätzlich gilt das immer dann, wenn das nationale Recht des Scheidungslandes über keine Regelungen verfügt wie wir sie hier in D kennen.
Nur: auch in Frankreich gibt es ein Versorgungswerk. Ich hab allerdings dazu keine Erfahrung wie das in Richtung Versorgungsausgleich umgesetzt wird.

Zitat (von Taras Shevchenko):
Und auf was muesste ich im Falle einer Gegenklage/Berufung abstellen,

Na ja, eigentlich auf Fakten, die Deine Auffassung stüzt. Dazu ist dann ein gerade mit der F-Problematik bestens vertrauter Anwalt erforderlich, der es Dir erklären wird.

Was Du mit Billigkeit meinst, erschließt sich mir eben so wenig wie die von Dir bisher nur unterstellte Ungleichbehandlung. Sollte es sie wirklich in irgend einer Form geben, sollte Dein Anwalt dann wissen, wie er in diesem konkreten Fall dagegen vorgehen kann.

Der Versorgungsausgleich ist per se mal nicht unbillig.
Zu nicht gewünschten Ergebnisse könnte es führen, wenn ein Partner wie Du in ein Versorgungswerk einzahlt, der andere Partner es jedoch nicht muss und deshalb nicht tut.

Aber auch dafür gibt es bereits Musterlösungen, denn das Thema ist ja nicht neu. Zu Diesen Musterlösungen wieder der Verweis auf den insoweit spezialisierten Fachanwalt. In der Praxis kommt dies bei anderen so gut wie nie vor.

Berry

1x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
wirdwerden
Status:
Unbeschreiblich
(38363 Beiträge, 13981x hilfreich)

Ich dachte eigentlich, ich hätte es klar erklärt. Nochmals: in Frankreich wird nach französischem Recht geschieden. Die Bereiche, die nach französischem Recht ausgeschlossen sind (Versorgungsausgleich) können bei der hier vorliegenden Konstellation von der Frau einer Entscheidung durch ein deutsches Gericht zugeführt werden. Das ist dann ein separates Verfahren. Allerdings werden da nicht nur die Anwartschaften des Mannes berücksichtigt, sondern auch die in Frankreich erworbenen Anwartschaften der Frau.

Was nicht ginge, das wäre quasi eine Nachbesserung einer französischen Entscheidung durch ein deutsches Gericht. Also, würde es auch in Frankreich im Rahmen der Scheidung ein Ausgleichsverfahren geben, dieses aber ungünstiger als das deutsche, dann könnte die Frau das in Deutschland nicht abändern lassen.

wirdwerden

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